Volltext Seite (XML)
Dienstag. . 88. 9. November 1869. Werßerttz-ZeÜnng. H Amts- und Anzeige-Matt der Königlichen Gerichts-Ämter nnd Stadträthe zu Dippoldiswalde und /raueusteiu. Erscheint Dienstagsund Freitags. Zu beziehen durch alle Postanstalten. Verantwortlicher Redakteur: Tart Lehne in Dippoldiswalde. Tagesgeschichte. Dippoldiswalde, 8. Novbr. Der Besuch des gestern zum Besten der Frauenstein er Brandcala- mitosen veranstalteten Concertes war leider wiederum durch plötzlich eingetretenes Stöberwetter, sowie durch Kirmeöfeier der nächstgelegenen bedeutenderen Dörfer, wesentlich beeinträchtigt. Es war dies um so mehr zu beklagen, als das Gebotene eines größeren Zuhörerkreises werth gewesen wäre. Nach einem von Frl. Tronicke vorgetragenen Prolog (den wir untenfolgend mittheilen) leitete die vierhändig gespielte Jubel-Ouvertüre von C. M. v. Weber die Reihe der Gesänge ein, von denen ein Chor aus der „Schöpfung", sowie zwei aus „Oberon" und „Preciosa" ganz besonderen Beifall errangen. Derselbe, wenn nicht größerer Applaus, folgte auch den Sologesängen von Frl. Tronicke: Arie aus der „Schöpfung" unv „die Thräne" von Gumbert, sowie dem Baß-Solo des Hrn. CantorHellriegel: „die Grenadiere" von Reißiger. Mehrfach wurde der Wunsch nach einer Wieder holung des Concertes laut, und werden, wie wir hören, Vorbereitungen getroffen werden, diesem Wunsche zu entsprechen. Prolog Wit Lonrert für -ie Hbgrbrannten in Frauenstein. „Auf dem Teich, dem regungslosen, weilt des Mondes stiller Glanz, Flechtend seine bleichen Rosen in des Schilfes grünen Kranz. Hirsche wandeln dort am Hügel, blicken in die'Nacht empor, Manchmal regt sich das Geflügel träumerisch im tiefen Rohr."*) Und der Mensch, der arbeitsmüde, er, der Sorge bleicher Sohn, Eingewiegt vom Abendliche und bekränzt vom Schlummermohn, Träumt—, indessen ihren Schleier stickt die Nacht mit goldnem Stern, Träumt schon von der heil'gen Feier morgen an dem Tag des Herrn. Da, welch' Leuchten, welches Flimmern! Ist der Morgen schon erwacht? Sah ich schonAurorcn schimmern durch den Schleier duuklerNacht? Auf, ihr Schläfer! laßt das Träumen! Feuersgluth ist angefacht! Loht schon in des Speichers Räumen, und zum Tage wird die Nacht! Leuchtet schon in deine Kammer, bleicher Schläfer, der du kaum Schweren Lebens lauten Jammer von dir warfst im süßen Tranm. Wache auf! schon hör'ich's knistern in dem Giebel alt und grau, Schon umfängt die Flamme lüstern deines Vaterhauses Bau! Und nut jähem Schrei, Entsetzen in dem kalten, starren Blick, Springt er auf, und nach den Schätzen, seines Hauses höchstem Glück, Greift er eilig, drückt an's Herze Weib und Kind, und durch die Gluth Trägt er sie mit grimmem Schmerze, mit gebrochucm Lebensmuth. Denn was Sparsamkeit errungen, was der Ahnen Fleiß geschafft, Das hat wilde Gluth verschlungen, spottend schwacher Menschen kraft. Und vom Altar, wo der Segen oftmals sank in's bange Herz, Sprüht ein rothcr Funkenrcgen ans zur Kuppel, himmelwärts. *) Lenau. Ach, nicht wird zu seinen Stufen, zu der Orgel hehrem Klang, Morgen dich die Glocke rufen, noch zur Brüder frommem Sang. Ach, nicht wird aus Priesters Munde an dem alten heil'gen Ort Morgen in der Brüder Runde trösten dich des Herren Wort! Doch verzage nicht! Der Hüter, der den Weltenkreis umspannt, Hielt die höchsten deiner Güter ja in seiner treuen Hand. Der süße Trost ist ja geblieben: Was Feuersgluth dir auch geraubt, Du zählst die Häupter deiner Lieben, und fleh', es fehlt kein theuresDHaupt! Und diese Liebe, die die Wesen trotz Leiden und Gefahren trägt, Sie wird die Brüder auserlesen, in deren Brust ein Herze scklägt. Ja, Brüder, die mit vollen Händen, dir, der du schwer und tief gebückt, Zu deiner Nothdurft werden spenden, daß, wieder froh und hoch beglückt, Du neu dir kannst die Hütte gründen und, fröhlich wandelnd deine Bahn, Aus voller Seele kannst verkünden: Was Gott thut, das ist wohlgethan! Mög' Gott auch unserm Scherflein bieten den Segen seiner All machtshand, Und mög' er fortan treu behüten das ganze theure Vaterland! ° Frauenstein. Die bei dem hiesigen Stadt brande ebenfalls mit eingeäscherte Frohnfeste soll noch in diesem Jahre überdacht und interimistisch wieder hergestellt werden, damit man außer der Wohnung für den Wachtmeister, wenigstens einige Gefängnißzellen zur Disposition hat, welche wahrscheinlich im nächsten Jahre, wo eine große Masse Bauhandwerker und dergl. hier beschäftigt sein werden, unter welchen so manche Händel und vielleicht auch Verwechselungen zwischen Mein und Dein vorkommen dürften, möglicherweise unentbehrlich sind. Ein früheres Project, die Wohnung des Wachtmeisters und wenigstens eine Gefängnißzelle im sogen. Kreuzgange des Schlosses einzurichten, hat man wegen der Unzureichenheit der letzteren und be sonders wegen der sich nöthig machenden Feuerungen, deren Anbringung schwer in's Werk zu setzen ist, da sich der Anlage von Schornsteinen Schwierigkeiten ent gegenstellten, welche schon der vorhandenen Gewölbe wegen schwer zu beseitigen waren, aufgeben müssen. Mit dem Niederreißen der Schwellenmauer des zum hiesigen Schlosse gehörigen und ebenfalls mit abge brannten Wasserhauses, dessen Wiederaufbau in diesem Jahre man ebenfalls in Aussicht genommen, hat man bereits begonnen. Die Witterung scheint jedoch diesen Neu- und resp. Jnterimsbauten wenig günstig sein zu wollen, da das Wetter sich fast stündlich ändert und mit Regen und Schnee, Wind und Sturm, weniger und mehr Kälte wechselt. Eine der brennendsten Fragen bei der hier herr schenden Calamität an Wohnungen und andern Localen ist aber jedenfalls die Beschaffung von Localitäten für die Schulen, die noch immer mangeln. Nun-