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18. April 1884. Ak 31 Weißerih-Zeitmrg Preis pro Quartal 1V Ngr. Inserate die Spalten-Zeilr 8 Psg. Dienstag. Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post anstalten. Amts- und Anzeige-Blatt der Königlichen Gerichts-Ämter und Stadträthe ZV Dippoldiswalde, Franenstein vnd Altenberg.^ Verantwortlicher Redakteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Tagesgefchichte. Dippoldiswalde, den 14. April. Wenn schon unser Ge werb verein im verflossenen VereinSjahre nicht das rege Interesse, wie in früheren Jahren, zu erwecken vermocht hatte, so erfreute sich doch das Stif tungsfest, das derselbe gestern auf hiesigem Rath- hauSsaale feierte, einer regeren Theilnahme, als nach Allem zu erwarten war. Von einer Festsitzung absehend, hatte der Vorstand das erwähnte Fest lediglich der geselligen Freude gewidmet und versucht, materielle und geistige Genüsse zweckmäßig zu verbinden. Eine jedem Couvert beigegebene Tafelordnung verrieth denn nun freilich schon von vornherein, was Alles in Aus sicht stand. Vorsitzender Jehne eröffnete die Reihe der officiellen Trinkspruche mit einem Hoch auf den Verein, die friedliche Werkstatt des Handwerkers mit einem Schlachtfelde vergleichend und wünschend, daß dort der friedlichen Siege recht viele erkämpft werden möchten. Sodann feierte Lehrer Holfert die städtischen Behör den, an den Scdiller'schen VerS anknüpsend: Wohl steht das Haus/ gezimmert und gefügt, Doch ach, es wankt der Grund, auf den wir bauten, indem er erfreut darauf hinwieS, daß Zustände, die, „Werner Stauffacher" im „Tell" zu jener Klage ver mocht hätten, bei uns glücklicherweise nicht vorhanden seien. Den dritten und letzten officiellen Trinkspruch auf die Gäste brachte Lehrer Engelmann, dieselben alsConsumenten bezeichnend, auf welche es demGewerb- treibenden vor allen Dingen ankommen müsse. Mehrere Quartett- und Solovorträge, sowie der Gesang zweier Tafellieder, waren an passender Stelle eingcschoben, bis endlich Vorsitzender Jehne den auf der Taselord- nung als „wissenschaftlich" bezeichneten Vortrag über „Trichinen" hielt, der durch Illustrationen erläutert, allgemeine Heiterkeit hervorrief. Derselbe schilderte die Geschichte der Trichinen von ihrer Bildung im Magen bis zu ihrem Tode, der allein durch „Braten" erfolgen könne. Eine Scene aus „Lnmpaci-Vagabundus," von den Herren Jehne, Liebmann und Teicher recht wacker ausgeführt, trug gleichfalls zur Erhöhung der Laune bei; nicht minder ein höchst geistreiches Zwiegespräch zwischen den Herren Jehne und Bezirksthierarzt Bauch, das sich auf der Tafelordnung als „große Scene aus dem Weltumsegler" ankündigte. — An Trinksprüchen erwähnen wir noch den auf die Damen vom GerichtS- amtmann Drewitz; auf den „GewerbvereinSdichter" vom Bürgermeister Heisterbergk; auf die „Frauen mit und ohne Widerspruchsgeist" vom Lehrer Bieber; auf die- selben, aber „ohne Widerspruchsgeist" vom Gasthofs- bes. Liebmann; auf den „siebenjährigen Vorsitzenden" von dem vorigen Sprecher. Wenn im Ganzen an Trinksprüchen heiterer Art weniger geboten wurde, als bei frühere» Festen, so mag das wohl an der durch die Tafelordnung von vornherein bekannten Menge der vorbereiteten Unterhaltungen liegen, die voraus sichtlich eine Zeit beanspruchen mußten, daß den Spre chern in der That wenig davon übrig bleiben konnte, wenn man noch vor Mitternacht sich in die Arme des Tanzes werfen wollte, der denn auch nach einigen Stunden seine bunten Wogen entfaltete. — Dürfen wir uns noch einen Wunsch auszusprechen erlauben, so ist es der, künftighin, so sehr wir auch die uneigen nützige Bereitwilligkeit unseres Vorsitzenden zur Her stellung aller Drucksachen anerkennen, lieber die gedruckte Taselordnung wegzulassen, da nicht zu leugnen ist, daß ohne eine solche die Ueberraschung noch eine größere sein dürfte und daß erst dann, wenn sich ein fühlbarer Mangel an rechtem Leben zeigt, Da« und Jenes an besonderen Unterhaltungen eingcschoben werden möchte. Gesundes Wiedersehen im neuen VereinSjahre und Beherzigung des Göthe'schen Spruches: Tages Arbeit, Abends Gäste, Saure Wochen, frohe Feste, Sei dein kräftig Loosungswort! Dippoldiswalde, den 18. April. Vorausgegan gener Aukündiguug zufolge gab am Sonnabend in der hiesigen Posthalterei Hr. L. Kannte aus Hannover eine Production in der Behandlung solcher Pferde, welche durch Reizbarkeit, Störrigkeit rc., überhaupt durch Wildheit, ihrer gehörigen Verwendung, namentlich aber dem Hufbeschlage Hindernisse entgegensetzen, die man bisher nur durch Gewalt besiegen zu können glaubte. Wer den Werth eines sonst guten Pferdes zu schätzen versteht, wer da weiß, welche Nachtheile dem Thiere durch Gewaltmaßregeln beim Beschlagen zugesügt werden können, der muß ein Verfahren mit Freude begrüßen, wodurch es ohne die geringsten Zwangsmittel, ja ohne jede Vorrichtung, selbst ohne Beihilfe anderer Personen, möglich ist, in kurzer Zeit das wildeste Pferd lammfromm zum Stehen zu bringen, so daß der Beschlag mit Leichtigkeit auSgeführt werben kann. Hr. L. Kannse zeigte nun an zwei Beispielen, daß durch Ruhe, Bestimmtheit und ein Eingehen auf die Eigenthümlichkeiten des Pferdes im Allgemeinen ein Resultat zu erzielen ist, das Jeden lebhaft über raschen mußte, der die oft langwierigen, fruchtlosen Bemühungen kennt, die beim Husbeschlage wilder Pferde vorzukommen pflegen. Zuerst wurde ein schöner Schimmel des Hrn. Otto auf Naundorf vorgeführt, der nach der Versicherung des Besitzers sich absolut «ur bei Anwendung von entschiedenen Zwangsmitteln beschlagen ließ. Durch die Behandlung des Hrn.