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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.06.1877
- Erscheinungsdatum
- 1877-06-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187706018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18770601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18770601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1877
-
Monat
1877-06
- Tag 1877-06-01
-
Monat
1877-06
-
Jahr
1877
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.06.1877
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8 8 ? 6. 8 °- 8 8 ? 8 p 8 >. »lp i t» a. > r- ' 8 >'!, 8 Erscheint tLgllch früh 6'/. Uhr. »«»««»» an» LepedM», JvhanuiSgasi« SS. HMkchskmtr» tz« Uedacki»»: vormittags 10—12 Uhr. Nachmittags 4—6 Uhr. her für Ute «ächst- Nuunuer tzeftimmteu >m «ochrutageu his «nchmittnus, «w Souu- chtngeu früh bis '/.Sllhr. »wuFMatmMI^. en» Me»». UmversttätSstr. 22. -Mt- L-scht.Katharinmstr. 18^>. uur bis Uhr. UtiWM Nagrblav Anzeiger. ViM für Politik, Locrl-eschichte, Handklr- md GtMftSdnktbr. Anstnse incl. durch di« Post dezogm 6 Jede einzelne Nummer S» W. velegq^emplar 1« Pf. Gebührm für Extrabeilage, otzne Postbesörderung SS AU. n.U PafwefSrdenmg 46 Ml. Iifrrate iaekp. BouraeviSz. 20 Ps. Größere «xhrifteu umt unserem PreiSverzeichniß—Tabellarischer Satz nach höherem Tarif. Ntttaau» »nttr »r« »e»»ci!s«ojkilr die Spaltzeil« 40 Pf. Juseeate stad stets an d. Lrpettttt« zu sende«. — Rabatt w>rd rv.ch? gegeben Zahlung praoovm.'Nw ä, od« durch Poftvorschup M 152. Kreitag den 1. Juni 1877. 71. Jahrgang. » «. > <r. ' 8 >i tttUU. > k. » r. r ' 8 » U. ) k. r. i h 8 5 8 0 8 0 8 5 r. l» u. 8 0« l8SSch» 0 t» ». g. 5 ? t« u. 8 0 8 !S le. 8 8 S 8 ib 8 8 7b 8 10 dn d- u. 8 25 8 k V 50 i» Q. 8 50 8 » d» u. 8 ka.La».i Bekanntmachung, Meviff»« der L«u»dt«gs»ahlltffe» betr. Än Gemäßheit tz. 24 de- Wahlgesetze- vom 3. December 1868 sind die Listen der bei dm dandtag-wahlm stimmberechtigten Personen alljährlich im Inni z« revidiren, auch «ach § 11 der Lu-führnngS« Verordnung die Stimmberechtigten ans diese Revision und ihr Befugniß zur Einsicht nahme der Wahllisten öffentlich ausmerkfam z» mach«. Wir benachrichtigen daher die Betheiligten hierdurch, daß die Wahllist» für die drei Wahlkreise her Stadt Leipzig ans dem Rathhanfe ll. Stock, Zimmer Nr. 16, am 1., 2, 4, 5, 8.. 7. und I Änvi lausenden Jahre- Bormittag« von 8—12 Uhr und Nachmittag- von 3—8 Uhr au-liegen, »dem wir die Stimmberechtigten ansfordern, die Wahllisten rinznsehm. zugleich aber darauf hin- oeiseu, daß dm Anträgen Kehns- Anfnahme in die Wahlliste oder An-schetdung solcher, denen da- Dahlrecht nicht znsteht, die Nachweise der Wahlfähigkeil beziehentlich de- Mangel- der Wahlberech- ignng beizufügm sind Leipzig, am 28. Mai 1877. Der Math -er Stadt Leipzig. vr. Georgi. Nitzsche. Bekannnnachung. Da- Fretdad «ae Kopfwehr« wirk» a« L. J««t eröffnet und ist die Beaufsichtigung nffelben auch für diese- Jahr dem Fischermeister Herrn Earl ssWtlhel»» AKetffaer über ragen worden Für die Benutzung de- Bade- gelten die unter (-) nachstehenden Bestimmungen. Leipzig, am 24. Mai 1877. De« Math de, a radt Leipzig. vr. Georgi. vr. R« (D 1) Die Anstalt kann in der Zeit von Morgen- 5 bi- Mittag- 1*/, Uhr nud von Nachmittag- »/, Uhr bi- znm Drnckelwerdm unmtgelUich benutzt werdm. 2) Die tägliche Schlußzeit wirb durch zwei Zeichen mit der Glocke angegeben. 3) Nach dem ersten Zeichen wird Niemand mehr eingelassen; nach dem zweitm Hab» die Ba- enden sich sofort au- dm Bassin- und sodann mit möglichster Beschleunigung au- der Anstalt zu ltsernm. 4) Die Perron-, Brücken, AuS« und Aalleide. Stellen, Bassin- und sonstige Räumlichkeiten der nstalt dürfen in keiner Weise verunreinigt werdm. b) Niemand darf dm Andern bespritzen, untertauchen oder sonst belästigen. 6) Alle- uuuöthige Schreien, Lärmen und Herumlaufm in der Anstalt ist untersagt. 7) Abwaschungen mit Seife dürfen nicht vorgmommm werdm. 8) Da- Ein- und Au-steigm darf nur auf dm Treppen geschehe». 8) Dir jede-malige Bevutzuug der Austatt ist aus die Dauer einer Stunde beschränkt. 1V) Das Mitbriugm von Hunden in die Anstalt ist verboten. 11) Da- Betrete» der Rafenböfchungm. da- Uebersteigm der Barriörrn und da- Badm in den teichel. « und Abfiußgräb« ist nicht gestattet. .10 t- 8 .50 8 tt .2b 8 daa. k. 12) Jeder Besucher der Anstalt hat dem Anfseher auf dessen Verlangen seinen Namm »nd Stand, sowie seine Wohnung zu nennen. 13) Dm Anordnungen de- LnsseherS ist unweigerlich Folge zu leisten. 14) Widersetzlichkeiten gegen denselben oder Zuwiderhandlnugen gegen diese Vorschriften werdm it Geldstrafe oder Haft, oder auch mit dem Verbote fernerer Benutzung der Anstalt geahndet. Bekanntmachung. Wie in jedem Frübjahre. so sind auch in der letzten Zeit mehrfach Beschädigungen unserer Prommaden, namentlich durch Abpflückm von blühende» Hollunderz.veigm, vorgekommm und wir nehmm daher Veranlassung, hierdurch wiederholt darauf zu verwerfen, daß derartiger Frevel »icht polizeiliche, sondern »«bedingt gerichtliche Bestrafung »ach.fich zieht. In 8. 304 de- R-ich-straf- gesctzbuchS ist Folgende- bestimmt: Wer vorsätzlich und recht-widrig Gegenstände der Verehrung einer im Staate bestehenden Religion-gesellschast, oder Sachen, die dem Gottesdienste gewidmet sind, oder Grabmäler. öffentliche Denkmäler, Gegenstände der Kunst, der Wissenschaft oder de- Gewerbe-, welche in öffentlichen Sammlungm aufbewahrt werdm oder öffentlich au-gestellt stud, od» Gegen stände, welche znm öffentlichen Nutzm oder zur Verschönerung öffentlicher Wege, Plätze oder Anlagen dienen, beschädigt oder zerstört, wird mit Gefängniß bi» zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bi- in eintansevdfünfhundert Mark bestraft. Neben der Sefängnißstrafe kann auf Verlust der bürgerlich« Ehrenrechte «ckannt werden. Der Versuch ist strafbar. Unsere Wachen find angewiesen, gegm Alle, welche bei dem vorbemerkt« vergeh« betroffr» werdm, mit größter Strmge eiuznfchreitm. Leipzig, dm 25. Mai 1877. Der Math der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. ln. Reichel. Holz-Amtion. Freitag, d» 8. J«»t d. I., sollen im Baraaaer Aarffrevtere auf de» neue» Milt- tair-Schießständm in der Nähe der Lentzsch-Wahren« Brücke »nd der Fluthrinne: L) vo» Boraetttag» v Uhr a«: s eichene, 17 buchene, 14 lüsterne, 4 liudme, 2 Maßholdern«, 3 eschme, b ellerne, 1 ahorner »nd 1 apfelbanmmer Matzklötze, ferner: 63 eschme Schtrrhülzer, 165 Stück eschene Schirrstaage« »nd 60 Stück Lededöl»»« geg» die übliche Anzahlung »uo L) vo» Borastttag- ,1R Uhr aa: 10 eichene, 4 rüsterne »nd t linden« Raumcubikmet« Breaaschette, fern«: 60 Stück klargemachte Stockholzhaufe» »nd 51 starke Abra»»rha»fe» »nt« dm im T«miue öffentlich a»tgehangenm vediugungm »nd gege» sofortige Bezahl»»- »ach de« Zuschläge an dm Meistbietend« verkauft werdm. A»fa»«e»k»»ft: an d« Lmtzfch-Wahrm« Brücke. Leipzig, am 30. Ma, 1677. Des Math» Aorst.Dep»tatio». Bekanntmachung. Die von »nS zur Submission ausgeschriebenen Pflasterarbeiten auf dem Tracte d« Südstraße vom Wagnn'schm Grundstücke ab bi- zur Kreuzung mit der Aronprinzstraße find vergeben »nd werdm dah« die unberücksichtigt gebliebenen Herren Submittenten hiermit ihr« Offerten mtbund«. Leipzig, am 30. Mai 1877. Der Math der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin., Wangemann. r. §0 r. .60 8 L ' 8 l « -.50 8 i 8 M r. l,50 ? ^5 8 ) 8 ) r. ).50 8 ko.L — rl^s» 130 8 »80 k. Z.60 k. 2,90 8 1 8 de u. 8 8 t- 8 S. 0 8 8 8 1 8 Leipzig, 31. Mai. Unt« d« Ueberschrift: „Der DilettantiS» iS in der auswärtigen Politik" bringt e neueste „Prod.-Corresp." einen längnm Auf- tz, welch« sich mit d« von »n- bereit- ab- sertlgtm neuesten Rede de- Abg. Virchow ib« Krieg »nd Friedm" beschäftigt. ES heißt ß ffem inspirirten Artckel: Ä wz besoud«« hat der gelehrte Naturforscher sich die wirklich« Natur der Beziehungen unser« Politik Rußland, «i« ste vo» Fürsten LiSmarck seit dem Mnu seiner Laufbahn anfgefaßt und aehandhabt - rden find, niemals hiueinzudenkru vermocht. ! Schon während des Laufes der schleSwig-holsteinische» gelegenhrit hat er »icht bloS die Besorg»,ß, »eia «e» jheit ausgesprochen, daß Herr v. Bismarck die Herzog, wer schließlich an Rußland bringe«, de» Kieler Hafen russtsche Hände geben, mitten in »user Land hiart«, es am wenigsten vertheidigt sei, eine« fremden Keil ^» einschiebt» «olle, «brr, verkündete er, — „die Rach« DE, fü, diesen vrrrath werde nicht fehlen! . Ov«L r.l^» ich« Dinge verzeichm die Weltgeschichte nicht blo« ihr« Blätter«, die werden mit blutige» Buchstaben sdie Herzeu d« Böller geschrieben." Wenige Avaat« daraus wareu Dank, der «nt« de» «ßteu Schmiert,«»» »entschland und rnropa gegen- rr glücklich dnrcharführteu BiSmarLschr« Polttih d» zogthümer van Dänemark liSaerisfen, um dauernd Deutschland vereinigt zu «erde». > inch später und nach anderen Seiten hat der sonst ! h chkisteSschärfe ausgezeichnete Gelehrte in der .rthet ung d« Bölkercharakter« und Bestrebungen n desondrren Scharfblick nicht bewährt. Jahre ISS« stellte er «it seine» politische» iden einen Antrag aus sogenannt« Abrüstung, »er Begründung diflelbeo lieg er sich dahin vrr- «en: wenn man du dermallge Loge «ubesavgen tse, müsse mau anerkenne», „daß selten rin« Zeit ge- mr. wo so wenig Grund vorhanden war, daß die «lve» Staaten » »oll« Kriegsrüstung einander inübersteheu". — „LS gab ein« Zeit, wo eS glaub- ! erschie», daß einzelne Regierungen, »m «ine Ab» mg für die inner« Arbeit vrS Volkes «ach Freiheit eizuführea. äußere Kriege aufaugen «Schien. In n Beziehung hoben sich die Dinge wesentlich g«. rr'; di« «ersuche, «elch« wiederholt in Frankreich icht worden find, durch dt« Pnsse da» Volk anf- «en, eS »it neue« Haß gegen «u Nachbarvolk zu hdttuge« »nd der Regierung »eo Vorwand zu bieten, i Krieg anzufangro, diese versuch« stad schmählich Eitert. Ich bestreite ans da» Entschiedenste, daß französischen Volke gegenwärtig die Möglichkeit i, dasselbe dnrch bloß« Hinweis« auk iraeud welch« re «erhältoisse von d« iouerea Arbeit abwendig 'o-*»«a — ste stad «eit davon entfernt, in äußere» . 1 irgend einen wesentlichrn Vestandtheil t eben« zu sehen." — Er fügte hinzu, «» sei > r daran ,» denken, daß di« «eitere «nt- <g Deutschland» wieder mit Blut »ud Eisen .n wird«, sondern nur durch di« innere Arbeit 8« 8 LS 1>. 33.L5 98.10 i0?,50 8b 8 »0 8 l07 p lO« 8 95 k l50 k 19 8 206 ll 10L S. 102 8 73 v 1lX>/>0 r s r 8 n b r > v«i 'S Kaum em halbes Jahr »ach dirsm -uverfichtlichen Arußrruugen erscholl iu Pari» uud in ganz Frankreich der Kampfruf: „Nach Berlin!" Gewiß hatte Fürst Bismarck Recht, wenn er dem fortschrittlichen Gelehrten vor Kurzem den freundlichen Rath gab, über seine politischen Prophezeiungen lieber „mit einer gewissen vornehmen Bergessruheit hinwrgzu- gehen", als die Erinnerung au dieselveu immer wieder wach zu rufen. Der unermüdliche Politiker hat jedoch soeben iu einem Berliner BezirkSverrin wieder eine Rede über „Krieg und Frieden" gehalten, in welcher er zwar im Eingänge zugrstand: r» liege Sein Grund vor, gegen die Tr- gedmsse, welche di« Haltung der Reichsregierung (iu der orientalischen Frag«) herveigeführt habe, irgendwie eine begründete Klage zu erheben — sodann aber „die vollständige Zurückhaltung darüber, wir die ReichS- rrgirruug über die nächste Zukunft denke", lebhaft tadelte. Ma» könne allerdings nicht verlange», daß die Regierung für jede» einzelne« Fall im Boraus ihr Verhalten bestimmen solle, aber ste müsse „sich doch rin Bild machen, wie Europa sich gestalten solle, wenn die deutschen Interessen gewahrt blerbr» sollen." Der Redner giebt zwar zu. daß alle anderen Groß- staatea von dem Kriege näher berührt «erden als Deutschland, am unmittelbarste» und empfindlichsten Oesterreich «ud England, aber auch Frankreich uvd Italien könnte» weiter „sehr nuangenehm" berührt «erde». Trotzdem aber verlangt er, daß sich Deutsch- land über sein« Stellung „laut auSspreche", und findet es höchst bedenklich, „daß die deutsche Regierung, ab gesehen davon, daß sie kein Programm für die nächst« Zukunst anfstelle, auch darüber völlig schweige, wie sie im Interesse des zukünftige» Friedens eiuzngrrifen ge denke." LS wird als rm schwerer Fehler England» bezeichnet, daß eS sich »icht entschlossen habe, im Verein mit den anderen Mächte« einen Druck auf dt« Pforte auSzuübrn: anstatt de» kriegerische» Borgehen» eine» einzelnen Staate» hätte ein internationales Schieds gericht der Pforte die Reformen auserlegt. Wolle mau überhaupt der fortdauernden Kriegsbereitschaft ein Ense mache», so müsse «an ein ständiges internatio nale» Schiedsgericht orgaoifiren; eS wäre dann un möglich, daß unter nichtigen Borwänden ei» Krieg auaesaugeu würde, der di« Ruh« eines ganzen Welt- thnlr« bedrohe. Schließlich erklärte «e eS aber als eine Pflicht unserer Regierung, dahin zu wirke«, daß dem Kriege so bald wie möglich ei» Ende gemacht werde. Diese neueste Kundgebung de» fortschrittlichen Natur- forscher» ist wohl nach allen Richtungen daS Obrrfläch- lichste, wa« der politisch« Dilettantismus je geleistet hat und beruht auf einer trotz aller dteSfälligrn Er fahrungen noch überraschenden Ualeuutmß oder Nicht achtung der bekanntesten Lhatsacheu uud einleuchtendsten Gesichtspunkte. Die deutsch« Regierung hat mit ihrer orientalischen Politik nicht blo«, wie selbst jener Redner nothgedrunge» zngirbt, in de» bisherigen Ergebnissen „keinen Grund »u einer irgendwie begründeten Klage gegeben", — sondern ste hat sich auch üb« di« allgemeinen Gesichts punkte ,br«S Verhalten» für Gegenwart »nd Zukunft wiederholt in rinn weise ausgesprochen, daß iu der ReichSvertretnng (welcher freilich jener Redner nicht angehvrt) alle Parteien ohne Unterschied und ohne jeden Widerspruch uud zwar ausdrücklich auch Redner der Fortschrittspartei und selbst der ultramoutanen Partei, ihre Benugthuung, ihre Zustimmung uud ihr Vertrauen zur Führnng der auswärtigen Politik, namentlich auch m Bezug auf die friedliche Richtnng uud Wirkung der selben, ausgesprochen haben. Daß Fürst Bismarck sich eia Bild gemacht habe, „wie Europa sich gestalten soll, wenn die deutschen Interessen gewahrt bleiben sollen", — da» wird ihm nachgrade auch der erbittertste Gegner gewiß zutrauen, mehr als irgend einem Staatsmann oder Politiker, daß er ab« sein« Absichten und Forderungen in dieser Beziehung vorweg „laut auSspreche". daß er schon jetzt ein „Programm" anfstelle und anküudig«, wie er im Interesse de» zukünftigen Friedens rivzugreifen gedenk« — da» kann nur ein unglaublich naiver Dilettant in auswärtigen Dinge« erwarten oder verlangen: da» deutsche Volk in seiner Gesammtheit schenkt dem Reichs kanzler gerade darum so unbedingte» Bertraueu, weil es au« fünfzehnjähriger Erfahrung weiß, daß er seine sorglich gereiften Pläne nicht vor der Zeit iu ge schwätzigen Programmen verkündigt, sondern so lange wahrt, bis er ste im richtig erkannten Augenblicke praktisch zur Geltung bringt. Wir aber käme gerade Deutschland, welch«» aner kanntermaßen am Wenigsten unmittelbar vo« der orientalischen Frage berührt ist, dazu, sich üb« sein« schließlich« Stellung zur Lösung derselben ,m Voran« be stimmter auSzusprechen, während keine der nächstbetheiligtea Regierungen an» dn vorsichtigen Zurückhaltung heranS» getrrten ist? Wer vermag deuu an» den wocheulangeu englisch« ParlamentSverhandlnngeu „da» Programm England»" unt iraeud welcher Bestimmtheit zu ent nehmen, — wer kennt denn da» Programm Oester reich», Frankreich», Italien»? Nur wenn der große BolkSrednrr im Stand« gewesen wäre, darüber irgend eme Auskunft zu gebe», hätte die Frage nach dem deutschen Programm einen Schein von Berechtigung gehabt. Die Meinung, daß der Krieg hätte vermiedeu werde» solle», indem ein internationale- Schiedsgericht dn Türkei di« nothweudigen Reformen aufrrlrgt hätte, läßt daranf schließen, daß der vielbeschäftigte Gelehrte d« thatsächliche» politischen Geschichte de» letzten Jahre» kein« voll« Beachtung hat widme» können, sonst hätte « die Lonferenzeu in Konstantinopel, mit welche» grade in dieser Frage dn versuch eine» international« Schiedsgericht» gemacht worden ist, «icht mit so leicht- seitigem Stillschweigen übergehen können. De» Wunsch, daß «S dauernd« Friede» unter den Völkern gebe» könnte, haben ja die rdela Geist« aller Zeiten gehegt, auch der Feldmarschall Graf Moltke hat sich in seiner jüngsten Rede wieder dazu bekannt, — aber daß wirk lich rin internationale» Schiedsgericht möglich sei« sollte, welche» den Widerstrebenden de» Frieden anf- rrlrae» könnte, da» hat noch kein praktisch politischer Geist geglanbt. Bo» ultramontaner Seite freilich hat dn fortschrittlich« Gelehrte darin anscheinend Zn- stimmnna gefunden, nur »nt« dn Voraussetzung, daß d« Papst iu Rom der allgemein« Schiedsrichter sei. Selbst wenn di« europäisch« Welt ab« jemals dahi» kommen sollte, diesen Schiedsrichter «nzurrke«»tn. so würde« doch grade die Lürkenkrieg« damit nicht abge schafft werden; denu die Krruzzüge gegen die Un gläubigen find ja von dm Päpsten als ein gottgefällige» Werk auf jede Weise ermuntert nud gesegnet worden. Daß nun in Lrmangelnng eines Schiedsgericht» gerade dt« deutsche Regierung die Pflicht haben sollte, „dahin zu wirken, daß dem Kriege so bald wie möglich ein Ende gemacht werde", das kam» der Redner nicht ernst gemeint haben; es läge darin ein allzu über schwängliches Anerkenntniß der Machtstellung, welch« Deutschland unter der vo» ihm stets befeindeten, stet» behinderten Regierung gewonnen hat. Daß Preußen diese Stellung benntzen sollte, um eine Entscheidung durch ein Machtwort zu «rzwingm, wird kein Bernünf- tiaer wünschen oder verlangen ; denn rin solche» Wort dürfte nicht gesprochen werdm ohne dm Entschluß, dasselbe uöthigenfall» mit dem Schwerte rinzulösm uud Deutschland würde somit gerade unmittelbar vor dm Krieg gestellt. D,e moralische Machtstellung de» deutschen Reiche» aber zu bmntzen, um dm Friedm Europa» auch nach dem Schei tern dn internationalen Bemühungen wo möglich vor weiter« Erschütterung zu wahren, daran hat e» di« Politik unsere» Kaisers nnd de» Reichskanzler» keine« Augenblick fehle« lassen. Di« Bestrebung«« der deutschen Politik, welche »ach dem letzten Kriege ihr« Ausdruck und ihre feste Grundlage zunächst in der Drei-Kaiser- Vereinigung gefunden haben, bewähren sich auch iu der jetzigen schwierigsten Krifi« al» eine Bürgschaft fried licher Verständigung «nd Vermittelung wett üb« jmeS engere Bündniß hinan». Wenn ungeachtet de» wirklichen AnSbmch» des russisch- türkischen Krieges die Aussichten ans Erhaltung des europäischen Frieden» i« dm letzte» Wochen eher ge stiegen »l« verringert sind, so hat die deutsche Politik an diese« biSberigin Erfolg« ihren redlichen Autheil. In diesem Bewußtsein und in dem darauf begründete» Vertrauen wird sich daS deutsche Volk nicht beirrm lass«. Tagesgeschichtliche Aeberficht. Leipzig« 3l. Mai. Die sogenannte milita irische Au-gletch- »ng-«aßregel ist nunmehr vo« Kais« ge nehmigt. Die vom 26. Mai vatirend« verordnuna ist von dem Krieg-minister unter dem 28. Mai verkündigt. Die Maßregel hat nicht eutferut die Au-vehnuvg, welch« die Gerüchte der letzten Monate ihr zu geben beflissen waren. Sie besieht lediglich darin, daß fünf Bataillone »ud zwei (Kavallerieregimenter nach dem ReichSlaude di-locirt werden. E- werden nämlich nach Metz versetzt: 1) die bi-her in Toblevz und Diez stehenden 3 Bataillone de- rheinischen Infanterieregiment» Nr 2S. 2) da- bereit- in Malzburg und Zabern steheudebraunschweigischeJnsanteriereatment Nr 92, wosstr nach Zabern da- i» Wetzlar stehende rhei, vische Jägervataillon Nr. 8, »ach Pfalzburg ein jetzt in Straßburg stehende- Bataillon de- § § />
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