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AllMhat-Mlmg. LaKevlatt für die Stadt Aue aad Umgebung. Erscheint täglich Nachmittags, außer an Sonn- Feiertagen- — Preis pro Monat frei ins HauS 20 Pfg., auswärts SS Psg. — Mit der Sonntagsbeilage: „Der Zeitspiegel" S Pfg. mehr. — Bei der Post abgeholl pro Vierteljahr 1 Mk. — Durch den Briefträger 1.40 Mark. Billigste Tageszeitung im Erzgebirge. Verantwsrtlicher Redakteur: Ernst Aunk«, Aue jErzgebirges Redaktion u. Expedition: Au«,- Marktstraße. Inserat« die einspaltige Petitzeile 10 Pfst., amtliche Inserate die Corpus-Zeile SS Psg., Reklamen pro Zeile 20 Pfg. Bei 4 maliger Ausnahme 2k«/v Rabatt. — Bei größeren Inseraten n. mehrmaliger Ausnahme wird entsprechend höherer Rabatt gewährt. Alle Postanstalten «nd Landbriesträger nehmen Bestellungen an. Nr. 160 Dienstag, den 19. September 1899. 12. Jahrgang. de* pslitifetzeir Welt. Deutschland. * Köln, lö. Sept. Zu den beunruhigenden Nach- richten aus Schantung meldet die „Köln. Volksztg.", daß bisher eine amtliche Bestätigung deutscherseits nicht vorliege. Sie finden ihre Erklärung in dem Umstande, daß die aus dem Ausruhrgebiete an den deutschen Gesandten in Peking gesandten Telegramme von der chinesischen Regierung ausgefangen wurden. In Berlin werde zwar an der Auffassung festgehalten, daß der diplomatische Schutz sich nur aus die deutschen Staatsangehörigen erstrecken dürfe, da man sonst zu unabsehbaren Confliclen mit der chinesischen Regierung komme; indessen müsse die Diplomatie einen Ausweg aus der unklaren Lage suchen, da auch die deutsche Culturarbeit bedroht sei und der Bahnbau unter be ständigem militärischen Schutze betrieben werden müsse. * Karlsruhe, 16. Sept. Die „Lüddestsche Reichs- Correspondenz" stellt fest, daß der deutsche Botschafter in Paris, Fürst Münster, hier nicht vom Kaiser em pfangen wurde. Ausland. * Die Begnadigung Dreyfus' wird als unumstöß lich beschlösse«^ angesehen; die Regierung wolle nur noch die Entscheidung des Reoistonsrates abwarten. * London, 16. Sept. Wie verlautet, beabsichtigt England den Boeren bei Ablehnung der englischen Forderungen nicht offiziell den Krieg zu erklären, sondern dieselben als einfache Vasallen zu behandeln und einen „Ausstand' derselben einfach zu „unter drücken." Aus diese Weise entgehe man auch der Be- sragung des englischen Parlamentes. * London, 15. Sept. Lord Salisbury empfing gestern wiederum den deutschen Botschafter. Diese zwei Zusammenkünfte innerhalb drei Tagen werden in diplomatischen Kreisen lebhaft kommentirt und aus das Bestimmteste mit der Transvaal Krise in Verbin dung gebracht. * London, 16. Sept. Die „Times' meldet vom gestrigen Tage aus Pretoria : Amtliche Mitteilungen über die Antwort Transvaals auf die Depesche Chain- berlains sind nocht nicht bekannt. Vermutlich sind aber die Gründe rein legislativer Natur; sie werden damit erklärt, daß die Südafrikanische Republik ander Konvention festhalte und von der Bestimmung der Verleihung des Wahlrechts an die Uitlanders nach 7 Jahren nicht abgehen könne, daß sie aber gewillt sei, Ratschläge zur Besserung der Lage anzunehmen. * London, 16. Sept. Die Morgenblätter bringen die bisher unbestätigte Nachricht, die euglische Regie rung sei mit der Ausarbeirung des Entwurfs einer neuen Konvention mit Transvaal beschäftigt, welche der Regierung der Südafrikanischen Republik unter breitet werden soll. * Paris, 16. Sept. Es wurde eine gerichtliche Untersuchung eingeleitet in Nanies gegen die Ligen der Antisemiten, der Nationalisten und der royalisti schen Jugend. In St. Etienne «vurden Haussuchungen abgehalten in den Bureaus zweier antisemitischer Blätter und bei einer Anzahl von Mitgliedern der antisemitischen Liga. * Paris, 16. Septemb. Einem hier eingelausenen Telegramm aus Rom zu Folge sollen Deutschland und Italien die Frage erwägen, die Posten der mili tärischen AttacheeS in Paris künftighin unbesetzt zu lassen, und dieselben auch in den übrigen Staaten des Auslandes allmälig zu beseitigen. * Paris, 15. Sept. Während der Manöver der beiden französischen Ostkorps wurde in Lacroix sur Meuse ein Deutscher verhaftet und nach Saint Mihiel gebracht. * New-Uork, 15. Sept. Die Handelskammern von Newyork und Boston protestirten gegen die Boycot- tirüng der Pariser Weltausstellung. Man glaubt, daß in Folge dieser gewichtigen Stimmen die Boycot- tirung aufhören werde. Deutschland. 8 Berlin, 14. Sept. Vor dein Landgericht I hatten sich gestern 13 Schulkunden, welche des Bandendiebstahls beschuldigt waren, zu verantworten. Als Belastungs zeugen wurden zehn Knaben aufgerufen, welche eben soviel gestohlen haben, wie die Angeklagten, aber bereis abgeurtheilt find. Der Zuhörerraum vermochte die Zahl der weinenden Mütter nicht zu fassen. Die An geklagten harten es in erster Linie auf Gegenstände abgesehen, die Ladeninhaber an der Thür ausgehängt hatten; auch betraten mehrere zugleich den Laden, einer mußte den Verkäufer durch einen kleinen Einkauf beschäftigen und die anderen suchten zu stehlen, was sich .n ihrem Bereich befand. tz Berlin, 15 Sept. Um die Agitation gegen die Beschickung der Pariser Weltausstellung zu verstärken, soll in den nächsten Tagen die Konstituierung eines Komitees erfolgen, das die Bewegung organisieren und leiten wird. tz Der Bezirksausschuß wies kostenpflichtig die Klage des Berliner Magistrats gegen den Polizeipräsidenten v. Windheim wegen Versagung der Bauerlaubnis für das Projekt des Portals für den Friedhof der Märzgefallenen im Friedrichshain ab. 8 Berlin, 16, Sept. In einem hiesigen Hotel hat ein verheiratheter Kellner sich mit seiner Geliebten erschossen. 8 Kiel, 16 Sept. Eine Colonne mit Außenarbeiten beschäftigter Strafgefangener überfiel und mißhandelte den beaufsichtigenden Beamten und ergriff die Flucht. Fünf von ihnen entkamen, die übrigen wurd n wieder eingefangen. 8 Sprottau, 14. Sept. Der Bober hat seit Nach mittag die anliegenden Gegenden unter Wasser gesetzt. 8 Frankfurt, 15. Sept. Zwei internationale Eisen bahndiebe wurden gestern hier sestgenommen. Die „Franks. Ztg." berichtet darüber: Beim Aussteigen aus dein D-Zuge Berlin-Basel, wurde im Gedränge ein Reisender gegen den Privatier Kaiser aus Karlsruhe gestoßen, an den er sich heftig anklammerte. Unserm Karlsruher fiel das Benehmen aus, er prüfte sofort seine Taschen und fand, daß ihm die Brieftasche mit 300 M. fehlte. Ohne Zögern packte er den Verdächtigen und den, der diesen gestoßen hatte. Der zweite machte sich los und floh durch den Rangirbahnhof. Der zur Has« Gebrachte gab an, er heiße „Alfred Allen", sei cinundvierzig Jahre, stamine aus New-Uork, komme aus Brüssel und wolle nach England. In Wirklichkeit kam er von Offenbach. Auf den bei ihm Vorgefundenen Gepäckschein erhob die Polizei zivei Lederkoffer. Dabei stellte sich heraus, daß auf denselben'Schein noch zwei Gepäckstücke abgegeben waren. Abends 11 Uhr stellte sich auch richtig der Besitzer ein, er roch, als inan ihm fassen wollte, Lunte und wollte wieder entfliehen, aber die „Hand des Gesetzes" hatte ihm bereits am Kragen. Er gckb an, er sei Jean Patrorv aus Barcelona, zwei- unddreißig Jahre alt. Er hatte eine Fahrkarte erster Klasse nach Mainz bei sich. Im Besitze der Beiden sanden sich u. A vierzig Rubel und eine größere Summe deutsches Geld. Auch die berüchtigten mit Chloroform getränkten Taschentücher, mit denen Eisen bahndiebe ihr Opfer einschläfern, fehlten nicht im Toi lettekasten. Man nimmt an, daß man in den beiden Gaunern, die sich so ähnlich sehen wie Brüder, die Urheber der vielfachen Diebstähle geiaht hat, die in der letzten Zeit in den D-Zügen vorgekommen sind. Die Beschreibung der beiden Diebe z. B., die vor drei Wochen in dem Hamburger D-Zug eine Briestasche mit 3000 M. erbeuteten, paßt genau auf,die verhafteten PickpocketS. 8 Anläßlich der jetzigen Münchner Hochwasserkata strophe ist es erwähnungswert, daß genau vor 86 Jahren, am 13. September 1813, München ebenfalls vorn Hochwasser und zugleich von einem sehr schweren Unglücke hetmgesucht wurde. Das Hochwasser hatte einen Teil der Au unter Wasser gesetzt. Eine zahl- reiche Menschenmenge sah von der Brücke aus diesem Schauspiele zu, als plötzlich di Brücke selbst, sei es nun unrer der Last der Menschen menge oder auch infolge des Anprallens der Wasser massen zusammenstürzte und von den Fluten «nit sortgeriffeu wurde. Ueber 300 Personen stürzten in die hochgehende Isar, von denen wohl die Hauptzahl ertrunken sein werden. 8 Auf der Strecke Halle-Hettstedt zwischen Polleben und Burgsdorf fiel der Schaffner Schäfer von der Platt form eines Wagens. Es wurde ihm der Kopf abge fahren. 8 Die beiden Prokuristen Dittmer und Täubert der Hamburger Kommerz- und Diskontobank sind in Glücks burg wegen Unterschlagung von über 300 000 M. verhaftet worden. 8 Von der Glogauer Strafkammer wurde der Polizeiinspektor Zinke aus Sprottau, seit Neujahr vom Amt suspendiert, wegen Unterschlagung amtlicher Gelder zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt. 8 Der Musketier Wiedmann kam beim Manöver im Wa lde bei Weiffach (Württemb.) vor die Mündung des Gewehrs eines Soldaten, als aer Schuß losging. Er morde in den Kopf getroffen und «var sofort tot. 8 München, 15. September. Die schönste Isar- Brücke Münchens, die «nit einem Aufwand von Millionen vor sechs Jahren gebaute Prinz-Negentenbrücke ain Friedens-Denkmal, fiel gestern Abend dem Hochwasser zum Opfer und versank in den Fluten. Die Isar be ginnt in Folge neuerlicher Wolkenbrüche wieder zu steigen. Neue Gefahr ist im Verzüge. 8 Eick Verwandter von Hauprmann Dreyfus genügt zur Zeit in der preußischen Armee seiner Militärpflicht. Es ist der Kanonier Mathieu Dreyfus. ein Vetter des schicksalsreichen Offiziers. Mathieu stammt aus Straß burg iin Elsaß und ist zum zweiten Garde-Feldartilleric- regiment in Potsdam ausgehoben worden, späterhin aber als Hilfsschreiber zur Oberfeuerweikerschute zu Berlin kommandiert worden. 8 Der Dreyfus-Prozeß zeitigt sonderbare Geschnuicks- verireungen. Ein Berliner Restaurateur führt ein Getränk, dem er den Namen „Dreyfus Thräne beige legt hat. Wie auf dem Etikette bemerkt rst, soll es der „unschuldigste" aller Schnäpse der Welt sein. 8 In einer Herberge zu Schwedt a. O. «nachte sich ein betrunkener Müllergeselle dadurch verdächtig, daß er erzählte, Wissenschaft von einem geheimnisvollen Morde zu baben. Der Geselle wurde verhaftet und die mit ihm vorgenommenen Verhöre ließen leinen Zweifel darüber, daß die Aeußerungen des Gesellen auf Wahrheit beruhen uno er selber der Mörder sei. »Nach seinem alsdann abgelegten Geständnis «var er vor sieben Jahren auf einer Mühle bei Freienwalde als Geselle thätig, wo er mit der Frau seines Meisters eiir Liebesverhältnis unterhielt. Den Ehemann räumte er dadurch aus dem Wege, daß er ihn aus einem Hinterhalt heraus erschoß und die Leiche unter der Mühle vergrub. Ueber den verschwundenen Müller wurde das Gerücht verbreitet, er sei nach Amerika ausgewandcrt. Bald krähte auch kein Hahn mehr nach ihm. Bet den Nachgrabungen unter der Mühle ist lhatsächlich ein menschliches Skelett aufgesunden worden. Der Mörder ist in das Gerichtsgesängnis zu Prenzlau eingeliesert worden. Ausland. 8 Aus Innsbruck wird unter,n 12. September ge- meldet: Der Lchneesall auf den Bergen dauert an. Das Gebirge macht eiuen vollständig winterlichen Eindruck. Die Almen liegen tief im Schnee» teilweise über einen Meter. Auch hier war schon kurzes Schnee gestöber, sonst herrscht andauernd Regen. I«« Seefeld, zwischen Zirl und Mittenwald, schneit'S wie mitten im Winter. 8 Der in erster Instanz von dem Divisions-Kriegs gerichte freigesprochene Leutnant eines Schweizer Schützenbataillons Wilhelm Roth wurde auf die von dem Divisionsauditeur eingelegte Revision hin wegen Veruntreuung vor« Geldern, die ihm unterstellten Sol daten gehörten, zu 15 Monaten Gefängnis und zn^ damals noch hölzernen Degradation verurteilt.