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MÄnifferÄgM« Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, MfiS,SSL W°ch°Ett s»r WU-druff u. Umg-g-nd ««Sr?" Dewatt, KrUg °drr sonst. DklriebostSrungen bestkht kei'nÄ'nspr'uch ausÄ-serung 0 ' 2. g s Bezugspreises. — Rucksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die 8gespaltene Raumzeile 20 Rpfg., die 4gcspaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Neichs- pfenuige, die 3gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 RMK. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. Vor- Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 annahmebisvorm.10Uhr. — Für die Richtigkeit dee durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden mutz oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Anz. nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meitzen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 265 — 89. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruss-Dresden Postscheck' Dresden 2640 Donnerstag, den 13. November 1930 Schnelle Arbeit. In der Öffentlichkeit nimmt der Streit, das fast schon erbittert gewordene Ringen um die Lohnsenkung und den Preisabbau die Aufmerksamkeit so gut wie ganz in Anspruch, — und das wirklich nicht mit Un recht; denn es handelt sich um die Sorgen von heute uud morgen. Abseits davon gehen aber die Bemühungen der Rcichsregierung weiter, ihr Finanz- und Steuer- re f o r m p r o g r a m m in raschem Tempo vorwärts zubringen, und nur Spärliches dringt heraus aus den ver schlossenen Zimmern, wo die Reichsratsausschüsse die 3V Gesetzentwürfe besprechen und vermutlich auch recht zahlreiche „Wenn" und „Aber", namentlich aber ausgiebige Klagen vorbringen dürsten. Denn es soll dabei ja auch das sinanz- uud steuerpolitische Verhältnis des Reiches zu den Ländern bzw. den Kommunen besser und übersichtlicher geregelt werden, der „Finanzausgleich" also, der bisher immer nur ein vorläufiger war und es auch jetzt noch ist. Bei seiner großen Eröffnungsrede zu Beginn der Rcichsratstagung hatte der Reichskanzler ganz besonders dringend um Beschleunigung der Durchbera tung gebeteu und was man — Richtiges oder Falsches — aus den Sitzungen und Beschlüssen erfahren hat, deutet darauf hin, daß diesem Wunsche auch Rechnung getragen wird. Näheres läßt sich natürlich erst sagen, wenn end gültige Beschlüsse, vor allem erst einmal der Wortlaut der Gesetzentwürfe überhaupt bekannt geworden sind; fest scheint aber schon jetzt zu stehen, daß manches in Einzel- beiten allerhand Abänderungen gegenüber den ursprüng lichen Negierungsvorschlägen erfahren hat, und daß die Regierung darüber — mit sich reden läßt. Daß man also zu einer Einigung in recht umkämpften Fragen kommen kann und wohl auch gekommen ist und die Regie rung durchaus nicht auf dem Buchstaben besteht, wenn nur das Ziel einer wirklichen Sanierung der Haushalte im Reich, den Ländern und den Gemeinden erreicht wird, ohne daß dies eine steuerliche Mehrbelastung wesentlichen Um fanges notwendig macht. Rücksichtsloses Zusammen streichen der öffentlichen Ausgaben und gesetzliche Vor sichtsmaßnahmen gegen etwaige „Rückfälle", dazu Senkung bestimmter, wirtschaftlich besonders schädlicher Steuern bleibt der Grundgedanke, — und an dem darf der Neichs- rat nicht rühren. Es fehlt natürlich nicht an Streitpunkten vor allem dort, wo die finanziellen Interessen des Reiches mit den Lebensinteressen der Länder als im Reich selbständiger Gebilde aufeinanderstoßen. Was über die Neformvor- schläge veröffentlicht wurde, enthält ja — um mit Wipp chen zu reden — manchen „bitteren Brocken", den die Länder hinunterschlucken sollen und der oft genug eiue er hebliche Einschränkung der steuerlichen Hoheitsrechte bei den Ländern und ihren Parlamenten enthält. Der N e i ch s s p a r k o m m i s s a r schwebt als „Drohung" Uber ihnen uud hart bekämpft wird die Festlegung der Haushaltspläne auf eine absolut starre Ausgabenbegren- Vmg für gleich ein paar Jahre. Ähnliches soll ja auch den Gemeinden anfcrlegt werden. Und das hat im Reichsrat zu heftigem Widerspruch gereizt, ohne daß aber die Ver suche erfolglos zu sein scheinen, auch hier eiu gewisses Entgegenkommen der Neichsregierung herbeizuführen. Mit der ersten Lesung der zweieinhalb Dutzend Ge setzentwürfe ist man so ziemlich fertig; wesentlich für diesen schnellen Fortgang der Arbeit war ja die vor herige eingehende Fühlungnahme der Neichsregierung mit den Länderregierungen, die ja ihre Vertreter im Reichsrat „instruieren" - bis auf eine Anzahl selbstän diger preußischer Rcichsratsmitglieder -, also hinsichtlich der Abstimmung ziemlich festigen Bis zum 20. No vember sollte auch die zweite uud dritte Lesung erfolgt sein und dann — naht ja erst die eigentliche Entscheidung darüber, ob die endgültige Verabschiedung oder in welcher Form diese auf dem üblichen „parlamtarischeu Wege" er reichbar ist, ob also der Reichstag dem Werk seine Zu stimmung gibt oder nicht. Fest scheint dabei übrigens zu stehen, daß so manches bei diesen Gesetzentwürfen ange- wscscu ch auf die Annahme durch eine Zweidrittclmehr- ^u^aktcrsNckt^a"^'« weil es „verfassungsäudcrudeu" der RciwÄ" Reformprogramm gehört aber auch ?^l?r nun e^ "nd wenn der Reichs- kanzler nun I ncs ^granun bis Ende des Jahres durch- ULL Lf MiLLsrrf Enttch-id-mg ch -d-, MA mwr v N d größtem Em st Länder- und Gc- memdehaushalte sem wird. Und schließlich ist auch die Rückwirkung einer möglichst baldigen Finnin- und Steuerreform auf die Wirt,chaftspolitische Lage nicht zu vergessen; denn diese Rückwirkung ist,a eines der wesent lichsten Ziele der ganzen Reform. * Keine Vorverlegung der Gehaltskürzung In den Ausschüssen des Neichsrats wurde das Ge haltskürzungsgesetz in zweiter Lesung angenommen. Der Termin des Inkrafttretens, für den in der Vorlage der 1. April bestimmt ist, wurde nicht geändert. Anträge auf eine Vorverlegung dieses Termins sind überhaupt nicht gestellt worden. pur energische Preislenkung Lin „preissenkvogsdirektormm". Wer den Pfennig nicht ehrt... Die Reichsregierung hat einen Beschluß gefaßt, der in oer gesamten Öffentlichkeit mit großem Interesse aus genommen werden wird. Das Kabinett hat aus einem Teil seiner Mitglieder einen besonderen Ausschuß gebildet, dessen spezielle Aufgabe es sein wird, die P r.e i s- senkungsaktionmit noch größerem Nach druck und vor allem auch auf einer einheitlicheren Linie als bisher durchzuführen. Dem Ausschuß gedenkt der Reichskanzler per sönlich zu präsidieren. Ihm gehören ferner an der Reichs finanzminister Dietrich, Reichsernährungsminister Schiele, Reichsarbeitsminister Stegeilvald, Reichs- baukpräsident Dr. Luther, der Leiter des Reichswirt schaftsministeriums, Staatssekretär Trendelenburg, und der preußische Handelsminister Dr. Schreiber. Der neugebildete Ausschuß wird unverzüglich zu seiner ersten Sitzung zusammentreten und in erster Linie auch darüber zu beraten haben, wie man die Preissenkungsaktion besser als bisher systematisieren und den Angriff auf die Preisskala konzentrischer auf einzelne Punkte richten kann. Die Einsetzung dieses Sonderausschusses beweist, daß die Negierung es als ihre zurzeit dringendste Aufgabe betrachtet, den Preisabbau durchzuführen. Wie verlautet, hat die Regierung unter anderen Plänen auch die Absicht, die Pfennigrechnung wieder mehr zur Achtung zu bringen. Die besonders in Norddeutschland verbreitete Gewohnheit, als kleinste Münze das 5-Pfennig-Stück an zusehen, könnte sich in diesen Notzeiten zum mindesten als dem Preisabbau hinderlich erweisen. Natürlich wird man sich aber nicht damit begnügen dürfen, an einzelnen Kleinigkeiten herumzudoktern, sondern man wird das Problem an den Wurzeln an- packen müssen. Zu diesen dürsten nicht zum mindesten auch die Tarife der Reichsbahn und der Neichspost, der Gas- und Elektrizitätswerke und der öffentlichen Verkehrsmittel zu rechnen sein. Auch Obst- und Gemüsepreise sollen gesenki werden In Fortführung der von der Reichsregierung ein geleiteten Preissenkungsaktion sand im Reichsernährungs ministerium eine Besprechung über die Preisbildung für Obst und Gemüse statt, an der u. a. auch Vertrete rinnen der Hausfrauen teilnahmen. Die Ver bände des Handels, der Waren- und Kaufhäuser sowie der Konsumvereine haben ihre Bereitwilligkeit erklärt, keine Opfer zu scheuen, um die Preise auch für Obst und Gemüse zu senken, um damit der allgemeinen Notlage zu steuern und zu einer nachhaltigen Besserung unserer allgemeinen wirtschaft lichen Verhältnisse zu gelangen. Die Verbände haben sich entschlossen, unverzüglich aus ihre Unterverbände und Mitglieder einzuwirken, daß diese unter Berücksichtigung der Einkaufspreise und der aus den Waren ruhenden Lasten sowohl im Groß- wie im Kleinhandel schärfstens kalkulieren, um die Handelsspanne beträchtlich zu senken. Es ist zu. erwarten, daß auch auf diesem Gebiete die Senkung der Preise, die nach Behauptung der Verbände von ihnen schon vor etwa vierzehn Tagen freiwillig ein geleitet ist, einen weiteren Fortgang nehmen wird. * Senkung der Berliner Kartoffelpreise. Erhebliche Herabsetzung beschlossen. Die in den letzten Tagen im Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft mit dem Kartoffelgroß- und -kleinhandel unter Mitwirkung der Erzeuger- und Verbraucherorganisationen geführten Verhandlungen haben ergeben, daß auch der Kartoffelhandel bereit ist, einen Abbau der Preise vorzunehmen. Der Kartoffclklcinhandel wird in Berlin im all gemeinen für Speisekartoffeln bei Abgabe von zehn Pfund folgende Preise berechnen: für weiße Kartoffeln 23, für rote^und blaue Kartoffeln 25 und für gelbe Kartoffeln Die Konsumgenossenschaften und Warenhäuser haben ihre Preise für Kartoffeln ebenfalls ermäßigt. Die oben genannten Preise sind Tagespreise und hängen ab von den Anfuhren (Erzeugerpreise) und der Entwicklung der klimatischen Verhältnisse. * PrekseckW um s vH. in der eledlrolech- Me» IudWe. Berlin, 12. November. Die Preisstelle des Zentralver bandes der Deutschen Elektrotechnischen Industrie hat am 12. No vember folgenden Beschluß gefaßt: Die elektrotechnische Industrie hat im Verfolg ihrer Ankündigung vom 13. Oktober beschlossen, schon mit Wirkung vom 15. November 1930 ab die Listenpreise für Maschinen, Motoren, Transformatoren, Zähler, Apparate, Installationsmaterial und Haushaltgeräte um 5 v. H. zu senken. Dieser Beschluß setzt baldige Senkung der Preise der Zuliefe ranten voraus und ist erfolgt, obwohl der Schiedsspruch für die Berliner Metallindustrie erst am 19. Januar nächsten Jahres in vollem Ausmaß in Kraft tritt. Die außerhalb Berlins liegenden Betriebe der elektrotechnischen Industrie haben sich dieser Preis senkung angeschlossen in der Erwartung, daß auch bei ihnen eine Lohnsenkung erfolgen wird. Die elektrotechnische Industrie ist hier mit bewußt auf dem Wege des Preisabbaues weitergeschritten, den die schlechte Konjunktur bereits in starkem Ausmaße erzwun gen hat ohne vorläufig mit einer wesentlichen Verminderung ihrer Selbstkosten Rechnung tragen zu können. Es wird erwartet, daß dieser Schritt zu einer Erleichterung der Wirtschaftslage beitragen wird." * kann das Sandwerk seine Preise abbauen? Die Spitzenvertretungen des deutschen Handwerks, der Deutsche Handwerks- und Gewerbe kammertag und der Reichsverband des deutschen Handwerks, haben in einer gemeinschaftlichen Vorstandssitzung zu dem Programm der Reichsregierung mit einer Entschließung Stellung genommen, in der über die Beurteilung der Preis- Wirtschaft im Handwerk u. a. folgendes ausgesührt wird: Bei der Beurteilung der Preiswirtschaft im Handwerk darf nicht vergessen werden, daß unter 1 350 000 Betrieben eine große Anzahl Klein- oder Alleinbetriebe sind. Diese Be triebe rechtfertigen ihre Existenz durch geringeren Verdienst anteil und längere Arbeitszeit. Wie die Finanzämter be stätigen können, wird der Verdienst eines vollbeschäftigten Ge sellen von derartigen Betriebsinhabern selten erreicht. Die Leute bezahlen also ihre Selbständigkeit sehr teuer. Erkundigungen bei den Sparkassen und den Genossenschafts banken werden ferner ergeben, wie groß die Kapitalnot heute im Handwerk ist. Sogenannte „Substanz" ist nur noch ausnahmsweise vorhanden. Das Z u s a m m e n h o l c n der Löhne nimmt bei der passiven Haltung der Kundschaft immer mehr — sonst produktiv zu verwendende — Arbeitszeit in Anspruch. Für die Preisbildung im Handwerk sind M a t e r i a l k o st c n, Löhne und Ge schäftsunkosten die hauptsächlichsten Faktoren Aus die Preise für N o h st o j s e und Halbfabrikate hat das Handwerk keinen Einfluß Selbst wenn die Weltmarktpreise gesunken sind, muß es wohl oder übel abwartcn, bis die vorhergehenden, mehr oder weniger kartellierten oder syndizierten Lieferanten für den innendeutschen Markt einen entsprechend billigeren Bezug ermöglichcu. Ebenso ist das Handwerk nicht unabhängig in der Lohnbildung Soweit Forderungen der Arbeit nehmer als übertrieben bezeichnet werden müssen, fehlt es den betroffenen Gewerben meist an der Möglichkeit, sich dagegen durchzusetzen, teils wegen der pekuniären Folgen, teils wegen der staatlichen Schlichtungspolitik. Um so mehr hat das Hand werk die Verpflichtung, die Geschäftsunkosten möglichst niedrig zu halten. Aber auch hier stößt es überall auf gebundene Ver hältnisse. Die Zinsen für Anlage- und Betriebskapital sind nach wie vor hoch, das gleiche gilt von den sozialen Lasten und den Realsteucrn. Das Borgunwesen nimmt un erträglich zu, ebenso die Höhe der absoluten Verluste. Eine Deckung von derartigen Ausfällen durch deu den» selbständigen Handwerker zustehenden V e r d i e n st a n t e i l ist unter den heutigen Verhältnissen einfach ausgeschlossen. Die übergroße Konkurrenz innerhalb und außerhalb des Handwerks, wie sie durch Warenhäuser, Konsumvereine, Werksverkaufsstellen, Beamten- vcrtriebsgescllschaften, Hausierhandel, öffentliche Hand und Produktivgenossenschaften gekennzeichnet wird, zwingt jeden Unternehmer von vornherein sich mit dein bescheidensten Gewinn zu begnügen. Die Folge ist eine noch nicht dagewescne Verarmung im Handwerk und immer weitere Minderung der Substanz, soweit sic nach der Inflation überhaupt noch vorhanden war. letzten Endes steht das deutsche Volk vor der Frage, ob es ein wichtiges Glied des Mittelstandes überhaupt noch als lebenssähig und existenzberechtigt anerkennen null. Der Handwerker kann nicht zu Fabrikpreisen liefern, weil er keine Massenware liefert und keine Massenproduktion betreibt. Seine individuelle Tätigkeit und seine nur zeitweilige Inanspruchnahme durch die Bevölkerung, seine erhöhten Gestehungskosten die auch durch höhere Löhne für seine Gesellen als für Industrie arbeiter beeinflußt werden, bedingen eine andere Beurteilung, als sie zurzeit wieder einmal üblich ist. Erzwingen läßt sich eine Preissenkung aus den an geführten Gründen überhaupt nicht, sondern sie kann nur aus dem guten Willen aller Beteiligten hervorgehen. Dieser gute Wille ist beim Handwerk unbedingt vorhanden. Man die Tatsache verkennen, daß die neuzeitlichen Verhältnisse den Handwerker in eine Zwangslage verseht haben, die nicht überall richtig erkannt und beurteilt wird. Voraussetzung für einen fühlbaren Preisabbau ist daher die Beseitigung jeglicher Zwangswirtschaft.