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S1. Jahrgang. 26V. Mittwoch, 26. Septemver 1S17. L8SS Drahtanschrift: Nachricht«» Lr«»b«». grrnsprechu^Samnltlnummrr: Nur sär SiachtgrsprLchr: L0Ü11. »t«r»III»r»- In Dikidn, NN» v»r»rtni »«i P»et«all,«r Zntr-Dlng (an Sonn- und Montan nur Eunuch I»i»Ii det «tnmoitzer Aultrlun, durch dt« Post ,chn« vchellgeid» » SV M,. m»n»Mch >.» W. >»»^a«».Vrril«. Dt« «tnipallig« Z«tl« (etwa »2II»rn>» vt- vorpig^nlp ». «n^I,«n in »Iumm«rn nach «MN» u. -et«*««» Ir. larts. ««/. reu-run^prschla,. — «UM». Lultr.,«,. vorauade^hl.—B«i«,dl. »o Pt. Gchristltiiung und HauptgeschäftLstelle: Marteristratze S8/40. Druck u. Verlag von Sietzsch » Sieichardt in Dresden. Blachdruck nur mit deuMch« Qu«Uenang-b« t.Di«»dn«r «achr ») pliLM»- — Ummrlanat, Schrtftltück« »erden nicht aufbewahrt. Jas Programm des amen österreichischen Kabinett». Erfolgreiche Susauteriegefechte in Flandern. - Wiederaufleben der Kampftütigkeit am Slouzo. - BavdenMmpse in Albanien - Ser Vielberbaud gegen die rufftfche Semokatie.—knglands Schisisraumnot.—Sie Kodleasrage vor der sSchfifchen zweiten Kammer. Ser dentfche Abenbbericht. «erll». LS. «ept. abends. lAmtlich. W.T.V.! I« Flandern Kenertütigkeit wechselnder Stärke. DerMche Fnfauteriekämpfe an der Strafte Menla—Aper» »erltese» für »»S günstig. Bei de» anderen Westarmee», im Oste» n«d in Ma-«d»»ie« kein« wesentliche» Sreigaiffe. Lefterreichlsch-llnsirlscher Nrlegriericht. Wie». Amtlich wird verlantdart de» LS. Sept. 1S17: vestttcher Kriegsschauplatz. Stellenweise Borfeldkämpse. Italienischer Krieg-schamplatz. Am Jsouzo stärkeres feindliches Fener «nd lebhaftere »l-gtätigkeit. Südöstlicher Kriegsschauplatz. I» Albanien erfolgreiche Bandenkämpfe. lW. T. B.j DerChesdeSGe»eralftabS. Sie aationallibrrale Partei hat. wie mitgeteilt, am vergangenen Sonntag im Reichs- tagShause durch ihren Zentralvorst and Verhand lungen geführt uwd Beschlüsse gefaftt. die weit über die Kreise des Parteiverbanbes hinaus von nicht zu unter schätzender Bedeutung sind, weil sie das Obsiegen des von allen parteipolitischen Nebenrücksichten freien, reinen nationalen Gedankens in der großen liberalen Mittelpartci klar und deutlich bekunden. Dies gilt sowohl für die äußere wie für üte innere Politik. In der vom Zentralvorstand angenommenen Entschließung wir- die bekannte Ent schließung der Mehrheitsparteien des Reichs tags vom 19. Juli dieses Jahres als eine schwere Ge fährdung unserer deutschen Zukunftsent wicklung erklärt und der nationalliberalen Reichstags fraktion einmütig der Dank für ihre Ablehnung ausge sprochen: nach innen wird gleichzeitig mit Entschiedenheit gegen die Uebertragung des parlamentarischen Systems auf unsere verfassungsmäßigen Verhältnisse Stellung ge nommen. Vorher hatte der ncugemählte stellvertretende erste Vorsitzende Abg. Dr. Stresemann einen eingehen den Vortrag über die politische Lage gehalten, in dem er auf üte Friedenspolitik des Reiches einging und sich eben falls in scharfen Worten über die Unzweckmäßigkeit und Fehlerhaftigkeit der Frivdenscntschlietzuug des Reichstags äußerte, unter kraftvoller Betomnug der Notwendigkeit, auf der ganzen Linie einem machtvollen deutschen Sicges- willen zum Ausdruck zu verhelfen. Von diesem Stand punkte auS war es durchaus folgerichtig, daß Dr. Strese mann die amtliche Bezugnahme auf die NeichstagSentschlie- ßung in der deutsche« Antwortnote an den Papst als sehr bedauerlich bezelchncie. Di« bemerkenswerte Kundgebung, in der sich die nattonalltberale Partei vorbehaltlos zu einer starken vaterländischen Politik bekannt und durch die sic sich von allen schwankenden Begleiterscheinungen, von allen Halbheiten und mißverständlichen, deutungS- fähigen Auffassungen in zielsicherer Weis« befreit hat, ist gerade tm gegenwärtigen Augenblick, wo sich allem Anschein« nach Entscheidungen von schicksalsvollcr Tragweite vorbcretten, mit besonderer Genugtuung zu be grüßen. Bon seiten der Anhänger der Mehrheitsparteien sind immer wieder Versuche gemacht worden, die Haltung der nationalliberalen Reichstagsfraktion bet der Ab- ftimmung über die FriedenSentschließung tenbenztüS aus- zulegen. Man stellte es so dar. als ob die nationalliberale Fraktion sich durch ihr« damalige Absonderung von der Mehrheit lediglich in parteipolitischer Hinsicht nicht habe die Hände binden wollen, tm übrigen aber sachlich mit dem Inhalt der FriedenSentschließung ein verstanden gewesen sei. Zum Beweise dafür sollte die von der «ationalltberalen Fraktion ange nommene eigene Entschließung dienen, die im wesent lichen dasselbe besage, wie die Entschließung der Mehrheit. Diese Darstellung war nun zwar zweifellos falsch, da in der nationalltbevalt« Entschließung der deutsche Sieges will« in ganz unzweifelhafter Weife im Gegensatz zu der Mehrheits-Entschließung betont wurde, aber si« blieb doch als geflissentlich wiederholt« politische Legende nicht ganz ohne Wirkung. Allen diesen Mißdeutungen hat nun das Vorgehen de» Aeutpalvorstandes ein gründliches Sud« be reitet. Mit aller wünschenswerten Deutlichkeit ist der Aentralvorftand von der FriedenSentschließung der Reich-. tagSmehvheit abgerückt und hat sie in einer Form prciS- gegeben, an der sich nicht rütteln und deuteln läßt. Die Männer, -de i» Berlin tm Namen de- deutschen Nattonal- ItbevalisrnuS versammelt gewesen sind, waren von der guten Tradition -es echten, alten Liberalismus streng nationaler Eigenart beherrscht. In ihrer Mitte weilte der Geist Bennigsens als ihr getreuer Eckchart, der sie die Zeichen dieser gewaltigen Zeit richtig verstehen ließ, so daß sie alle schwächlichen, doktrinären Erwägungen kurz entschlossen von sich abschüttelten und den klaren, voraus schauenden Blick einzig und allein auf die Frage richteten: „WaS tut dem schwer bedrängten Vaterlande not? Worin liegt das Heil seiner Zukunft?" ES ist immer der Stolz der in so großen nattonglgcschichtltchen Erinnerungen und Ent wicklungen wurzelnden nationalliberalen Partei gewesen, den Grundsatz: „Das Vaterland über die Partei!" in ihrer Politik zur Geltung zu bringen und dieser einen über ragenden Richtschnur alle parteipolitischen Sonderinteressen im entscheidenden Augenblick zu opfern. Dieser markige, patriotische Kern der Partei hat sich auch jetzt bet der Kund gebung des Zentralvorstandes herauSgeschält. Da ivar nir- gcnds die Frage, womit dem Wohle der Partei am besten gedient werden könnte, sondern ausschließlich die eine Sorge beherrschte die Gemüter, wie das Interesse des Vaterlandes in so ernster Stunde am wirksamsten und nachhaltigsten wahrzunchmen sei. Und auf diesem Grunde erwuchs macht voll und hinreißend, gewaltig und allen Widerstand bezwin gend die Erkenntnis, daß nicht schwächliches FricdenSgercd«, nicht würdeloses fortgesetztes Audi eien des Oelzweiges. fordern nur kraftvolles Hervor-eben unseres unerschütter lichen SicgeSwillens dem Vaterland« frommest kann. Nicht Nachlassen im Durchhalten um jeden Preis,'in Opferwillig-! kcit und Kriegsbereitschaft an Gut und Blut, in siegcö- sicherer Entschlossenheit, den uns aufgezwungcnen Kampf > um unser nationales Dasein Surchzuführcn, bis wir alle i Sicherungen erreicht haben, die in militärischer, politischer! und wirtschaftlicher Hinsicht für unsere Zukunft erforderlich i sind! Das ist jetzt das einzige Gebot der Stunde, und ihm hat der Zentvalvorstand bedingungslos gehorcht,! als er im Namen des gesamten gemäßigten Liberalismus Deutschlands seine gewichtige Stimme gegen die Fricdens- entschlietzuug des Reichstages in die Wagschale warf. Für diese entschlossene, wahrhaft patriotische Hal tung gebührt dem nationalliberalen Zesttralvorstand der! uneingeschränkte Dank aller Kreise unseres Volkes ohne Unterschied der Parteirichtung, die für einen starken deutschen Frieden einireten und seine Erkämpfung als unerläßliche Voraussetzung sür die Sicherung unserer nationalen Weiterentwicklung auf ihre Fahne geschrieben haben. Wie mächtig die aus dieses Ziel gerichtete Volks bewegung tatsächlich ist, zeigt nichts deutlicher als der Um stand. daß sie selbst bis weit in die Reihen der Linken hinein ihren unwiderstehlichen Einfluß äußert und sich auch dort mit elementarer Gewalt Bahn bricht. So sagte auf dem in Nürnberg abgehaltcnen Parteitag der Fortschrittlichen BolkSpartei der Abg. Dr. Müll er-Meiningen: „Wir können und wollen der Regierung keinen Knüppel zwischen die Beine werfen, wenn sie cs für notwendig hält, zur Siche rung unserer Grenzen Gcbietserwerbungcn zu machen. ES i st grundverkehrt, ein für allemal auf Ge- bietSerwerbungen im Westen und Osten zu verzichte u." Mit diesen Ausführungen fand der Redner in der fortschrittlichen Versammlung nicht nur keinen Widerspruch, sondern erntete im Gegenteil allgemeine Zu stimmung. die in der Annahme einer Entschließung für einen mit realen Bürgschaften umgebenen und die Freiheit der Meere sichernden deutschen Frieden ausklang. Solche Erscheinungen müssen -och schließlich auch den doktrinär ver ranntesten Anhängern der Friedenspolitik der Reichstags- Mehrheit klar machen, daß das deutsche Volk anders denkt, al» sie meinen. Politiker wie Herr Dr. Müller-Meiningen müssen jetzt nachhinkcn und ihre ursprüngliche Verständnis losigkeit gegenüber dem wahren Volkswirten korrigieren. Di« nationalliberale Partei aber war von vornherein wohl- beraten. »IS sie sich von der MehrhcitSentschließung des Reichstages abseits hielt. Sie hatte damit gleich im Anfang de« richtigen Kurs innegehalten, der nunmehr vom Zentral vorstand in aller Form bestätigt und weiter festgelegt wor den ist. Die Vorgänge im nationalliberalen Zentralvorstand sind ei» höchst erfreulicher Auftakt zu dem heutigen Wiederbeginn der Reich StagSverhandlun- gen, sowohl für die äußer« wie für die innere Politik. Wenn der Zentralvorstand das parlamentarische System ausdrücklich ablehnt und sich aus die annehmbare Forderung eine- engen und vertrauensvollen Zusammenwirkens von Regierung und Volksvertretung beschränkt, so erweckt das die besten Aussichten, baß die Arbeit des Reichstages künftig ersprießlicher sein wird als bisher. Der deutsche Reichstag hat jetzt wahrlich andere und wichtigere Ding« zu tun. als sortnMrend nach außen hur die deutsche Friedensliebe zu beteuern und im Innern sich mit gewagten verfassungsrecht lichen Experimenten abzuguälen. Will der Reichstag im Sturm und Drange dieser gewaltigen Kriegszeit seine Auf gabe richtig erfassen, dann muß er im Geiste der Ent schließung des nationalliberalen Zentralvorstandes der Re gierung allen unseren Feinden gegenüber durch die Be kundung des unzerstörbaren deutschen Siegcswillens den Rücken stärken und in der inneren Politik sich zu dem Leit sätze bekennen,' daß an dem bundesstaatlichen Charakter des Reiches nicht gerüttelt werden darf und daß alle Bestrebun gen zur Erweiterung der parlamentarischen Rechte an dieser Grenze unbedingt Halt machen müssen. Nach beiden Rich tungen sind die Verhandlungen des nationalliberalen Acn- tralvorstandes bedeutsam und es heißt sic gewiß nicht über schätzen. wenn man der Hoffnung A"<^ruck gibt, daß sie der ferneren Tätigkeit des Reichstags ihr nationales Gepräge aufdrücken werden. Das Programm des neuen österreichischen Kabinetts. Wien, 23. Sept. Das Abgeordnetenhaus ist heute zu- sammengctreten. Die Abgeordneten sind sehr zahlreich er schienen. Unter ihnen befindet sich auch der Abgeordnet« Klofac. Der Ministerpräsident und die Mitglieder seines Kabinetts werden von den Abgeordneten freundlich begrüßt. Der Präsident gedenkt in seiner Eröffnungsansprache unter lebhaftem Beifall der glorreichen Befreiung Ostgali- ziens und derBukowina und der glänzenden Ab wehr der feindlichen Uobcrmacht in Ser 11. Jsonzoschlacht, wodurch dem Feinde der Weg nach Triest hoffentlich dauernd versperrt ist. Der Präsident hofft, daß durch diese Erfolge bet den Gegnern das Verständnis für deren Kriegslage und die Friedcnsbercitschnft der Mittelmächte gefördert werde und mir so dem hetßerschnicn ehrenvollen Frieden näher gebrachst werden. Der Präsident bittet um die Ermächtigung. Seiner Majestät die ehrfurchtsvollsten Glückwünsche des Hauses anläßlich der Erfolge unserer Armee ausdrücken zu dürfen. (Lebhafter Beifall und Händeklatschen.! Der Prä sident gibt sodann bekannt, daß er anläßlich des Ablebens der Königin von Bulgarien der bulgarischen Negierung bas Beileid des Hauses ausgcdrtlckt habe. Hierauf ergreift Ministerpräsident Tr. v. Seidler das Wort. Er führte aus, das Kabinett strebe in seiner heutigen Zusammensetzung nicht bloß die Befriedigung der augenblicklichen Staatsbcöürfnissc an, sondern wolle sich» gleichzeitig bemühen, dem großen Werke des wirtschaft lichen, kulturellen und politischen Wiederaufbaues des österreichischen Vaterlandes die Wege zu ebnen. DaS Programm der Regierung sei in erster Linie ein soziales und wirt schaftlich-politisches. Der Ministerpräsident kündigte an. daß ein Gesetzentwurf über die Sozialversicherung ehestmöglich Ser verfassungsmäßigen Behandlung zugeführt werden soll. Alö brennendste Frage betrachte die Negie rung das Problem der Volksernührung, wie überhaupt die öffentliche Versorgung mit Bedarfs gütern. Die unendlich schwierige Lösung der Vcrsorgungs- fragc stellt, sagte er, unserer Beamtenschaft, deren hin gebungsvolle und selbstlose Pflichttreue sich trefflich be währt hat, vor vielfach ganz neue Aufgaben. Die gegen wärtige Negierung bestrebt sich, jedweden Burcaukratismus auszuschalten und sich mit dein Parlament und der Bevölkerung in steter Verbindung zu halten. Den vollen Anspruch auf solche Heranziehung erwarb die ge samte Bevölkerung durch mutiges Aus harren in schwerer Zeit. Nicht in letzter Linie ist cs der pflichtbewußten Arbei terschaft zu verdanken, daß wir auch tm Hintcrlande die Stellung zu halten vermochten. Die Negierung habe ferner dahin gewirkt, daß der erprobte Gedanke Ser unauflöslichen Verteidigungsgemcinschaft mit Ungarn auch in wirtschaftlicher Hinsicht in steigendem Maße zur Geltung gelangte. (Zustimmung und Beifall.! Die Um gestaltung des Ernährungsamtes in ein selbständiges Er- nährungsministerium sei bereits angebahnt. Zu den Nächstliegenden Aktionen gehöre auch die Wahl der Delega- tionen. Der Ministerpräsident bespricht sodann eingehend das Programm der Vorbereitungen der Kriegs- und Friedenswirtschaft, sowie der Rctablierung deS gesamten Wirtschaftslebens, wobei er die Schaffung des Ministe riums für soziale Fürsorge und des Ministeriums für BolkSgesundheit hcrvorhob. Der Ministerprä sident kündigte ferner Schritte zur möglichsten Förderung der Produktion an, eine planmäßige weitgrcifcnde Ausgestaltung -er Wasserwirtschaft, um die in den Gewässern der Mv"-,rchie verborgen liegenden reichen Schätze unbenutzter Kraft -er Industrie, dem Gewerbe, der Landwirtschaft, dem Bergbau, dem Eisenbahnverkehr dienstbar zu machen. Im Zu- sammenhang damit soll das gesamte Elcktrizttätswesen auf ^ neue Grundlagen gestellt werden. Das Endziel sei. Latz Oesterreich von einem weitverzweigten Leitungsnetz über- > spannt wird, das billiges Licht, billige Kraft liefere. Die Angelegenheit werde sofort in Angriff genommen werden und Oesterreich werde hiermit allen Kulturvölkern der Erde vorangehcn. Der Ministerpräsident kündigte jodan». Maßnahmen auf dem Gebiete der