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Lrscheinl: «glich früh 7 Uhr. Inserate .werden angenommen: HirSbrndsS.Son«. lag» bi» Mittag» 12 Uhr: Wtarienstraße 18. Gnzeig. in dies. Blatte Hoden eine erfolgreich« Verbreitung. Auflage: 18,000 Srempla» Montag. 17. September 1888 Abonnement: vierteljährlich 20 Ngr. brinnentgeldlicherLie« fernng in'« Hau». Durch die Aönigl. Post vierteljährlich 22 Ngr. Einzelne Nummer» l Ngr. Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Drobisch. Inseratenpreise:' Für den Raum eiuer gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter„Einge- sankt" die Zeile 2 Ngr. »r»ck »»d LigoeHmn der Herausgeber: Ltrpsch Netchardt. - Verantwortlicher Redactenr: Julius Netchardt. Dresden, dm 17. September. — In höheren Kreism hiesiger Stadt geht das Gerücht, 4er bisherige K. sächsische Gesandte am Berliner Hofe, Graf Hohenthal, iverde aus der diplomatischen Carriers zurücktreten und im Jnlande mit einem hohen Amte bekleidet werden. — — Wir vemehmen, daß der Landesälteste des königl. sächsischen Markgrafenthums Oberlausitz, v. Thielau, sich zu Sr. Mas dem König nach Wien begebm habe. — — Aus Wien ivird der „D. A. Ztg" geschrieben: Auf Eins können Sie sich verlassen, und das ist, daß, wenn die sächsischen Offiziere wieder in die Heimath kommen, sie zwar vielleicht nicht sofort mit ganzem Herzen preußisch, aber ganz gewiß mit der gründlichsten Abneigung gegm Oesterreich erfüllt sein werden. Ihr Verhältniß zu den österreichischen Offizieren ist nicht blos ein kalt fremdes, es ist ein abstoßend unfreundliches. Der öster reichische Offizier sieht sie über die Achsel an, niemals grüßt er .zuerst, er wartet, bis er gegrüßt wird, um dann vornehm nach lässig den Gruß zu erwidern. Gehm Sie an öffentliche Orte — hier ist ein Tisch mit Sachsen, dort ein anderer mit Oester- «eichern besetzt; höchst selten, daß man sie irgend mit einander verkehren sieht. Und das bietet man hier denselbm Truppen, die nicht blos Gäste auf dem österreichischen Bodm sind, son dern die an der Sette Oesterreichs mit einer Bravour ohne Gleichen gekämpft haben. — Kaum ist der Donner der Schlachten verhallt und schon zeigt sich auf allen Gebieten des wirthschaftlichen und ge werblichen Lebens wieder neue Regsamkeit, den unaufhaltsamen Fortschritt der Neuzeit bekundend. Neue Projekte kommen her vor, uns von Neuem die Segnungen des Friedens verheißend, da» Kapital zu neuer Thätigkeit anspornend. Als bejondrrs hervorragend in dieser Hinsicht ist die beabsichtigte Gründung «iner Commanditgesellschaft auf Aktien, „Telegraph" in Berlin, wozu in unserem heutigen Jnseratentheil Seitens des Herrn Bankier Ado'ph Hirsch hier zur Zeichnung eingeladen ivird. — Zum Besten des Fonds des Central-Militär-Hilfs- Vereins hat Herr Heinrich Michaelis, Maler, in seiner Behau sung, Ammonstraße 46 in der zweiten Etage, 20 reizende Oel- gemälde von seiner Künstlerhand ausgestellt, die gegm Ende dieses Monats mit obrigkeitlicher Bewilligung verloost werden sollen. Es sind Naturansichten der französischen Schweiz und deS sächsischen Vaterlandes. Es werden 400 Loose a 1 Thlr. auSgegeben und stehen die Bilder in der Wohnung täglich von Ä bis 4 Uhr zur Ansicht Einzelne der Bilder haben einm Werth von mehr als 70 Thalern und sind in kostbare Gold- lahmen gefaßt. Der Verkauf der Loose hat bereits begonnen, und steht zu hoffen, daß diesem guten Zweck reichlich Rechnung getragen werde. — Auf bis jetzt unbekannt gcbliebme Weise ist am 13. d. M. Abends in der 8. Stunde in Möschwitz in einem, drei Besitzern gehörigen Gute Feuer entstanden und sind in Folge dessen zwei Scheunen, das Wohnhaus und zwei Seitengebäude in kurzer Zeit niedergebrannt. Vom Mobiliar konnte nur wenig gerettet werden, auch wurde die ganze eingebrachte Ernte ver nichtet. Zwei Schweine, zwei Hunde und sechs Stück Gänse konnten den Flammm ebenfalls nicht entrissen werden. — Am 13. d. M. wurde in Neuebersbach auf dem Heu boden des Gemeindevorstandes dessen Dienstknecht W. aus Nieder- sriedersdorf erhängt aufgefunden. Derselbe soll schon seit mehreren Tagm ti fsinnig umhergegangen sein. Einige Tage vorher hatte sich der Weber H. daselbst ebenfalls und zwar in seiner Woh nung erhängt, nachdem derselbe schon vier Wochen vorher sich aufgehängt gehabt, aber wieder abgeschnitten und zum Leben zurückgerusen worden war. Der Unglückliche litt an Geistes störung und lebte in dem Wahne, sein Sohn sei auf dem Schlachtfelds in Böhmm gebliebm und alle von demselben er haltenen Briefe seien unächt. — Das Reitm auf dm Promenaden nimmt seit einiger Zeit bedeutend überhand, und sehr oft werden ruhige Fuß- und Spaziergänger, Gebrechliche, Neconvalescenten und Kinder durch plötzlich gefahrdrohenden Huftritt erschreckt. Es dürfte dieses Gebühren wohl zum größten Theil auf Nichtkenntniß deS Verbotes, in öffentlichen Promenaden zu reiten, beruhen, und ist eine Abstellung dieses UebelstandeS dringend geboten. — Ein Fuhrwerk, Einspänner, kam am Sonnabend Abend die Königsbrücker Straße entlang und fuhr im wilden Zickzack nahe bei Kammerdimers in eine Heerde Schafe, wobei mehrere derselben zerfahren wurdm. Der Kutscher hieb auf sein Pferd los, um wegen seines angerichteten Malheurs der Strafe zu «ntgehen, riß eine Glaslaterne beim Bautzner Platze um, bis «S schließlich dem Publikum gelang, das wilde Fuhrwerk auf- zuhalten und dm Führer der Polizei zu übergeben. — Daß es auch sächsische Engländer giebt, davon lieferte «in Dresdener in einer der vorvergangmcn Nächte den „ein dringlichsten" Beweis. In einer der Straßen Neustadts war t «ine möblirte Wohnung «^gekündigt, die zu „ftder Zeit" besich- ' tigt werden konnte. Man bedenke — zu jeder ZeitI Nachts 12 Uhr liegt die Vermietherin im Bett und träumt wahrschein lich von vergangenen Zeiten, von der Zukunft ihrer möblirten Stube rc. Da klingelts von der Straße aus. Das war ihre Klingel! Sie horcht — es klingelt wieder und so zwei, drei oder vier Mal hintereinander, kategorisch. Die Frau springt auf, puppt sich ein, öffnet das Fenster und guckt hinaus in die dunkle Nacht, in welcher sie an der HauSthür einen noch dunk leren Gegenstand, der männlichen Geschlechts war, bemerkte. „Was wünschen Sie'?" fragt die Nachtbehaubte. „Entschuldigen Sie", telegraphirt eine Baßstimme zum dreistöckigen Fenster hinan, „hier unten steht, daß Sie ein möblirtes Zimmer zu vermiethm haben und man es zu jeder Zeit besichtigen könne. Bitte, schließen Sie die Hausthür auf - ich will es besichtigen!" Es läßt sich denkm, daß die Gefoppte alsbald mit einigen kräf tigen Abschiedsworten das Fenster zuschlug und sich eben so schnell wieder in die Tiefe des Bettes und des Schlafes versenkte. — Der Berliner „Publ." berichtet: Bei dem bevorstehen den Frieden, den unsere Regierung mit der sächsischen abschließen wird, hört man, daß betreffs der sächsisch-polnischen Vier- und Achtgroschenstücke Preußm darauf dringt, daß Sachsen sich ver pflichte, dieselbm binnen einer bestimmten Frist einzulösen; diese Münzen haben nicht dm Werth, für den sie gelten sollen und sind am meisten in Preußen verbreitet. — In der Stadt werden an dm Promenaden seit einigen Tagm an verschiedenen Punkten, z. B. bei der polytechnischen Schule, die alten, allerdings sehr hilfsbedürftigen Retiraden niedergerissen und durch neue, metallne ersetzt, die an Eleganz ihres Gleichen suchen. Sie sind geräumig, luftig, gewöhnlich mit vier Zellen versehen, das Ganze ist von Eisen und jede Retirade soll zu Abwendung des üblen Geruchs mit Abspül system durch laufendes Nöhrwasser versehen werden. Es ist dies eine sehr dankensiverthe Abänderung alter Uebelstände. — Bald wird sich in Dresden eine neue Straße öffnen, die von der Pillnitzer- nach der CircuSstraße führen wird, deren Namen allerdings noch nicht bestimmt. Kommendes Quartal wird mit dem Abbruch des Hauses Nr. 46 der Pillnitzerstraße, in welchem sich die Herzogsche Gastwirthschast befindet, begonnen. Die Stelle dieses Hauses wird die Mündung der neuen Straße sein. — Jetzt sieht man fast täglich des Abends lange Reihm festlich gekleideter Schulkinder, mitunter etwas marode zwar, aber froh und lustig durch die Thore in die Stadt z'ehen oder an irgend einer Straßenecke von ihrem Lehrer oder ihrer Leh rerin in der herzlichsten Weise Abschied nehmen, ihmn für die bereiteten Freuden des Tages innigst dankend. Sie kehren heim von irgmd einem länd ichen Orte oder von einem schönen Aus sichtspunkte, wo sie sich unter Aufsicht und Anleitung des Leh rers oder der Lehrerin init verschiedenen Spielen belustigt und nebenbei auch in materieller Hinsicht sich gütlich gethan: denn es ist jetzt die Zeit der Schulfeste, die in der Regel im Monat September, zu Sommers Ende, veranstaltet werden. Man könnte sonach diese Schulfeste die Vorboten des nahenden Herbstes nennen. In kurzer Zeit wird der Herbst seinm Ein zug halten in bester Form. Schon jetzt können wir singen: „Bunt sind schon die Wälder, gelb die Stoppelfelder". Wohl uns, wenn sich der Herbst friedlicher gestaltet, als es der Sommer gethan! — — Die Truppendurchzüge durch Dresden per Eisenbahn haben zur Nachtzeit ihren ruhigen Fortgang. In der Nacht vom 14. zum 15. September brachte der erste Zug den Stab der 14. Jnfanteriebrigade und ein Bataillon des 27. Infanterie regiments, der zweite eine Escadron des 10. Hvsarenregimcnts, eben so der dritte, fünfte und sechste, der vierte dagegen den S'ab und rin Bataillon des 27. Jnfanterirregiments, der siebente wieder ein Bataillon desselben Regiments und der Morgenzug um halb 9 Uhr eine Dreiviertelproviantcolonne und eine Schanz- zeugcolonne. In der Nacht vom 15. zum 16. September er schien um 10 Uhr Abends zuerst ein Zug mit einem Viertel- pionnierbataillon und einem Feldbrückentratn. Der zweite, vierte und sechste Zug führte je ein Bataillon des 66. Infanterie regiments und darunter dm Stab mit sich, und im dritten, fünften, siebenten uud letzten Zuge war je eine Batterie Fuß abtheilung, darunter der Stab dislocirt. Die letzterwähnte Nacht war lebendiger, als die vorhergehende, da mehr Mannschaften erschienen, welche fast alle Plätze der Speisesäle einnahmen. Von Civilpersonen war fast gar Niemand innerhalb des Bahnhofes, da der Regen stromwcise vom Himmel hcrniederfloß. Interessant war ein kleines Intermezzo beim ersten Zuge; da mußtm sich nämlich unter dem Pionnierbataillon wahrscheinlich sehr Viele befinden, die dm Namen „Schneider" führten; denn als zufällig einer der Bahnbeamten einen Arbeiter rief, der auch Schneider hieß, da antworteten an den Speisetafeln mindestens zwanzig Stimmen mit einem stürmischen „Hier!" in allen Tonarten. Zu erwähnen sei noch, daß am Sonnabend früh um 10 und Mittags um 1 Uhr je ein Exlrazug vom Schlesischen Bahnhofe auf dem Centralgüterbahnhofe mit Truppen unvermuthet ankarnj die von und nach Leipzig Famen und gingm. Auch diese Mann schaften wurden in gewohnter Weise abgespeist. — Die mit dem hiesigen „Conservatorium für Musik" verbundene Theaterschule beginnt den 8. October d. I. einen neuen Lehrcursus. (S. Inserate.) * Man erinnert sich vielleicht, daß vor etwa 7 Monaten die Zeitungen erzähltm, der Cassirer der französischen Bank in Poitiers, Sureau Lamirande, sei mit einem Deficit von 786,000 Francs verschwunden. Vor wmig Tagm ist derselbe durch Herrn Merlin, einm Polizeibeamtm von besonderer Begabung, und durch einm Sicherheitsbeamten Canadas nach Paris zu rückgebracht worden. Die Gesangmnehmung dieses Schurke« bietet des Interessanten gmug, um bekannt zu werden. Herr Marsault, Generalsecretair der Bank, setzte sich nach Bekannt werden deS Entweichens Lamirande's sofort mit der Polizei» direction in Einvernehmen und bat diese, ihm schon genannten Herrn Merlin zur Verfolgung zu überlassen. Herr Merlin, der sich bei anderen schwierigen Fällen schon ausgezeichnet hatte, begann sofort seine Thätigkeit. Er besaß nur das Signalement Lamirande's und wußte, daß dieser seit zwei Tagen aus Poi tiers verschwunden war. Ein Verhör mit Pariser Kutschern er gab, daß ein dem Signalement ähnlicher Mann vom Orleans» bahnhofe nach dem Nordbahnhofe gefahrm war. Also mußte Lamirande's Absicht gewesm sein, nach London zu entkommen. Merlin reist sofort nach London ab und findet hier bald sichere Spuren. Lamirande hat bei einem Hutmacher der Cito drei Hüte gekauft und sich bereits auf einem Dampfschiffe nach Newyork eingeschifft. Der schnell entschlossene Beamte, bezüglich der Geldmittel nicht beschränkt, läßt sofort einm anderen Dam pfer heizm, um womöglich vor dem Postdampfer in Amertta anzulangen. Dies gelingt; aber Merlin kann dm Dieb nicht arretiren lassen, sein VerhastSbefehl gmügt in Amerika nicht. Der Excassirer giebt vor, LaSnier zu heißm und dm Vereinig ten Staaten anzugehören. Herr Merlin, der in dem Hute La mirande's die Firma des Londoner Hutmachers bemerkt hat, wendet sich plötzlich mit folgender Frage an Lamirande: „Sie kommen von London, mein Herr, und haben dort Ihren Hut gekauft?" Diese Worte bringen Lamirande gänzlich außer Fassung. Mit Hilfe des französischen Consuls erlangt Merlin wenigstens die Einkerkerung Lamirande's. Die Auslieferung ei nes Gefangenen stößt in Amerika, wie man weiß, auf viele Schwierigkeiten. Co auch hier; die Untersuchung zieht sich in die Länge und, Dank irgend einem Advocatm oder Polizisten Newyorks, Sureau Lamirande entkommt aus dem Gefängniß. Herr Merlin verliert dm Muth auch jetzt noch nicht. Schnell sucht er neue Spuren und entdeckt bald, daß Lamirande nach Canada entflohen ist; er folgt ihm dahin und nach vielen Irr fahrten findet er ihn in einer Prairie. Es glückt ihm sogar, vom Gouverneur die Erlaubniß zu erlangm, Lamirande nach der altm Welt zu entführen. Als Lamirande in der Prairie verhaftet wurde, fand man nur 32 Sous s 12^/4 Ngr.) und ein Pistol bei ihm. „Warum wagen Sie diese Waffe?" fragt Merlin. „Wegen der Diebe", erwidert Lamirande mit der größ ten Seelenruhe. „Warum haben Sie sich derselben nicht gegm sich selbst bedient?" „Daran habe ich nicht gedacht" Doch kommen wir zu dm 32 Sous zurück. Nach seinen eigenen Ge ständnissen hatte Lamirande Poitiers mit 480.000 Francs in Banknoten verlassen. Die übrige Summe hatte er durch Spiel und Vergnügungen vergeudet. Jenes Banknotenpaquet war natürlich seine stete Sorge. Bei jedem Schritte, in jeder Per son glaubte er einen Polizeibeamten zu sehen. Auch fürchtete er, die Douaniers würden diese enorme Summe verdächtig fin den. Er wickelte daher 210,000 Francs in mehrere Taschen» tücher und vertheilte die übrigm 270,000 Francs in die Ta schen seiner Kleider. DaS kleine Paquet hatte er bei seiner An kunft in London neben sich auf dem Polster des Eisenbahn wagens liegen. Er stieg schnell aus und vergaß das Paquet. Als er drei Minuten später zurückkam, um es zu suchen, war eS verschwunden Er wagte nicht, der Polizei Anzeige zu ma chen, und reiste mit nur noch 270.000 Francs nach Amertta ab. Hier wußten ihm seine Vertheidiger in kurzer Zeit 56,000 Francs abzunehmen. Ein Dolmetscher, der ihm das Geständniß seiner Schuld abgezwungm hatte, verstand sich nur für 20,000 Francs zum Schweigen. Von dem ganzen Gelde konnte Herr Merlin nur 120,000 Francs wiedererlangen. Der Rest war durch die erneute Flucht Lamirande's und seine persönliche« Bedürfnisse aufgezehrt worden. Wollen Sie auch wissen, wa» die französische Bank für diese siebenmonatliche Irrfahrt zu zahlm gehabt hat? — 12,500 Francs. * Görlitz, 9. September. (Br. Z.) Mit der Eisenbahn wurde heute das 9. Regiment von hier nach Pommern beför dert. Dasselbe führte einen Gefangenen bei sich, und zwar einen der Hunde, welche in Oesterreich von den Musikbanden zum Ziehen der Pauken verwendet werden. Der zottige bär»