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Riesaer ß Tageblatt und Anzeiger WMM m) Anzeiger». 'i relegramm-Adrefle tzL 6 Fcmsprechst.ll- .Lageblatt", Rtesa. AH. HAH H, N Kff H. U H- H Nr. 20. -er Königl. Amtshauptmannschaft Großenhain, des König!. Amtsgerichts «nd des Stadtraths z« Riesa H sss. Donnerstag, IS. Deeemver 18S7, AvendS SS. Jahrg. ch*s Riesaer Tageblatt «rschcwt"j'ed«n"TagNbmdS mit Ausnahme der Sonn- und Festtage. Vierteljährlicher Bezugspreis bei Abholung in den Expeditionen in Rtesa und Strehla oder durch unser« Träger frei ins Haus I Mart SO Pfg., bei Abholung^am Schalter derükatserl. Postanstalten IlMark 25'Pfgf, durch den Briefträger frei ins Hau» 1 Mart 68 Pfg. Auzeigen-Auuahme für di« Nummer des ^Ausgabetages biS VörmitMg g Uhr ohne Gewähr.^ Dmck und Verlag von Langer L Winterlich in Rtesa. — Geschäftsstelle Kastanienstraße SS. — Für die Redaction verantwortlich: Hermann Schmidt in Riesa. Zwangsversteigerung. Das im Grundbuche auf den Namen Friedrich Ott« Atzsten eingetragene Bäckerei grundstück, bestehend aus Wohn- und Nebengebäude, Hosraum und Garten, Folium 251 des Grundbuchs, Nr. 142 deS Flurbuchs und Nr. 81 Abth. L des Brandcatasters für Glaubitz, »ach dem Flurbuche 5,5 s groß und mit 31,00 Steuereinheiten belegt, geschätzt auf 10000 Mart — Pf. soll an hiesiger Amtsgerichtsstelle zwangsweise versteigert werden und ist der 23. Dezember 1897, Vormittags 1v Uhr als Versteigerungstermin, sowie der 3V. Dezember 1897, Vormittags 19 Uhr als Termin zu Verkündung de- Bertheiluug-Plau- anberaumt worden. Eine Uebersicht der auf dem Grundstücke lastenden Ansprüche und ihres RangverhältniffeS kann in der Gerichtsschreiberei des unterzeichneten Amtsgerichts eingesehen werden. Riesa, am 4. November 1897. Königliches Amtsgericht. Ass. Reichelt. Aktuar Sänger, G.-S. Vom Landtag.! Der gestrigen Sitzung derZweitenKammer wohn- ten Ihre Epcellenzen die Herren Staatsminister v. Metzsch, v. d Planitz, Dr. v. Scydewitz und v. Watzdorf bet. Auf der Tagesordnung stand die allgemeine Vorberathung über die Königl. Dekrete Nr. 3 und 5, die W-iterführung der Reform der direkten Steuern sowie den Eitwurf eines Gesetzes über die Gehaltsverhältnisse der Lehrer an den Volksschulen und die Gewährung von S aat-.bethilfen zu den Alterszulagen derselben betreffend. Ein Antrag des Vizepräsidenten Georgi, beide Gegenstände zur Berathung zu verbinden, fand nicht die Zustimmung der Kammermehr heit. Die Debatte über da« Königl. Dekret Nr. 3 leitete Se. Excellenz der Herr StaatSmtnister v. Watzdorf mit einer die Geschichte und die Grundgedanken der Steuerreform eingehend erläuternden Rede ein. Der Herr Minister bemerkte, die Jnitialive für Weiterführung der Steuerreform in dem Grundgedanken der Höhnbesteuerung des sundirten Einkommens gegenüber dem nicht fundirten könne die Re gierung für sich nur zum kleinsten Theile in Anspruch nehmen, denn seit mehr als 10 Jahren hätten sich die Bestrebungen nach dieser Richtung in immer steigendem Maße gezeigt und die Regierung aus die Beschreitung dieses Weges hingewiesen, da das jetzt bestehende Steuersystem Unbilligkeiten und Un- gerechligkeiten in sich schließe. Als das zu erstrebende Ziel gelte es der Regierung, die Vorschläge so zu gestalten, daß eine Regelung hinsichtlich der Vertheilung der Steuerlasten erreicht werde, welche sich den modernen Anschauungen auf diesem Gebiete anschlöffen und die wenig angenehmen Kämpfe inncrhatb der Ständeversammlung auf möglichst lange Z-it zur Ruhe brächten. Erst in zweiter Linie strebe die Ne gierung an, durch diese Neuregulirung etwas ausreichendere Mittel für die Staatskasse zu gewinnen. Sollte die Be- ruhigung der Steuerkämpse erreicht werden, so müßkn auch einzel,e Bestimmungen der- Eiukouimensteuergrs' tzes, welche bcg.ft.rde: Klagen und unnqfickliche Differenzen her sorge- rufen, abgkändert werden. Bezüglich der Verwendung der Grundsteuer in Höhe von 2 Pfg. pro Einheit sei die Re gierung entschlossen, diese den Schulgemeinden zuzuwenden, wobei sie aber auch nicht abgeneigt sei, diese 2 Pfg. eocm. in den Händen der Steuerzahler zu belassen. Der Grund- besitzer im Allgemeinen und der verschüttete Grundbesitzer im Besonderen sei bei dem gegenwärtigen Steuersystem un- verhältnißmäßig und ungerecht belastet (Sehr richtig) und die Steuerreform liege daher besonders im Interesse dieser. Die Regierung sei der Ansicht, daß die vorgeschlazene Höher besteuerung sich in rationellen Grenzen bewege und so die Reform zu einem ersprießlichen Ende geführt werde. Lbg. Opitz-Treuen (kons.) erkennt an, daß in dem vorliegenden Entwürfe mit Gründlichkeit und Klarheit gear beitet worden sei. ES sei aber mit Sicherheit vorauszusehen, daß der Entwurf vom Publikum und der Presse zunächst dahin aufgefaßt werde, daß es sich hier nicht nur um neue Steuern, sondern um wesentlich erhöhte Steuern handle. Redner erklärte in seinen umfangreichen Ausführungen, es sei ein Jrr- thum, wenn man glaube, die Konservativen würden die AlterS- zulagen der Lehrer nur dann bewilligen, wenn die Steuer reform gesichert sei; sie würden auch dafür eintreten, wenn die Steuerprojecte nicht durchgingen. (Bravo.) Bezüglich der vermögenSstkuer hätten seine politischen Freunde zu den jenigen gehört, die schon seit 10 Jahren betont hätten, da« ffeuerbare Vermögen nach seinen Quellen zu unterscheiden. Wir waren und find der Meinung, daß das fundtrte Ber- auögen höher heranzuziehen ist, als da« unsundirte. Bezüg- lich der Erbschaft«- und Schenkungssteuer handle e« sich nicht nur um eine Reform, sondern um eine wesentliche Umge staltung. Gegen die progressive Erhöhung der bisherigen Steuersätze hätte« seine engeren Freunde im Prinzipe nicht« einzuwenden, gäben aber zu bedenken, ob man dieselben nach unten nicht doch etwas abschwächen und nach oben erhöhen möchte. Damit könne man den Entwurf, soweit er sich auf Seitenverwandte und Freunde beziehe, wohl acceptiren. Da gegen hätten seine Freunde die größten Bedenken gegen die Ausdehnungen der Steuer auf Ascendenten und Descendenten. Wenn der Gesichtspunkt der Bereicherung geltend gemacht sei, so treffe derselbe doch nicht auf Ehegatten und Ascen denten und Descendenten zu. Eltern und Kinder bildeten eine gewisse Personen- und Vermögenseinheit. Bei-dem weitaus größeren Theile der Familien enffalle der Grund der Bereicherung; es trete vielmehr mit dem Tode des Familienhauptes eine Verschlechterung der Verhältnisse ein, so zwar, daß in den meisten Fällen die Kinder aus einer höheren Sphäre in eine niedere treten. Man werde sich in Sachsen mit einer solchen Steuer niemals befreunden können. Sie würden Ihr Bestreben in erster Linie darauf richten, diese harte Bestimmung aus dem Entwürfe auszuscheiden. Sollte die Regierung wider Erwarten hierauf nicht eingehen, so würden sie ihre Zustimmung nur geben können, wenn die Grenze, von der ab Vermögen zur Erbschaftssteuer her anzuziehen seien, wesentlich höher gezogen würde. Die größte Mehrzahl seiner Freunde sei geneigt und bereit, mitzuwirken an der praktischen Ausgestaltung der Entwürfe. Vizepräsident Georgi-Mylau (nat.'lib.) führte aus, ? daß auch die Meinungen seiner politischen Ferunde auSein- andergingen. Ebenso wie auf der rechten Seite beständen auch bei ihnen Differenzen, er könne daher nicht überall i« Namen seiner Freunde sprechen. Zunächst begrüße er die Befreiung der milden Stiftungen von der Einkommeesteuer, die eine ungerechtfertigte Härte in sich geschloffen habe. Er halte sich dann für verpflichtet, auf die steuerliche Behänd- lung der verschiedenen Gesellschaften aufmerksam zu machen, die unterschiedslose "nterwerfung z. B. von Aktiengesell schaften und Gff lM, mit beschränkter Haftpflicht unter die Emkomttensteu.r f.i bedenklich. Hier müsse Abhilfe ge- schaffen werden. Eine Vermögenssteuer sei auch von seinen Freunden wiederholt verlangt worden; die Arc der Heranziehung habe man frrigelaffen. Eine Minorität seiner Freunde sähe in der vorgeschlagenen Form nicht dir ge wünschte Lösung. Sie stoße sich formell an die tiefen Ern griffe in persönliche und geschäftliche Verhältnisse, denen auf der anderen Seite das erzielte Erzebmß keineswegs ent spreche. Auch hier neige man der Durchführung höherer Prozresfionssätze zu. Bei der Erbschaftssteuer müsse er doch daran erinnern, daß früher bei Niemandem der Ge danke vorhanden gewesen sei, ein- Vermögenssteuer und eine erweiterte Erbschaftssteuer einzusähren. Man habe immer nur an die eine oder andere gedacht. Wenn als Ausgangs punkt für die Erbschaftssteuer ein finanzielle» Bedürfniß geltend gemacht wird, so sei dieser Grund für einen Th eil seiner Freunde zur Zeit nicht diskutabel, denn es sei sehr wohl möglich, daß die Vermögenssteuer weit höhere Erträg nisse liefere al» vorgesehen und dadurch eine erhöhte Erb schaftssteuer im Augenblick überflüssig würde. Eine Minder heit sei für die Erbschaftssteuer mit der Einschränkung, daß Eltern, Ehegatten und Kinder ausscheiden. Auf der Basis der Ausgleichung in Bezug auf die Alters zulagen der Lehrer, »aber ohne ^Belastung des StaateS Sber die 2 Pfg.-Grundsteuer hinaus würden sich verschiedene Möglichkeiten der Verwirklichung ergeben. Er wolle nur noch.kurz erwähnen, daß die früher schon von ihm befür wortete Kaffe recht wohl die Funktion übernehmen könnte. In diese Kaffe würden die Gemeinden einen nach der Zahl ihrer Lehrer bemeffenen Beitrag einzuzahlen haben und au» dieser Kaffe würden dann die Alter-zulagen wieder bezahlt werden, so daß e« für die einzelnen Geimetnden vollständig gleichgiltig sei, ob sie einen alten oder jungen Lehrer hätten. Die ganz ungerechte Behandlung der »rößeren Gemeinden mit mehr als 25 Lehrern würden er und seine Freunde nicht milmachen. (Lebhafter Beifall). Abg. Matthes (kons.) erklärte sich für Beibehaltung der Grundsteuer unddasür, daß derErrragderGrundftücke nicht außer dem zur Vermögenssteuer herangezozen werde. Abgeordneter Richter-Großschönau (nat.-lib.) sprach sich gegen die Ver mögenssteuer aus und schlug an deren Stelle eine höhere Progression der Einkommensteuer vor. Durch die Ver- mögenssteuer werde das letzte finanzielle Grheimniß, welches die Staatsbürger noch besitzen, mit rauher Hand weggeriffe«. Ferner würden dadurch auch die kleinen Kapitalisten getroffen, und endlich sei es eine Steuer, welche niemals gleichmäßig und gerecht wirken könne. Ein großer Theil werde lieber zuviel zahlen, als dem Steuer-Inspektor gestatten, seine Nase in die Bücher zu stecken. Die Deklarationspflicht sei zwar noch nicht i« Gesetze festzelegt, aber die Einkommensteuer- Kommission werde schon in einigen Jahren herausbekommen haben, was fie wissen wolle. Aus den Einkommen von über 10000 Mark gingen 12 Millionen ein; man könne aber sehr leicht 16 Millionen erzielen, wenn man die Progression zunächst um ein halbes Prozent bei 10000 M. Einkommen erhöhe und dann über die jetzigen 4 Prozent hinauSgehe. Abg. Horst (kns.) erklärte sich süc eine mäßig: Progression der Vermögenssteuer und gegen eine Besteuerung des Ein kommens kleiner Rentner. Die Erhebung der restlichen 2 Pf. Grundsteuer wünsche er nur, wenn es nicht anders gehr. Vizepräsident Streit (Fortschr.) ist für eine Vermögens steuer unter Freilassung der kleinen Rentner und wesentliche Erhöhung der im Entwurf vorgesehenen Sätze. E» fiele ihm einigermaßen schwer, die Hand dazu zu bieten, daß durch das jetzige Vorgehen wegen der Grundsteuer dieselbe mit der Zeit ganz beseitigt werde. Freudig begrüßte er die Steuer befreiung gemeinnütziger Unternehmungen der Gemeinden, s Der Anfangsbetrag der Erbschaftssteuer sei zu mrdriq ge- » griffen. Im Uebrigen stehe er auf dem Standpmft rS ! Abg. Richter. Abg. Dieterich (kons.) sprach über seine Erfahrung n mit den Einschätzunzskommissionen. E könne ei» ganzes Buch mit Steueranekdoten füllen, die wirklich passtrt find. Die Kommissionen gingen manchmal ganz nach Belieben über die Selbsteinschätzung hinaus und kämen da durch seiner Auffassung nach in Konflikt mit der Bestimmung des Strafgesetzes, daß Derjenige bestraft werde, der da» Vermögen eines Anderen dadurch schädige, daß er durch Vor spiegelung falscher oder Entstellung wahrer Thatsachen einen Jcrthum erregt oder erhält. Er könne nicht einsehen, wcS- üalb der Staatsbeamte nicht unter demselben Strafgesetze stehen soll- wie die übrigen Bürger. In der ganzen ^ulti- virten Welt werde al- Thatsache angenommen, daß der «taat derjenige ist, welcher seine eigenen Gesetz- am wenigsten beachte. Staatsminister v. Watzdorf verwahrt sich gegen diese Aeußerung. Abg. Behrens (kons.) wünscht die Fort- erhebung von 2 Pf. Grundsteuer zur Beschaffung der Schul- dodation und stellt sich betreffs der Erbschaftssteuer auf du» Standpunkt des Abg. Opitz. Die Vermögenssteuer sei ihm insofern sympathisch, als auch die Besitzer von Bauareal ge troffen werden können, allein er befürchte eine wesentlich höhere Belastung des Mittelstandes und ziehe deshalb eine erhöhte Progression der Einkommensteuer vor. Abg. Her- furth (nl.) erklärt sich '« Prinzip für die Grundsteuer, sowie für die Vermögenssteuer. Der Erbschaftssteuer gegen über werde er sich zunächst ablehnend orrha ten und abwar ten, welche Wirkung die Vermögenssteuer habe, da er einer Besteuerung der direkten Verwandtschaftsgrade nicht zustim- men könne. Geh. Rath Dr. Dill er nimmt de« Abg. Dieterich gegenüber die LinschätzungSkommisfionen in Schutz. Er habe keine Veranlassung zu der Annahme, daß die Steuer beamten ihre Pflichten nicht gehörig wahrnehmen. Jeder Bezirkssteuer-Jnspektor, welcher neu angesteltt wird, werde ermahnt, dafür zu sorgen, daß nicht etwa fiskalisch verfahr«