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G^ed «. RedaM«, Dresden »«e»fiad« kl. Armier »aß« 4. Dir Zeitung erfiheüU Tteufta,, Dannersta, m»d Donuadend früh. Ab»n»e»e»t»- Preis. »terlrlsthrl.Mt.1^0 Zu beziehe» durch di« kaiserliche» Post- »»stalteil »»d durch unser« Late». Bei freier Liefer«^ Md Hüll» erhebt du ki>sr noch eme G«» tthr w» 2S Pfg Säch fische AocheilmK Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und kandmann. AmtSblM für die kgl. AmtShauptmannschasten DreSden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften de- kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstreniämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerrmau» Müller in Dresden. J»ser»te werd«» btt Montag Mittwoch «. Freitag Mittag angenommen nnd kosten? hielspaltZeilelbPfA Unter Eingesandt: Sü Psg Inseraten - Annahm«tettenr Die Arnoldiich« Buchbandlung. Invaliden dank, Haa,cnstein L P oglew Nudols Moije, G. L. Daube « La. in Dresden, Leipzig, Hamburg, Berlin. Frankfurt aM. u. s. ». Ar. 55. Dienstag, den 10. Mai 1887. 49. Jahrgang. Politische Weltschau. Deutsches Reich. Im österreichischen Abge- ordnttenhause hielt jüngst der deutsch-böhmische Abge ordnete vr. Knotz gelegentlich der Berathung drS Bud- g«t6 ein, längere Rede, welche ganz dazu angethan ist, m Deutschland eine bedeutende Sensation hervorzurusen. Der Redner äußerte nemlich u. A : Wir Deutsche haben in Oesterreich nicht mehr viel zu verlieren. Der Minister deS Innern mag auf die nationale Schwäche, auf die gewohnte Nachgiebigkeit und Duldsamkeit, auf die byzantinische Loyalität der Deutschen gerechnet haben; nur in diesem Glauben konnte er sich Hinreißen lassen, den Slaven und insbesondere den Czechen eine Honcession nach der andern zu machen, so daß er heute, wie einst Gretchen dem Faust gegenüber, sagen kann: Ich habe schon so viel für Such gethan, daß mir zu thun säst nichts mehr übrig bleibt (Heiterkeit link-). Die Begehrlichkeit deS CzechenthumeS steigt aber immer mehr und heute ist der Minister «ingesponnen von einer eigenthümlichen Majorität, die ausschließlich zusammen- gehalten wird durch den Haß gegen daS Deutschthum und durch den unersättlichen Drang nach schnödem Ge winn zu Gunsten deS ElaventhumeS. (Widerspruch rechts. Sehr wahr! links.) Zu allen Zeiten lieferte die czechische Nation für alle Kategorien von StaatS- kienern, vom Hofrathe bis zum Amtsdiener herab, eia großes Lager. (Heiterkeit links.) Dieser Ueberpro- duktion wird nun in ausgiebiger Weise Rechnung ge tragen. Czechische Beamte, czechische Richter, czechische H.tzkaplane betreibea in deutschen Gegenden daS Ver- hetzungswerk. (Sehr gut! links.) Die deutschen Beamten finden bei unS in Böhmen kein Fortkommen mehr und um die Beamtenstellen noch mehr in die Hände der Czechen zu spielen, wurde die berüchtigte Sprachenverorknung erlassen. Unter dem gegenwärtigen Regrerungssysteme hat sich der czechische Chauvinismus entwickelt und ist der Haß gegen alleS Deutsche groß gezogen worden. Der früher weiße österreichische Waffenrock hat so manche nationale Gegensätze ausge glichen, aber die gegenwärtige Uniform birgt häufig Waffenbrüder, die sich mit einander vertragen wie Feuer und Wasser und ich finde diese Gegensätze ganz natur gemäß. Wir haben ein Volksheer und unter solchen Verhältnissen müssen die nationalen Zwistigkeiten auch in die Armee eindringen. Der Minister-Präsident hat ge meint, daß Crceffe zu allen Zeiten unter dem Militär vorkommen. Ich weiß daS, aber eS handelt sich in dem vorliegenden Falle um die Ursachen und Motive (Zustimmung links), die dazu geführt haben. Die Crceffe sind eben auf nationale Gegensätze zurückzu- führen. Für alle diese Vorkommnisse und Erscheinungen machen wir nor die gegenwärtige Regierung verant wortlich, denn sie hat die Selbstüberschätzung der soge nannten Sechs-Millionen-Nation großgezogen, sie hat sogar di« slvveoische Nation erfunden, um dieselbe gegen die Deutschen in'S Feld zu führen (Gelächter rechtS; Sehr richtig! linkS); sie hat durch ihre Bemühungen in den Slaven und insbesondere in den Czechen den Wahn heroorgerufen, daß sie die eigentlichen Herren Böhmens und daS maaßgebende Clement im Staate seien und daß Oesterreich ohne die Czechen nicht ein halbes Jahr eriftiren könnte. (Sehr richtig! links.) DaS 25 jährige Gründungsfest deS Prager Turnverein- und daS Fest deS deutschen Handwerkervereioe- zu Chreo Kaiser Joseph'- II. Hal man verboten, um Krawalle zwischen den Czechen und Deutschen zu vermeiden. Besitzt die gegenwärtige Regierung nicht so viel Kraft, um die Deutschen in Schutz zu nehmen, wenn sie harm lose Feste abhalten wollen, oder besitzt sie nicht den Willen hierzu? (Rufe linkS: Der Wille fehlt ihr!) AlS es hieß, daß deutsche Studenten die Prager Univer sität besuchen wollten, da verlangten die Czechen, daß die Regierung dagegen einschreite, sonst würden sie sich selbst gegen die Einwanderer zu helfen wissen. Unter kiesen Verhältnissen besteht daS einzige Mittel zur Herstellung stabiler Verhältnisse in Oesterreich in der Son derstellung von Galizien und Dalmatien, in der Vereinigung ; der ehemaligen Länder deS deutschen Bunde- zu einem einheitlichen OrganiSmuS, welcher seinen kräftigen Rück halt finden muß in einem staatsrechtlich gesicherten Verhältnisse mit dem stammverwandten deutschen Reiche. ' Deutsch-Oesterreich und mit ihm Böhmen und Mähren gehörten einst zum deutschen Reiche und sind durch Deutschland an Oesterreich gekommen. DaS historische ! Anrecht der deutschen Nation auf Böhmen und Mähren ist somit ein älteres (Ruse rechts: Pfui! Der Präsi- ! dent giebt daS Glockenzeichen), alS da- nebelhafte böh- ! mische StaatSrecht. Oesterreich wurde auS deutschem Fleische herauSgeschnitten und ausgerüstet milder Mission, ! deutsche Kultur nach dem Südosten zu tragen. Aber daS gegenwärtige System scheint mit den allen Tradi tionen brechen zu wollen. Au die Stelle deS deutschen Oesterreichs soll ein slavrsckeS Oesterreich gestellt werden. Ich bezweifele, daß dieses morsche, riesige ElaatSgebäude einen derartigen Wechsel seines Unterbaues ertragen kann. In einer Zeit, in welcher daS nationale Princip immer mehr zur Geltung gelangt, in welcher sich die Nationen immer enger an einanderschließen, hat ein so bunt zusammengewürfelter Staat wie Oesterreich vor' Allem die Ausgabe, diejenigen Nationalitäten zu befrie- digen, welche Theile einer großen weltbedeutenden Nation sind und derartige Theile sind in Cisleithanien gegen wärtig ausschließlich die Deutschen und die Italiener. Der gegenwärtige Ministerpräsident aber hat einen ent- gegevgesetztea Weg gewählt. Während an unseren Grenzen daS geeinigte Deutschland und daS geeinigte Italien entstanden find, wagt man eS hier, Theile der italienischen Nation slavischen Brutalitäten und un- Deutsche in Böhmen czechischer Vergewaltigung auSzu- setzea. Mag auch augenblicklich die äußere Politik in Deutschland wenig durch die öffentliche Meinung beein flußt werden, so muß doch dem Umstande eine gewisse Bedeutung beigemeffen werden, daß unsere Stammes brüder jenseits der schwarzgelben Pfähle immer mehr Mitgefühl empfinden für unsere Leiden und immer mehr daS Bewußtsein in sich fühlen, mit unS zusammenzv- gehören. Es kann der großen deutschen Nation nicht gleichgiltig sein, ob wir, die wir durch ein Jahrtausend zu Deutschland gehört und durch Jahrhunderte diesem Reiche seine Kaiser gegeben haben, jetzt ohne unser Verschulden lcSgelöft werden vom deutschen Mutterland». Und fürwahr, eS müßten die üppig grünen Lorbeeren in dem EiegeSkranze GermanienS zu welken beginnen, wenn wir, der kräftige Stamm der deutschen Ostmark, ver dorren sollten. Mag man auch die Geschichtsbücher un serer Jugend fälschen, mag man in denselben die Helden- thaten unserer Ahnen verschweigen, mag man rein deut schen Boden als slavisch schildern, mag man deutsche Frauenwürde beschimpfen — der nationale Flammengeist unserer deutschen Jugend wird dadurch nicht leiden (leb hafter Beifall auf den Bänken deS deutschen KludS). bin Oesterreich war nothwendig alS Bollwerk gegen da- Eindringen deS ClaoenthumS; aber ein Oesterreich zur Unterdrückung deS DeulschthumS, alS Schutzwall gegen die Deutschen, ist ein weltgeschichtlicher Unsinn. (Bravo! Bravo! auf den Bänken deS deutschen KlubS.) UnS Deutsche wird allmählig ein Gefühl der „Wurstigkeit* beschleichen und wenn «ch heute den hoffnungslosen Zu stand deS todtkranken StaateS an der Donau betrachte, so muß ich mich an den Ausspruch eines sächsischen Staatsmannes erinnern, welchen derselbe im Jahre 1^48 über Oesterreich gethan hat und der laut t: „Mich hält nur der «ine Gedanke aufrecht, daß, wenn dieses ausge brannte „FranciSkanerl* zerfallen wird, seine Asche den Acker DeuischlandS düngen wird." (Lebhafter Beifall und Händeklatschen auf den Bänken deS deutschen Klubs und auf den Galerien.) Der vielfach besprochenen BrannlweinSsteuervor- lage ist eine eingehende Begründung beigegeben, worin eS u. A. heißt: „Zur Festigung deS Reiches gegen alle von Außen her drohende Gefahren und zur dauernden Zusammenhaltung aller seiner Glieder bietet sich, wie die verbündeten Regierungen dem Reichstage wiederholt alS ihre Ueberzeugunz dargelegt haben, ein besonders geeignete- und unersetzliches Mittel in der Weiterführung Feuilleton. In geheimer Mission. Novelle aus den lehien Zeiten der framösischm Direktoial- Regierung. (2. gorisetzung.) Im Lauke deS kommenden Vormittages entledigte sich Kapitän Reymond auf der Kommandantur einiger Aufträge, ließ sich mit den für seinen Aufenthalt in Paris nothwendig zu beobachtenden Formalitäten bekannt machen und schlug hieraus den Weg nach der Chaufföe d'Antin ein. Auf sein« «l,gante Toilette schien er heute die peinlichste Sorgfalt verwendet zu haben. BereitS w früher Morgenstunde batte er Bernhard den Auftrag ertheilt, nach einem Schuhmacher, einem Schneider und einem Friseur zu schicken, welche tu kürzester Frist den ägyptischen Krieg-manu in «inen netten Olficier von Pari- verwandelten. Reymond stand in dem Alter von sechsundzwanzig Jahren. Er war weniger hoch al- schlank gewachsen, sein Körper zeigte «ne ungemeine Elast,cität und Ge schmeidigkeit. Sein G-ficht war Zutrauen erweckend, seine Phantasie l»b,nd,g. eisern sein Charakter »nd trotz aller Drangsale eine- blutigen Kriege- war e- sein eifrigste- Bemühen gewesen, sich gediegene und allseitig« Kenntnisse zu sammeln. Seine intimen Beziehungen zu den a»Sg,zeichn,«st,n Führern der französischen Truppen hatten seine Sitten veredelt und ihm jene Unbefangenheit deS gesellschaftlichen Beweg,uS verliehen, welche stets z» tmpnnirra weiß. Wenn wir zu de« All,, ein« sorgenfreie Heiterkeit unv ein grenzenloses Interesse für daS Schöne und den Ruhm treten lassen, so sind wir in den Stand gesetzt, unS ein klares und zusammen hängendes Bild von unserem Osficiere zu entwerfen. Für die Veränderungen, welche der französischen Hauplstadt während der sieben Jahre, seit er sie nicht mehr gesehen, eia ganz anderes Gepräge aufgedrückt ha'ten, schien er nicht daS grringste Interesse zu ver spüren. Ohne sich umzublicken schritt er die Straße entlang, bis er eine Querallee erreichte, schnell in dieselbe etnbog und aufmerksamen Blicke- die aufeinanderfosgenden Nummern der Häuser musterte. — Plötzlich bannte er seme Schritte. „Nummero dreißig! also am Ziele! Hoffentlich werde ich sie zu Gesichr bekommen " Sein Herz klopft« hörbar, «iu«n Moment holte er tief Bi hem. Na« mehrmaligem Klopsen öffnete sich ihm daS Hau- und bald darauf schritt er eine lange mit Linden bepflanzte Allee entlang, die in einem runden Rasen platz« auSmündete, welcher ein nicht sehr geräumiges, dafür aber auf da- Feinste und Geschmackvollste «nge- richteteS Gebäude umgab. C n Diener oha« LivrSe v«rtrat ihm d«n Weg. „Der Herr nennt sich ohne Zweifel Kapitän Reymond?" „Errathen. Bürger", gab der Otficrer zur Antwort, da er diesen Menschen mit einem anderen Tttel zu belegen sich nicht getraute. Ein Lächeln trat auf die Lippe» deS Dien«-, als er svrtfuhr: „Die gnädige Frau ist im Besitze Jhres Btllets und hat »,r befohlen, den Herrn vorzvlaffra." „Alle Teufel!" dachte Reymond bei sich, während er dem voranschreitenden Diener nacheilte, „in Aegypten habe ich noch stelS von „Bürgern* und „Bürgerinnen" geträumt, aber, wenn nicht alle Anzeichen trügen, scheint mir die gute Gesellschaft in Frankreich bereu- wieder einen HäutunzSprvcrß zu vollziehen." Der Diener geleitete unseren jungen Kapitän m einen Salon im Erdgeschosse, der eine Aussicht auf den Garten bot. Er hatte kaum die Schwelle überschritten, alS sich an der der Fensterfronte entgegengesetzten Seite deS SalvnS ein« Thür öffnete und eine Frau von mittlerer Statur, von einem weißen Morgenkleide umgeben, «nen eröffneten Brief in der Linken haltend» auf ihn zutrat. Die Frau mochte etwa dreißig Jahre zählen, aber ihr graclöses Auftreten, ihre anmuthige Haltung und vor Allem der liebreizende Zauber ihre- Lächeln- ließen auf zehn Jahre weniger schließen. Der Kapitän verneigte sich und ergriff dann, alS di» Dame ihn mit einer würdevollen und zugleich freundlichen Handbewegung bedeutete, sich niederzulassen, einen Lehnsessel, den er drei Schritte von dem Titze der Frau de- Haus,- entfernt niekersetzte. ES wird dem Leser keme Neuigkeit mehr fein, wenn wir ihm jetzt sagen, daß jene Dame von so bezaubernder Eleganz in Haltung und Manieren, mit dem engel, gleichen AuSdruck tu den reinen Zügen — Madame Bonaparte war. Kapitän Reymond wurde in derGegenwart Jofephineas von einer Befangenheit ergriff«» die man nicht unerklärlich finden wird, wenn man bedenkt, mit welcher glühend,» Letdenschast diese Krau zur Zeit unserer Erzählung von