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Diese« Blatt erscheint täglich Adend« un» ist »urch alle Post, anstaltrn de«3n. nn» Au-lan»r« zu beziehen. Dresdner Journal, Preis für »a« Vierteljahr IN LHlr. Znsertion-gebüh. reu für den Nau« einer gespaltene» Zeil« Pf. Herold für sächsische und deutsche Interessen. Redigirt von Karl Biedermann. Inhalt. Die Verordnung über die Presse. — Tagesgeschichte: Dresden: Stadtgericht; Versammlung zur Abhilfe der RothstandeS. Leipzig: Arbeiterversammlungen. Chemnitz: Exzesse; RahrungSlofigkrit. Berlin. BreSlau. Heidelberg. Wien. Cuxhaven. Schleswig-Holstein. Prag. Posen. Turin. Parma. Modena. — Kunst und Literatur: O-L. Banck. Hosthealer: „Wilhelm Trll."— Feuilleton. — Gefchäftskalender. — Ortskalender von Dresden. — Angekommene Reifende. — Anzeigen. Verordnung, die Landtagswahlen betreffend. Wir Friedrich August, von GOTTES Gnaden, König von Sachsen rc. rc. rc. finden Uns zu der Erklärung bewogen, wie Wir die dermalen vorseienden Landtagswahlen im Sinne völliger Freiheit der An sichten geleitet und vollzogen zu sehen wünschen und daher namentlich nicht wollen, daß Seiten der Behörden oder in sonstiger Weise aus der wegen Veranstaltung der Landtagswahlen unterm 15. October vorigen Jahres ergangenen Verordnung ein Anlaß hergenommen werde, der Geltendmachung dieser Freiheit der Ansichten beschrankend entgegen zu treten. — Gegeben zu Dresden, am 30. März 1848. Friedrich August. (l. 8.) Marti« Oberländer. Die Verordnung über die Dresse vom 23. März 1848. Dahlmann, dem ein größerer Ruf als Geschichtschreiber, denn als Politiker gebührt, hat einst gesagt: die Deutschen woll ten die Preßfreiheit wie auf einem Weihnachtstischchen bescheert erhalten und bedächten nicht, daß dazu lange Kämpfe nöthig wä ren, die doch auch in England diesem Geschenke vorausgegangen seien. Nun, wir haben die Preßfreiheit, wir haben sie erhalten urplötzlich wie eine Weinachtsbescheerung, und doch waren große Kämpfe vorausgegangen, Kämpfe, die sich bis in die letzten ver- zwciflungsvollen Tage des gestürzten Systemes fortsetzten. Wie haben sie sich gesträubt die Dunkelmänner der Vergangenheit, das Zauberwort auszusprechen, welches die Fesseln des mächtigen Rie sen : Geist, zerbrechen mußte; wie haben sie von Zensuraufhebung, von Preßgesetzen, von einem die Preßfreiheit betreffenden Gesetze gesprochen, aber um Gottes willen nicht gesagt: die Presse ist frei! And als endlich doch der Tag, der lichtgoldne, hereinbrach, da war es uns, als sei ein dichter Schleier der Blindheit von unseren Ant litz gefallen, wir rieben uns die Augen und riefen: wie war es möglich, so lange zu träumen, so lange zu liegen, gelähmt an Hän den und Füßen und doch innerlich so kräftig und gesund, daß ein einziger gewaltiger Ruck die schmachvollen Bande weit von uns geschleudert hätte? Alles was ist, ist gut. Gut, daß es so gekommen, daß wir gelernt haben, männlich unsere Gefühle beherrschen, daß wir mitten im Druck die Freiheit um so mächtiger erstrebten, daß wir noch in den letzten Lagen den Werth einer freien Presse bis in die untersten Schichten des Volkes so verbreiten konnten, daß es kei ner Macht der Erde mehr gelingen wird, uns in die alte Zensur zwangsjacke zu stecken, — es müßte denn die ganze Welt aus ih ren Angeln ent- und verrückt werden, es müßte Rußland an die Stelle Frankreichs treten, welches ein geistreicher Kopf nicht mit Unrecht als die Unruhe in der Weltuhr bezeichnet hat. So mäch tig aber war das Wogen der Ideen, daß die alte Gesetzgebung über die Presse mit ihren Konzessionen und Kauzionen, jene Ge setzgebung mit ihren Paragrafen und Titeln, wie sie Würtemberg noch zuletzt aufgestellt hat, wie wir sie aber vor Jahren als einen unendlichen Fortschritt begrüßt haben würden, so mächtig, sage ich, drängte die Zeit, daß auch diese Gesetzgebung schon in den Fluthen des Zeitenmeeres begraben liegt und immer lauter darüber hin der Ruf nach dem Hecker'schcn Preßgesetz mit den bekannten 3 Paragrafen erschallt. Was damals aus der badischen Kam mer als ein geistreiches Aperyu zu uns herüberdrang, dem man freundlich zulächelte, wie etwa einem amerikanischen Puff, Das haben wir jetzt als vollendete Thatsache, Das und nichts Anderes können wir brauchen.—Die vor uns liegende Verordnung, welche nach ß.88 der Verfassungsurkunde mit Gesetzeskraft erlassen wurde, hat in der Hauptsache diese Wünsche erfüllt, und wir begrüßen sie daher mit Freuden. Man rühmt England immer als daS Land der Gesetzlich keit. Wahrlich! wir stehen in dieser Beziehung ihm gewisser maßen nicht nach. Wir sind eigentlich so zu sagen geborene Ju risten. Die kurze Zeit der Preßanarchie kam Vielen unter unS fast unheimlich vor, wir sahen uns immer um, ob hinter uns nicht ein Gesetz, vor uns nicht eine Verordnung wäre. Wir sind gut geschult, die Schreibstube hat uns an Ordnung gewöhnt, aber die