Volltext Seite (XML)
57. Jahrgang. Z- !>8. T»««erstag, IO. April 1S13. VezugS-Otebühr ,lenelj»hr>- sür Dre». den bei I«glich zwei- ma»,«r Zunagun, <an Sonn- und Moiiuigcu nur rlnma» 7,i»0 M., durch au»w-rlige1lon> mMtonilrr bi» 8.00 M. «e, einmaliger Zu- IteUuna durch di« Po» »M.lohne Bkileiigcidj. ?lu»Iand: veliel- reich-Ungarn L,«» »r., Schweiz »M Frk» , Italien 7.17 Lire. — siachdnili nur mit deutlicher Vuelien- a»aab» <.,Dr«»dner Siechr.-ilnlitllt,. -IIn- oeriangle Manulkriple weid. nichlausbtw« htt. Telegramm-Adresse: Rachrichtru Treüden. Fernsprecher: II » 2l»»U . »««1. 1850 Druck und Verlag von Liepsch öc Reichardt in Dresden. /kskim- k/»ocoi»tlo c M 7s5ei 5Ü L L/iocolsris/ tkaeso ^ r ktz. Lobs 2,40 IK. n-ol-: voe>7mg. osLse^/ie? Lspkon 2, 3v.4k lsl, Anzeigen-Tartf. «nnahme von Anilin dioungen di» nachm !> Uhr. Sonntag» nur Marien»rohe :tn von II bi» >/-l Uhr. Die einipaltige Zelle <eima « Silben» »» Ps. die zweiivaltige Zeile au» Tertleile 7l> Ps.. die zweispaii. Reklameieile l.bti M.. Familien Nachrichten aus Lre». den die einspaii. Zeile LS Ps. — In Num mern nach Sonn und Feiertagen erhShier Tarif. — Auswärtige Auslrige nur gegen Vorausbezahlung. - 2ei>e»PeIcgi>iaiilvPs. Hauptgeschäfts st elle: Maricnstraße:I8/4N. Tu frükjiski'skursn erabt»dr»lirita1-rch«tr, nnrniai u. verstärk». Ui der, do Nkg.. erähsadrekräuier- r«e, Paket l K., leo-pillen aus niiill iblülirenlle» Kraute,exirakie», tür eine 3-ivöciiixe Kur ausreiciicnll. l äs. üt> I'fx. promsitcr Vcrianll naci, ausväris. L. I^iekter Xrollleucdtersabrik >:.m >. n Vrtz8l!6ii. Llll3li6N8tl-. 17 Lei eucti1un^8 Körper in zscjsn I^iolrt- unct Stilsnt.. IV!ottsnv6i'iiI§un§smi1l6> Lclivi/Ä^Ioss, SeöIolZ-Sl,-. 13. Aüv erNgo <Lefo^. " Mutmassliche Witterung: Wolkig, kalt lNacht- trosts. vorwiegend trocken. Das Hcrzogspaar vou E u m b c r l a n d traf gestern mittag in Frankfurt a. M. ein, wo cs vom Prinzen Ernst August und von der Prinzessin Vik toria Luise empfangen wurde. Im Reichstage nahm bei der Fortsetzung der ersten Lesung der Wehr vor läge nochmals der Reichs kanzler das Wort; daun wurde die Mchrvorlage an die B u d g e t k o m m i s s i o n verwiesen. Hierauf trat man in die c r st c Lesung der Deckungsvorlagen ein, die vom Reichsschatzsekretär K ü h n begvürrdet wurden. In den massgebenden Berliner politischen Kreisen ist man mit der Beurteilung der Reichs- kanzlcrrcdc zur Wehrvorlage durchaus zufrieden. Pilot Lichte ist gestern abend auf dem Flugplatz Gelsenkirchcn-Rotthanscn abgestürzt: er war sofort tot. Eine Bertretcrvcrsammlung des elsaß-lothrin gischen Zentrums in Straßburg verurteilte das Verhalten des Abgeordneten Wetterle. Das Befinden des Papstes gibt den Aerzten zu den schwersten Besorgnissen Anlaß. Au zuständiger Stelle in Sofia erblickt man keinerlei Hindernis für die sofortige Unter zeichnung des Präliminarfriedens. Montenegro soll eine Entschädigung von 20 Millionen erhalten, wenn eS sich mit der lieber gäbe Skutaris an eine internationale Trup pen macht einverstanden erklärt. In Cattaro verlautete gestern, daß Montenegro die Bedingungen der G r o ß m ächte angenommen hat. Ein russischer Armeebefehl verbietet allen M i l,i t ä r p c r s o n c n die Teilnahme an panslawi st i- schen Kundgebungen. Sie Ballanvolitik Lefteneichr. Von einem deutschnationalen Mitgliede der öster reichischen Delegation wird uns geschrieben: „Tie Balkanpolitik der Monarchie wurde seit jeher von dem Gedanken beherrscht, die Grenzen über Mitrvwitza hin aus bis nach Saloniki zu erweitern, um an das Aegäische Moer zu kommen, ans diese Weise den Handels zentren der Levante näher zu kommen und einen Teil des Handclsmcges nach dem Orient aus eigenes Ge biet zu verlegen, aber auch, um eine Vormacht aus dem Balkan zu werden und ein Gegengewicht gegen die Einflüsse des p a n s l a m i st i s ch e n Nusscntums zu bilden, ein unüberwindliches Hindernis für bas Streben Rußlands, den Weg durch die Dardanellen frei zu be kommen, durch deren Eröffnung Rußland erst die Möglich keit geboten würde, in den Kreis der europäischen See mächte cinzutrctcn. Die Ausführung dieser von Goluchowski vertretenen Idee wurde jedvch durch die Halbheit, welche der öster reichischen auswärtigen Politik von jeher anhastetc, von Haus aus unmöglich gemacht: denn die Vorbedingung der Schaffung eines österreichischen Korridors durch den Balkan war nicht allein die Besetzung Bosniens, der Herzegowina und des Sandschaks, sondern auch die Erwerbung eines Lanüstreifcns in der Breite des Sand schaks über Mitrvwitza hinaus, und früher oder später auch die Besetzung mazedonischer Gebietsteile. Die Ge legenheit hierzu hätten die in Mazedonien immer ans der Tagesordnung stehenden Gemetzel und Unruhen bieten können, die Oesterreichs Eingreifen ohne weiteres gerecht fertigt hätten. Schon die Unterlassung weiterer Okkupa tionen bedeutete eigentlich den Verzicht auf die Vor machtstellung Oesterreichs auf dem Balkan, ein Verzicht, der auch in aller Form zum Ausdruck gebracht wurde, als unter Aehrenthal gelegentlich der Annexion Bosniens und der, Herzegowina der Sandschak von Nomi- basar von den österreichischen Truppen geräumt wurde. Es soll keineswegs behauptet werden, daß vom natio nalen Standpunkte der Deutschen das Aufgcben der Idee einer Erwerbung von Landbesitz aus dem Balkan über den Sandschak hinaus zu bedauern märe: den» die dadurch bedingte Vergrößerung der Zahl unserer Südslawen hätte üaS Uebcrgewicht des Slawentums gegenüber den Deutschen in Oesterreich noch unerträglicher gestaltet, wäre aber auch für den Staat zu einer Gefahr geworden. Das Streben der Süüslawcn nach Bereinigung ihrer Elemente in Oester reich. in Ungarn, in Bosnien und der Herzegowina und in etwa nock okkupierten Gebietsteilen auf dem Balkan wäre unüberwindlich geworden und hätte zunächst zur Bil dung eines dritten Staates, eines südslawischen König reiches, im Nahmen der Monarchie geführt, hätte also die Ersetzung des Dualismus durch den Trialismus be wirkt. Daß der Trialismus aber nur die Uebcrgangsform für ein vollkommen selbständiges Südslawcnreich sein könnte, wird wohl von niemandem, der die Gesinnung unserer Südslawen kennt, bezweifelt werden. Aber auch die Tatsache, daß die Erwerbung eines Landlorridvrs nach Saloniki die ständige Bindung eines großen Teiles unserer Wehrmacht bedeutet hätte, wird dazu beitragen, dem Zu sammenbruch einer gefährlichen Illusion keine Träne nach- zuwcinen. Das alles ändert jedoch nichts an der Tatsache, daß die Aufgabe des Sandschaks, unabhängig von dem dadurch bedingten Verzicht auf Mazedonien, sich heute schwer gerächt hat. Dazu kommt noch, daß cs nicht ein mal die Absicht Achrenthals war. den Sandschak freiwillig aufzugeben. Wir sind vielmehr damals vor Rußland zurück gewichen, weil Oesterreich der Abrechnung mit Ruß land aus dem Wege gehen wollte. Diese Abrechnung konnte zwar hinausgeschoben werden, aber ihre Unvermeid lichkeit ist nicht aus der Welt zu schaffen. Es wird vielmehr zu einer heroischen Entscheidung früher oder später kommen müssen. Sie wäre zweifelsohne mit viel größerer Aus sicht auf Erfolg für Oesterreich und unter weit geringeren Opfern möglich gewesen zur Zeit der Annexionskrise, als je einmal später. Tenn damals stand Rußland noch unter den Nachwirkungen seiner japanischen Nieüerlngen und unter dem Einflüsse revolutionärer Bewegungen, die zu jener Zeit am höchsten entwickelt waren. Seither ist cs Rußland gelungen, seiner inneren Wirren Herr zu wer den, seine militärische Macht zu regeneriere» und seine wirtschaftlichen Verhältnisse mit französischem Gcldc so zu gestalten, daß cs nunmehr einen ungleich gefährlicheren Gegner darstcllt, als zur Zeit der Annexionskrise. Wie sich die Verhältnisse in diesem Belang geändert haben, das Ipüren wir jetzt nur zu deutlich, Graf Aehrenthal war sich offenbar dessen vollkommen bewußt, daß sein Zurückweichen vor einem Kriege mit Ruß land und die Aufgabe des Sandschaks den Verzicht auf den Weg zum Aegäischcn Meere bedeute, und er suchte dieses Dcbacle der österreichische» Balkanpolnik dadurch wett zu machen, daß er ihr ein neues Ziel setzte: Albanien. Der Blick, den unser Auswärtiges Amt aus Albanien geworfen hat, kostete unserer Volkswirtschaft Milliarden, Damals entstand die Spannung z w ischen O e st e r -- reich und Italien, welche dazu geführt hat. daß wir genötigt waren, unsere südlichen Grcnzländcr in ein stän diges Heerlager zu verwandeln und schweren materiellen Opfern unsere Grenze gegen Süden durch einen Gürtel von Befestigung abznschließcn. Italien hatte ja seinerzeit ebenfalls seine Blicke »ach Albanien gerichtet und sich mit der Hoffnung getragen, dorthin seinen Geburtenüberschuß wcrsen zu können. Das Streben Italiens nach dem Besitz Albaniens wurde ja in zwischen durch die Erwerbung Tripvlitaniens und der Cyrenaika wesentlich hcrabgcstimmt, und dies um so mehr, als Italien in den nächsten Dezennien alle Kraft wird aus bieten müssen, die ncuerworbene Provinz Lubien voll ständig zu durchdringcn und zu sicherem Besitzstände zu machen. Nichtsdestoweniger endete die österreichische Politik auch in der albanischen Krage mit einem Dcbacle. Als nämlich die Heeressäulen der Balkanstaatcn in den morschen Körper der Türkei cingcdrungen waren, da verkündigte Graf Bcrchtvld, Achrenthals Nachfolger, den Willen der Monarchie, den Statuöquo am Balkan unter allen Um ständen aufrecht zu erhalten. Das heißt, aus der Diplo- malensprache in gemeinverständliches Deutsch übertragen Oesterreich erklärte, cs würde nicht dulden, daß die sieg reiche Türkei den Balkanstaaten irgendeinen Gebietsteil wcgnehme, Oesterreich werde aber auch nicht gestatten, daß ein anfälliger Sieg der Balkanstaaten zu einer Gebiets erweiterung ans Kosten der Türkei führe. Wir Laien auf dem Gebiete der auswärtigen Politik wissen ja nicht, was sich »ach der Erklärung des Grasen Bcrchtvld zwischen dem Wiener Auswärtigen Amte und den Kabinetten der Groß mächte, sowie jenen der Balkanstaaten abgespielt hatte. Daß Oesterreich aber wiederum ein Debaclc erlitten hatte, ward aller Welt offenbar, als Gras Bcrchtvld, nun mehr wieder in das andere Extrem verfallend, die Er klärung vom absoluten Desinteressement Oesterreichs am Balkan von Stapel ließ. Diese Erklärung bedeutete nun mehr den vollen Verzicht auf Albanien. Wir Deutsche brauchen ibn nicht zu bedauern, denn cs kann uns I nicht danach gelüsten, auch noch den Kulturdünger für die südslawischen Hammcldicbc außerhalb Oesterreichs ab- zugebc». Der jähe Wechsel aber zwischen der Politik des Statusquo und dem Desinteressement absolut hat dem Prestige Oesterreichs unendlichen Schaden gebracht, und diese Tatsache kann »ns Deutschösterreichcr nicht gleich gültig lassen- denn der Staat, in dem wir leben, kann ohne nuS nicht bestehen. Was Oesterreich widerfährt, widerfährt uns Deutschen, die Schicksale dieses Staates sind die unseren: denn wir Deutschen sind die eigentlichen Träger des öster reichischen StaatsgcdankenS. Das „Desinteressement absolut" hat die Einmischung der Mächte der Tripelcntentc geradezu provoziert, und Oesterreich, das selbständig hätte Vorgehen können, ist nun gezwungen, an Scheinuntcrnehmnngc» teilpinchmen, deren Veranlagung und Durchführung nur zu deutlich den Willen Rußlands erkennen läßt, durch ein Hinausschiebeu eines ernsten Einschreitens Zeit zu schassen für die Her stellung eines kalt aooompli durch Montenegriner und Serben. F l o t t c n d e m o n st r a t i v n und Blockade lassen Montenegro kalt, da ihm der Landweg zur Ver fügung steht, da sich die Blockade nicht auch auf die von Serbien und Griechenland besetzten Küstenstriche erstreckt: lassen cs kalt, nichi zuletzt darum, weil Rußland den Be ginn der Aktion erst zugclasscn hat, nachdem cö den Mon tenegrinern auf dem Seewege alles notwendige zugeführt hatte. Torpedoboote müßten sich in Flugschiffe verwandeln, um den montenegrinischen Hammeldieben imponieren zu können. Früher oder später werden wir also genötigt sein, Serben und Montenegriner aus den von ihnen besetzten Gebieten in Albanien mit Waffengewalt hinauswcrfcn zu müssen, ohne dafür viel mehr ciuhcimsen zu können, als den problematischen Dank einer künftigen albanischen Dnnaslic. Was das bedeutet, müßte uns die Geschichte der Balkanstaatcn gelehrt haben! Ob unser auswärtiges Amt es skull oder nicht, stehen wir am Vorabend ernster Ereignisse, die nicht nur volle militärische Bereitschaft, sondern auch eine eiserne Persön lichkeit an der Spitze unseres auswärtigen Amtes er fordern. Ob Graf Verchtvld eine solche ist, bleibe dahin gestellt. I Vom Balkan. Die Lage auf dem Balkan hak sich in den letzten Tagen unzweiselhast etwas besser gestaltet. Auch in Wien wird sie optimistischer beurteilt. Die Wiener „Rcichspost" erfährt darüber: Die Ausschiffung der serbischen Truppen in Saloniki erfolgte ans Initiative der ser bischen Regierung, die auch weitere Nachschübe von Truppen und Munition nach Skutari nicht mehr machen will. In seiner Antwort auf die Vorstellung der Groß mächte ersuchte Serbien auch um genaue Bekanntgabe der festgesetzten Grenzen Albaniens. Dieser Wunsch soll erfüllt werden. Man knüpft daran die Erwartung, daß Serbien dann auch die Konsequen zen ziehen und Albanien räumen wird. Es wird bestätigt, daß die montenegrinische Regierung die offene Order der Pforte an Essad Pascha Uber den Abzug der Zivilbevölkerung von Skutari mit dem Hinweise aus militärische Gründe nicht durch ließ. Montenegros Selbstbewusstsein ist noch immer sehr hoch geschraubt. So erzählt ein Wiener Blatt folgendes: In Wien weilte ein montenegrinischer Stabsoffizier, um eine bei einer großen Wiener Firma für militärische Aus- lüsluugsgegeuslüude gemachte bedeutende Bestellung zu über nehmen. ES kam jedoch nicht zu der Lieferung, da die von der Firma gestellten Bedingungen das Geschäft zum Schei tern brachten. Der moulcucgriuische Stabsoffizier, der in seinen Gesprächen mehr als Sclbstbcwußtscin zur Schau trug, äußerte sich auch über die Flottcudemonstration, die er für nebensächlich befand. Wenn aber, so sagte er, eine Lan dung versucht werden sollte, werden wir die Ge landeten ins Meer werfe». Panslatvistischcs. lieber die Sonderpolitik des russischen Gesandten v. Hartwig in Belgrad wird von dort gemeldet: Sehr bemerkt wurde hier ein in der „Prawda" wiedergcgcbcncr Artikel des „Eorriere della Sera" über den russischen Ge sandten v, Hartwig, worin das eigenartige Vorgehen dieses Diplomaten insbesondere anläßlich des Kollektiv - schrilles der Mächte wegen Skutari, Alba nien und der Garantien für die Nichtorlhodvxcn in ebenso interessanter wie zutreffender Weise geschildert wird- Herr v. Hartwig, der als seurigcr Panslawist und zur Zahl jener russischen Diplomaten gehörig charakterisiert wird, die ihre Auffassung und ihren Wille» gegenüber den I n st r u k tionen der Zentralc durchzusetzcn suchcn, habe eine ganze Reihe von Tagen hindurch verheimlicht, daß er bereits in den Besitz der Vollmacht zur Vornahme des erwähnten Schrittes gelangt sei. Als man jedoch hier