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Erscheint täglich mit Aufnahme oer Lage uud Standesamtsbezirke: onntag, den 8. December Wolkenburg Ziegelheim bei Herrn Eduard Kirsten Filialen: in Altsradtwaldendurg bei Herrn Kaufmann Otto Förster; in Kaufungen bei Herrn Fr. Janaschek; in Langeschurs- darf bet Herrn H. Stiegler; in Penig bei Frau Kaufmann Max Härtig, Leipzigerstr. 286 Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtenftein-Callnberg, und in den Ortschaften der nachstehenden Altstadt-Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, Lt. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußoorf, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. Witterungsbericht, ausgenommen am 7. December, nachm. 4 Uhr. Barometerstand 742 Ml», reducirt auf den Meeresspiegel. Thermometerstand -f- 1,;" 0. (Morgens 8 Uhr ü- 0".) Feuchtigkeitsgehalt der Luft nach Lambrechts Polymeter 66"/o. Thaupunkt — 4,5 Grad. Windrichtung: West. Daher Witternugsausfichteu für den 8. December: Trübe bis halbheiter mit Neigung zu Niederschlägen. 168; in Rochsburg bei Herrn Paul Zehl; in bei Herrn Ernst Rösche; in »ach Sonn- und Festtages. Annahme von Inseraten für die nächster- scheinende Rümmer bis mittags 12 Uhr. Der AüonnemeuiSpreiS beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 25 Ps. Einzelne Nrn. 5 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Einges. 30 Pf. Expedition: Waldenburg, Ob er« asst 291 8. "Waldenburg, 7. December 1895. Die Ereignisse der Türkei haben naturgemäß in letz ter Zeit die Aufmerksamkeit Europas von den Vorgängen in Ostasien abgelenkt. Dort scheint sich gegenwärtig ein Ereigniß vorzubereiten, deren Wichtigkeit sich vorläu fig noch nicht übersehen läßt. Man hat sich gestritten über die Bedeutung des Bildes, welches Herr Knackfuß nach des Angaben unseres Kaisers malte und das die uns seitens der gelben Rasse drohende Gefahr darstellte. Wie weit die Kenntniß der thatsächlichen, der Allgemein heit bisher unbekannten Vorgänge oie Idee des Bildes unterstützt hat, ist wenig untersucht worden. Vielleicht dienen die nachstehend angeführten Thatsachen, die sich die „Leipz. Neuesten Nachr." von ihrem Berliner Corresponden- ten berichten lassen, zur Erläuterung. Das Blatt schreibt: „Der Krieg zwischen China und Japan ist zu Ende. Hat er zu einer dauernden Entfremdung zwischen den beiden Mächten geführt? Wollte man lediglich die Stimmung des chinesischen Volkes in Frage ziehen, so könnte man zu einer bejahenden Antwort gelangen; stellt man dagegen den weitaus bedeutsameren Factor in Rech nung, den die Stimmung der gebildeten Chinesen und ihrer vornehmsten Staatsmänner bildet, so muß die-Ant- wort Nein lauten. Hier ist allmählich ein vollständiger Umschwung eingetreten, herbeigeführt durch die Erkennt- niß der gemeinsamen, von Rußland drohenden Gefahr. Schon vor drei Jahren war, besonders durch den japa- , nischen Gesandten Vicomte Aoki, der Gedanke einer Alli anz zwischen China und Japan angeregt worden, deren Spitze sich in erster Linie gegen das weitere Vordringen Rußlands richtete. Es dürfte damals dem deutschen Reiche angeboten worden sein, gewissermassen das „Pa tronat" dieses Bundes zu übernehmen; doch hielt es Graf Caprivi, der ja die Politik als so ungemein einfach erklärte, für besser, die Hände in den Schoß zu legen und die Dinge im Osten ihren Lauf nehmen zu lassen, wie — Allah es für gut hielt. Welchen Einfluß in mercantiler und politischer Hinsicht damals eine weise Staatskunst hätte erlangen, wie sie selbst im Falle der Ablehnung die Verhältnisse Rußland gegenüber hätte ausnutzen können, das bleibe außerhalb der Untersuchung. Nach dem Frieden von Shimonoseki nun ist der Erste, der die Idee eines Defensivbündnisses zwischen China und Japan aussprach, der bekannte Vicekönig von Pet- schilli, Li-Hung>Chang, gewesen, der auch jetzt keineswegs die kaiserliche Ungnade zu ertragen hat, sondern als Mitglied des Staatsrathes in Peking das höchste An sehen und den größten Einfluß besitzt. Sein Jdeengang hat die volle Zustimmung des Grafen Aoki gefunden. Die Unterhandlungen in dieser Richtung sind auch heute keineswegs abgebrochen worden. Es bedarf jedoch des diplomatischen Eingreifens einer europäischen Macht, um das Project zu Stande zu bringen. Diese Macht kann nur Deutschland sein und mit ihm seine Verbündeten. Ueber die Verkehrtheit unseres bisherigen Vorgehens in Ostasien, das unseren natürlichen Feinden ungeheuere Vortheile, uns jedoch lediglich eine Demüthigung und den Verlust bestehender Sympathieen eintrug, sind wohl die Acten endgiltig geschlossen. Daran ändert cS auch nichts, daß nunmehr die Abtretung einer winzigen Inselgruppe bei Amoy zur Thatsachc geworden ist. Um so günstiger 'st gerade jetzt die Gelegenheit, durch eine starke diplo- matischc Förderung der geplanten Allianz uns die ver lorene Position wieder zu erringen. Im Augenblicke ist man weder in Japan noch in China günstig auf uns zu sprechen. Im Reiche des Mikado kann man es nicht vergessen, daß wir uns, nachdem wir während des Krie ges unsere Sympathien stets auf das Lebhafteste betont, im entscheidenden Momente auf die Seite der Gegner schlugen; in China denkt man noch sehr wohl an die Ablehnung, die man erhielt, als es sich um die Inter vention in Korea handelte; man ist auch wenig erbaut von der Heftigkeit, mit der deutsche Blätter für die An nexion chinesischen Gebietes eintraten, obwohl doch Deutsch land durch Nichts eine derartige Entlohnung verdient habe. Aber diese Abneigung würde sich hier wie dort alsbald in ihr Gegentheil verwandeln, wenn Deutschland bereit wäre, die japanisch-chinesische Allianz wirksam zu protegiren. Daß diese Allianz sich durch den Beitritt von Siam, das sich durch Frankreich jetzt auf das Aeußerste bedroht sieht, zu einem neuen ostasiatischen Dreibunde ausgestalten würde, ist nur eine Frage der Zeit, hat doch Frankreich den Siamesen gegenüber durch die geschickte Politik Hanotaux' das Meiste ohne Schwert streich erreicht, was es in dem tonkinesischen Feldzuge Ferrys vergeblich angestrebt hatte. Die Lage ist besonders dringend geworden durch Vor gänge aus den letzten Wochen. Man wird sich entsin nen, welches Aufsehen die bekannte Depesche über die Abtretung von Port Arthur an die Rusten erregte, die in den „Times" und im „Standard" so lebhafte Erwi derung fand und schließlich von Petersburg aus demen- tirt wurde. Ueber diesen Vorgang liegt noch immer eine Art von Geheimniß gebreitet, im Allgemeinen hat man sich gewöhnt, die Depesche als einen LuIIou ä'6888,^ zu betrachten, um die Stimmung in Europa zu sondiren. In Wirklichkeit liegen jedoch die Dinge anders. Es handelt sich um etwas recht Ernstes und Entscheidendes: Dementirt wurde allerdings mit Recht, daß Port Arthur in russischen Besitz übergehen solle. Rußland hat aber eine Forderung gestellt, die dem Sinne nach ziemlich identisch ist mit dem, was jetzt geleugnet wird. Die russische Regierung hat zwar nicht den Besitz des Hafens verlangt, wohl aber, daß die transsibirische Eisenbahn bei Port Arthur münde, und sie hat den Chinesen, um sie zu beruhigen, proponirt, die Verwaltung des betreffenden TheileS der Bahn solle eine eomwiWion mixte, eine aus chinesischen und russischen Functionären bestehende Commission übernehmen. Man hat nun seitens Chinas in Petersburg angefragt, ob auch Soldaten auf der Bahn transportirt werden sollen. Hierauf hat die Antwort Rußlands gelautet: Nein; aber China müsse gestatten, daß zum Schutze gegen streifende Banditen und gegen Insurrek tionen die Bahn eine Bedeckung von Kosacken haben solle. Diese Propositionen haben ihren Ursprung allerdings erst nach der erwähnten Petersburger Depesche. Wir können die Ver sicherung hinzufügen, daß man in Peking trotz aller Beklemmungen sich gezwungen sieht, diese Vorschläge zu acceptiren, wenn nicht seitens der europäischen Mächte intervenirt wird. Die Bedeutung der Concession aber braucht nicht hervrgehoben zu werden, sie würde Rußland zum unbeschränkten Herrn über Ostasien machen und China langsam, aber sicher, sowohl in politischer, wie merkanti ler Hinsicht zu einem Vasallenstaate des Czarcnreiches degradiren. Es ist im hohen Maße wahrscheinlich, daß man von japanischer Seite Alles aufbieten wird, um noch in letzter Stunde den kurz skizzirtcn Plan zu vereiteln. In diesem Zusammenhang erhält der Plan des Mikado, eine Reise nach Peking anzutreten und dem Kaiser von China per sönlich einen Besuch zu machen, eine besondere Beleuch tung. Daß man in China wie in Japan gegen die ge genwärtige Leitung unseres Auswärtigen Amtes, insbe- sonoere gegen Herrn v. Marschall, ebenso verstimmt ist, wie man dort einst für den Fürsten Bismarck begeistert war, ist natürlich. Man darf natürlich cie europäischen Complicationen und den Zwang, den sie uns auferlegen, nicht unterschätzen; aber andererseits will es doch schei nen, als ob die leidige Furcht vor dem Kronstädter Bunde uns nicht dauernd eine Politik ausnöthigen dürfte, von der unsere Gegner allein profitiren, die aber uns selbst nur Demüthigungen und Enttäuschungen bringt." PolMjche Mmvjchim. Deutsches NsiS-. Der Kaiser ist bekanntlich am Donnerstag Nach mittag in Hannover eingetroffen und von einer zahlrei chen Menschenmenge, welche sich trotz des überaus hef tigen Sturmes auf dem Bahnhofsplatze eingefunden hatte, mit enthusiastischen Zurufen begrüßt worden. Nach der Tafel im kgl. Schlosse besuchte der Monarch das Hof theater, wo er beim Eintritt mit dreimaligem Hoch vom Publikum begrüßt wurde. Zur Aufführung gelangte Ernst Seyffardt's Kantate „Aus Deutschlands großer Zeit", Text von Adolph Kiepert. Bei dem Schluß der selben, welcher in der Nationalhymne ausklingt, erhob sich das Publikum und brach in stürmische Hochrufe aus, wofür Se. Majestät durch Verneigen dankte. Am Frei tag Vormittag nahm der Kaiser im Schlosse Meldungen und Vorträge entgegen und ließ sodann die Garnison alarmiren. Später empfing derselbe eine Deputation der reformirten Gemeinde, welche den Dank für den Beitrag Sr. Majestät zum Bau einer Kirche abstattete. Während der Frühstückstafel trug der Hannoversche Män nergesangverein Lieder vor, die den vollsten Beifall des Kaisers fanden. Die Schulen der Stadt waren geschlos sen. Heute, Sonnabend, früh sollte die Abreise nach Springe zur Jagd erfolgen. Die Kaiserin, welche zur Zeit bei ihrer Mutter in Dresden weilt, stattete am Freitag der Königin von Sachsen einen Besuch ab. Ueber die äußeren Vorgänge der „Beurlaubung" des Ministers v. Köller berichtet die Staatsbztg.: Am Sonntag hatte der Reichskanzler eine Anzahl Collegen in seinem Palais versammelt, um mit ihnen die Köller- frage zu besprechen. Das Ergebniß war ein Bericht an den Kaiser, in dem die Entlassung Köller's noch vor dem Zusammentritt des Reichstags gefordert wurde. Der Kaiser war überrascht und befahl Herrn v. Köller zu Montag früh 8 Uhr nach Potsdam. Die Unterre dung dauerte sehr lange und da die Abreise des Kaisers (nach Breslau) auf 8 Uhr 45 Min. festgesetzt war, so fuhren Beide im Sonderzuge bis zum Bahnhof Fried richstraße und setzten die Unterredung fort. Diese führte nicht zu einer vollständigen Klärung, der Kaiser behielt sich deshalb die Entscheidung vor und entsprach dem Wunsche des Herrn v. Köller, ihn bis dahin zu beurlauben. Die Meldung von der Constituirung des Reich Stags- präsidiums ist bereits dem Kaiser von Seiten des Präsidenten zugegangcn. Man nimmt in gut unterrich teten Reichstagskreisen an, daß die Audienz des Präsi diums Anfangs nächster Woche stattfindrn wird. Dem Reichstag ist der Gesetzentwurf über die Abän derung deS Gesetzes, betr. die Erwerbs- und Wirth- schaftsgenossenschaften Freitag zugegangen. In der Confercnz zur Revision des Handelsge setzbuches entwickelte sich am Donnerstag eine lebhafte Debatte über die einzelnen Punkte, namentlich die De-