Volltext Seite (XML)
9ir. 14. WePerih-Zeitung Freitag. Erscheint Dienstagsund Freitags. Zu beziehen durch alle Postanstalten. Amts- und Mtigc-Ml -cr Königlichen Gerichts-Ämter and Itadträthe zn Dippoldiswalde vnd Fravenstciu. 17. Februar 1871. Preis pro Quartal 10 Ngr. Inserate die Spalten-Zeile 8 Pfg. vrrMiwortiicher Nrdactnir: Carl Jehnr in Dippoldiswalde. TageSgefchichte. Dippoldiswalde. Das Comite, welches für eine würdige Feier des Friedensfeftes in unserer Stadt gewählt ist, hat sich conslituirt, ein Programm festgestellt, sich in verschiedene Deputationen getheut, die auch bereits Einzelsitzungen abhielten, und wird hoffentlich zu rechter Zeit mit allen Vorbereitungen zu Ende kommen. Wir theilen hier das Programm vorläufig in seinen Haupttheilen mit und bemerken nur, daß dasselbe seiner Zeit in besonderen Abdrücken mit specieller Angabe der Tage und Tageszeiten in unserer Stadt sowohl, als in der Umgegend, zur schnellen Vertheilung gelangen wird. — Sofort nach Ein gang der Friedens-Depesche: Geläute aller Glocken während einer Stunde. Choral: „Nun dankst Alle Gott!" vom Kirchthurme. Lösen der Böller (während des Geläutes). Umzug des Schützencorps unter Musikbegleitung. Am Abend vor dem Feste: Freudenseuer auf der Höhe bei Oberhäslich. Fackelzug unter Begleitung des Schützen- und Musik-Corps. Am Haupt-Festtage: Früh-Reveille des Schützencorps. Festzug zur Kirche und Festgottesdienst. Speisung von 200 Armen. Mittags Festmahl auf hiesigem RathhauSsaale (unter Theilnahme der Frauen). Abends allgemeine Illumination und nach derselben gesel lige Vereinigung im RathhauSsaale (unter Theil- nahme der Frauen). — Nächsten Sonntag Nachmittag wird im hies. RathhauSsaale eine Versammlung der Wähler unseres Bezirke« stattfinden, in welcher Herr Rittergutsbesitzer Hrahl, der Candidat der nationalen Partei, sprechen und sein politisches GlaubenSbekenntniß ablegen wird. Berlin. Die Nachricht, daß der Einzug der deutschen Truppen in Paris noch stattfinden Werde, ist doch mit Vorsicht aufzunehmen, da man nicht glauben kann, daß die deutsche Kriegführung, falls das Friedenswerk nicht bis 19. Februar vollendet ist, was kaum anzunehmen, mitten in die noch schwebenden Ver handlungen hinein einen solchen Act verlegen werde, der einen gedeihlichen Ausgang derselben, den wir doch auch wünschen, schwerlich fördern würde. - Nach dem Aus fälle der Wahlen in Frankreich ist Übrigens eine Wieder aufnahme des Krieges nicht zu erwarten, und dürfte daher an der Verlängerung des Waffenstill standes kaum zu zweifeln sein. Voraussichtlich wird alsdqnn ich Nationalversammlung nach Paris verlegt werden. Andernfalls würde die FortsHung des Krieges nach Ablauf de« Waffenstillstandes sofort mit aller Energie beginnen, wozu bereit« alle Vorbereitungen getroffen sind; doch ist die volle Zuversicht begründet, daß dieser Fall nicht eintreten werde und unsere Truppen in nicht langer Zeit lorbeergekrönt heimkehren werden. Sämmtliche deutsche Fürsten beabsichtigen, während der bevorstehenden Reichstagssession Berlin zu besuchen. Man erwartet den Schluß des preußischen Landtages bereits am 18. Februar, und wird die Regierung von einer eigentlichen Schlußrede absehen. Die der Stadt Paris auferlegte Contribution von 200 Mill. Frcs. ist am 11. Februar in Versailles be zahlt worden. Oesterreich. In Wien hat am 12. Februar in Folge einer Eisanstauung eine Ueberschwemmung stattgefunden, die außerordentliche Dimensionen annahm. Ein Eisstoß setzte sich gegen Mittag in Bewegung und das Wasser stieg in rapider Weise; gegen 6 Uhr trat das Wasser aus den Canälen. Im Nu waren in der Stadt die Adlergasse, in der Leopoldstadt fast sämmt liche Gassen, sowie mehrere Straßen in der Roßau, überschwemmt. */»7 Uhr wurde die Praterstraße in ihrer ganzen Ausdehnung, sowie die Nebengassen, mit Kähnen befahren; das Wasser stand 3 Schuh hoch und drang in die Gewölbe und Parterrewohnungen. Tags darauf ist zwar das Wasser im Donaucanal bedeutend gesunken, doch stehen die EiSmassen noch fest. Un glücksfälle sind nicht vorgekommen. — Nach einer Mittheilung des „Pester Lloyd" steht der Rücktritt des Reichskanzlers Grafen Beust in nächster Zeit mit Sicherheit zu erwarten. Schweiz. Eine genaue Zusammenstellung der Berichte aus den einzelnen Cantonen ergiebt, daß die Zahl der hier internirten Franzosen sich auf 1798 Offiziere und 79,789 Mannschaften nebst 10,000 Pferden beläuft. Das Elend der übergetretenen Armee war namenlos groß: es fehlte den Truppen Alles, was an Bekleidung, Ausrüstung und Proviant einem Heere unumgänglich nothwendig ist; der Gesundheitszustand war ein äußerst ungünstiger und die Folgen der er littenen Strapazen waren die schlimmsten. Die Schweiz aber thut, was sie kann. Aus Lausanne schreibt man: „Schon die kleinen Orte, durch welche die Fran zosen kamen, gaben her, was sie hatten. Die armen Soldaten sind ganz von Ungeziefer bedeckt; deshalb hat man in den großen Räumen einer hiesigen Gerberei Bäder eingerichtet, in denen 200 auf einmal gebadet werden können. Das Wasser wird durch Dampf er wärmt und in die großen Gerbertonnen geleitet. Mehrere Arbeiter reiben die Unglücklichen der Reihe nach mit