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ckkMlM Anzeiger Erscheint Dienstag, Donnerstag u. Sonnabend. AbvnnementspreiS einschließlich der illusirirten Beilagen „Gute Geister" u. „Zeitbilder" sowie dez illustr. Witzblattes „Seisenblasen" 1,50 Mk. Zeitllllg fir Ummd) Seisersdii^ Inserate kosten die Spaltenzeile oder deren Raum 10 Pf., für auswärtige Inserenten 15 Pf. Tabellarische Inserate werden doppelt berechnet. Annahme von Anzeigen für alle Zeitungen. Groß- und Kleiuölsa, Obernaundorf, Hainsberg, Somsdorf, Coßmannsdorf, Lübau, Borlas, Spechtritz re. Mit verbindlicher Publikationskraft für amtliche Bekanntmachungen. Nummer 100. Sonuabend, den 25. August 1900. 13. Jahrgang. Aus Nah und Fern. — Jin Amtshofsaale hielt am Donnerstag Abend der Afrikareisende Oberleutnant a. D. Westmark den ange kündigten Vortrag über seine Erlebnisse am oberen Kongo. In ausführlicher Weise schilderte er in freier Rede mit etwas schwedischer Färbung des Accents seine Reise von Banana bis M'Suata, die dortigen Gegenden, die Volkstämme jener Länder und deren Sitten und Gebräuche, sowie sein dienstliches Verhältniß zu Stanley, dem er eine scharfe Charakterisirung zu Theil werden ließ. So aner kennend das Urtheil über die Intelligenz und Willenskraft Stanley lauten möge, so ungünstig müsse sich dasselbe über den „Menschen" Stanky gestalten. Mangels jeder Herzens bildung und Menschlichkeit sei er unfähig, Civilisation unter den Negerstämmen zu verbreiten. Auch auf andere Weise beleuchtete Redner die niedrige Gesinnung des „Civilisators" Stanley. Interessant waren auch die. Schilderungen über die menscheufressenden Mangales, über deren Sitten und Toilettenkünste. Zum Schlüsse entwarf Redner noch ein Bild der Segnungen, welche die Cultur den fernen Welt- theilen wirklich schon gebracht. - Er gab sodann in schwung vollen Versen der Hoffnung Ausdruck, das; ein Jeder dazu beitragen möge, die weitere Förderung von Cultur und Civilisation in jenen Ländern zu unterstützen. Beifällig wurde der Vortrag ausgenommen. — Wie alljährlich findet am nächsten Sonntag das vom Mittelelbegau veranstaltete Wett-Turnen auf dem Pors berge bei Pillnitz statt, wozu auch Turnge- nossen aus Vereinen benachbarter Gaue geladen sind und an welchem sich voraussichtlich einige Turner vom „V o r - wärt s", Rabenau betheiligen werden. Die Festvrdnuug ist folgende: Sammelplatz: Pillnitz, „golduer Löwe". Ab marsch daselbst: halb 10 Uhr vormittags. Ankunft auf dem Porsberge: halb 11 Uhr. 11—12 Uhr: Vorführung von Spielen. Halb 2—5 Uhr: Dreikampf (Stabweitsprung, Kugelstoßen 10 Weithochspringen). 5—6 Uhr: Ringen. 6 Uhr: Siegerverkündigung. — Feuer brach heute Freitag Nachmittag gegen 2 Uhr in unserem Nachbarorte Obernaundorf bei dem Wirthschaftsbesitzer Hermann Rüger aus, und zwar in der Scheune, in welcher ein beladener Erntewagen zuerst in Brand gerieth. Das Feuer griff so schnell um sich, daß Wirthschafts- uud Wohngebäude, welche mit Stroh gedeckt waren, dem verheerenden Element zum Opfer fielen. Verbrannt sind zwei Schweine und der größte Theil des Mobiliars. Die Nabenauer Freiw. Fabrik-Feuerwehr war mit Spritze als erste an der Brandstelle. Später erschien auch die Coßmannsdorfer Wehr. R. soll nur theilweise versichert haben. — Die von früher her in Rabenau sich eines vorzüglichen Rufes erfreuende Gardereiter-Kapelle wird am Sonntag im Gasthof zu Obernaundorf ein Con- cert veranstalten. Da das Programm ein gut gewähltes ist und nach dem Concert ein Ball für die Erscheinenden in Aussicht genommen ist, darf man gewiß einen guten Besuch erwarten. — Die Deutsche Bau-Ausstellung in Dresden. Durch die Beilage in der heutigen Auflage unseres Blattes wird unser» Lesern eine Anzahl Bilder dieses höchst gelungenen Unter nehmens vor Augen geführt. Nicht nur für Fachleute, nein auch für den Laien bietet die Ausstellung in ihrer Reichhaltigkeit viel Interessantes uud der Besuch ist in jeder Beziehung als ein höchst lohnender zu empfehlen. Hat sich das Auge müde gesehen in den stolzen Hallen des dnrch Anbauten bedeutend erweiterten Aus- steüungspalastes, so stattet man dem in vollem Betriebe befindlichen „Landwirthschaftlicheu Mustergehöfte", einem thatsiichlichen Schmuck kästchen und einem großen Anziehungspunkt für die Landbevölkerung, einen Besuch ab. Alsdann bringt uns eine elektrische Tunnelbahu hinüber nach dem „Bergnüguugseck", einer dem Frohsinn geweihten Stätte. Hier inmitten der altgermanisch-römischen Ansiedlung mit Bauten vergangener Zeiten, belebt durch die Hünengestalten alter Germanen uud Römer, dem modernen Theile mit den japanischen Gebäuden, dem stolzen Reichsbau und vielen anderen, hier versucht man noch sein Glück in der äußerst beliebten Ausstellungs-Lotterie, um, wenn uns Fortuna günstig gesinnt ist, reich beladen nach Hause zurückzukehren, da man sich bekanntlich die Gewinne aussuchen und sofort mituehmen kann. — Die 26 übermüthigen „Ostasiaten", die als Angehörige des ostafiatischen Reiterregiments in Pots dam in einem dortigen Tanzlokale einen Exzeß verübten, indem sie sich renitent gegen den revidirendeu Unteroffizier vom Dienst benommen hatten, haben nach beendeter Unter suchung Strengarreststrafen von 3—14 Tagen erhalten. Ferner mußten sie zu ihrem alten Truppentheil zurückkehren; a>i ihrer Stelle wurden aus dem Regiment Garde-du-Corps und dem 1. und 3. Garde-Ulanen 26 Ersatzleute gewählt. — Eine Frau mit zwei Männern. Der Schneider Z. war vor vielenJahren aus Berlin verschwunden, dann ver schollen und ist später gerichtlich für todt erklärt worden. Seine Frau heirathete später den Bauarbeiter V. Unlängst kehrte jedoch Z. hierher zurück und fand bei seiner früheren Frau und ihrem jetzigen Gatten freundliche Aufnahme. Frau V. ist jetzt in dem glücklichen Besitze von zwei Männern: eines „officiellen" Mannes und eines Ehemannes „a. D." der zum Ueberfluß noch für todt erklärt ist. Die drei Leute leben übrigens jetzt friedlich zusammen. — Ein schwerer Betriebsunfall hat sich in der A. Wagnerschen Maschinenfabrik zu Küstrin zuge tragen. Der Heizer Zimmermann ist von dem Riemen der Maschine erfaßt und vermuthlich mehr als hundert Mal um die Welle herumgeschleudert worden; er ist entsetzlich zerstückelt. Der Verstorbene hatte erst vor Kurzem geheirathet. — Den Strapazen der militärischen Uebnngen zum Opfer gefallen ist, wie die „Spand- Korresp." mittheilt, ein Unteroffizier der Reserve des 3. Pionierbataillons, ein verheiratheter Mann; er ist an H itz s ch l a g gestorben. EinzurReserveübungeingezogenerUnteroffizierdesGrenadier- Regiments Nr. 12 liegt schwer krank darnieder. LOimirt! Humoreske von Adolf Mohr. «Nachdruck verbalen.) Nottebohm und Bremse starrten den Sprecher einen Augenblick wortlos an, offenbar von des Gedankens Größe überwältigt, dann sagte der Erstere feierlich: „Dn sprichst ein großes Wort gelass.n ans," und Bremse wiegte mit eineni: „Bravo, das läßt sich hören," zustimmend das würdige Hanpt. „Jeder bekommt seine Stube sür sich," führte Teinfalt seine Idee eifrig weiter aus, „außerdem richten wir uns einen kleinen gemüthlichen gemeinschaftlichen Salon ein und engagiren eine tüchtige Wirthschafterin, die alle Tage unsere Leibgerichte kochen muß. Ihr sollt sehen, wir werden ein Leben führen wie Gott in Frankreich!" Nottebohm und Bremse gaben von Neuem ihrer Zu stimmung lebhaften Ausdruck und Teinfalt, hingerissen von der Bedeutung des Augenblickes, ließ ein Flasche alten Nauenthaler kommen, um die Sache würdig zu begießen. Aus der einen wurden bald mehrere, und als die Freunde schließlich in gehobenster Stimmung das Lokal verließen, waren sie übereingekommen, gleich am nächsten Vormittag die einleitenden Schritte zur Verwirklichung des verheißungs vollen Zukunftsplanes zu entnehmen. — Verabrcdetermaßen trafen sich Teinfalt, Nottebohm nnd Bremse am anderen Tage wieder in ihrer Stammkneipe, wo der Erstere bereits eifrig beim Dnrchstudiren der Wohnungs- zeitnng war und sich von Zeit zu Zeit Adressen daraus notirte. Nachdem das Kleeblatt sich in einen stillen Winkel zurückgezogen und zu dem bedeutsamen Werke durch einen kräftigen Schluck gestärkt hatte, eröffnete Teinfalt die Sitzung mit den Worten: „Nun sagt mir zunächst einmal, nach welcher Stadt gegend cs Euch am meisten hinzieht; bevor wir uns nicht darüber einig sind, wo wir unsere Hütten bauen wollen, hat cs ja keinen Zweck, ans die Suche zu gehen. Also, Nottebohm, Du bist der Senior, laß uns Deine Meinung hören." „Wenn's nach mir geht," erwiderte der Gefragte, „ich wohne am liebsten in der inneren Stadt, sagen wir am Dönhoffplatz oder Spittelmarkt, da ist das regste Leben "nd Treiben, man hat alles bequem zur Hand —" „Und muß von früh bis spät den verwünschten Straßen- spektakel aushalten und seine Lungen mit der dicken, staubigen Luft ramponiren," warf Bremse lebhaft ein, „ich danke für Obst! Nein, da wohne ich doch lieber in der Kreuzberggegend oder in Moabit, da weht ein gesünderes Lüftchen und man ist bald im Freien." »Ich für mein Theil," nahm Teinfalt das Wort, „möchte sogar Vorschlägen, nach einem der Vororte hinaus zuziehen, vielleicht nach Steglitz oder Pankow, da ist die Luft noch besser nnd wir können ungenirt das höhere Land leben führen." „Wenn Dir das Vergnügen macht," meinte Nottebohm, „dann zieh' doch gleich nach Wusterhausen oder Neu-Nuppin, da ist's jedenfalls noch ländlicher." „Ich denke doch anch," fügte Bemse hinzu, „daß wir uns nicht gar zu weit vom Mittelpunkt der Stadt entfernen. Im Sommer mag es ja ganz nett sein, aber im Winter könnte es doch manchmal ungemüthlich werden." „Na, wie Ihr wollt, lenkte Teinfalt ein, „ich habe mir da vorläufig ein paar Adressen in SIV. notirt, vielleicht findet sich etwas Passendes darunter." „Laß hören," sagte Nottebohm. „Also hier zunächst, Barutherstraße — eine freundliche Wohnung von vier Stuben, Kammer und Küche, mit allem Komfort der Neuzeit und schöner Aussicht —" „Auf die Kirchhöfe," fuhr Bremse hohnlachend da zwischen, „fehlte mir noch gerade, mich alle Tage an mein seliges Ende mahnen zu lassen!" „Kann mich auch nicht dafür begeistern," sagte Nottebohm. „Also abgelehnt! Weiter im Text! Hier Waterloo-Ufer, herrschaftliche Wohnung von fünf Zimmern, dritte Etage —" „Kann ich nicht brauchen," versetzte Nottebohm, „meine Pflanzen müssen Morgensonne haben und die Wohnungen am Waterloo-Ufer liegen alle nach Norden." „Und überhaupt — drei Treppen," sekundirte Bremse, „ich danke für die Kletterei, man hat doch nicht seine Beine gestohlen!" „Dann ist hier noch eine Parterre-Wohnung in der Teltower Straße," fuhr Teinfalt fort, „rnhiges, angenehmes Haus —" „Langweilige Gegend," murrte Nottebohm. „Keine direkte Pferdebahn," fügte Bremse hinzu. „Na, wißt Ihr was," meinte Teinfalt etwas unge duldig, „so kommen wir im Leben zu keinem Resultat. Machen wir uns lieber auf den Weg und sehen wir uns einige Wohnungen an, das wird uns schneller zum Ziele führen als das Hin- und Herdebattiren hier in der Kneipe." Nottebohm und Bremse waren mit dem Vorschläge ihres Freundes einverstanden, und das Kleeblatt begab sich, vom besten Willen beseelt, auf die Wanderschaft. Sie konnten indessen nirgends einig werden, überall hatte bald der Eine, bald der Andere zu mäkeln und kritteln und das Ende vom Liede war, daß sie sich nach Besichtigung von etwa einem halben Dutzend Wohnungen müde und verdrossen trennten, ohne etwas ausgerichtet zu haben. Auch die zweite, auf den folgenden Tag anberaumte Expedition verlief ergebniß los, am dritten Tage endlich, schon bedenklich mürbe geworden, fanden sie eine Wohnung in der Lützowstraße, die wenigstens keinem von ihnen Veranlassung zu ernstlichen Ausstellungen bot. Froh nnd zufrieden, den schwierigsten Theil ihrer Aufgabe gelöst zu haben, kamen sie über den zweiten Punkt, die innere Einrichtung der künftigen Behausung, um so leichter hinweg, als hier jeder seinem persönlichen Geschmack Rechnung tragen durfte, ohne sich dem Widerspruch seiner Genossen auszusetzen; nur bei den Erörterungen über das Arrangement des gemeinschaftlichen Salons platzten die Geister noch einmal scharf auf einander. Teinfalt erklärte eine stilgerechte Renaissance-Einrichtung für die einzig würdige, Nottebohm, ein Bewunderer des alten Napoleon, wollte durch aus Empire-Möbel anschaffen, und Bremse, wohl mehr aus Opposition, trug eine merkwürdige Schwärmerei für das Rokoko zur Schau. Der Möbelfabrikant, an den sie sich wandten, bewies ihnen indessen haarklein, daß alle diese Stile im Gebrauch ihre großen Schattenseiten hätten, und schwatzte ihnen eine seit langem unverkäuflich gebliebene Phantasie-Garnitur auf, die ihnen denn auch schließlich sehr schön vorkam. Soweit war alles jetzt in bester Ordnung; nichts fehlte mehr an der neuen Behausung der Freunde, alle Möbel standen an ihrem Platz, Tapezierer und Dekorateur hatten ihre Schuldigkeit gethan und in der Küche blitzte und blinkte das unter Frau Pannemanns sachverständiger Mitwirkung ««geschaffte Geschirr. Nur eine Frage blieb noch zu lösen, das Engagement der Wirthschafterin, deren Wirken und Walten das zukünftige Heim der Trias zu dein erhofften Paradiese der Gemüthlichkeit gestalten sollte. Schon wieder holt war diese wichtige Angelegenheit zur Sprache gebracht, aber die nöthige Einigkeit schien hier noch schwerer erreich bar als in Betreff der Wohnung, und so war die Frage unerledigt geblieben, bis jetzt endlich die Zeit drängte und keinen ferneren Aufschub zuließ. „Eine gesetzte, vernünftige Person muß es sein," erklärte Teinfalt, „die keine Liebesgedanken mehr iin Kopf hat, sich mit wirklichem Interesse unserem Dienste widmet und vor allen Dingen das Kochen aus dem ff versteht." „Natürlich muß sie gut kochen können," meinte Notte bohm, „aber ich sehe nicht ein, warum sie gar so gesetzt sein muß. Die Sorte pflegt sehr bequem zu sein und dar unter haben wir dann zu leiden. Ich denke, eine stramme, junge Wittwe, natürlich ohne Kinder, wäre für uns die geeignetste. Ueberhaupt — wenn schon, denn schon — ich will doch lieber ein jüngeres, freundliches Geschöpf um mich haben, als mich täglich und stündlich von so einer antiken Visage anöden lassen." — Fortsetzung folgt. —