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Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, B«s »Wilsdruffer a« allen Werktagen »ach»ittu-s 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den ««»gadestellen 2 AM. im Monat, bei Zustellung durch di« Noten 2^0 NM., bei Postdestellnng 2 NM. zuzüglich «dtrsG- . gebühr. Einzelnummern IdRpfg.AllePostanstaltn, Wochenblatt für Wilsdruff u. Umaeaend Postboten und »nsereNus- trägerund GeschSftsstelleu - -— - nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. I« Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht Lein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder KRrzuug des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. An,ei,enpr^,: dt« S <,^»ol!nir Si«ii»,cilr A »ipf,., dt< 1 g^paUe». FeUe dtr amtlichen Bekonn«machun,cn 40 Pfennig, die lf gespaltene im textlichen Telle l R«ich,m«rk. MachweilUne»»edvhr 20 'ReichLpiennlzt. B«. gcs»r,ebene Erscheinung,. .. tuge und Platz» arschrift», werden nach Wrolichkkit ^erusprewer: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücküchtitzl. Ani«««,, «nnadmedi, norm.wUdr. — — ! Für die »ilchtigkeil »er durch Fernruf übermitteltenAujeigen Ldrrnedmen wir keine Garantte. Feder Siadattanfpruch erlischt, wenn der Betra, durch Klage einge-agen werden muh oder derAnttraggeb er in .iton Kurs gerät. An,eigen nehmen aüe Dermitllur,«stellen ent,e,«n. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Rr.274 — 86 Jahrgang Tel gr-Adr: .Amtsblatt* Wilsdruff- Dresden Postscheck Dresden 2646 Freitag, den 25 November 1V27 Oer eiserne Mann. „Wehe dem Volke, dessen König ein Kind ist." Auf Rumäniens Königsthron, der erst vor sechsund- vierzig Jahren errichtet ist, sitzt solch ein Kind, sitzt ein Sechsjähriger. Um ihn herum Wirbeln die Intrigen, kämpfen skrupellose Machthaber, wird mit allen Mitteln, die eine politische Korruption zu erzeugen pflegt, um diese Macht gerungen. Und draußen — jetzt noch draußen — steht einer als Kronprätendent, dessen Aussichten durchaus nicht schlechte sind. Eine eiserne Hand, die in der Wahl der Kampfmittel noch weniger bedenklich, noch skrupelloser war, meisterte bisher das Chaos, den — Bürgerkrieg. Aber diese Hand ist jetzt erschlafft. Bratianu, Rumäniens Ministerpräsident und wirklicher Beherrscher, ist ganz plötzlich gestorben. Der Regentschaftsrat, den der unlängst verschiedene Rumänenkönig Ferdinand dem Sechsjährigen nach seinem Tode zur Seite stellen ließ — die Königinwitwe Maria hatte keinen Anteil an der Macht, die sie so heiß erstrebte —, bestand aus dem Prinzen Nikolaus, einem Onkel des allzu jungen Carolsohnes Michael, dann aus dem obersten Kirchenfürsten Rumäniens und aus dem Präsidenten des Kassationshofes, also dem höchsten richterlichen Beamten. Aber zu sagen hätten alle diese drei Männer so gut wie gar nichts, denn Bratianu herrschte, und man weiß, daß er sich am wenigsten davor gescheut hätte, Rumänien zu einer Republik zu machen, wenn er es zur Erhaltung seiner Macht für notwendig befunden hätte. Nichts zu sagen hatte auch die Königinwttwe Maria, so wenig, daß es in den letzten Tagen noch hieß, sie wolle sich in ein Kloster zurückzichen. Das wird sie jetzt wohl bleibenlassen. . -^we riskante Sache, zu prophezeien, aber — vielleicht ist Ionel Bratianu gerade zu rechter Zeit ge storben. ^er Widerstand gegen ihn wuchs. Nicht in der Armee, auf die er sich doch verlassen konnte trotz mancher Sympathien, derer sich in ihr der Kronprätendant Carol immer noch erfreut. Diese Sympatüien hielt Bratianu mit eiserner Hand nieder. Aber auch der Regentschaftsrat machte ihm Schwierigkeiten, namentlich Prinz Nikolaus, der wohl an eine Gefährdung des Thrones durch Bra tianu glaubte. Und dann kam die schwere moralische Niederlage, die das Diktatorentum des Ministerpräsiden ten in dem Prozeß gegen den Vertrauensmann des Prin zen Carol, den Obersten Manoilescu, erlitten hat. Aus dem Angeklagten wurde der Kläger, der gegen die mit allen Mitteln arbeitende Herrschaft Bratianus schwerste Anklagen erhob. Und was diese Niederlage zu einer noch schwereren machte, war die Tatsache, daß das Gericht, vor dem jener Vertrauensmann Carols stand, ein Mili tärgericht gewesen ist. Das war ein überaus harter Schlag für den Diktator. Mit der parlamen tarischen Opposition, die recht stark ist, obwohl bei ru mänischen Wahlen mit allen Mitteln der Bestechung, Ge walt und sonstiger Beeinflussung gearbeitet wird, war Bratianu ziemlich fertig geworden. Freilich hatte auch sie ihm schärfsten Kampf angesagt. Die Gärung, der Widerstand unter der Decke der Gewalt stieg immer weiter. Und dabei war Bratianu ein — Liberaler! Bekanntlich hat Prinz Carol am 31. Juli, zehn Tage nach dem Tode König Ferdinands, seinen Thronver zicht wieder z u r ü ck g e n o m m e n. Daß die Re gierung Bratianus erst vor ein Paar. Tagen die sogar viermal erfolgte Verzichtleistung veröffentlichte, blieb im rumänischen Volke ohne Eindruck; denn dort unten, im Halborient, nimmt man es nicht so genau mit dem Halten eines gegebenen Wortes, namentlich dann nicht, wenn — Bratianu den moralisch Entrüsteten spielt. Sv wird denn der Kampf um die Erbschaft beginnen. Vor läufig hat des Verstorbenen Bruder, der im bisherigen Kabinett Finanzminister war, das Portefeuille des Ministerpräsidenten übernommen. Was er bisher leistete, hat bewiesen, daß er wohl kaum die starke, brutale Persönlichkeit ist wie sein verstorbener Bruder. Gewiß hat er im Parlament noch die große Mehrheit hinter sich; aber derartige Machtkämpfe spielen sich außerhalb des Parlaments ab. Wird er also der Erbe seines Bruders auch bleiben? Wird es die Königinwitwe werden oder Prinz Carol, der jetzt noch draußen steht, aber seine Stunde wohl sicherlich für gekommen hält? Prophezeien ist eine mißliche Sache, besonders aber dann, wenn cs sich um Entwicklungen auf dem Balkan handelt. Lüwinow bei Giresemanm Auf der Reise nach Genf. Die Delegation Sowjetrußlands zur Vorbereitenden Abrüstungskonferenz in Genf ist abgefahren. Rußland nimmt zum erstenmal an den Abrüstungsberatungen teil "nd man sieht diesem Ereignis mit hesonderer Spannung entgegen. Die russische Abordnung wird geführt von dem stell vertretenden VolkNc.nmissar für auswärtige Angelegen- yetten, Litwinow, und nimmt den Weg über Berlin. r.ttwmow ist dort in Begleitung des Volkskommissars für das Unterrichtswesen, Lunatscharski, bereits ein- g trosicn. Litwinow besuchte alsbald das Auswärtige s^tete dem Reichsautzenminister Dr Strese mann einen Besuch ab. Zm Äde des riimnWu AinistMWenle» Einer Halsentzündung erlegen. Das durch die Streitigkeiten um die Thronfolge inner lich so aufgewühlte Rumänien ist in eine neue Krise ge stürzt worden. Ganz unerwartet ist der an der Spitze de, Regierung stehende Ministerpräsident I. I. C. Bratianu aus diesem Leben abberufcn worden. Er ist den Folger einer Halsentzündung erlegen. In den letzten Tage« waren bereits in Bukarest Gerüchte verbreitet, die vor einer ernsten Erkrankung des Kabinettschefs wissen wollten. Eure amtliche Mitteilung trat diesen Nachrichten entgegen und versicherte, datz Bratianu infolge Erkältung unpässlich gewesen sei, sich aber schon auf dem Wege der Besserung befinde. ' Bei der Halsentzündung, die zum Tode Bratianus führte, stellte sich die Notwendigkeit einer Operation her aus, die auch einen günstigen Verlauf nahm. Wenig« Stunden später traten jedoch starke Hustenanfälle mit Blut I. I. C. Bratianu -st. Vintili? Bratianu. Im Lause des Donnerstagvormittags wurde in Bukarest wieder die Depeschenzensur verhängt. Sämtliche Regierungs- und öffentlichen Gebäude wurden militärisch besetzt. Bei den Garnisonen in der Provinz wurde der Alarmzustand verkündet, doch herrscht zunächst überall Ruhe. * I. I C. Bralianu wurde 1864 als Sohn des 1891 verstorbenen rumänischen Staatsmannes Joan Bratianu geboren. Dem Vater Bra tianu, der von 1876 bis 1888 mit kurzen Unterbrechungen Ministerpräsident war, verdankt Rumänien die Unabhängig keit und die Königswürde. Dem Sohn Bratianu verdankt vas Land die Entwicklung zum Groß-Rumänien. Seit 1895 Ab geordneter, wurde Bratianu der Jüngere 1897 Minister des Innern. 1910 übernahm er die Leitung der Liberalen Partei »nd wurde gleichzeitig Ministerpräsident. Als solcher erwarb er im Jahre 1913 von Bulgarien die Dobrudscha. Seine Politik führte am 27 August 1916 zum Eintritt Rumäniens in den Krieg au der Seile der Alliierten. Da Bratianu bei Kriegsschluß nicht alle Forderungen durchsetzen konnte, trat er im Dezember 1919 zurück. Nachdem das Kabinett Take Ionescu im Januar 1922 unterlegen war, bildete Bratianu ein neues Kabinett. Im März 1926 machte Bratianu einem Kabinett Averescu Platz. Averescu, der sich nur als Platzhalter für Bratianu erwies, machte schon im Juni 1927 dem Prin zen Stirbev Platz. Der kranke König berief bald Bratianu erneut zur Kabinettsbildung. * Oeutsches Beileid. Reichsminister des Auswärtigen Dr. Stresemann Hai an den rumänischen Minister des Äußern Titulescu das folgende Beileidstelegramm gesandt: „Die Nachricht von dem Hinscheiden des Herrn Ministerpräsidenten Bratianu hat mich tief bewegt. Ich bitte Euere Exzellenz, mein aufrichtigstes Beileid entgegenzunehmen und dieses auch der Königlich Rumänischen Regierung übermitteln zu Wollen." auswurf ein, die dem Kranken schwere Atemnot bereiteten Es mußte zu einer zweiten Operation geschritten werden, um durch Einsetzung einer Kanüle einen künstliche« Atmungsweg zu schaffen. Eine Blutuntersuchung ergab das Vorhandensein einer allgemeinen Blutvergiftung Bratianu, der von seiner Familie umgeben war, tat Don nerstag morgen früh gegen 7 Uhr den letzten Atemzug. Er stand im 64. Lebensjahre. Die Beisetzung soll aus seiner Besitzung in Floriea stattfinden. * Die vorläufige Nachfolge. Sofort nach dem Hinscheiden Bratianus trat dei Ministerrat zusammen und . fasste Beschlüsse zur Aufrecht erhaltung der öffentlichen Ordnung, da die Erregung in der Hauptstadt natürlich stark anstieg bei der Todesnach richt. Vintilie Bratianu, der Bruder des Ver storbenen, hat vorläufig die Ministerpräfidentschaft über nommen. § * * Lsrol naG Rumänien sbgereist? Paris, 24. November. Nach den hier in den späten Abend stunden vorliegenden Meldungen aus Rumänien sollen die Op positionsparteien dem früheren Kronprinzen Carol nach dem Ab leben Bratianus verständigt haben, sofort nach Bukarest zurück zukehren. Gerüchtweise verlautet hier, daß Carol Paris bereits verlassen habe. Eine Bestätigung dieses Gerüchtes war allerdings bisher nicht zu erhalten. Andererseits verlautet nach weiteren Meldungen aus Bukarest, datz die rumänischen Truppen Bereit- schchtsbesehl erhalten haben und datz starke Militärpatrouillen die rumänische Hauptstadt durchziehen. Vin ^sicysr Besuch ist selbstverständlich und bedarf keiner Begründung. Die durch die Auslandspresse daran geknüpften Gerüchte, Litwinow wolle mit Dr. Stresemann ein gemeinsames Vorgehen der deutschen und der Sowjet delegation auf der Genfer Konferenz besprechen, sind natürlich nach jeder Richtung hin unbegründet. Deutsch lands in Genf einzunehmende Haltung steht seit langem fest. Litwinow und Lunatscharski setzen Freitag die Reise nach Genf fort. Deutsches Schulrecht in SberMesien. Günstige Entscheidung Calo n der s. Den deutschen Eltern in dem an Polen gefallenen Teil Oberschlesiens steht das vertragsmäßige Recht zu, ihre Kinder in deutschsprachigen Minderheitsschulen unter richten zu lassen. Dieses Recht wird ihnen seit langer Zeit von polnischer Seite planmäßig zu entziehen versucht. Der unparteiische Präsident der Gemischten Kom Mission für Ostoberschlesien, der Schweizer Calonder, wurde neuerdings um eine Entscheidung in Schulsachen ersucht, die ihm zusteht. Er hat nämlich die schulpflichtigen Kinder auf ihre Sprachangehörigkeit zu prüfen. Sein Spruch ist zugunsten der Deutschen ausgefallen. Es handelte sich um die beantragte, aber vom pol nischen Woiwoden abgelehnte Errichtung einer Minder heitsschule in G i r a l t o w i tz. Im November 1925 wurden 44 Anträge auf Errichtung der deutschen Minder heitsschule eingereicht. Sechs Monate später wurden die Antragsteller vor die Woiwodschaft geladen und dort nach ihrer Muttersprache befragt. Hierbei erklärten sie meistens, daß sie Deutsch und Polnikch als ihre Mutter- spräche ansehen. Auf Grund dieser Feststellung der Woiwodschaft wurden nur vier Anträge für gültig, 38 für ungültig erklärt; zwei waren zurückgezogen worden. Die Ungültigkeit der 38 Anträge wurde damit begründet, daß die deutsche Sprache nicht die Muttersprache der Kinder sei. Calonder stellte in seiner jetzigen Entscheidung fest, daß dieses Verfahren der Woiwodschaftsbehörde als ein Versuch zu betrachten sei, einen Druck auf die deutsche Minderheit auszuüben, die ohnehin schon einem schweren Kampfe ausgesetzt sei. Ferner erblickt der Präsident aber auch eine Beeinflussung bezüglich der Genfer Vereinbarungen darin und bestimmt daher, daß die Minderheitsschule in Giraltowitz unverzüglich zu er öffnen sei. Calonder stellte sich auf den grundsätzlichen Standpunkt, daß bei der Anmeldung zur Minderheits schule lediglich die persönliche Erklärung des Erziehungsberechtigten erforderlich sei. Das Reichsehrenmal. - Drei Wünsche werden erfüllt. Die Frage der Errichtung eines Reichsehrenmals für die im Weltkriege gefallenen deutschen Soldaten, die im vorigen Jahre zu lebhaften Erörterungen Veranlassung gab, ist jetzt wieder aufgetancht und soll eine überraschende Lösung finden. Man erinnert sich, daß seinerzeit eine große Mehrheit des deutschen Volkes dafür eingetreten war, daß das Ehrenmal bei Berka in der Nähe von Weimar errichtet werde. Daneben gab es aber ansehnliwe Minderheiten, die anderen Plänen das Wort redeten. Das preußische Ministerium und andere traten für die Reichshauptstadt als Stätte des Ehrenmals ein, während man im Rheinland sich das Ehrenmal für die Rheingegend wünschte. Nun hat dieser Tage das Reichskabinett sich von neuem mit der Ehrenmalsfrage beschäftigt und Beschlüsse gefaßt, die allen Wünschen gerecht werden wollen. Berka