Volltext Seite (XML)
Elprd. u. Redaktion sresdeu-Nruftadt kl. Reißner Kolik 4. D» Zritung erscheint Tienstan, Kennersiag und Lonnchend früh. Udvnncments- Prris: ditNclsährl.Mk.1,50. Zu beziehen durch dir kaiserlichen Post« answUcn und durch unsere Boten. Bci freier Lieferung in« Hau« erhebt die Posi noch eine Ge bühr von 25 Pfg. äch fisch e VachMG Lin unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann. Amtsblatt für die kgl. AmtShaupttnannschasten Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger «Herrmann Müler in Dresden. Inserate werden bis Montag, Mittwoch u. Freitag Mittag angenommen und kosten: die1spalt.Zeile15Psg. Unter Eingesandt: 3V Pfg. Jnseraten- Annatzmeftclleu: Die Arnoldische Buchhandluna, Jnvalidendonk, Haasenstein LVogler, Rudolf Mosse, G L. Daube L Co. in Dresden, Leipzig, Hamburg, Berlin, Frankfurt a/M. u. f. w. Mr. 78. Mienstag, den 5. Juki 1887. Abonnements - Einladung. Bestellungen auf die „Sächsische Torfzeitung" für das dritte Quartal nehmen alle kaiserlichen Poftanstalten und Posterpedittonen, sowie auch alle Landbriesträger gegen Vorausbezahlung von 1 Mark 50 Pfg. entgegen. Bereits erschienene Nummern werden, soweit möglich, nachgeliefert. Die Verlags - Expedition Politische Weltschau. Deutsches Reich. Ein dem Ministerium zu Washington übersandter Handelsbericht deS amerikanischen Konsuls in Krefeld, Mr. Potter, schildert die Beziehungen der deutschen Regierungen zu den arbeitenden Klaffen in sehr optimistischer Weise. „Nachdem ich mit vielen in- telligenten Vertretern der Arbeiterbevölkerung gesprochen habe" — schreibt der Verfasser u. A. — „bin ich logischer Weise zu der Schlußfolgerung gelangt, daß die relative Zufriedenheit, die unter den industriellen Klaffen in Deutschland zu herrschen scheint, ihrer In telligenz und ihrer richtigen Auffassung der Thatsachen zuzuschreiben ist. Die Leute wissen, daß daS Vermögen deS Fabrikanten in der Regel klein ist und langsam er worben wird. ES kommen in diesem Lande keine plötz lichen Ansammlungen von Reichthum infolge von fabnkindustrieller Thätigkeit vor. Eine Verzinsung deS w daS Geschäft hineingesteckten Kapitales mit 5 biS 6 Prvcent ist zur Zeit Alles, waS der Fabrikant für sein Geld, seine Arbeit, Verantwortlichkeit und Sorge aufzuweisen hat. Auch weiß man, daß in der allgemeinen wie in der lokalen Verwaltung die aller größte Sparsamkeit und finanzielle Umficht geübt wird und daß große Unternehmungen, welche die Verausgabung öffentlicher Geldmittel erfordern, nur dann in Angriff genommen werden, wenn fie die Interessen der arbeiten den Klaffen günstig beeinflussen. Die Reichsregierung, sowie d,e einzelnen Regierungen in Deutschland zeigen sich unermüdlich in ernstlichen praktischen Anstrengungen, die Fabrikindustrie und den Handel und Wandel im Allgemeinen im Lande zu fördern, damit das Volk Arbeit findet. DieS zu erreichen, scheint daS eigent liche Ziel der Intentionen der Regierungen zu sein. In allen VerwaltungSdepartementö in Preußen find die EtaatSdiener von dem Gedanken durchdrungen, daß ein thätigeS Volk zufrieden ist und daß Müßig gang Unzufriedenheit und Anarchie erzeugt. Die all ¬ gemeinen und lokalen Steuerlasten sind schwer, aber man weiß sehr wohl, baß sie so leicht sind, wie sie nur möglicher Weise gemacht werden können. (?) Nie mand klagt über Verschwendung oder Extravaganz in öffentlichen Ausgaben. Die numerische Stärke der Armee ist eine enorme, aber sie wird mit einem Mini malaufwande von Kosten unterhalten. Der Sold d,S OfficierS steht ganz im Verhältnisse zu der Löhnung deS gewöhnlichen Soldaten, der nur fünf CentS (25 Pf.) pro Tag bekommt. Diese strenge Sparsamkeit bringt ihre Unannehmlichkeiten mit sich, aber man trifft selten einen deutschen Soldaten, der sich beklagt oder der nicht stolz darauf ist, der Armee anzugehören. Setzen wir den Fall, daß eS, ungeachtet eifersüchtiger und rivali- sirender Nachbarn möglich wäre, die Armee abzuschaffen und die Soldaten dem Ackerbaue, der Fabrikinduftrie und dem Handwerke zurückzugeben. Die landwirth- schaftüchen Produkte würden sich nicht vermehren, denn eS sind jetzt mehr Hände da, als nothwrndig, um dem Boden, der vollständig unter Kultur ist, den höchsten Ertrag abzugewinnen. Die gewerblichen und in dustriellen Erzeugnisse ließen sich allerdings vermehren, aber die Produktion ist jetzt schon größer, als der Markt verlangt. Man darf somit annehmen, daß die fünf- odersechshunderttausend jungen Leute, die jetzt im Heere dienen, wenn man sie entließe, als Producenten den Reichthum deS übervölkerten Landes nicht ver mehren würden, während die Regierung durch sorgfältige Ausbildung dieselben geistig und körperlich zu fördern und als Soldaten weit billiger im Ganzen zu ernähren vermag, alS im Kleinen daheim möglich wäre, wo weder Platz noch produktive Beschäftigung für sie vor handen ist. Die arbeitenden Klaffen begreifen die mißliche industrielle Lage ihres Landes und danach beurtheilen sie daS Verhältniß der Regierungen zu sich. An der Zoll- und Steuerpolitik der Regierung wirb mitunter gemäkelt, aber daß mit ihr der Zweck verfolgt wird, den arbeitenden Klassen zu helfen und dem Ge meinwohle getreulich zu dienen, bezweifelt man im All gemeinen nicht. Wenn somit auch d»e industriellen und gewerblichen Klaffen ihr LebenSlooS schwer empfinden mögen, so machen sie doch nicht die Herrscher und Poli tiker oder die Gesetze und Sitten oder die Inhumanität und Gleichgiltigkeit der Gesellschaft und deS Gemeinwesens, in dem sie leben, dafür verantwortlich. Sie lösen die Schwierigkeit mit einem Achselzucken, indem sie sagen: „Wir sind unserer zu viele" und folgern daraus sehr vernünftig, daß Klagen zu Nichts führen, so lange sich kein anderer AuSweg bietet, als der der Auswanderung. Darum be schließen sie, zufrieden zu sein und sinnen darüber nach, wie sie auS dem Leben alle Bruchtheile von Glück herauSziehen können, welche dasselbe ihnen bietet. Und die 49. Jahrgang. Summe an persönlichen Genüssen, welche ein deutscher Handwerker oder Fabrikarbeiter durch geschickte Ver wendung seines spärlichen Verdienste- sich zu verschaffen weiß, könnte anderen Leuten zur werthvollen Lehre dienen, welche unruhig und unzufrieden sind, so lange sie nicht zu den Millionären zähle»." — UnS will denn doch scheinen, alS ob der amerikanische Konsul di« Gefahr, welche dem deutschen Volke in socialer Beziehung droht, weit unterschätzt. Wir haben unseren diesbezüglichen Befürchtungen wiederholt und erst jüngst wieder in dem Aufsatze „Die heutigen Unzufriedenen" (siehe Nr. 77 unseres Blattes) Ausdruck gegeben. Es kann auch dem oberflächlichsten Beobachter — so schreibt man von officiöser Seite auS Berlin — nicht entgehen, daß in der letzten Zeit die Stimmung der Deutschen den Franzosen gegenüber eine recht un freundliche geworden ist. Dies beweist schon der geringschätzige Ton, in dem die hervorragenden poli tischen TageSblätter in Deutschland die heutigen fran zösischen Zustände besprechen. ES trat daS, um nur einen Fall anzuführen, so recht deutlich zu Tage bei der Er örterung der Frage, ob Deutschland sich an der sür daS Jahr 1889 in Aussicht genommen,» französischen Welt ausstellung betheiligen solle. Die „National-Zeitung" hatte auf die Gefahr aufmerksam gemacht, der sich die jenigen aussrtzen dürften, die auf eigene Hand jene Ausstellung beschicken würden. Die „Nordd. Allgem. Ztg." reproducirte nun ihrerseits aus dem betreffenden Artikel einen für Frankreich recht unangenehmen PaffuS an hervorragender Stelle und gab dadurch deutlich zu erkennen, daß man an maaßgebevder Stelle auch von einer privaten Betheiligung an der Ausstellung nichts wissen will. Zeugt daS Vorstehende zur Genüge von der augenblicklichen Stimmung in Deutschland Frank reich gegenüber, so darf man andererseits wohl an- nehmen, daß die hier und da ausgestellte Behauptung, der Staatssekretär deS Aeußeren, Graf Herbert Bis marck, habe sich dem von der französischen Regierung gestellten Anträge, den in Leipzig wegen LandeSverrathes verurtheilten Köchlin freizugeben, zunächst geneigt ge zeigt und seine Ansicht erst geändert, alS die deutsch feindlichen Manifestationen der Patriotenliga in Berlin großes Mißfallen erregt hätten, jeder Begründung ent behrt. ES ist zunächst noch gar nickt konstatirt, daß sich die französische Regierung in der betreffenden Ange legenheit überhaupt an die deutsche Regierung gewendet hat. Sollte dies aber auch wirklich der Fall gewesen sein, so ist mit Sicherheit anzunehmen, daß dem Pariser Kabinette, ohne Rücksicht auf die späteren Kundgebungen der Patriotenliga, gleich von Anfang an eine ablehnende Antwort zu Theil geworden sein dürfte. Die Haltung Frankreichs Deutschland gegenüber erscheint in der That Feuilleton. In den Wolken.*) Nach dem Englischen von Jenny PiorkowSka. Ich habe mich viele Jahre lang der Wissenschaft gewidmet; Barometer, Thermometer und Regenmesser sind meine beständigen Begleiter gewesen und mit ihnen habe ich die glücklichste Zeit meines LebenS verbracht. Glücklicherweise bin ich ganz unabhängig und lebe im Besitze eines ansehnlichen Vermögen- in der Nähe von Nottingham DaS Ziel meines Ehrgeizes ist, die Gesetze, welche die Witterung bestimmen, zu entdecken. Diesem Studium habe ich Jahre lang meine ganze Zeit, mein ganzes Nachdenken gewidmet. ES war im Jahre 1862. Ich saß nach dem Früh stücke in meinem Arbeitszimmer und war mit meinem LirblingSstudium beschäftigt, alS mein Diener eintrat und mir eine Karte mit den Worten reichte: „ES wünscht ein fremder Herr Sie zu sprechen." Ich nahm die Karte und laS: „Monsieur Andre, Luftschiffer. Empfohlen durch Herrn Battledore i« London." Ich begriff nicht, waS meinen Freund Battledore dazu veranlaßt haben konnte, diese» französischen Luft schiffer an mich zu empfehlen. Jedenfalls mußte ich ihn aber doch sehe» und mußte hören, waS ihn zu mir führte. Ich befahl also dem Diener, ihn einzulaffen. *) Nachdruck verbot«». Gleich darauf trat «ine lange, hagere, fast geister haft auSsrhende Gestalt mit bleichem Gesicht, unsagbar eingefallenen Backen und stechenden Augen, langem, dichtem Haar und Bart ein und stellte sich als Monsieur AndrS vor. Er schien nicht nur in der Luft, fondern auch von der Luft gelebt zu haben, bis nur noch Knochen und Haar von ihm übrig geblieben waren. Er sprach eia gutes Englisch und erzählte mir, daß er der Eigen- thümer deS berühmten BallonS „Die Silphyde" sei, mit welchem Fürsten und Hochadelige schon wiederholt in die Lüfte gestiegen seien. Darauf zog er ein ziemlich unsauberes Buch heraus, daS eine Anzahl Zeugnisse über seine Geschicklichkeit und Unerschrockenheit enthielt, die alle von Grafen, Baronen und Fürsten unterzeichnet waren. Ich fragte ihn nach meinem Freunde Battledore und waS »hn zu mir führte. „Herr Battledore", sagte er, „ist ein großer Phi- losoph. Wie er meint, wird mein Ballon der Wissen schaft großen Nutzen bringen ... eS würde sich gewiß dieser oder jener Herr bei einer Auffahrt betheiligen, um die verschiedenen Luftschichten zu beobachten. AlS ich ihn bat, mich an Jemand zu empfehlen, nannte er Sie, mein Herr." Ich fand die Idee herrlich. Thermometer und Barometer sollten mich auf meiner Luftfahrt begleiten und mir bei meinen Forschungen helfen. Ich wähnte mich in diesem Augenblicke der Erfüllung meiner ehr geizigen Wünsche schon sehr nahe und «rwiederte Herrn AndrS, daß ich von seinem Anerbieten Gebrauch machen wolle. Er forderte für «ine Fahrt, die sechs Stunden dauern würde, zwanzig Pfund von mir und versprach, mich am Montag der Nächsten Woche abhoken zu wollen. Den Ballon, sagte er, wolle er in der nächsten Gas anstalt füllen lassen, um jedes Aufsehen möglichst zu vermeiden. Kaum war der Montag-Morgen angebrochen, so stellte sich auch schon der Franzose mit einem Wagen vor meiner Thür ein. Ich war bereit und setzte mich, mit den verschiedensten Instrumenten beladen, neben ihn. DaS Wetter hätte kaum günstiger für unS sein können; kaum ein Wölkchen war zu sehen. Der Ballon war gefüllt, ich bestieg di« Gondel und arrangirte meine Instrumente. Herr Andre folgte mir bald und befahl den Leuten, welche die Taue hielten, dieselben loSzulaffen. Im nächsten Moment stiegen wir rasch auf in den klaren, blauen Aether und schwebten gleich einem Adler der Sonne zu. Dank der frühen Morgenstunde hatten wir keine anderen Zuschauer, al» die io der Gasanstalt beschäftigten Arbeiter. DaS Lenken d«S Schiffe» überließ ich Herrn Andru u»d war selbst bald ganz in di« B«obachtung m«inrr Instrumente vertieft. DaS Barometer sowie die Tempe ratur sauken auffallend. Ich fühlte keinen Schwindel, hatte keinen Blutandrang nach dem Kopfe, noch empfand ich den geringsten Einfluß von der verdünnten Luft, obwohl wir meiner Schätzung nach 20,000 Fuß hoch waren. Der Himmel üb«r unS war so dunkelblau wie die klare Tiefe de» Mittelländischen MeereS und die Sonne sendete glühend heiß ihre Strahlen auf un» herab. Am auffallendsten war die zunehmende Stärke de» Tone»; daS Ticken meiner Taschenuhr war ganz deut, lich zu hören, mein Herz und meine Pulse schlugen rascher und heftiger, al» ich e» je, sogar bei großer Er- i regong beobachtet hatte.