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Dresdner Journal : 02.12.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-12-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189612025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18961202
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18961202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-12
- Tag 1896-12-02
-
Monat
1896-12
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 02.12.1896
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Dresdner Ämiml «ntündi,unnS,e»ützre» : Für den Naum einer gespai- tenen Zeile kleiner Schn't 30 Ps Unter „Eingesandt" die Zeile üv Pß Bei Tabellen und Ziffcrnsatz entsprechender Ausschlag Herausgeber: Königliche Expedition det Dresdner Journals Dresden, Zwmgerftr 20. Aernspr -Anschluß: Nr1L95. ve,»,l»rn»: Für Dresden vreNtliShrlrch » Mart K0 Ps, bei den Kaiser- lich deutschen Poftanftalte» inrrteliährlich S Mart; außer- halb d«S Deutschen Reiches Post- und Stempelzuschlaa. Einzelne Nummern: 10 Ps Erscheine«: Täglich mit Ausnahme der Sonn- and Feiertage abends. Fanspr-Anschluß: Nr INS. 1896 M28O Mittwoch, den 2. Dezember, abends. Antündiqnnffkn für die Weihnachtszeit finden im „Dresdner Aournal" die geeignetste Lerbreitung. Hierbei versäumen wir nicht, darauf aufmerksam zu machen, daß aus Anlaß des Weihnachtsfestes Handel- und (Hewerb- treibendeu bei Ankündigungen mit mehrmaliger Wiederholung außerordentliche Vergünstigungen gewährt werden. tiönigl. Expedition des Dresdner Journals. Amtlicher Teil. TreSdeu, t. Dezember. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, die erledigte Lberforst- meisterstclle im Forstbezirke Dresden dem zeitherigen Oberförster Klette auf Bärenfelser Revier im Forst bezirke Bärenfels unter Ernennung zum Oberforst meister zu übertragen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem vortragenden Rathe im Ministerium des Innern, Geheimen Medizinalrath vr. weck. Lehmann das Comihurkreuz 2. Klasse des Albrechtsordens zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Präsidenten des Landes Mtdizinalcolle- giums vr. ureä. Günther den Titel und Rang als Geheimer Rat zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, Allerhöchstihrem Leibarzte, Geheimen Medizinal rat und Oberarzt im Stadtkrankenhause, Or. Karl Ludwig Alfred Fiedler, den Titel und Rang eines Geheimen Rates zu verleihen. Se Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Standesbeamten Fritzsche in Großhartmanns dorf das Allgemeine Ehrenzeichen zu verleihen Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Obersteiger Kühlig beim Steinkohlenwerke Frisch Glück in Brandis das Allgemeine Ehrenzeichen zu verleihen. HLekcrnnLrncrchung. Die zum Betriebe der Einzel-Unfall-Versicherung im Königreiche Sachsen mit den Sitzen Dresden und Leipzig zugelassene Erste Oesterreichische Allgemeine Unfall - Versicherungsgesellschaft zu Wien hat ihren Betrieb im Königreiche Sachsen auf die Haftpflichtversicherung ausgedehnt und wegen dieses neuen Geschäftszweiges den Vorschriften in den §8 2—4 der Verordnung vom 16. September 1856 genügt. Auf Grund von 8 6 dieser Verord nung wird dies hiermit bekannt gemacht. Dresden, am 24. November 1896. Ministerium des Innern, Abtheilung für Ackerbau, Gewerbe und Handel. io2.i3 Bodel. Edelmann. Ernennungen, Versetzungen re. im öffentlichen Dienste. wcsammtminiftrrium Bki der OberrechnungS- lammcr wurden ernannt: der zeithcrige Büreauassistcnt Klemens Eduard Starke zum Sekretär, der zeithcrige Büreau- alsistent in der Berkehrslontrole II der Staats, isenbahnen Paul Gustav Gläßer zum Bürcauafsistenten. Departement des Innern. Angestellt: die Militär- anwärier Bezirksseldwebel Kail Gustav Adler als Expedient dei der Ninlshauvtmannschaft Dresden-Allstadt und ehem. Ser geant Ferdinand Friedrich Otto Schiele als Hülssbureaudirner bei der Amtshauptmaunschast Freiberg Kunst und Wissenschaft. K. Hoftheater. — Altstadt — Am 1 Dezember: „Sonne und Erde" Ballet in einem Vorspiel und vier Bildern von Gaul und I. Haßreiter. Musik von I. Bayer. Arrangiert von Hrn Balletmeister Otto Thieme. Das neue Ballet, das gestern nach einer Aufführung von Mascagnis „Bauernehre" erstmals gegehen worden ist, verzichtet auf eine durchgehende dramatische Handlung und bietet dem Zuschauer dafür eine Reihe von Stimmungs bildern, die von kleinen Episoden belebt sind Sein Titel würde passender „Die Jahreszeiten" lauten, welche uns die vier Bilder nach der den Weltgeist und die Sonne zitierenden Allegorie des Vorspiels vorführen. Im ersten Bilde giebt es einen Blumcnreigen im Fliederhain, im zweiten einige Seebad-Szenen, im dritten Jagdgetricbe und Winzer fest, im vierten einen Tanz der Waldgenien und Weihnachts engel. Zwischen diesen wirksamen Tänzen vollziehen sich aller hand kleine muntere und komische Aktionen, bei denen man sich ganz nett unterhält und manchen wohlbekannten Figuren und Effekten wiederbegegnet Die Musik von I. Bayer ist melodiös ansprechend und weist einige frische Tanzstücke auf. . . . Für die Vorführung des Ballets »st in Ausstattung mit Dekorationen und Kostümen und in der Einrichtung und Einübung des Choreographischen sehr viel gethan worden Das Ganze macht einen farbig schönen, glänzenden und lebendigen Eindruck, setzt mit der Allegorie sehr glücklich ein und gipfelt in einer Apotheose, die einen ungewöhnlichen Triumph der Regie-, Maschienen- und Beleuchtungskunst darstellt. Hr Thieme, der sich schon in „Coppelia" als einen be rufenen Mann beglaubigt hat, ist auch hier mit außer ordentlichem Geschick und Fleiß am Werke gewesen und den Ansprüchen de» Ballet« nicht« schuldig geblieben Da neben hat er noch al« Ausübender in einem mit Nichtamtlicher Teil. Italiens Rückzug aus Afrika war das Thema, mit welchem sich gestern die italie nische Depmiertenkammer beschäftigte Die Erklär ungen, die der Ministerpräsident di Rudini bei dieser Gelegenheit abgab, haben leicht erklärlicher weise in der Kammer die größte Bewegung hervor gerufen, und sie sind auch in der That von der größten Bedculuug für dis italienische Politik und die Stellung Italiens im Rate der Völker. Wenn es nach dem Willen Rubinis ginge, würde Eritrea sobald als möglich aufgegeben werden, das vermochte jedermann ohne weiteres aus den Worten des Mi nisterpräsidenten hcrauszuhören, wenn dieser auch nachträglich roch so sehr bemüht war, seine Worte einzuschränken und den Moment zur Aufgabe Eritrea» jetzt nrch nicht für gegeben bezeichnete. Wie das Land über die Zukunstspläne der Re gierung denkt, das wird sich in den nächsten Tagen zeigen müssen. In der Deputiertenkammer selbst ist jedenfalls das Gegenteil einer Begeisterung über die Ausführungen des Minisleipräsidenteu zum Ausdruck gekommen. Ter Antrag allerdings, gegen den sich Rudini ausgesprochen hatte, daß nämlich schon in einer Woche die afrikanische Frage abermals zur Debatte gestellt werden solle, wäre von der Kammer gestern voraus sichtlich abgelehnt worden, wenn sie beschlußfähig ge wesen wäre. Aber ein Vertrauensvotum für die Re gierung hätte darin, wie sich aus dem Verlaufe der Debatte ergiebt, noch nicht gelegen. Mau muß daher auf den Ausgang der hentigen Kammersitzung mit Recht gespannt sein. Als Verbündete Italiens beseelt uns Deutsche jedenfalls der innige Munsch, daß die Beschlüsse der italienischen Regierung und des Parla ments zum Wohle des Landes ausschlagen werden. Die gestrige Kammersitzung nahm den Verlauf, daß der Deputierte Imbriani eine Interpellation über die Politik der Regierung in Afrika einbrachte. Redner billigte den vollständigen Abschluß des Friedens und verlangte, daß die Kolonie aufgegeben werde. Ministerpräsident di Rudini beleuchtete hieraus unter allgemeiner Aufmerksamkeit die Lage der Regierung nach der Schlacht bei Abba Carima. Die Regierung habe erklärt, unter welchen Bedingungen sie den Frieden angenommen habe. Sir hab«- sich nicht beeilt, einen überstürzten Frieden abzuschlicßen, denn sie habe cs für ihre erste Pflicht gehalten, gestützt aus die Armee, der Lage die Stirne zu bieten Sie habe in die Armee das Vertrauen ge setzt, sie werde sich angesichts des siegreichen Feindes reorgani sieren, und in diesem Vertrauen sei die Regierung nicht er schüttert worden. Adigrat und Kassala wären befreit, und rin ehrenhafter Friede sei möglich geworden. Mehrfache politische und militärische Gründe rieten zur Frsthaltung KossalaS; lie Negierung sei überzeugt, indem sie ihnen Rechnung getragen habe, dem Baterlande einen Dienst erwiesen zu haben. Redner fuhr sodann sort, daß heute noch nicht der Augenblick zu endgiltigen Entschlüssen gekommen sci. Eritrea, welches eine dauernde Gcsahr bilde, müße sich allmählich von einer Militärkolonie in eine bürger liche und Handelskolonie verwandeln Das Parlament müsse seine Entschlüsse gemäß den wahren Interessen des Vater land e s treffen, welches solange der Größe ent behren werde, als es in eineKolonialunternchm- ung verwickelt sei, die im Mißverhältnis zu seinen Mitteln stehe. (Allgemeine Bewegung) Weiter sührte Rusini aus, man habe cs für nützlich ge halten, aus Adigrat aus logischen Giünden und um McncUk zu be weise», daß Italien den Frieden wünsche, zu verzichten. Tie an Nerazzini erteilten Instruktionen seien dahin gegangen, Menclik zur Kenntnis zu bringen, daß Italien den Marob nicht überschreiten wolle und aus das Protektorat verzichte. Nerazzini habe sich in geschickter Weise sei, er Mission entledigt. Ter Ministerpräsident erklärte sodann die Klausel des Friedens» rtrages bezüglich der Festsetzung der Grenze und be wies, daß sie Italien juridisch den Besitz von Okulckusai und Arai zusprcchc, welche schon srühcr Italien gehört hätten. Redner tritt den Bcsürchtungen entgegen, als seien Kompli kationen in der Frage der Grcnzkustimmung möglich, der ReguS habe keinerlei Interesse, solche zu provozieren Be züglich ter Anerkennung der Unabhängigkeit Acthiopiens er murrt der Ministerpräsident an die Geschichte des Vertrages von Uccialli und sagt, eS sei eine Illusion zu glauben, Menclik hätte je das Protektorat anerkannt Antonelli habe ter Regierung wiederholt geraten, aus das Protektorat zu verzichten, und sich erboten, den Negus Menclik dahin zu bringen, daß er bei Ablchnung des italienischen Protektorates lein anderweitiges Protektorat annehme Der Ministerpräsident glaubt, daß dieses Ziel durch dir Aushebung des Vertrages von Uccialli und die Anerkennung der Unabhängigkeit AbessynienS erreicht sei. Was die Zukunst betreffe, so hätten die Redner anerkannt, daß heute nicht der Augenblick sei, definitive Ent- schlüsie zu fassen. Der Friede hätte zunächst die Wohlthat für das Land gebracht, daß ein klares Bild geschaffen worden sei. Tas Land habe ein Recht, die Absichten der Regierung kennen zu lernen Tic Eritrea bilde eine permanente Gesahr für das Land, insolgedesscn müsse sie schrittweise aus einer militärischen Kolonie zu einer Handelskolonie umgesormt werden. ES sei augenblicklich kaum möglich, sich aus das Dreieck Massauah-Keren-Asmara zu beschränken, aber man könne jetzt nicht die beiden Elemente des asrikanischen Problems, die Grenzbestimmung und die Auslagen, welche beide dem Vor teile und der Sicherheit Italiens untergeordnet weiden müßten, lösen. Das Parlament werde Beschlüsse fassen müssen, die dem wahren Jniercsse des Vaterlandes cm prächen, daS so lange nickt groß werden könne, als es sich in eine seinen Mitteln nicht entsprechende Kolonialunternchmung verwickelt befinde. An die Erklärungen des Ministerpräsidenten schloß sich selbstverständlich sofort eine lebhafte Debatte an. Franchetti erklärte, daß man nach den Erklärungen des Ministerpräsidenten bas Parlament unverweilt über die afrikanische Angelegenheit befragen müsse. Di Rudini sagte, nach den Worten Franchettis, die ein Mißtrauen gegen die Regierung bedeuteten, sei er gezwungen, die Vertrauensfrage zu stellen, er ver lange zugleich Vertagung aller Anträge über Afrika auf unbestimmte Zeit. Er verlangte namentliche Ab stimmung über einen von Imbriani und Agnini kingebrachten Antrag, welcher die Beratung über das Aufgeben der eritreischen Kolonie in einer Woche fordert Nachdem mehrere Deputierte Erklärungen ab gegeben haben,erklärteSonnino, er nehme die vom Mi nisterpräsidcnten verlangte Vertagung auf unbestimmte Zeit an, da die in Verhandlung stehenden Fragen eine eingehende Prüfling verdienten, er könne aber trotz dem der Regierung nicht das Vertrauen aus- fprechen, da der Ministerpräsident die Tendenz kund gegeben habe, Afrika zu räumen. Fortis gab eine ähnliche Erklärung ab, indem er sich volle Reserve bezüglich der Bedingungen des Räumens vorbehielt. Der Ministerpräsident betonte, er habe nicht gesagt, daß Eritrea aufgegeben werden müsse, sondern er habe nur gesagt, unter welchen Beding ungen die Kolonie aufrecht erhalten werden könne. (!) Er erkenne an, daß der Augenblick für eine definitive Entscheidung nicht vorhanden, aber nach den vorgefallenen wichtigen politischen Er eignissen müsse die Regierung wissen, ob sie das Vertrauen der Kammer besitze Crispi sagie: Eine wirksame Debatte könne in acht Tagen nicht stattfindcn, aber er billige nicht die Ver tagung aller Anträge auf unbestimmte Zeit und werde daher gegen die Regierung stimmen. Es wurde sodann znr namentlichen Abstimmung geschritten. Bei der Abstimmung über die Anträge Imbriani-Agnini konstatierte der Präsident, daß die gesetzlich erforderliche Zahl von Deputierten nicht anwesend sei, weshalb die Abstimmung heute vorgenommen werden wird. Die Sitzung wurde hierauf geschlossen. Nach dem Kammerreglement wird das Resultat einer Abstimmung in dem Falle, daß die gesetzliche Zahl von Stimmenden nicht vorhanden ist, nicht be kannt gegeben. In den Wandelgängen wurde aber versichert, daß der Antrag Imbriani Agnini mit 159 gegen 25» Stimmen bei 56 Stimmenenthaltungen abgelehnt worden sei Zur gesetzlichen Zahl fehlten nur in Deputierte. Frl Grimaldi höchst feurig und kunstvoll ausgeführten ungarischen Nationaltanz einen großen Erfolg gehabt, der dem dürftigen zweiten Bilde sehr zu statten kam... Das Ballen hat lebhaften Beifall gesunden Die Wirkung würde vielleicht noch stärker gewesen sein, wenn sich eine raschere Aufeinanderfolge der einzelnen Bilder hätte ermöglichen lassen Schon um der trefflichen Ausführung und präch tigen Ausstattung willen lohnt sich ein Besuch der Vor stellung P Refidenzthcater, Am I . Dezember: „Die offizielle Frau" Schauspiel in fünf Akten (nach einer Novelle des Col Savage) von Hans Olden (Zum ersten Male ) Großmutter Schlangenköchin des alten Volksliedes, die den „Fisch", den sie kocht und vorsetzt, zuvor mit Stecken im Kraute erschlagen hat, ist nach wie vor fleißig bei der Arbeit und das hungrige Publikum wie immer bereit, die widrigste Nahrung als Leckerbissen zu sich zu nehmen. Die Erzählung des Col. Richard Henry Savage, nach der Hr Olden das gestern gespielte Sensationsstück bearbeitet hat, ist eine von den neucnglischen Humbuggeschichten, in denen die Spannung und der Effekt aufs äußerste ge steigert und zugleich mit humoristischem Augenzwinkern zu verstehen gegeben wird, daß ein verständiger Mensch der gleichen wohl zur Verdauung liest, sich aber im Ernst nicht einfallen läßt, daß Phantasieprodukte diese« Schlages den Eindruck wahren Lebens hervorbringen sollen Den Hinter grund zu diesen Erfindungen giebt nicht irgend welche Wirklichkeit, sondern die Philisterphantasie ab, nach der in Italien jeder dritte Mann ein Bandit, jede fünfte Frau eine giftmischende Lucrezia Borgia, in Rußland jeder Herr, der eine Brille trägt, ein Chef der Geheimpolizei ist und die dritte Abteilung ihre Fänge zu jeder Stunde in jede« Haus hineinstreckt Die Sensationen besagter Art haben ein uraltes Recht, auf« Theater befördert zu werden; nirgend« ist man empfänglicher für da« schlechthin Un mögliche, da« trivial Abenteuerliche, für die unheimlichen Manipulationen der Teufclsklaue, die eigentlich ein Handschuh von Leder mit Sägespäncn gefüllt ist, als auf den Brettern, so die Welt bedeuten. „Die offizielle Frau", deren Titel „pikanter" und schlimmer klingt, als sich das „Kunstwerk" nachher erweist, ist genau betrachtet zugleich ein Prachtstück der sensationellen „Mache" und eine Parodie dieser Mache, bei der es in jeder Szene den Bearbeiter anwandelt, die ganze ungeheure Spannung ins Possenhafte zu ziehen, die Darsteller aber der Ver suchung ausgesetzt sind, entsprechend dem beträchtlichen Verbrauch von Portwein, Sekt und — Morphium im Schauspiel, dem Ensemble einen Stich ins Betrunkene zu geben. Es wäre grausam, dem Effekt durch Erzählung der an der russisch-deutschen Grenzstation Eydtkuhnen und in St. Petersburg spielenden Handlung die Spitze abzu- brcchen, ist es doch schon schlimm genug, daß sich männig- lich für fünfzig Pfennige, aus Engclhorns Bibliothek, die novellistische Vorlage der dramatischen Bearbeitung ver schaffen und damit die atemlose Neugier herabmindern kann, die zur Voraussetzung der Wirkung dieses Schau spiels gehört. Wir wollen also nur verraten, daß es an nichts fehlt, was packen und das Gruseln lehren kann Im ersten Akt fährt ein ganzer Schnellzug in der Eisen bahnstation ein, im vierten sehen wir einen glänzenden Ball, auf welchem Kaiser! Hoheit der Großfürst Gregor Gregorowitsch höchstselbst erscheinen und wenig ahnen, daß sie die Rettung ihres Lebens einem Morphiumpulver ver danken, das der amerikanische Oberst Lenor seiner „offi ziellen Frau", der im übrigen unbekannten geheimnisvollen Nihilistin und Heldin des Stücks, in den Champagner geschüttet hat. Es wimmelt von Fürstinnen, Gräfinnen, hohen Offizieren, Polizeiministern, Geheimpolizisten, männ lichen und weiblichen Spionen; eS ist kein Mangel an Kellnern, Hoteldienern, Gepäckträgern, an Koffern, Schach teln, Tasten, Flaschen und allen Utensilien, durch die am Ende de« neunzehnten Jahrhunderts das Milieu Tagesgeschichtc. Deutsches Reich. ' Berlin Sc Majestät der Kaiser nahmen gestern im Neuen Palais den Vortrag des Obersten von Villaume, Stellvertreters des Chefs des Milüärkabinctts, entgegen. Um 10 Uhr begaben Se Majestät Sich mit Ihrer Ma jestät der Kaiserin von der Wildpaikstation mit dem fahrplanmäßigen Zuge nach Berlin und hörten während der Fahrt die Vorträge des Ministers des Innern Frei herrn von der Recke und des Ministers für Handel und Gewerbe Brefeld Ihre Majestäten besuchten alsdann in Berlin die Ateliers der Professoren Geselschap und Anton von Werner. Um 12 Uhr empfingen Se. Majestät der Kaiser im Schlosse die Präsidien des Herrenhauses und des Abgeordnetenhauses, welchen hierauf auch die Ehre des Empfanges durch Ihre Majestät die Kaiserin zu teil wurde. Um 1'/« Uhr fand zu Ehren Sr. König! Hoheit des Prinzen Bhanurangsi von Siam im Schlosse Mittagstafel statt — Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht eine Bekannt machung des Reichskanzlers betreffend die Ausführungs bestimmungen zur Gewerbeordnung. Diese behandeln einmal den Geschäftsbetrieb oder Handlungsreisenden, sodann den Gewerbebetrieb der Ausländer im Umherziehen und drittens die Wandergewerbescheine. — Die freikonservative Partei hielt gestern vormittag eine Fraktionssitzung ab, in der der Entwurf des Etats be sprochen und der Abg. v Kardorsf mit der Vertretung der Partei im Plenum bei der ersten Lesung beauftragt wurde. Ein gehend wurde über die Marineforderungen gesprochen Im Prinzip mit allen von der Regierung gestellten For derungen einverstanden, wird sich die sreikonservative Partei aus den Standpunkt stellen, daß einzelne Raten zurück zustellen sind, dagegen alle Raten, die zur Fortführung oder Vollendung schon auf Stapel liegender oder zu Wasser gelaßener Fahrzeuge verlangt werden, in voller Höhe zu bewilligen sind. — Wenn es noch einer weiteren Begründung der im Reichshaushaltsctat für 1897 98 vorgenommenen beträcht licheren Erhöhung des Reichszuschusses zur Jn- validitüts- und Altersversicherung bedurft hätte, als der in der Etatserläuterung gegebenen zahlenmäßigen Darstellung der Zunahme der Renten, so würde sie durch die Erklärung des Staatssekretärs des Rcichsschatzamtes Grafen v. PosadowSky gegeben sein, wonach auch im laufenden Jahre infolge der nicht vorhergesehenen Höhe der Zuschüsse zu de» Jnvaliditäts- und Altersrenten die Ausgaben des Neichsamtes des Innern um etwa t Mill Di. den Etat überschreiten werden. Schon im Jahre 1895 96 hatte der Reichszuschuß nach dem Final abschluß der Reichshauptkasse ein Mehr gegen den Etat anschlag von nahezu derselben Höhe erfordert, daS für das Reichsamt des Innern im ganzen nur durch nicht unerhebliche Ersparnisse auf weniger als 1 Mill herab gemindert werden konnte Im Jahre 1891/95 hatte der ausgeworfene Zuschuß zur Deckung der thatsächlich er hobenen berechtigten Ansprüche ausgcreicht, im Jahre 1893/94 war er sogar um 1,3 Mill, höher bemessen, als wirklich nötig war Wenn man nach den Gründen des seit 1895/96 erfolgten Umschlages auf diesem Ge biete forscht, so sind dieselben in dem um die Mitte des Jahres 1895 erfolgten Wegfall der Wartezeit für In validenrenten und der gleichzeitig eingetretenen Rückzahlung von Beiträgen an weibliche Versicherte, die eine Ehe ein gehen, sowie Hinterbliebene von Verstorbenen leicht zu finden. — In der „Köln Ztg." ist zu lesen: In diesem Jahre ist die Zahl der Mitglieder des Reichsgerichts, die aus Gesundheitsrücksichten den Übertritt in den Ruhestand nachgesucht haben, ganz besonders groß Wenn es sich bewahrheitet, daß auch die beiden Reichs- gerichtSräte v Streich und Wittmaack zum 1 Februar nächsten Jahres austreten werden, so betrügt die Zahl der ausgcschiedenen und in nächster Zeit ausscheidendcn Mit glieder binnen Jahresfrist elf, nämlich: Senatspräsident i)r Wiener und die Räte Or. Boisselier, v Streich, !>r. Dreyer, Wittmaack, 1>r. v. Buri, Kienitz, Id Mittel städt, Meischeider, Meves und Löbell. Von den vierzehn ältesten Mitgliedern des Reichsgerichts werden in diesem Jahre somit nicht weniger denn neun in den weltmännischen Reiselebens ausgedrttckt wird Die Cha' rakteristik der Gestalten spielt natürlich eine ganz nebensächliche Rolle, gut, daß die Uniformen und Gesellschaftstoilcttcn hier, die Livreen dort, uns mindestens ins Klare setzen, was die Gestalten vorstellen sollen; meist sprechen sie, namentlich bei zärtlichen Anwandlungen und ins Fach der Galanterie schlagenden Redensarten, ein Deutsch, das dem erhabenen Ton der Hintertreppenromane überraschend angenähert ist Gewiß, die Darsteller thun ihr Bestes, die dürftigen Um riße theatralisch herkömmlich zu kolorieren, aber ohne die Mitwirkung des Theaterschneiders würden sie Not haben, die nötige bunte Abwechslung hervorzubringen. Zu den berechtigten Eigentümlichkeiten solcher Sensationsschauspielc gehört es außerdem, daß wir für die Oasen der „ge waltigen", „packenden" Szenen durch die sandigen Steppen langweiligster Gespräche und nichtssagender Schilderungen bestens empfänglich gemacht werden. In Summa ein Effektstück, das gesehen werden muß und das dabei den Vorteil hat, so wenig im Sinn und Gedächtnis zu haften, daß Situationen, Spannungen, Dekorations- und Garderobestücke für ein nächstes Werk gleichen Stils ohne sonderliche Bedenken wieder verwendet werden können Die Regie des Residenztheaters rechnet nach allen Anstrengungen, die sie gemacht hat, auf eine Folge von Vorstellungen, und da das Publikum des ersten Abends neben den Hauptdarstellern den Hrn Verfasser, den Regisseur und die Direktrice des Residenztheaters herausrief und somit ein seines Verständnis dafür bewies, wo Barthel Most holt, so wird es ja an der Folge nicht fehlen „Die offizielle Frau", wie schon angedeutet, „spottet ihrer selbst und weiß nicht wie", spottet aber außerdem des großen Erfolgs, den Wildenbruch» „König Heinrich" an der gleichen Bühne soeben hinter sich hat. Zu Ehren de« neuen Schauspiels sind wiederum zwei hervorragende Gäste als Vertreter des Schein- ehepaare» in diesem Stück herangezogen worden Frau Johanna BuSca, die „eine Dame", die geheimnis-
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