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Sonnabend, sr Februar iss» Gegründet 185S »r-LI-olchrly: Nachit««»» «reeden gnnlvrkchkr-rammelnummer: »»»«> Nu, lü, Nachlgewrtit,«: Nr. »soll LchrNUellun, u. H-u»>aeIchIYl«lleUe: »„»den.«, t. Marlenftraze »«/«» »»m 1«. »«« »I. s«»n»« uw »ei II,U« ,we>m»lt,n Auftillun, «re« -«I >.7« m«. V°stl>«,ua»v„t« »0, «onal gebruar ».«o «I. einlchl.w vlg. voftaebühr lohn« Voft»uNeUun^a«bIU,r). «tn,,Inummei >0 Vla-, -uber-al» «»»den« I» »lg. «ntelaenpreye: »t« «nzeioen »erden na» «owmarl »»rechne«: die elnlpavlae »o mm drei!« geile »» Big., sü, auswilri» »0 VI«. gamUien- »nzeigen und EteNengeiuch» ohne Rat,«« 1» Big., aubertzalb »» Via-, di« w mm t»iie Reklame»eile »00 V'n.. autertalb «lln Pia. cilerlennebütr »o VI«. «Iu»wLrti«e «lullrtae geaen vor,u«be,ahlun, «ru« u. Verlag: Llepl» » Reiebard», v,»«den. Poliicheck'Rlv. io«» Dreeden Nachdruck nur mii deuli.c.uellenan,ad« iDretdn. Nachr.l juliMg. Underlangi» kchriililülle »erden nicht au'bewatr« Das Kabinett ChautempS sebilbet Die amtliche Mmifterlifte vrndtdortiLt nnaoro» Knrtvsr Aorr»»ponit«llton Pari-, 21. Februar. DaS neue Kabinett ChautempS ist endgültig gebildet und hat sich um 7 Uhr im Elysöe dem Präsidenten der Republik vorgestellt. Die Ber» tellung ist solgeude: MiuifterprLfldtum und Inneres: Justiz und Bizeprästdtum: AeußereS: Finanzen: Marine: Krieg: Oessentliche Arbeiten: Unterricht: Handel: Kolonien: Landwirtschaft: Arbeit: Handelsmarine: Pensionen: Lustfahrt: Post: Haushalt (neu!): ChantempS srad^soz.). Steeg srad..so,.s. vriand ssoz -republ.I. Dumont lrad 'soz.s. Sarraut srad «soz ). Besnard srad.»soz.s. Daladier srad.'sozs. Jean Durand srad.»soz.s. Bonnet srad.-soz.s. Lamoureux srad. Linkes. Oueuille srad.-soz.s. Loucheur srad. Linkes. Dant^lon srad. Linkes. Galtet srad^soz-s. Lanrent Ennac srad. Linkes. JulienDurand sradLinkes. Palmad« srad.-sozs. Ebenso sind die bisherigen els Unter st aatSsekre» tariate beibehalt«« «nd fast ausnahmslos wie bi« Minist«,. Posten mit R « dik, l»S » , ialisten besetzt. Das neue Kabinett Ist also ein ausgesprochen radikale» Kabinett und bedeutet nichts anderes als die Wieder auferstehung des LinkSkartcllS. denn nach der gestern erfolgten Ablehnung TardicuS. sich zu beteiligen, und nachdem heut« im Lause des Tages drei Fraktionen der Mitte, aus deren Mitarbeit ChautempS gehasst hatte, nämlich Linksrepublikaner, also die Fraktion Tardien», daun die demokratische Aktion, also die Fraktion MaainotS, und endlich die soziale Linke, also di« Fraktion Franklin-Bouillon, ihren Mitgliedern dt« Teilnahme am Kabinett untersagt hatten, blieb ChautempS« wenn er seinen Auftrag überhaupt durchführen wollte« nichts anderes übrig, als ein auSgesproc Linkskabtnett zusammenznstelleu. Die Ministerliste zeigt, daß aubcr der Partei der radikale» Sozialisten, die vorherrscht, nur die Fraktion Loucheur» drei Ministerposten erhalten hat und dt« kleinen Mittel Parteien nur einige Unterstaatssekretärposten. Wenn wa» von Briand absieht, der längst als parteilos gelte« kann und seit Fahren der einzige ruhende Punkt ist in der Flucht der Erscheinungen, so sind nur drei Minister, nämlich Loucheur, Eunac und Galtet aus dem Ministerium Tardieus beibehalten worden. Die Stimmzahl, aus die diese» Kabinett in der Kammer sicher rechnen kann, beträgt ohne die Sozialisten nicht mehr als 2M bis höchstens 225 Stimmen, mit anderen Worten, da die Kammer 811 Abgeordnete zählt, kann das Kabinett ohne die 188 Stimmen der Sozialist«« überhaupt nicht eineu Tag lang existieren. Die grobe Anzahl der Senatoren, die dem Kabinett an gehören, zeigt, daß ChautempS dem Kabinett einen möglichst gemäßigten Charakter geben wollte. DaS Kabinett wird zweifellos den von der überwältigenden Mehrheit der Kam mer gebilligten auberparlamentarischen Sur», wie th» Briand verkörpert, bcibchalten und sich innerpolitisch zu- nächst vor allem mit -er Abwicklung de» Budget», für da» ein eigenes neues Ministerium errichtet wurde, beschäftige« und durch weitgehende Steuererleichterungen dt« Sympathie der öffentlichen Meinung zu gewinnen suche«. Das neue Kabinett wird, wie man hört, sich am Dienstag mit seinem Programm dem Parlament oorstcllen. Ein lange» Leben kann man ihm keinesfalls Voraussagen. Kettenloüerunv irr Sü-tirol Erlaß aller politischen Polizeistrafen für Deutschsprachive - Ein Erfolg Schobers Berlin, 21. Kebr. lTig. Drahtmelb.s Mnssolini hat für GÜLtirol eine allgemeine Amnestie für dort gegen Deutsch sprachige ergriffene Polizeimastuahmen verfügt. So »nrde auch der Arzt Joses Kiener a«S seiner Berbannnng aus der Insel Ponza entlassen. Kiener war zu drei Jahren Zwangsaufenthalt wegen antifaschistischer Haltung verurteilt worben. Dr. Kiener mar nach einem heute veröffentlichten Kommuuiauä der römische» Negierung der einzige Deutschsprachige, ber mit seiner Frau aus politischen Grün den in die Verbannung geschickt worden war. Das Kom- muniguo unterstreicht, dag nunmehr kein Deutschsprachiger mehr in der 'Verbannung verweile. Di« Amnestie trifft aus,er der Frau des befreiten Arztes noch sieben andere Deutsch sprachige. die wegen ihrer politischen Haltung unter Polizei aufsicht gestellt worden waren. Auch hier betont das Kom munique, daß nunmehr kein Deutschsprachiger mehr aus poli tischen Gründen unter Poltzetmaßnahmcn gestellt sei. — Man wird nicht sehlgehen, wenn man in diesem Gnadenerlaß Mussolinis eine Auswirkung des FreundschaftSvertrageS erblickt, den der österreichisch« Bundeskanzler Schober «it Mussolini abgeschlossen hat. Abretle Sr. Stbeber- na» Berlin Wien, 21. Februar. Der österreichische Bundeskanzler Dr. Schober hat um 8,20 Uhr abends seine Reise nach Berlin angetreten. In seiner Begleitung befindet sich Generalsekretär Peter und Konsul Bischofs. Der deutsche Gesandte Gras Lerchen selb hat aus Einladung des österreichischen Bundeskanzlers gleichfalls die Reise nach Berlin angetrcten. Auf dem Bahnhof hatten sich eine Reihe Persönlichkeiten zur Verabschiedung eingefunben, darunter einig« Reg Mitglieder und der Präsident des Nationalrates Waberl Der Versassungsausschub des NattonalratS bat da» Haager Uebereinkommen sowie die damit zusammen, hängenden Uebereinkommen mit Belgien und Polen, ferner den Freundschafts-, Vergleichs- und Schiedsgerichts- vertrag mit Italien genehmigt. Die Verträge werde« in der Dtenstagsttzung des Nattonalrats verhandelt werbe«. Dran- in -er Grazer Waggonfabrik Graz, 21. Februar, r. in In ber Grazer Waggonfabrik, vor. Gr ' ' ' " mals Wettzer, in Eggenberg bei Graz brach abends nach 7 Uhr Feuer aus. Durch das rasche Eingreifen ber Feuer wehr konnte der Brand aus die Waggon- und Montierung». Halle beschränkt werden. Der Brand entstand in einem Waggon beim Auflegen des Fustbobcnbelags aus Linoleum. Es wird dabei Benzin verwandt, das, sich aus unbekannter Ursache entzündete. Die Löscharbeiten waren durch die starke Rauchentwicklung und durch die Explosionsgefahr außer ordentlich erschwert. Zwei Feuerivehrleute erlitten Rauch vergiftung. Lakchursi dem „Sms Ävvelin" zur Nersügimg Ncuyork, 22. Februar. Entgegen Gerüchten, die wissen wollen, daß die amerikanische Regierung Bedenken gegen die Benutzung des Luftschisfhafcns durch das deutsche Luftschiff habe, erklärte der stellvertretende Martnemintster Jahnke am Freitag amtlich, das, Lakchurst dem „Graf Zeppelin* auch für sein« nächste Fahrt zur Verfügung stehe. Warum vertraulich? Im Lause dieser Woche ist der wichtigste Teil ber par lamentarischen Arbeit an den Nounggesetzen erledigt worden durch die Beratung im vereinigten Haushalt, und Außen- auSschuß de» Reichstages. Die vorhergehende Debatte im Plenum war politisch allgemeiner Art. und ebenso wird es die abschließende zweite und dritte Lesung sein. Im Aus- schuß aber sind die Einzelheiten der verschiedenen Abkommen vorgenommen, erläutert, kritisiert und von allen Setten de- leuchtet worben. Leider hat die deutsche Oefsentlichkeit nur das weniger Wichtige und bereits Bekannte aus diesen Ber- Handlungen erfahren. Bet allen entscheidenden Punkten lwi« Sanktionen. Moratorium, Revision! wurde sofort die Oef sentlichkeit auSgeschaltet und „strengste Vertraulichkeit* ge- boten. Die amtlich stilisierten Berichte über die Gcheim- bcratungen find gleichfalls mit Stillschweigen über die Stellen htnweggeglitten, die uns wegen ihrer einschneiden den Bedeutung für Deutschlands Werdegang in den nächsten SV Jahren am meisten interessieren müssen. Warum diese Geheimniskrämerei? Sie ist eines Volkes unwürdig, das — nach der Verfassung wenigstens — seine Geschick« selbst bestimmen soll. Sic könnte nur gerechtfertigt werden durch dringende außenpolitische Notwendigkeiten, wenn etwa die Erörterungen in den Ausschüssen im Neichs- intcress« vor dem Ausland geheimgchalten werden müßten. Aber die Gläubigermächte kennen ia diese Dinge bis in die kleinsten Einzelheiten, besser als wir, um deren Zukunft es geht, Mit ihnen ist jeder Paragraph und jede Klausel vereinbart «nb über die Auslegung gerungen worden. Es gibt nicht», wa» ihnen verborgen bleiben könnte. Ganz natürlich mußte au» diesen Erwägungen der Verdacht ent stehen. daß die NcichSregterung bet ber Behandlung ber wichtigsten Punkte des Boungplanes das Urteil ber Oeffent- lichkett scheuen muß. verstärkt wird dieser Verdacht durch den Umstand, dab die deutschen Sachverständigen auf der Neparationökonsercnz — an ihrer Spitze Dr. Schacht — geflissentlich von den Be- ratungen serngehalten wurden. Trotz wiederholter Anträge ist den AuSschußmttgltebern die Möglichkeit, authentische Aus kunft von denen einzuholen, die besser als die Negierungs vertreter über die Materie Bescheid wissen, verweigert wor den. Natürlich nur deshalb, weil man weiß, wie Dr. Schacht über den Moungplan in seiner jetzigen Gestaltung denkt, und weil man deshalb seine verantwortliche Stellungnahme verhindern will. Weil nicht Klarheit und Wahrheit, sondern Verschleierung das Ziel dieser Beratungen ist. Nun ist aber die Vertraulichkeit an verschiedenen Stellen geplatzt. Man kann es „grobe Illoyalität* nennen, wie Minister Dr. Wirth. oder „Hauösriedensbruch*. wie der demv- kratische Parteiführer Koch, oder nur „journalistische Fixtg- keit*. wie Graf Westarp. Tatsache bleibt jedenfalls, daß der Berichterstatter eines Oppositivnsblattes die Klausur durch brochen »nd stundenlang den Parlamentarismus in seinem tiefsten Negligs beobachtet hat. Und die Art. wie Dr. Wirth dem »eutschnattonalen Abgeordneten von Freytagh - Lortng- hoven gegenüber seinem Temperament die Zügel schießen ließ, weil er Ihn fälschlich im Verdacht des VertrauenSbruchcS hatte, ist vielleicht nur ein AuSbruch überraschten Scham gefühl». Aber die letzten Worte, mit denen Dr. Wirth das Wortgefecht abgeschlossen haben soll, sind doch bezeichnend für den Geist, in dem die Tributfrage im Reichstage be handelt wirb: „Den Freytagh kann ich nicht sehen,- entweder macht er ein höhnisches Gefickt, oder er zieht mich durch den Kakao: ich möchte ihn wirklich über den Kops Hanen.* Wer so schimpft, hat gewiß schon deshalb Unrecht. Denn dt« „Enthüllungen" au» der vertraulichen Beratung werben nicht mit Grobheiten allein widerlegt. Eine etwa« genauere und sachlichere Auskunft wäre erwünscht. Wie ist in Wirklichkeit der Disput über die Sanktion»- frage ausgegangen? Es wird behauptet, daß die Negierung nicht» anderes vorzubrtngcn hatte, als ihre optimistische Juristenauslegung, der bekanntlich eine ganz andere fran zösische gegenübersteht. Eine diplomatische Klärung der These TarbteuS. dab Frankreich „im extremen Fall" das Rheinland und bentsche Häfen besetzen dürfe, wurde — au» guten Gründen — verweigert. In seiner Not soll sich Dr. Wirth hinter den Haager Gerichtshof zurückgezogen haben, der schlimmstenfalls schon ein Unrecht an Deutschland verhindern werbe. Keine Sicherheit, sondern eine unbestimmte Hoffnungl Nicht ander» war den indiskreten Berichten zufolge das Ergebnis ber Revision SLebatte. Von ber Ein schaltung einer klaren und bestimmten Rcvisionsklausel hatten dt« wissenschaftlichen Sachverständigen ihr« Theorie vom Uoungplan als dem kleineren Uebel abhängig gemacht. Die Regierung konnte aber in dem ganzen Netzwerk der Ver träge keine Nachweisen, weil keine vorhanden ist. Die Minister „erhofften" die Revision, wenn sic notwendig wird, von der „Einsich'* des beratenden Sonderausschusses bei ber Trtbutbank. Bon den bcutschnationalcn Kritikern in die Enge getrieben, verweigerte bann Dr. Wirth wettere Au», kiinste iworans der Vergleich mit dem Benehmen eine» rimaner» gefallen sein soll», und Ministerialdirektor Dr. au» fiel die ««angenehme Aufgabe zu. die Aufkass«»» »er Opposition zu bestätigen mit ber Feststellung, baß dieser Sonderausschuß sich nur mit der „Anwendung des gegenwärtigen Planes* zu beschäftigen habe, und baß Anwendung nicht mehr al» Auslegung bedeute. Der Ansicht der Juristen im Hause und in der Regierung steht nur die abweichende Ansicht de» Mathematikers Wirth gegen- über, wie ein deutschnattonaler Redner, ohne Widerspruch zu finden, seststellen konnte. Auch in der RcvtsionSfraae bleibt e» also bet ber Hoffnung auf die Einsicht der Gläubiger, soweit nicht die Möglichkeit einer Revision durch die Mobilisierung der ungeschützten Trtbutantetle praktisch überhaupt auSgeschaltet wirb. Ebenso grausam wurden die Illusionen über die Beden- tung der MoratortumSklausel zerstört. Sie be- wirkt, wie sich setzt heranSgestellt hat. fünfviertel Jahre lang gar keinen Zahlungsaufschub, weil wir auch bei einem von uns erklärten T ra n»seransschub so lange in Gold- wart, also de« Devise« gleichwertig, ansbrtngen «nd zahlen müssen. Und auch bann gilt ber Zahlungsaufschub nur für die Hälfte des nichtgeschützten Teiles, also für ein Drittel der gesamten Trtbutsumme. Man braucht kein Finanzsach verständiger zu sein, um etnzufehen, baß damit da» so genannte Moratorium praktisch wertlos wird. Diese erdrückenden Behauptungen über den wahre» Charakter des Nvungplanes und die Fußangeln, die im S » strüpp ber Haager Verträge verborgen sind, werben nicht entkräftet, wenn sic die Regierung „zum Teil falsch und zu« Teil entstellt* nennt. Nachdem nun schon ein Zipfel be» Schleiers gelüftet ist. haben wir ein Recht darauf, die ganze Wahrheit zu wissen. Was ist falsch und was Ist entstellt? Welche Tatsachen sprechen gegen die Auffassung ber Opposition in diesen einzelnen Punkten? Dazu muß in ber nächsten Woche in aller Oefsentlichkeit die ungeschminkte Wahrheit gesagt werden. Wir haben diese Geheimniskrämerei be» schlechten Gewissens nun endlich satt. Wir wollen nicht mit verbundenen Angen in» Unglück r«»«e«l