Volltext Seite (XML)
WSchcmlich erscheinen drei Nummern. PrSnumcrativn«- Prei« 22; Sgr. (; Air.) vierteljährlich, Z Thlr. sür d»5 ganze Jahr, ohne Er- HSHuug, in allen Theile» der Premüschc» Menarchic. a g a für die Man prönumerirt auf diese« Literatur-Blatt in Berlin in der Expedition ter Allg. Pr. StaatS-Zeitung (FricdrichSstr. Rr. 72); in der Provinz so wie im Autlande bei den Wohllöbl. Post-Aemter». Literatur des Auslandes. 120. Berlin, Montag den 5. Oktober 1840 Italien. Syrakus in alter und neuer Zeit. „Du hast oft von Sprakus sprechen hören, vcr größten der Gricchischcn Städte, der schönsten von allen", so beginnt Cicero eine lange Beschreibung, welche gewiß jeder klassisch gebildete Reisende liest, der den Fuß aus die Ruinen von Sprakus seht, wenn man anders die spärlichen Ucberrestc des AltcrthumS, die sich bier noch »erfinden, Ruinen nennen kann. Wenn von Sprakus, wie von Palmyra, nur noch Nnincn übrig wären, wenn man, wie in Baldck, in einem endlosen Labyrinthe zerstörter Tempel, umgestürzter Säulen umhcrirrte, so würde man doch wenigstens eine Erregung finden, der man entgcgensieht, wenn man die Mauern der ehemaligen Nebenbuhlerin Athens betritt. Unglücklicherweise macht die Umge bung von SprakuS keinen traurigen Eindruck. Die Ebene, welche die Stadt umgicbt, gewährt einen fröhlichen Anblick; sic ist mit schönen Hügeln, Getreidefeldern, Bohnenpflanzungen und Weinbergen bedeckt, in welchen Mandelbäume, Pomeranzen- und Feigenbäume blühen. Kömmt man weiter, so stößt man freilich auf einige Ucber- reste von Amphitheatern und Katakomben, aber man gelangt bald zu der Insel Ortpgia, auf welcher das jetzige Sprakus gelegen ist, eine kleine befestigte Stadt. Eine kleine, aber bewegliche Bevölke rung wogt in den zwei oder drei engen Hauptstraßen vcr Stadt auf und ab. Die Geschichte der allmäligcn Vergrößerung und des Falls von Syrakus hat einen gewissen philosophischen Anklang; man fühlt dies, sobald man die kleine Insel Ortpgia betritt. Zur Zeit dcr Grün dung RomS kam ein gewisser Archias aus Korinth nach Sicilicn. Ein Sturm warf ihn anö Ufer, und mit Hülse einiger Heraklivcn, die ihn begleiteten, gründete er hier eine Stadt. Lange genügte dir Jnscl Ortpgia der Kolonie. Endlich aber wuchs vie Zahl ver Be wohner, und Sprakus vehntc sich auch auf den Isthmus aus, welcher mit Vcr Insel zusammcnbängt. Fünf ungeheure Stadtviertel erhoben sich allmälig. Die Jnscl war mit dcm festen Lande durch einen Damm und eine Brücke verbunden, und die ursprüngliche Stadt wurde eine Burg, in welcher die Götter der Stadt, die todteu und die lebenden Könige Schutz sanden. Die Syraknsauer bauten sich in den prächtigen Stadtvierteln von Akradina, Tpcha, Epipolä und Ncapolis^n. Rechts und links von Ortpgia, welches der Brücken kopf vcr Stadt wurde, waren und sind jetzt noch zwei Häfen. Der eine, der große, welchen Virgil Sicniüne xinum nennt, hat, eine und eine balbe Meile im Umsang: ehemals fanden hier ganze Flotten Aufnahme uno zogen gegen ow Seemacht Karthago's unv Alhen's aus. Dcr Hafen war auf ciner Seite durch die Insel Ortpgia ge schlossen, welche thcilwcise die Rhede bildet, auf der anderen durch das Vorgebirge Plcmirtum, jetzt Plemirio, wo die Syrakusaner eine Veste errichtet hatten. Die Veste ist verschwunden, der Hafen ver sandet, und ver Eingang, den ehemals eine Reihe an einander gc- bunvcner Galeeren vcrtheibigtc, ist jetzt nur durch einige unbedeutende Werke geschützt. Dcr kleine Hasen, der sonst mit Marmor-Schälun gen eingefaßt war, nimmt jetzt nur einige HandelS-Briggs unv kleine Barken auf, welche Früchte, Wein und Gctraide auSführcn. Dieser kleine Hafen, die schmutzigen und engen Straßen, welche die Insel Ortpgia durchschnciden, vie verlassenen Wälle, längs deren man die öffentlichen Mädchen vor ihren Häusern in dcr Sonne liegen oder Guitarre spielen sieht, sind das jetzige Syrakus. Das große Syrakus mit seinen beiven Häfen, seinen Tempeln des Jupiter, der Fortuna, der Konkordia, der Diana und Minerva, mit seinen Prptanecn, seinen Säulengängcn und Theatern ist wieder auf die kleine Insel Ortpgia zurückgckehrt, aus der es hcrvorgegangen war. Könnte ArchiaS nach 2SV0 Zähren wieder zur Erde zurückkehren, so würde er die Stadt ungefähr so wicderfinvcn, wie er sie gegründet hatte; kaum daß sic sich noch erinnert, unter den Königinnen dcr Städte einen Platz eingenommen zu haben. Sobald man das Gebiet von Sprakus betritt, befindet man sich aus geschichtlichem Boden. Kommt man von Catania unv dcm Fort Augusta her, so findet man eine kleine Halbinsel und ein Vorgebirge, welche Magnisi heißen nnv welche der gelehrte Cluver auf seiner Karte des alten Siciliens, wenn ich nicht irre, Tapsus genannt hat. Dort stiegen die Athenienscr ans Land, als sie Syrakus angrcifen wollten. Dieser Ort, welcher in gleicher Entfernung von Syrakus und Augusta gelegen ist, scheint sehr geeignet zur Anlegung eines großen Lazarcths für die Reisenden, welche auS dem Orient kommen. Als ich nach Neapel zurückgckehrt war, nahm ich mir die Freiheit, einer Hohen Person die Vortheile auseinanderzusctzen, welche die Er richtung eines Lazareths auf Magnisi und eines anderen auf dcr Südküstc des Königreichs Neapel haben müßte. Ein Lächeln belehrte mich, daß ich mich getäuscht, und aus der Antwort, die mir crtheilt wurde, ersah ich, daß es nicht genügt, ein Land aufmerksam zu durchreisen, um dessen Vortheile und Bedürfnisse zu würdigen. Die Antwort lautete: „Wozu sollte im Falle der Pest ein Lazarcth dem Lande helfen, das jeder Küsten- und Gesundheits-Wächter dcr An steckung für einige Dukaten aussctzcn würde?" — Dies ändert frei lich die Sache. Ließe sich diese Bedenklichkeit beseitigen, so könnte der vortreffliche Hafen von Sprakus eine sehr wichtige Schiffs- Station unv ein Stapelplatz für das Adriatische Meer, Morea, Aegypten und die Levante werden, während jetzt der ^anze Han- vcl sich aus vie Ausfuhr von Wein, Oel, Gctraivc und Fischen beschränkt. Das Monnment des Marcellus steht am äußersten Ende dieses Isthmus. In dcm Lande heißt die Säule, von welcher nur noch dcr große Untersatz steht und welche zum Andenken an den Sicg errichtet wurde, ven Marcellus über die Syrakusaner davontrug, die Aguglia, die Nadel. Ein Erdbeben stürzte sie lS42 um. Sie ist vas vollständigste ver noch übrigen Denkmäler, wenn man den Tcmpel der Minerva auf Ortpgia ausnimmt, dcr in eine christliche Kirche umgcwandelt worden ist. Die Ueberrestc dreier Säulen, welche unter dem Holzbau eines Hauses in dcr Straße Trabochcttv verborgen sind, erinnern an den Tempel der Diana; ein Graben giebt den Platz dcr berühmten Quelle Arcthusa an. Vierundzwanzig Säulen ohne Nntersatz, welche in die Maner einer Kirche cingc- maucrt sind, werden für den erwähnten Tcmpcl dcr Minerva aus gegeben. Zwei unförmliche Steine in einer Ebene am Ufer des Flusses Anapc sind Alles, was sich von dcm berühmten Tempel des Jupiter erhalten hat, dem Dionys dcr Aelterc dcn goldenen Mantel stahl, mit welchem Phivias den Gott umkleidet hatte. Der göttlichen Kallippge endlich schlt ein Arm, und kein Alterthumsforschcr weiß, wo der reizende Kopf hingekommcn ist. Für denjenigen, der sich mit Ruinen begnügt und dessen Ge lehrsamkeit oder Phantasie das Fehlende zu ergänzen wissen, enthält SyrakuS immer noch viele bemerkenswcrlhc Ueberrestc. ES ist schon erwähnt worden, daß die außerhalb der Insel Ortpgia erbaute Stadt in Viet Bezirke zerfiel. Der angesehenste war Akradina an dcr Meeresküste. Die Bevölkerung desselben soll ans 400,000 Seelen gestiegen scyn; ganz Syrakus hat jetzt nur IS,000 Einwohner. Eine sehr bobe Mauer trenme vieles Stadtviertel vyn Tpcha und Ncapolis; wenn man sich dir Muche gicot, kann man dcn Umkreis derselben noch auffinden. Auch findet man noch die Ueberrestc von warmen Bädern, Ruinen des Palastes der sechzig Bäder, den Agathoklcs errichtet haben soll, und Inschriften in hinlänglicher Menge, um dcn Alterthumsforschcrn für Jahrhunderte Stoff zum Streiten zu geben. In Tpcha, dcm bcnachbartcn Stadtviertel, wohnten die reichen Leute. Da aber die Häuser auf Felsen gebaut waren, so bedurften sie keiner Grundmauern, und es ist fast keine Spur von ihnen ge blieben. Am AuSgange von Tpcha sind Steinbrüche; hier zeigt man eine kleine Grotte, die das Grabmal des Archimcdes scyn soll. Cicero entdeckte vie Grabstätte des großen Geometers und erkannte sie an der Kugel und an dem Kreise, die über dcm Eingänge ein- gegraben sind. In Neapolis findet man die Stätte des Tempels des Jupiter, des Theaters, des Amphitheaters, des Gefängnisses, das unter dem Namen des DionysiuS-Ohres bekannt war, und eine in den Felsen gehauene Grotte, Linfeo genannt, weil hier Hymnen zu Ehren Apollo'S gesungen wurden. Vom Tempel des Jupiter find, wie schon bemerkt, nur vrci Säulenstückc übrig. Das Theater bestand, wie alle alte Theater, aus kreisförmigen Stufen. Ehemals waren fic mit Marmorplattcn bekleidet; jetzt stehen hier zwei Mühlen. Das Amphitheater ist, wie das Theater, in einen Felsen gehauen. TacituS erwähnt, daß unter Nero ein Senatsbcschluß erlassen wurde, welcher den Sprakusanern das Recht verlieh, eine größere Anzahl von Gla diatoren zu unterhalten. Das Amphitheater, in welchem dieselben kämpften, verdiente den Senatsbcschluß nicht. Das DwnpfiuS-Ohr ist eine Aufeinanvcrsolge von Höhlen, die in der That Achnlichkeit mit der Gestalt eines menschlichen Ohres hat. Die Höhle, welche eine vollkommene Parabel bildet, war von Natur mit einer Tropf- steinlagc übcrveckt, welche die Fortpflanzung des Schalls sehr beför-