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MdmfferTageblatt Fernsprecher Wilsdruff Nr. 6 Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend Postscheckkonto Dresden 2640 »schein« täglich m» «»«nähme der «mm- und Festing, nachmittag« 5 Uhr fite de» fol«e»dn> Tag. Lqu^vre!« bat Seibstabhaiun« monatlich Mt, durch unsere Au«träger zugetragen In der Stadt monetitch Mk., aus dem Land, MI., durch die Post bezogen viert,lsährtich MI. mit Z»steNung«gebühr. «Ne postanstatten und pestbeten sowie unsere «„«träger und aieschäst«str«r nehmen jedirzeit Bestellungen entgegen. Im Aall« höherer Sewait, Kriog »der sonstiger Betrieb«--,»»,«« ha« der Bepeher lein» «nspruch auf Lieferon, der Aettun, »der XIiMN« d^ Bepig«xreise«. Erscheint seit Dieses Blatt enthLtt die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, der Amtsgerichts zu Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen. xx» ^x»er: »sch«»»« ix WU«»rxff. «ermitw-rtlicher Schristlefter: Hermaxx Lässig, für dex Inseratenteil: «rthxr Zschxx»e, deide ix WilsdrxH. Nr. 22 81. Jahrgang Donnerstag den 26. Januar 1922. Amtlicher Teil. Durch den Eisenbahnerstreik ist im Elektrizitätswerk Deuben Kohlenmangel entstanden. Um nicht gänzliche Einstellung der Stromlieferung eintreten zu lasten, ist man gezwungen, die Abgabe des Stromer miss Werste eiaMrMea. Die Einwohnerschaft wolle deshalb größte Sparsamkeit mit dem Stromverbrauch walten lasten. Die Schaufensterbeleuchtung hat wegen deS Kohlenmangels bis auf weiteres zu unterbleiben. Wilsdruff, am 25. Januar 1922. um Der Stadtrat. Kleine Zeitung für eilige Leser. * Die Versammlung der Kardinale zur Papstwahl wurde auf den 2. Februar angesetzt. * Die Eingaben zwecks Aufhebung der DemobilmachungS- Verordnung wurden vom Reichstagsausschub sür Volkswirt schaft durch Übergang zur Tagesordnung abgewiesen. * Der Dollar notierte an der Berliner DienStagbörse 209,79 Mark. * Der berühmte Musiker Artur Nikisch ist im S7. Lebens jahre an der Grippe und Lungenentzündung gestorben. * König Konstantin von Griechenland hegt die Absicht, wegen politischer Schwierigkeiten zugunsten seines Sohnes auf den Thron zu verzichten. * Die Amerikaner fordern als Vorbedingung für gemein same Wiederaufbauarbeiten die Neuregelung der deutschen Neparationen im Rahmen der deutschen Zahlungsfähigkeit und Verminderung der bewaffneten Streitkräfte. - Die englische Regierung ist angeblich bereit, das englisch- französische Bündnisabkommen auf 30 Jahre anzunebmen. Kritische Stunden. über die so schwierigen Verhandlungen zwischen tsen Parteien in der Frage des Steuertompromistes wird unS von einem politischen Mitarbeiter ans Berlin geschrieben: Wieder einmal spielt sich, wie schon so ost vor und nach der Novemberrevolution, die eigentliche Regierungsarbeit unserer Tage hinter den Kulissen der öffentlichen Schau bühne ab. Ort der Handlung sind Reichstag und Reichs kanzlei, zwischen denen über das Steuerkompromiß ohne Unterlaß Fäden hin- und hergesponnen werden; Träger der Handlung der Kanzler, der Finanzminister, ihr immer noch freiwilliger Helfer in der Not Walter Rathenau auf der einen, die Führer der Koalitionsparteien, Dr. Spahn und Hermann Müller, auf der anderen Seite. Im eisten Glied dahinter, als Reservetruppen auftnarschiert, die Her ren Hilferding und Breitscheid von den Unabhängigen, Dr. Stresemann und Dr. Becker-Hessen von der Deutschen Volkspartei. Auch die Demokraten nicht zu vergessen und, als das Häuflein der Bayerischen Volkspartei mit Dr.Heim an der Spitze, die, wenn es hart aus hart geht, mit ihren 23 oder 25 Stimmen schließlich auch nicht zu verachten sind. Nur die Deutschnationale Volkspartei bleibt abseits; so lange wenigstens, wie die Mehrheitssozialdemokraten nicht jede Hoffnung aus Verständigung — in ihrem Sinne — ausgeben. Noch weiß man nicht, was werden mag, ob gleich die gegebene Frist sür die Entscheidung nahezu ab gelaufen ist. Jede Partei möchte ihre Zustimmung zu dem Kompromiß, das natürlich unausbleiblich ist, so teuer wie möglich verkaufen. Ein Anblick, den man begreiflicherweise den Blicken der Wählermasten am liebsten völlig entziehen möchte. Wer nachher di« Suppe auslöffeln muß, steht dahin. Der Streit der Meinungen ginge hauptsächlich um die Parole „Erfassung der Gold-" oder vielmehr „Sachwerte". Diese Beschlagnahme sollte den Steuer- und Reparations nöten des Reiches abhelfen. Der Reichskanzler aber fand Veranlassung, von dieser Parole abzurücken; in der Folge war nunmehr die Ned« von der „Erfassung der Sachwerte". Diese gleichfalls stark beanstandete Forderung machten sich, nach dein Vorgang der sozialistischen Parteien, auch die Gewerkschaften mit den ihnen in kritischen Lagen zumeist Gefolgschaft leistenden sonstigen Bünden zu eigen, setzten eine eigene Kommission nieder und beeinflussen nun mit Hilfe dieses Ausschusses die Regierungsparteien, die jetzt, wo die Zeit drängt, zu irgend einem Schlußergebnis ge langen müssen. Jedoch hat sich die „Erfassung der Sach- werte wieder verwandelt. Jetzt heißt die Parole „Zwangs- anlnbc oder auch „Goldanleihe". Diese innere Anleihe soll das Opfer des Besitzes verkörpern. Der letzte Kamps der Parteien, die das Steuerkompromiß unter allen Um ständen zustaudebringen wollen, scheint sich darum zu drehen, ob und wie die ZwangSanleihe, die im Prinzip schon so gut wie genehmigt ist, so gestaltet werden kann, daß sie als „weithin sichtbares Opfer des Besitzes" auch den Massen gegenüber ausgegeben werden kann. Es scheint sich darum zu handeln, daß die Sorge für Verzinsung und Tilgung der Anleihe dem Reich erspart und, sei es sofort, sei es nach Ablauf einer zinslosen Frist, den Verbänden von Sachwertbesitzern überlasten werden soll. Pläne, die sich aus dem Papier mehr oder weniger reizvoll ausnehmen mögen, deren Durchführung aber unter allen Umständen sorgfältige Vorbereitungen und infolgedessen mehr Zeit voraussetzt, als dem Reich bei seinen unmittelbaren, drän- gendem ungeheuren Zahlungsverpflichtungen zur Verfü gung steht. Und so mag es kommen, daß man, so sehr die Notwendigkeit deS Fortbestandes der gegenwärtigen Negierung aus inner- wie außenpolitischen Gründen an erkannt wird, um einen wirklich gangbaren Weg zur Ver ständigung immer noch in tödlicher Verlegenheit ist. Man kann sich nicht einigen. DaS Zentrum warnt die Sozial demokraten vor übermäßigen Belastungsproben ihres Rs- gierungsbündnistes und läßt, um dieser Warnung einigen Nachdruck zu verleihen, seine Hilfstruppen von rechts lang- fam aufmarschieren; während die Sozialdemokraten ihre Verbindung mit den Unabhängigen zeigen und betonen, am den Druck auf die stärkste der bürgerlichen Parteien Nach Kräften zu erhöhen. Ob sich bei gutem Willen ans allen Seiten und klarer Erkenntnis der unerbittlichen Notwen digkeiten nicht «in graderer Weg finden ließe? Voraussetzungen -er Reparation. Nachdenkliches aus Paris. Nachdem die Bank von England kürzlich erklärte, daß Deutschland unter dem Druck des Ultimatums kein kredit fähiges Land sei, zerbricht man sich in Frankreich den Kopf, wie man das von uns verlangte Geld doch bekommen könne. Sechst der regierungsoffiziöse „Temps" schreibt über die deutsche Finanzlage, man müsse dahin kommen, daß die Mark nicht mehr sinke. Selbst wenn Frankreich die Barzahlungen völlig unter drückte, selbst wenn es die Sachlieserungen auf eine Milli- arde Mark jährlich reduzierte, hätte man das Nötige noch nicht getan. Um die Sachlieferungen zu bewerkstelligen, müsse Deutschland die deutschen Produzenten bezahlen. „Temps sieht die Lösung der Frage nur in der Mög - lichkeit einer auswärtigen Anleihe für Deutschland, sei es auch nur, um die Sachlieferungen zu finanzieren. Dazu aber seien internationale Kredit operationen nötig. Auf diesem Wege kommt „Temps" wieder zu seiner Forderung, Amerika möge helfend eingreifen. Er sei der Ansicht, daß diese Frage die Konferenz von Genua beherrschen werde, wie man sich auch dazu stellen möge. — Der Ruf nach Amerika ist nun freilich nichts neues, aber Amerika stellt seine Bedingungen. Darüber bat jetzt Hoover einen Bericht veröffentlicht, worin es heißt: Bevor ein endgültiger Fortschritt in der Richtung einer dauernden wirtschaftlichen Wiederherstellung Europas oder der Welt erhofft werden kann, müssen zwei Haupt- Probleme gelöst werden, 1. die Neuregelung der deutschen Reparationen auf einer Grundlage innerhalb der praktischen Zah lungsfähigkeit des deutschen Volkes und 2. die Verminderungder von gewissen Nationen auf dem europäischen Kontinent noch ausrecht erhaltenen bewaffneten Streitkräfte. Kan-i-aien für -en Giuhl Pein. Trauerkundgebungen. „Papabiles" nennt man diejenigen Kardinäle, welche Aussicht haben, bei der Papstwahl die für die Erhebung auf den Stuhl Petri notwendige Stimmenzahl auf sich zu ver einigen. Es kommt aber gar nicht selten vor, daß dis, die man als „Papabiles" bezeichnete, bei der eigentlichen Wahl durch irgend einen Kandidaten, an den bis dahin kein Mensch gedacht hatte, in den Hintergrund gedrängt und zuletzt ganz ausgeschaltet werden. So sei denn auch nur als „Stimmungsnachricht" verzeichnet, daß man diesmal fünf Kardinäle als besonders aussichtsreiche Thronan wärter nennt. Diese fünf „Papabilen" sind: Gasparri, Ratti, Ragonest, Laurenti und Lafontaine. Die besten Aussichten spricht man den Kardinälen Ratti und Gasparri zu. Der letztgenannte ist als Staatssekretär Benedikts XV. bekannt geworden, upd da man seiner geschickten Politik die Aussöhnung der Kurie mit Frankreich und die ange bahnte Verständigung mit dem Quirinal zuschreibt, mag es immerhin möglich sein, daß seine Kandidatur von ein flußreichen Kreisen gefördert wird. Seitdem die Vorbereitungen für das Konklave ge troffen werden, ist es um den toten Papst etwas stiller ge worden. Die Leiche wurde in der Sakramentskapelle der Peterskirche aufgebahrt. Man fah hier einen einfachen, würdigen Katafalk, in der päpstlichen Trauerfarbe rot ge halten, von vier Nobelgardisten flankiert, von hohen Ker zen beleuchtet und ohne jeglichen Blumenschmuck. Die Leiche des Papstes lag unter der goldenen Mitra in rotem Pontifikalgewande da, darüber war eine violett und gold gestreifte Doppelpelertne geworfen. Nach anfänglich ge fährlichem Gedränge vollzog sich der Zugang der Menge geregelt, unter starkem Aufgebot von italienischem Mili tär, das auf der Freitreppe und innerhalb der Peterskirche die Ordnung versah. Inzwischen haben weitere Trauerkundgebungen des offiziellen Italiens stattgefunden. Zum erstenmal seit 1870 wurde der Tod des Papstes durch zwei Prälaten der Apostolischen Kammer der Staatsbehörde offiziell im KHü- tol mitgeteilt. Der italienische Staatsanzeiger veröffent lichte an der Spitze des Blattes die Todesanzeige mit Trauerrand. Es sei noch berichtet, daß der Papst die Absicht gehabt haben soll, vor Beginn der Konferenz von Genua eine Epistel an den Erzbischof von Genua zu richten, um seine Grundsätze über die zu lösenden wichtigen europäischen Fragen darzulegen. In dem Schreiben wollte er auch seine Freude darüber aussprechen, daß feiner engeren Hei mat — er stammte ja aus der Nähe von Genua — die Ehre erwiesen sei, einenVölkerareopag zu beherbergen, dem die Aufgabe zuteil werde, die Welt aus ihren durch den Krieg aesckaffencn Nöten zu erlösen. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Krankenkassendarlehen für Kleinhausbau Neuerdings haben sich viele Krankenkassen verelt er klärt, mit ihren verfügbaren Mitteln bei der Beschaffung von Hypotheken und langfristigen Darlehen zugunsten der Neubautätigkeit kräftige Mithilfe zu leisten. Auf die Mög lichkeit dieser Kapitalbeschaffung für den Kleinwohnungs bau werden die Gemeinden, Gemeindev erb äude und die für den gemeinnützigen Wohnungsbau in Frage kommenden Organisationen jn einem Erlaß des preußischen Ministers für Volkswohlfahrt hingewiesen. Die Rücklagen der Krankenkassen sind infolge der Erhöhung der Grundlöhne zurzeit so angewachsen, daß 20 bis 25 Prozent für Kredit zwecke verwendet werden könnten. Der französische Druck auf das Rheinland. Für das deutsche Rheinland bedeutet der Tod des Papstes einen besonders ernsten Augenblick. Bekanntlich haben Franzosen und Belgier ständig versucht, gerade durch Vermittlung der Geistlichkeit ihre Loslösungspropa ganda zu betreiben, was ihnen aber dank der Festigkeit der hohen geistlichen Würdenträger am Rhein nicht in dem von ihnen gewünschten Maße gelungen ist. Nachdem nun Poincarö in Frankreich zur Regierung kam, glaubt man, daß Frankreich seine Anstrengungen am Rhein ver doppeln wird. Um so bedeutsamer ist auch für Deutsch land die bevorstehende Papstwahl, da ja von Rom aus auch ein bestimmter politischer Einfluß auf die deutschen Kirchenfürsten ausgeübt wird. Dasselbe gilt für das Saargebiet, welches nach französischem Wunsche aus dem Bistum Trier losgelöst und dem Bistum Metz angeglie dert werden soll. Geringe sozialistische Mehrheit in Braunschweig. Nach dem nichtamtlichen Gesamtergebnis sind die Landtagswahlen in Braunschweig folgendermaßen ausge fallen: Landeswahlverband 100 718 Stimmen, Demokraten 28 373, Mehrheitssozialdemokraten 52 406, Unabhängige 74 499 und Kommunisten 10 230. Man rechnet dem Lan deswahlverband 23 Sitze, die Demokraten 6, die Mehr heitssozialdemokraten 12, die Unabhängigen 17 und die Kommunisten 2 Sitze zu, so daß die gesamten sozialdemo kratischen Parteien zwei Sitze mehr als die bürgerlichen besetzen würden. Frankreich. X Poincarös Gegner fühlen sich durch die schroffe Art, in der der neue Ministerpräsident feine Gewaltpolitik ver tritt, veranlaßt, die Gedankengänge des neuen Mannes zu widerlegen. Dabei kommt manches Vernünftige zutage, so z. B., wenn jetzt in dem Blatt „Ere nouvelle" geschrieben wird, es sei äußerst schwierig, eine so ungeheure Forde rung, wie die Forderung an Deutschland, einzuziehen. Die Zuhilfenahme der Gewalt werde Frankreich in unlösliche Schwierigkeiten stürzen sowohl bei den Deutschen als bei den Alliierten. Man müsse vielmehr das deutsche Volk da von überzeugen, daß es ein Interesse an der Bezahlung hat. Dazu müssen alle Völker der Welt die Deutschen durch Wirtschafts- und Finanzabmachungen zur Produktton an reizen, anstatt Zollschranken vor ihnen aufzurichten und ihre Waren unter Prohibitivmaßnahmen zu stellen. — Es ist nur schade, daß solche Stimmen der Vernunft und der Mäßigung in Frankreich sehr wenig Einfluß besitzen