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Bis V-10 Uhr vormittags eingehende Anzeigen finden am gleichen Tage Aufnahme Das Pulsnitzer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshaup'mannschaft u. des Finanzamtes zu Kamenz des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie der Gemeinderüte Großnaundorf und Weißbach behördlicherseits bestimmte Blatt Hauptblatt und älteste Zeitung in den Ortschaften der Pulsnitzer AmtSgerichtSbeziUs: Pul-nitz. Pulsnitz M. S.. Großröhrsdorf, Breinig, Hauswalde, Ohorn, Lbcrslciua, Niederstem«, Weißbach, Ober- und Niederlichtenau, FriederSdorf, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, kckcindalluaunsdors Geschäftsstelle: PulSmtz, Albertstrabe Sir. 2 Druck und Verlag von L L. Först. r» Erb. n (Znh. I. W. Mohr)Schriftleiter: I. W. Mohr in Pulsliitz Nummer 11 Donnerstag, den 14. Januar 1932 84. Jahrgang Das neue Kabinett Laval gebildet Leith Noß berichtet Nächtliches Großfeuer im Zirkus Sarrasani — Keine Reichshilfe für fächsische Gemeinden Paris. Ministerpräsident Laval hat um Mitternacht sein neues Kabinett gebildet und es sofort dem Staatspräsidenten im Elysee vorgestellt. Das neue Kabinett weist nur wenige Veränderungen aus. Briand ist endgültig ausgeschieden und Ministerpräsident Laval hat seinen Platz am Quai d'Orfey übernommen. Das Innenministerium ist in die Hände des bisherigen Unterstaatssekretärs Cathala übergegangen, während Tardieu sich doch noch dazu entschlossen hat, das »Kriegs ministerium zu übernehmen. An seine Stelle im Landwirt schaftsministerium tritt der bisherige llnterstaatssekretär im gleichen Ministerium Fould. Die Unterstaatssekretariate für Inneres und Landwirtschaft find aufgehoben worden. Alle übrigen Ministerien und Llnterstaatssekretariate haben die gleiche Besetzung beibehalten. Beim Verlassen des Elysees erklärte Laval, daß er im Laufe des Abends Gelegenheit ge habt habe, noch einmal mit dem bisherigen Außenminister Briand Rücksprache zu nehmen, und daß er ihn gebeten habe, der Regierung auch weiterhin mit seiner Autorität und Er fahrung in einer Form zur Seite stehe, die er als die geeig netste erachte. Er werde im Laufe des Donnerstag seine Besprechungen fortsetzen. Leith Rsh berichtet Erklärungen amtlicher französischer Kreise bestätigen, baß französischerseiis in den Besprechungen mit dem eng lischen Finanzsachverständigen Leith Notz eine Lösung vor geschlagen worden ist, nach der Deutschland ein Zahlungs aufschub von zwei Jahren für die geschützten Zahlungen ge währt werden soll. Die ungeschützten Zahlungen sollten kommerzialisiert in Obligationen der Reichsbahn auf den Markt gebracht werden. Sie sollten erst vom Jahre 1934 ab in den Verkehr kommen. Es wird amtlicherseits be tont, datz diese vorgeschlagene Lösung nicht der endgültige Vorschlag der französischen Regierung sei. London. Am Mittwoch berichtete der englische Finanz sachverständige Leith Roh, der in Paris verhandelte, dem In den bürgerliche« Mittelparteien habe« Verhandlungen darüber stattgefunden, eine Art mittelpartei lichen Ausschuß für eine Aufstellung der Kandidatur Hindenburgs für die Wolkswahl des Reichspräsidente« zu bilden. Man ist jedoch davon abgekommen und versucht jetzt, einen sogenannten überparteilichen Ausschuß zu bilden, dessen Vorsitz der frühere Reichswehrminister Geßler innehaben soll. An Geßler, der in Bayern weilt, ist man deswegen noch nicht herangetreten. Für die Durch führung dieses Planes bestehen sehr große Schwierigkeiten. Bor allem steht noch nicht fest, ob Hindenburg überhaupt noch einmal kandidieren wird. — Die Kommunisten haben den Hamburger Transportarbeiter Thälmann als Präsidentschaftskandidaten aufgestellt. Zungdeutscher Orden beantragt Volksbegehren. Zur Verlängerung der Amtsdauer Hindenburgs. Der Iungdeutsche Orden hat den Plan des Reichskanzlers auf Amtsverlängerung des Reichspräsidenten, offenbar ohne Fühlungnahme mit anderen Parteien und Ver bänden, wieder ausgenommen, und zwar in der Form, daß er beim Reichsinnenminister ein Volksbegehren für Au verfassungsänderndes Gesetz auf Verlängerung der Amtszeit Hindenburgs um sieben Jahre eingereicht hat. Der Jung deutsche Orden hat gleichzeitig an die Führer aller Parteien und Verbände ein Schreiben gerichtet, in dem er sie ersucht hat, von einer Parteikandidatur bei der Wahl des Reichspräsidenten abzusehen. Das von dem Iuugdeutschen Orden beantragte Gesetz L ebenso, wie es das Gesetz im Reichstag gewesen wäre, verfaffu«gsS«derno, fo daß sich, wenn das Volksbegehren durchgehen sollte, beim Volksentscheid die Hälfte der Stimmberechtigten — das wären also 21 Millionen Stimmberechtigte — für das Hejetz einsetzen müßten. Die Aktion des Jungdeutschen Ministerpräsidenten, dem Außenminister, dem Schatzkanzler und dem Handelsminister, die England auf der Lausanner Kon ferenz vertreten werden. Am Nachmittag fand eine Boll sitzung des Kabinetts statt, in der Leith Roh nochmals aus führlich über seine Pariser Berhandlungen sprach. Angeblich ist auch jetzt noch kein endgültiger Beschluß über die von Eng land einzuschlagende Reparativnspolitik gefaßt worden. Die amtlichen Stellen halten daran fest, daß eine Mitteilung über die englische Politik in der Tributfrage erst in Lausanne er folgen werde. Gegenwärtig ist auch noch unentschieden, ob Leith Roß seine Verhandlungen in Paris fortsetzen wird. — Englische Kreise bestreiten, daß irgendein Abkommen in Paris erzielt worden sei. Bei den französischen Presseverösf-ent- lichungen handele es sich nur um Pläne, die noch nicht die Zustimmung der englischen Stellen gefunden hätten. In diplo matischen Kreisen sind Nachrichten eingegangen, nach denen der Abstand zwischen der französischen und englischen Auffassung noch recht groß sei, und zwar nicht nur in der Frage des Zahlungsaufschubs, sondern auch hinsichtlich der Pläne, die ungeschützten Tributzahlungen mit Reichsbahnobligationen be gleichen zu wollen. Deutscherseits wird daran festgehalten, daß, wenn es dem Reich anerkanntermaßen unmöglich ist, rund 500 Millionen Reichsmark jährlich ins Ausland auszuführen, dies in noch viel geringerem Maße der Reichsbahn möglich sein wird, die nur einen Teil des deutschen Wirtschaftslebens Larstellt. Amerika will keine Reichsbahnobligalionen Washington. Washingtoner Regierungsstellen finden den angeblich Leith Roh von französischen Stellen in Paris ge machten Vorschlag, Amerika einen Teil von Reichsbahn obligationen anzubieten, falls es auf die interalliierten Schul den verzichten sollte, lächerlich. Auch der französische Vor schlag, auf die geschützten Zahlungen im Falle der Kriegs schuldenstreichung durch Amerika zu verzichten, wird zurück gewiesen. Die Regierung der Vereinigten Staaten lehnt nach Wie vor entschieden jede unmittelbare Teilnahme an den Re parationsverhandlungen ab. Sie verneint den Zusammenhang der deutschen Tributzahlungen an die europäischen Länder mit den RachkriegsanleiHen der Alliierten für Wiederaufbau zwecke. Eine Streichung der Kriegsschulden komme für die amerikanische Regierung nicht in Frage. Ordens steht scheinbar nicht im Zusammenhang mit dem Ver such der Mittelparteien, eine Kandidatur Hindenburgs für eine normale Reichspräsidentenwahl aufzustellen. Dr. Frick über die AeichspräsidenteMch! General v. Epp Präsidentschaftskandidat der NSDAP.? Bemerkenswert ist, daß in einer nationalsozialistischen Versammlung, die in Kempten stattfand, der Vorsitzende der Reichstagsfraktion der NSDAP., Frick, eine Antwort auf die Frage, ob eine Wiederwahl Hindenburgs durch eine i Volkswahl Zustandekommen werde, gegeben hat. Er sagte, dis ! Antwort sei ein glattes Nein. Or. Frick führte aus: Auch bei ! einer etwaigen Volkswahl würden die Nationalsozialisten : jedenfalls keinen Finger rühren, um den Reichskanzler Brüning nicht noch weiter zu unterstützen. Wenn das Kabinett Brüning bis zur Reichspräsidentenwahl nicht ver- schwanden sei, würden die Nationalsozialisten aus ihren Reihen einen Mann auf st eilen, auf den sie sich unbedingt verlassen konnten. Wie man hört, ist in den nationalsozialistischen Kreisen geplant, den General v. Epp als Kandidaten bei der Reichspräsidcntenwahl aufzustellen. Die entscheidende Unterredung Sindendiirg-Irwin«. Die Aktion des Reichskanzlers Or. Brüning, die Amts- zeit des Reichspräsidenten auf parlamentarischem Wege zu verlängern, ist endgültig gescheitert. Reichspräsident vonHindenburg hat in einer Unterredung den Reichs- kanzler ersucht, von einer weiteren Verfolgung seines Planes abzusehen. Zeitlich etwas später als der Führer der Deutsch- nationalen hat Adolf Hitler, der Führer der National- sozialisten, dem Reichskanzler in einem Schreiben die ab lehnende Haltung der Nationalsozialisten kurz mitgeteilt. Hitler schrieb, die NSDAP, könne „aus verfassungsrecht lichen, außen- und innenpolitischen sowie moralischen Grün- Das Wichtigste Infolge der katastrophalen Wirtschaftslage ist die Friedrich- Alsred-Hütte in Rheinhausen gezwungen, Den Betrieb ab 16. Januar vorläufig stillzulegen. Bon der Stillegung wer den voraussichtlich etwa 4250 Arbeiter betroffen. In einer Bekanntmachung wird der Hoffnung Ausdruck gegeben, etwa am 8. Februar die Arbeit wenigstens zum Teil wieder auf nehmen zu können. Laval hat sich kurz vor 20 tthr Pariser Zeit zum Präsidenten der Republik begeben, um den amtlichen Auftrag zur Ka binettsbildung entgegenzunehmen. Nach einer russischen amtlichen Meldung beabsichtigt die chinesisch- Regierung, unter Führung Sunsos in den nächsten Tagen zurückzutreten. Die Gründe dieses Rücktritts werden vorläufig noch nicht bekanntgegeben. Amtlich wird aus Tokio mitgeteilt, daß am Mittwoch die beiden japanischen Kreuzer Jakumo und Idzumo in Tsingtau eingelaufen sind und rund 600 Mann zum Schutz der japa nischen Staatsangehörigen gelandet haben. den" dem Vorschlag des Kanzlers nicht zustimmen. Hitler hat auch dem Reichspräsidenten eine längere Denkschrift überreicht. Zur Vorgeschichte. Eine Darstellung von nationalsozialistischer Seite. Die Reichsleitung der NSDAP, veröffentlicht eine eingehende Schilderung der Berliner Verhandlungen. Hitler habe schon in der Aussprache mit Groener am 6. Januar erklärt, daß gegen den Kanzlerplan verfassungs rechtliche und politische Bedenken bestünden. Bei einer Aus- spräche mit seinem Stabe begründete er diese Bedenken, betonte jedoch, daß der Reichspräsident nicht bloßgestellt werden dürfe, und forderte strengste Verschwiegenheit. Am Donnerstag, dem 7. Januar, verfaßte Hitler seine erste ab lehnende Denkschrift, und am Nachmittag fand die Zusammen kunft mit Brüning und Groener statt. Dabei bedauerte Hitler, daß die Angelegenheit ihren Weg in die Presse ge- funden habe, die nunmehr taktlos die Verhandlungen außer ordentlich erschwere. In einer neuen nationalsozialistischen Zusammenkunft, an der auch Or. Fri ck und Or. G o e b b e l s wurde noch einmal die ablehnende Haltung der N«DAP. benhlosien, zugleich aber auch, daß das persönliche Ansehen des Generalfeldmarschalls von Hindenburg nicht verletzt werden dürfe. Nach diesem Beschluß am Freitag sand am Sonnabend die Aussprache zwischen dem Kanzler und dem Minister Treviranus sowie Hitler und Or. Frick statt. Ls folgte die Aussprache mit Or. Hugenberg, wobei beiderseits festgestellt wurde, daß Nationalsozialisten und Deut sch- nationale die parlamentarische Aktion des Kanzlers ab- lehyen müßten, da der Kanzler die verfassungsrechtlichen, innen- und außenpolitischen Bedenken der Nationalen Oppo sition nichtzu entkräften vermocht habe. Bei der Sonntags unterredung mit dem Staatssekretär des Reichspräsidenten bedauerte Hitler, daß Hindenburg durch den offenbar durch Indiskretion der Reichskanzlei entfachten Feldzug in den Trubel des parteipolitischen Betriebes hineingezogcn morden sei. Man war sich einig darilber, daß dies unter- Kunden werden müsse. Eine Denkschrift an den Reichs präsidenten wurde vereinbart. Diese wurde am Montag durch Hitler fertiggestellt, und in einer Unterredung mit Or. Hugenberg wurde die ablehnende Haltung der Nationalen Opposition endgültig festgelegt. Was soll das heißen? Ein französischer Gesandter in München. Das Auswärtige Amt bestätigt jetzt, daß der Geschäfts träger der französischen Regierung in München, Graf d ' Or - messon, den Titel eines Gesandten erster Klasse erhalten hat und daß damit von der französischen Negierung der Ver such gemacht ist, in München entgegen der Best im- mung der Reichsversassung die Stellung eines französischen Gesandten zu schaffen. Graf d'Ormesson war bei der bayerischen Regierung nicht akkreditiert, da er offiziell als Geschäftsträger bezeichnet wird. Er hat aber tatsächlich die Leitung des fran- zösifchen Generalkonsulats in München in der Hand und soll natürlich durch die Verleihung als Geschäftsträger 1. Klasse den Eindruck erwecken, als ob eine französische Gesandtschaft in München wieder eingerichtet sei. In einer Erklärung hatte die Bayerische Negierung festgestellt, daß mit ihr keine Verhandlungen über die Ernennung des Grafen d'Ormesson geführt worden waren. Wird Hindenburg noch einmal kandidieren?