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der Dreißigster Jahrgang 44 1. Jimi 1878 Sonnabend. Amtsblatt der Königlichen Gerichtsbehörden und städtischen Behörden zu Pulsnitz und Königsbrück. Buchdruckerei von «!r»M Görst er in Pulsnitz. Verantwortliche Redaktion. Druck und »erlag von Paul Weber in Pulsnitz. »eschäftsstevrn für Königsbrück: bei Herrn Kaufmann M. Tschersich. Dresden: Annoncen- Bureau'» Haasenstein L Vogler, Jn- validendanl, W. Saalbach. Leipzig Rudolph Mosse, Haasenstein L Vogler. Berlin: Sentralannoncenbureau für sämmtlichr deutsche Zeitunzen. Erscheint: Mittwoch* und Lonuabead» früh 8 Uhr. Abom»ementSpreiS: Viecleljührlich 1j Mark. jGnserate werden mit lv Pfennigen für den Roum einer gespaltenen CorpuS- Zeile berechnet u. find bi» spätestens Dienstag» und Freitag» Vormittag» p Ahr hier auf,»geben. von uns unbekannten Firmen und Personen nehmen wir nur gegen Pränumerando-Zahlung durch Briefmarken oder Posteinzahlung auf. Anonyme Annoncen, oder solche, welche Beleidigungen enthalten, werden keinesfalls ausgenommen, mag der Betrag beiliegen oder nicht. LxpvÄ U'gckenblutt für Pulsnitz, Königsbrück, Radeberg, Radeburg, Moritzburg und Nmgegeu». Der aus Papstdorf b./Königstein gebürtige, Ausgangs der zwanziger Jahre stehende Schmiedegesell und frühere Trainsoldat Eduard Hilme hat sich wegen einer gegen ihn hier vorliegenden Diebstahlsanzeige zu verantworten. Da der Aufenthaltsort desselben nicht hat ermittelt werden können und Hilme der Untersuchung durch die Flucht sich entzogen hat, so werden alle Polizeibehörden und deren Organe hiermit ersucht, genannten Hilme im Betretnngsfalle festzunehmen und von der Festnahme Nachricht anher zu ertheilen. Pulsnitz, am 25. Mai 1878. . , Königliches Gerichtsamt. / / Jahn. Meyer. Bekanntmachung. - ES ist neuerdings wiederholt Klage darüber geführt worden, daß die Fortbildungsschüler und Lehrlinge in Schankstätten aufliegen, sowie an öffentlichen Tanz belustigungen Theil nehmen, obwohl bestimmte Anzeigen, so daß ich die Betheiligten bestrafen konnte, deshalb nie zu meiner Kenntniß kamen. Ich weise deshalb darauf hin, daß diejenigen Schünkwirthe, welche derartigen jungen Leuten das Auflieger« in ihren Schanklocalen gestatten, sowie daß diejenigen Inhaber von Tanzlocalen, welche diese jungen Leute von öffentlichen Tanzvergnügungen nicht sofort zurückweisen, in Gemäßheit der Bestimmungen der Ztz 134 und 139 der Armenordnung vom 22. October 1840 mit 15—60 Geldstrafe, oder mit verhältnißmäßiger Hast und im ferneren Wiederholungsfälle mit Entziehung der Schank- concession und Schließung der Schankstätte, bez. des Tanzlocales, unnachsichtlich bestraft werden. Königsbrück, den 29. Mai 1878. Der Bürgermeister. A. Peter. Montag, den 3. Juni c.„ Vichmarkt uns Dienstag, den 4. Juni e., Arammarkt in Königsbrück. Zeitereignisse. PulSuitz, 30. Mai. Eigenhändige Einschreibebriefe. Die vor Kurzem von uns mitgetheilte Bestimmung der Postbehörde, wonach Einschreibsendungen, Postanweis ungen u. s. w. in Abwesenheit des Adressaten an ein erwachsenes Familienglied desselben abgegeben werden dürfen, ist in ihren Konsequenzen von größerer Tragweite, als es auf den ersten Blick erscheint. Während man früher die Gewißheit hatte, daß ein Einschreibebrief nur an den Adressaten selbst oder seinen Bevollmächtigten bestellt wurde, dieser also unter allen Umständen in den Besitz des Briefes gelangte, liegt gegenwärtig die Sache anders. Denn nachdem eS den« Urtheile des bestellenden Beamten überlassen ist, ein Familienglied als Erwach senes zu betrachten, ist die Möglichkeit der Verzögerung und Verschleppung solcher Briefe nicht niehr ausgeschlossen. Der Absender, dem daran gelegen, daß sein Einschreibe bries rc. an keine andere Person, als den Adressaten auSgehändigt wird, hat hierzu nur ein Mittel, indem er nämlich den Vermerk „Eigenhändig" auf den Brief deutlich niederschreibt. Wir rathen unser«« Lesern, in Fällen der angedeuteten Art den ausgedehnteste«« Ge brauch vor« diesem Mittel zu machen. Großröhrsdorf, 27. Mai. Der neugegründete Turngau der nördlichen Oberlausitz, welchem die Ver eine zu Kamenz, Elstra, Königsbrück, Pulsnitz, Ohorn und Großröhrsdorf angehören, hielt gestern hier seinen ersten, mit einem Vorturnertag verbundenen Gautag ab. Aus sämmtlichen Vereinen waren Vertreter er schienen, welche sich in den Gasthof zun« grünen Baum begaben, wo der Gauturntag um 2 Uhr seinen Anfang nahm. Vorher wurde von der Vorturner-Versammlung ein Gauturnwart gewühlt und es vereinigten sich die meisten Stemmen auf Herrn A. Senf, den Turnwart des hiesigen Vereins. — Im Gauturntag wurde zunächst Bericht erstattet über die Gründung des TurngaueS, hierauf daS Grundgesetz berathen und bei einigen Ab änderungen angenommen, der Gauturnrath sals Gau vertreter Herr Lehrer German«« in Kamenzj gewählt, die von den Veremskasscn zu zahlende Gausteuer für diests Jahr auf 15 pro stcuernzahlcndes Mitglied festgesetzt, die Beschickung des Breslauer Turnfestes ab- gelehilt, eine Gauturnfahrt nach Kamen; beschlossen und einige eingegangene Anträge erledigt. (Die Gauturn- sahrt nach Kamenz soll am 11. August, dem 100-jähr- igen Geburtstage des Turnvaters Jahn, der von allen Turnvereinen Deutschlands in entsprechender Weise ge- seiert werden soll, stattfinden.) — Nm 4 Uhr begann das Turnen auf dem Turnplätze ur»d es wurden hierbei von besonderer Kraft und Gewandtheit z eugende Proben abgelegt. Eü« vom hiesigen Musikchor in« Saale vor trefflich ausgeführtes Concert erfreute von 6 Uhr an die Gäste wie die Vereinsmitglieder mit ihren Damen und als Schluß des Festes begann hierauf ein Ball, welcher nur durch die nach 9 Uhr begonnenen, allgemein günstig beurtheiltei« Frei-Uebungen unterbrochen wurde. — Möge es den werthei« Gästen bei uns gut gefallen haben. (G. A. Kamenz, 28. Mai. Der mit heute beendete hiesige Frühjahrsmarkt hat — wie es die jetzigen Zeitverhält nisse ja fast überall ergeben — sich nicht als besonders belebt gezeigt und mancherlei Erwartungen und Wünsche unerfüllt gelassen. Namentlich ist der zweite Abschnitt des Marktes am Dienstag Vormittag auf eine geringe Bedeutung reducirt. Dagegen zeigte der Viehmarkt gestern Vormittag mehr Verkehr. Es waren zun« Ver kauf gestellt: 19 Pferde, 559 Stück Rindvieh, 462 Schweine und 10 Ziegen. — Es wird jetzt ärztlicherseits mehrfach davor ge warnt, Kinderwagen nicht vorwärts bewegen zu lassen, daß die Kinder rückwärts fahren. Diese seit einer Reihe von Jahren vielfach eingerisiene Mode, wodurch die naturgemäße Förderung deS Auges, bei Fortbewegung den Gegenständen sich zu nähern, unbefriedigt bleibt, wirkt nachweislich störend auf Entwickelung und Er nährung des großen Gehirn? und der Augennerven. — (Dr. N.) Die Bestimmung in § 14 des Betriebs reglements für die Eisenbahnen Deutschlands, wonach Reisende, welche ohne Billets im Zuge getroffen werden, Strafnachzahlungen zu leisten haben, ist bisher bei dei« sächsischen Staatsbahnen — abweichend von der Praxis der meisten anderen deutschen und österreichischen Bahnen — nur in sehr geringem Umfange zur Anwendung ge bracht worden. Da jedoch infolge hiervon seit einiger Zeit sehr viel Passagiere, selbst wenn ost noch hinreichende Zeit vorhanden ist, nur aus Bequemlichkeitsrücksichten um das Gedränge am Schalter zu vermeiden, oder sich einen guten Coupeeplatz zu sichern, regelmäßig ohne Billet in den Zug steige«« und das Fahrgeld direct an das Zugpersonal zahlen, hierdurch aber manche Unzu träglichkeiten, alsUeberlastung desZugpersonals, schwierige Controle der vereinnahmten Beträge rc. entstehen, so ist, wie wir aus bester Quelle erfahren, angeordnet worden, daß von jener Bestimmung des Betriebs-Reglements von jetzt ab ausnahmslos Gebrauch gemacht werde. Hiernach soll jeder Passagier, der ohne ei«« Billet in den Zug steigt, selbst wenn der Verdacht der Billet hinterziehung völlig ausgeschlossen ist, vorausgesetzt, daß er dem Zugpersonal sofort unaufgefordert meldet, er habe wegen Verspätung kein Billet lösen können, zu dem gewöhnlichen Fahrgelde einen Zuschlag von einer Mark zu entrichten. Unterläßt er diese Anzeige, so hat er die reglementsmäßig festgesetzten höheren Strafen zu er legen. Wir ermahnen daher das Publikum, sich zur Vermeidung von Unannehmlichkeiten und Geldverlusten vor jedesmaliger Benutzung der Bahn rechtzeitig mit Billets zu versehen. Berlin, 28. Mai. Der sächsische General-Lieutenant Senfft v. Pilsach und der sächsische General-Major v. Rudorfs sind aus Dresden hier eingetroffen. — Die von auswärtigen Blältern gebrachte Nach richt, daß die Einladungen zum Congresse bereits an die Cabinette abgegangen seien, wird hier von unterrichteter Seite als unbegründet bezeichnet. — In Görlitz wurde kürzlich ein Schuhmacher zu sechs Monaten Gefängniß wegen Vergehens gegen die öffentliche Ordnung verurtheilt, weil er am Geburtstage des Kaisers socialdemokratische Bilder ausgestellt und illuminirt hatte. — Die nunmehr von Oesterreich besetzte kleine Jnsel- sestung Ada-Kahle (Neu-Orsowa) liegt am Ausgange des Passes aus dem Eisernen Thore nicht weit von der öster reichischen Ortschaft Alt-Orsowa, und bildet den äußer sten westlichen Vorposten der Türkei auf dem Donau strome. Die eigentliche Festung besteht aus einer drei fachen Vertheidigungslinie mit 11 Bastionen und durchwegs crenelirten, etwa 3 — 4 Meter hohen Mauern, die unter einander mittelst casemattirten Wegen verbunden sind. — Den Kutschern Kaiser Wilhelms steht ein vor nehmer Besuch bevor, den«« der Kaiser von Japan hat zwei seiner Leibkutscher nach Berlin gesandt, und sind dieselben auch bereits dort angelangt, um praktisch das kaiserliche Kutscheramt kennen zu lernen. Die japanesischen Kutscher aber haben einen Rang beiin Hofe, der dem eines Legations - Secretärs oder eines Majors gleich ist. — In Hamburg ist ein allgemeiner Tischlerstrike ausgebrochen. Prenzlau, 22. Mai. Hauptmann Bartsch, welcher bei Prenzlau den Lieutenant Wiegers im Duell erschoß, ist, wie die „Franks. Ztg." meldet, zu 4 Jahren Festungs- ha't verurtheilt worden. Das ehrengerichtliche Urtheil steht noch aus. Köln, 28. Mai. (L. H. T. B.) Die „Köln Ztg." veröffentlicht soeben nachfolgendes Telegramm: Wien, 28. Mai. Graf Andraffy wird heute den Delegationen Auseinandersetzungen über die orientalischen Angelegen heiten, sowie über die Zwecke der Inanspruchnahme des 60-Millionen - Credits geben. Er wird hervorheben, daß Angesichts des Kongresses und der gebesserten politi schen Lage der Credit nicht überflüssig geworden sei, weil gerade Machtmittel nothwendig werden könnten, um