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Wöchentlich «scheinen drei Nummern. Pränumeration« Prei« 22j Sgr. (j thlr.z vierteljährlich, 3 Thaler für da« ganze Jahr, ohne Er tz Sh ung, in allen Theile, der Pr-ußischen Monarchie. a g a für. die Man pränumerirt auf diese« Beiblatt Ler LUg-Pr. StaaiS- Zeitung in Berlin in der Expedition iMohren - Straße Nr. 34); in der Provinz so wie im Ausland« bei den Wotzlltbl. Post Acmtern. Literatur des Auslandes. Berlin, Freitag den 1. Februar 1833. England. Ueber das Wesen der Geister-Erscheinungen. Die Am,ahme, daß Verstorbene wieder erscheinen können, wurde von einigen Philosophen de« Alterihums mit Gründen unterstützt, die sie au« der Natttriehre schöpften. Neuere Alchymisten bedienten sich derselben Deduclion und gaben ihr das Gepräge des feierlich sten Ernstes. Wie das Insekt seine Haut ablegt und die wahre äußere Hülle zurückläßt, eben so erklärte Lucrelius die Geister d«r Abgeschiedenen für die Hülsen des menschlichen Leibes, die dem all gemeine» Gesetz der Verwesung entgangen sind. Diese Hypothese wurde von de» Aichymisten des 17 teil Jahrhunderts berichtigt und weiter ansgesührt; sie wollten durch den Prozeß der Pa ling cn esie, wie sie es nannten, die Rose und jedes andere Gewächs aus ihrer Asche wieder erzeugen können. Das salzige Residuum der Blume wurde, mit einer gewissen Substanz (welcher?) vermengt, einer gelinden Hitze ausgesetzt, und »litten aus der Asche erhoben sich, in ihrer ganzen Schönheit, der Stengel, die Blätter und die Krone. °) In diesem wundersamen Srgebniß entdeckte Kircher ohne Weiteres Len wahren Ursprung der Geister-Erscheinungen. Die salzigen Theise des menschticheu Körpers trennten sich, nach seiner Ueberzeugung, durch unterirdischen Scheidung- Prozeß von den gröberen Substan zen, stiegen als Dünste ans der Erbe und gestalteten sich zu den selben Umrissen, welche die Person im Leben gehabt hatte. Damals kostete es dem chemischen Magier wenig Mühe, dem Erdreiche des Kirchhofs Phantome zu entlocken, oder den Schatten eines Missethäiers über seinem geräderten Körper schweben zu kaffess. Unter Ludwig XIV. nahmen drei Pariser Aichymisten etwas Erde von dem Bcgräbniß Platz der Kirche »los innooi-nn und ließen sie in einer gläsernen Phiole destilliren; allein die plötzliche Erscheinung menschlicher Gestalten in dem Glase trieb die erschreckten Chemiker aus ihrem Laboratorium und machte eine Zeit lang ihren magischen Verwandlungen ein Ende.°°) Das Mährche» kam jedoch in Umlauf, und die Weisen des Jahrhunderte nahmen sich vor, den Resultaten ihrer Vorgänger aus jede Gefahr »achzuspürcn. Man machte unter Anderem ein Experiment an dem Körper eines Missethäiers, und die folgende Erzähliing davon ist den jUinov Hanoi« IHosi» entlehnt. „Ein würdiger Arzt nahm den Körper eines Missethäiers zur Sektion mit sich. Nachdem er über die anderen Tbeile verfügt hatte, befahl er seinem Assistenten, einen Theil der Hirnschale zu pulverisircn, welches Pulver damals offizinell war. Dasselbe blieb in einem Papier auf dem Tische des Laboratoriums, in dem der Assistent schlief. Um Mitternacht Hörle er ein Geräusch in dem Ge mache, das ihn gleich aus dem Belte trieb. Das Geräusch setzte sich, ohne fichibaren Urheber, in der Gegend des Tisches fort, und endlich bemerkte der Assistent zu seinem größten Entsetzen nmrcn im Pulver einen kleinen Kopf, der ihn mit offenen Augen ansticrte. Im nächsten Augenblick bildete» sich Arme und Hände; hierauf wur den dir Rippe» sichtbar, die sich bald mit Fleisch und Haut über- kleidelcn; endlich kamen auch die untcrcn Extremitäten zum Vor- »> DieS erinnert an Swift'« Akademie der Projektenmacher zu Lagado, in Gulliver'S Reise» ", Hatten diese Alchpmiften in spateren Zetten gelebt, als man eine Men ge »itlpocirr (Fett-Wachs) aus denuelde» Kirchhofe gewann, so würden sie ihre Experimente zierlicher beim Schimmer von Wachskerzen aus Men schenlcibern gemacht haben Eine kurze Getünchte duner merkwürdigen Sub- sianz dürste wohl den Leser interessiren „Das -»Uzi»'"': wurde zu Pa rts entdeckt, als man Len Gottesacker der Kirche »«' mnncen, zu Pausteilen umgrub. Dieser Boden war viele Jalwhundert« Lie Todlen-Behaunmg eines Ler volkreichste» Distrikte von Paris gewesen und enthielt mehrere große Aushöhlungen (iovgEz c«»o>mnner) von beiläufig Zl, Fuß Tiefe und 20 Auk UN Viereck ^cde dieser ungeveuren Gruben, die über ihr natürliches Niveau sich erhoben, enthielt ungefähr isu» an und aufeinander stehende Sarge mit Len Leichnamen der ärmeren Einwohner, die zu diesem schimpflichen Bearad- niß verdammt waren, w da» rin Raum von'beinahe 2t»i,iititt Kubik Ellen gänzlich mit Verwesung ungefüllt war. AIS man den größeren Theil der Erde mit dem Moder, Len sie barg, wegraumte, entdeckten Kourcron und Thouvet solgcnde Merkwürdigkeit- in ein«, der Gruben, die etwa seit 15 Jahren gefüllt war, lagen Lie Leichen, wie durch ei» Gewicht platt gedrückt oder wie eingesunken am Boden der tz-arge, und alS man Len leinenen Kit tel wegriß, zeigten sich unregelmäßige Massen einer bräunlichen salbenarti-' gen Substanz, eines Mitteldinges von Wachs und Fett. Eine genauere Un tersuchung erwies, daß riese Substanz aus xedem animalischen Lheile, ausge nommen die Knochen, Nagel und Haare, gebildet war; daß sie sich im Mit tetpunkt Ler Gruben vottkommener entwickelte; daß sie in bettaung 55 Jah ren, wenn der Grund trocken ist, spröde, halb durchsichtig und körncrartig, wird, und daß sie endlich niemals sich erzeugt, wenn die Körper einzeln be graben werden." tlLUinvurxk Lurxctvz-eö,-. -VN. ^Mpocirr ) schein, der Mensch stand auf de» Beinen und trug de» nämlichen Anzug, in dem er hingerichtct worden war. Der erschrockene Zu schauer, der bis jetzt, seine Gebete herinurmclnd, dagestandeii hatte, wollte nun dem wiederbelebten Spitzbuben entfliehen; allein dies war unmöglich; das Gespenst vertrat ihm den Weg, schnitt ihm drohende Gebehrden, öffnete die Thür und ging hinaus." Diese Theorie der Geister-Erscheinungen stieg sehr in der öffent lichen Achtung und wurde selbst in England von sehr achtbaren Leuten unterstützt. I)r. Webster schenkt ihr in seinem Buche über Hcxenklwste nicht bloß Beifall, er vcrthcidigt sie noch mit neuen Gründen. Ec betrachtet die Regeneration der Pflanzen aus ihrer Asche als eine auf Autopsie gegründete Wahrheit und hält es für vernunftgemäß, daß Thicrc wie Pflanzen ihre (platonischen) Ideen oder Bilder in sich schließen, die fortdauern, wenn die grobe Ma terie zerstört ist. Er fährt-fort: „Sintemal nun die Gestalten und Bilder der Menschen erscheinen, so muffen auch ihre leiblichen Seelen besonders existireii und dem Blut und Fleische dienen oder nahe seyn." So war die damalige Logik beschaffen. In noch neuerer Zeil gab Lavater der Phantasie der Individuen die Macht, auf die Phantasie Anderer in einer gewissen Entfernung zu wirken und die Letzteren in den Stand zu fetzen, daß sie ein lebendiges PhantaSMa von den Erstere» sich bilden. Die« war, wie man leicht sieht, nur eine Mo- dificalion der alten Hypothese. Man kann die verschiedenen Visionen in zwei große Klassen «heilen: — solche, die von mchrcrcn Personen zu gleicher Zeit, und solche, die nur von Einer Person gesehen werde». Zur ersten Klaffe gehören die Wunder de» alten und neue» Heidenthuws, die Betrü gereien der Priester und Zauberer. Unbekannlschafl mit de» Gesetzen der Natur-Phänomene und den Hülssmittclii der Kunst machte die Sterblichen zu willigen Opfern des Aberglaubens. Die meisten Geister-Erscheinungen früherer Zeit scheinen optischer Natur gewesen zu seyn. Die Eigenthumlichkeiten der Linsengläser und Hohispiegcl, und besonders derjenigen, vermöge deren mail Luftgebilde hervor- bringen konnte, die sich nicht greisen ließen und alle Kennzeichen unkörperlichcr Existenz hatte», waren gewiß den alten Zauberern be kannt. Vielleicht verstanden sie sogar die PhantaSmagorie der neueren Zeit. Damascius spricht nämlich von einer Licht-Masse, die aus der Tempel-Mauer gesehen ward, anfangs sehr entfernt schien, aber, indem sie dem Auge näher rückte, nach und nach zu einem Antlitz 'von überirdischer Schönheit sich gestaltete. Ans diesem Wege wurde es leicht, eine Erscheinung in die andere zu verwandeln und selbst Menschen in Thiere übergehen zu lassen. In den heidnischen Tempeln wurde solcher Hokuspokus i» einen undurchdringlichen Schleier gehüllt, weshalb keine genaue Beschrei bung von irgend einer individuellen Geister-Erscheinung ans dem Alierthuni aus uns gekommen ist. Später, als die Manipulationen der Magic mehr Oeffentiichkcit erhielten, finden wir einige Beispiele, die sehr wohl aus die Mittel schließe» lassen, deren man sich bedien! hat. Eines der ältesten dieser Beispiele, aus dem neunten Jahrhun dert nach Christus, ist die Erscheinung eines Verstorbenen. Kaiser Basilius, untröstlich über den Verlust seines geliebte» Sohnes, wünschte diesen noch einmal zu sehen und nahm deshalb Zuflucht zu der Fürbitte des Erzbischofs Santabaren, der schon lange als Wunderlhäler berühmt war. Das Gebet des Erzbischofs ward erhört, und der Kaiser sah de» Verstorbenen in prächtiger Kleidung, aus eiuem stolzen Zelter einherreiteud. Das Phantom näherte sich dem Kaiser, umarmte ibn und verschwand. Unmöglich konnte rin leib hafter Reiter das Werkzeug der Illusion seyn. Das Verschwinden de« Gespenstes in des Kaisers Armen war ganz nach der Weise eines pbantasmagorischen Bildes, dem entweder ei» Portrait oder ei» lebender Jüngling, dessen Züge mit denen des Tobten Aehnlich- kcit batten, seine Entstehung gab. Das Abenteuer Benvenuto Cellini's mit jenem Sicilischen Gei ster-Beschwörer ist dem Deutschen Leser aus Göthc'S Uebcrsetzung der Sclbstbiographie des Künstlers bekannt genug. Die von dem Priester in's Colisco zitirlen Dämonen konnten nicht, wie RoScoe meint, die Bilder einer Zauber-Laterne seyn, weil dieses Instrument bei Cellini s Lebzeiten noch nicht erfunden war. Der Apparat be stand ohne Zweifel aus Hohlspiegeln oder Linsengläsern. Bilder von Dämonen, mit brennenden Farben illuminirt und den Augen der Zuschauer entrückt, waren die Gegenstände, deren Rcflere die Spie gel aus die Dampswolken warfen, die dem Feuer entstiegen. Eine kleine Veränderung in der Lage des Spiegels oder der Gegenstände bewirkte, daß die Luftbilder ihr« Plätze veränderten, von einer Rauch-