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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.12.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-12-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921207018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892120701
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892120701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1892
-
Monat
1892-12
- Tag 1892-12-07
-
Monat
1892-12
-
Jahr
1892
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WHpimeMtNtApreiO f» der HauptexveUttou ad« den k» Stadt bezirk und de» Vororten errichteten SoS- aabestellen ad geholt: vierteijährlich ^««LO, bei «weimaüaer täglicher Zustellung int Hau» 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschiand und Oesterreich: vierteljäbrlich Ü.—. Direct» tägliche Kreuzbandieaduog tu« Ausland: monatlich ^ 9.— Die Morgen-Ausgabe erscheint täglich'/,? Uhr, di« Abend-Ausgabe Wochentag- 5 Uhr. UeLaclion und LrpeLition: Aodanue»,afse 8. Di»Ln>«ditiou ist Wochentags nnunterbrvche» geössnet von früh 8 bi» Abend« 7 Uhr. Filialen: ktts Me««'« Eortim. (Alfred Hah»1» Unidelsitätsstraße 1, L-ni» Lösch», Sathariueustr. IS. Part, »nd KöuigSplatz ^ Morgen-Ausgabe. riWger Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- and Geschäftsverkehr. JnsertioaSpreiS Die Lgeipaktene Petitzeile 80 Pfg) Reclame» unter dem Redactiontstrich (4 ge» spaltenl 60>C, vor dm, yamtlieaaachrtchü» (Sgesvaltea) SO^H. Größere Schristeu laut »nserem PreiS- vrrzeichntß. Ladellarischer und Ziffer-ja» nach höherem Daris. Grtr«,veila«ea (gef-l,t). nur ml« de» Morgen-Ausgabe. ohne PvsibefSrdernag ^ SO.—» «,t Postbrsördernug 70.—. ^unahmeschluß für Inserate: Abend-Ausgabe, vormittag« 10 Uhr. Morien-AuSgabe: Nachmsttag« SUHr. Sonn- und Festtag« früh '/,9 Uhr. Bei de» Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stund« früher. Aaserat« sind stet« »» di» Extzeditisa zu richten. Drnrk und Verlag von k. Pol» tu Leipzig. Fr «24. Mittwoch den 7. December 1892. 88. Jahrgang Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Bei der Stadtdersrdneten-Waül am 5. d«. MtS. sind 15 245 giltig« Stimmzettel abgegeben worden, wovon die nachgenannlen Herren die beigejetzte höchste Siimmenzahl erhallen haben: 4. Au» «er Clafse der ansSssigen Börger. I. Als Stadtverordnete. Nr. 879 de« 1. Bezirk«: Ehmig, Max Adalbert, Steinmctzobermeister ....... 10 307 Stimmen Pommer, Emii Max, Architekt 10 300 Zenker, Juliu« Oskar, vr. für. und Rechtsanwalt 10 298 Wilhelmh, Emil Otto, Klemvncrobenneister - . 10886 Scheller, Carl Goiilieb, Kausman» 10859 Joachim, Carl Friedrich, Bäckerobermeister 10 855 Pansa, Otto, vr. für. und Rechtsanwalt 8 640 Knirsche, Hermann Theodor, Kaufmann 8823 Zeitschel, Ernst Richard, Tischlermeister. . 8 610 Werner, Friedrich August, Schriftsetzer 8603 Kohlmann, Hans Benno Eduard, Apotheker und Friedensrichter 8 600 Sauer. Bruno Maximilian, Schlossermeister und Bankdirector . 8 549 II. Ala Rcscrvcmäiiiirr. Stöhr, Paul Rudolf Eduard, Kaufmann und Fabrikant . . . 8 659 Lehmann, Carl Ernst, Äorbmachermeister ........ 8 658 Lange. Franz Theodor, Tischlermeister 8 656 ». Au« «er Vlasse «er unaiisässigen Bürger. I. Ala Stadtverordnete. Strenbel, Friedrich Ernst, Fleischerobermeister ...... 10 300 Sieber, Carl August, Landgerichtsdirector 10 298 Schober, Friedr. Maxim., vr.fur. Geueralcons. u. Oberreg.-Rath a.D. 10 888 Pü ttnrr, Paul Robert, Kaufmann 8 663 Schilbach, Wilhelm Ludwig Joseph, Kaufmann und Techniker . 8 663 Brück, Heinrich Friedrich, Kaufmann . 8 65? THSmSgen, Hermann Rudolf Otto, Buchbinderetbesitzer ... 8 656 Nestmann, Carl Albert Bruno, Kaufmann 8 651 Baensch, Egbert Johanne«, Buchdruckereidesitzer und Buchhändler 8 648 Stenger, Constantia Heinrich, Kausmann 8 646 Favreau, Carl Heinrich Juliu«, Dir. d. Allg. Deutsch. Creditanst. 8648 Seifert, Friedrich Emil, Zeitung-Herausgeber und Redakteur . 8 641 Zehn, Heinrich August Wilhelm, Schornfleinfegerobermeistcr . . 8627 John, Johann Heinrich Friedrich Wilhelm Richard, Kaufmann . 8 868 ll. ala Reservemönuer: Jank«, Felix Arthur, Kaufmann 10309 Schobert, Johann Valentin Albert, Postmeister 10903 8) « 697 »7. » Richter, Carl Bernhard, Architekt 8658 Diese Herren sind daher nach tz. 59 der Revidirten Slädte^rdnung vom 84. April 1873, t» Verbindung 8. November 188? erlassenen und unterm 2. Mat 1888 durch da« Königliche Ministerium de« Innern bestätigten N OrtSstatute. als Stadtverordnete, bezw. Reservemäuner gewählt zu betrachten. 2 - 352 4. 3 - 504 I. - 4 - 71 2. - 5) - 129 - 4. - 6) - 403 - 2. - 7 204 - I. 8 - 269 » 7. - S - 327 3. - 10 - 25 - 7. 11 » 455 8. 12) - 14 8. - 1 347 7. » 2 ) - 613 5. 3 ) 112 * S. F 1 653 . 8. 2 - 3 238 1. - 8 8 129 - 4. - 4 - 1779 4. - 5 - 2 00? - 6. - 6 - 1884 - 1. - 7 1389 - 2. - 8008 - 4. - » 1173 2. - 10 » 1407 - 2. - 11 669 - 3. - 12 1 B 8811 » 1. - 13 1 649 8. B 14 ) 961 - 6. 1 ) 3 649 1. 8 > - 2 387 - 8. Leipzig, am S. December 15 181. mit dem unterm achtragr zu unserem Der N«ttz der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Clinch. Lekauntmachunß. Die Leuchtkraft de« städtischen Leuchtgases betrug ta der Zeit vom 88. November bi« 4. December 1892 im Argandbrenner bei 150 Litern slünvlichem Tonsuin das 18.7 sache der Leuchtkraft der deutschen Normalkerze von 50 Millimeter Flammenhöhe. Da« spectflsche Gewicht stellt sich int Mittel auf 0,448. Leipzig, am 5. December 1892. Des Naths Deputation zu den Gasanstalten. Lekanntlnachung. Nach hier erstatteter Anzeige eines 8jährigea Mädchen« hat sich am 26. vorigen Monats Vormittag» gegen 11 Uhr eine unbekannte Frauensperson von der Heiligen Brücke herab in selbstmörderischer Absicht in den Fluh gestürzt »nd ist unter dem Eise verschwunden. Da eine weitere Meldung über den Fall bei uns noch nicht eingegangea ist, bringen wir solche« behuf« Ermittelung der Persön- lichten der Unbekannten mit dem Brinerkeo zur Kenntniß, dah dieselbe mit schwarzem Kleid«, kurzem Jaquet, blauer Schürz» and blauer Kapuze bekleidet sein soll. Leipzig, den 5. December 1898. ^ Da« v-ltzeta«t de* Stadl Let»»tg. IV. 7046. Brrtschaeidrr. L. dem Kaufmann Friedrich Hermann G«tl Stokdrrg erlassen« Steckbrief hat sich erledigt. Der hinter 1 an» Osendorf Leipzig, am S. December 1892/ Der Untersuchungsrichter det dem Köntgl. Landgericht. Burkhardt. Die Doppelsenstkrlteferung ist vergeben worden. Lommando 1v. (königl. sächs.) Aufanterte-Ne«t«entS Nr. 1S4. Zur deutschen Heeresvorlage. i. * Bon unserem militairisckrn Herrn Mitarbeiter acht uns über den Zweck und das Wesen der Militairvorlage eine Darlegung zu, die in knapper Form Alle» zusammenfaßt, waS darüber von militairischen Autoritäten in Vorträgen und Aufsätzen vorgebracht worden ist. Die Darstellung sieht von einer Widerlegung der zahlreichen wirthschaftlichen Be denken gegen die Borlage ab und erhebt also nicht den Anspruch darauf, eine völlig überzeugende Rechtfertigung der Vorlage zu sein. Aber sie bringt die rein militairischen GesichtSpuncte zur klaren Anschauung und ist dcSbalb vor züglich geeignet, die Verhandlungen des Reichstags über die Details der Vorlage dem Verständnisse näher zu rücken Zunächst führt unser Herr Mitarbeiter das Folgende au«! Llls. Di« durch die Reichsregierung dem deutschen Reich-, tage unterbreitete Militairvorlage verfolgt einen dreifachen Zweck: 1) will sie einen Ausgleich treffen zwischen unserer Minder stärke und der bedeutenden Uevermacht unserer Gegner, 2) Einrichtungen schaffen, um die Armee bei Einführung der zweijährigen Dienstzeit auf dem Staudpuncle ihrer bisherigen Tüchtigkeit zu erhalten, 3) die Armee verjüngen. Die Worte des Feldmarschalls Grafen Moltke in der Reichs tagSsitzung vom l6. Februar l874: „Was Deutschland in einem halben Jahre mit seinen siegreichen Waffen errungen bat, das muß e« ein halbe- Jahrhundert mit Waffen schützen, damit es uns nicht wieder entrissen werde" — legen Zeugniß ab für den klaren Blick, mit dem Graf Moltke schon damals die Weltlage erfaßte» sie sind in prophetischem Geiste gethan. Nur durch die schwere Rüstung, welche Deutschland seit 22 Jahren getragen, die wiederholt noch verstärkt werden mußte, ist der Frieden Europa- bisher ge wahrt geblieben, und jeder rubig Denkende weiß, daß, wenn über kurz oder lang die Kriegsfurie wieder loSbrrchen sollte, es sich für Deutschland um Sein oder Nichtsein bandelt Die« ist keine Schwarzmalerei, sondern da« unrrbitliche Er >ebniß der Weltlage, die in der Hauptsache durch keine Staat«- uns) verändert werden kann. Es ist also LebenSbcdingung für Deutschland, da- lieber gewicht wieder zu erreichen, welche- eS in Bezug auf seine Wehrkraft im letzten Jahrzehnt verloren hat, indem eS von der ersten auf die dritte Stelle durch das mächtige An wachsen der Heere Frankreichs und Rußland- herabgesunken ist; denn Deutschland darf in einem künftigen Kriege nicht geschlagen werden, die Gründe hierfür liegen auf socialem, politischem, volkSwirthschastlichem und militairiscl'em Gebiete sowie in seiner geographischen Lage, welche letztere eS zum natürlichen Kriegsschauplätze für ganz Europa durch zwei Jahrhunderte hindurch machte, bis es sich zu einer achtung gebietenden Macht emporrang. Die jetzige Machtstellung Deutschland- eraiebt sich au« nachfolgender vergleichenden Uebersicht de« FriedrnSstaadeS der Armeen der europäischen Großmächte*): Z Mi L ^ P » 8. L ^ « Ez ZW s K LL F -LZ r« , ? o? Ls L N A S E K A 0 N Ä KZ ^ 8 V ,, o ^ — o Q 8 8 8 »s OOS o O- <n »er t- o Sä H-4 s M-, 04 uoganaL ,chj,uip,T § § L Z s 2 2 L Ä »p-mnlrs-ynL) -svunistL A kl 2 S 2 u,,»„t>T A ?! § Z S uruoaqvcuipI Z Z 2 H Z 0 2-L.L'Z . S Z ZRssä ZK ? E I ff I -Z 2^ ZZ -r- « « « « 8 8 L 8 8 ! Kt K L « L 8 S « s? tv s; Es sind in dieser Uebersicht weggelaffen worden für Frank reich die EadreSformationen, für Oesterreich-Ungarn die Ersatzcadre«, die Compagnien der Nicktstreitbaren in Ruß land — Deutschland besitzt keine EadreSformationen —, sowie bei sä mm tlichen Armeen die Train-, die Handwerker- ") Nack Major Keim: „Worum macht verstärken-" muh Deutschland sein« Wehr- Arbeiter- und Straf-Compagnien. Bei der französischen Armee sind die Cavallerie-Regimenter, welcke bereits ge nehmigt, aber deren Aufstellung erst im Lause des nächsten Jahres erfolge» wird, mit eingerechnet. TaS italienische CorpS in Afrika blieb außer Ansatz, daaegru sind die afrikanischen HeereStheile Frankreichs, sowie rin Tbeil der Marineinfanterie (26 Bataillone mit 104 Compagnien) mitgerechnct, da beide, wie in den Jahren 1870/71 jcdensaUS acliv Mitwirken werden. Auch die beiden deutschen See bataillone wurden hinzugezählt. Nach dieser Aufstellung bleibt Deutschland in seiner Friedensstärke um 70 Jn- fanteriebataillone und 46 Batterien mit 276 Geschütze», daS sind drei Armeekorps hinter Frankreich zurück, während wir zu Beginn dcö Krieges I870/7t diesem um 104 Bataillone, 400 Geschütze und l3(s Escadrvns Überlegen waren. Ruß land ist »m 564 Bataillone, l85 EScadrvnS und 636 Ge schütze stärker als Deutschland. Diese Zahle» sprechen für sich selbst, selbst wenn man bei Rußland 130 000 Mann mit Rücksicht auf die in Ästen stehende» Truvpenttzeile abstreicht. AuS der in der letzten Reibe obiger Uebersicht bezifferten Zahlen der eingestellten Rccruten ergiebt sich die Kriegs stärke der verschiedenen Heere, wenn man dieselben mit den Jahren der Gesannntdicnstpsiicht, welche in Deutschland 24, in Oesterreich-Ungarn 22, »> Italien 19, in Frankreich 25 »nd in Rußland 23 Jahre beträgt, vervielfältigt und davon den 4. Theil als den rrsahrungSmäßigeu DurchschnillSabgang in Abzug bringt. Nach den von ihm selbst gemachten Erfahrungen ist Frank reich mü der Einführung seines neuen WehrgesctzcS vom Jahre 1889 an der äußersten Grenze der AuSnüyuiig seiner Volks kraft für militairische Zwecke angelangt und an einer weiteren Steigerung seiner Wehrkraft damit auf absehbare Zeit verhindert. DaS am 21. November ds. I». der Deputirten-Kammer vorgelegte CadrtSgesetz festigt da- Gefüge des französischen KriegshcereS dadurch, daß e- durch die Schaffung einer be deutende» Anzahl von StabSosflcier- und Eapuainstellen die Möglichkeit gewährt, alle FUHrrrstellen einer der Linienarmee an Einheiten völlig gleichenden Reservearmee mit Osficieren des Activstandes zu besetzen, enthalt aber keine Erhöhung de- MannschaftsstandeS. Rußland hat durch den in den letzten Jahren in ziel bewußter Weise durchgefübrten Neubau seiner HeereScin- richtungen sich eine starke Feld- und Reservearmee geschaffen. ES ist damit aber an dir Grenze seiner finanziellen Leistung- fäbigkeit gekommen und hierdurch auf absehbare Zeit gleich falls behindert, weitere ins Gewicht fallende Verstärkungen seiner Wehrkräfte vorzunehmen. Deutschland isi somit in der Lage, mit ziemlicher Genauigkeit abwägen zu könne», wie viel Kräfte es seinem Heere zusubren muß, um sein verloren gegangenes Uebrrgewicht wieder herzustellen, da in der Be waffnung wie in der Ausbildung sich die Großmachtsheere jetzt so ziemlich die Waage halten. Die neue Militairvorlage will diese» Standpunct dem deutschen Heere mit einem Schlage wiedergeben, um den fortgesetzten politischen Aufregungen und Streitigkeiten wegen der militairischen Forderungen ein Ende zu machen. Dies wäre nur möglich durch eine reichliche Vermehruna der Recrutenzahl, demnach eine Erhöhung der Friedensstärke bei Einführung der zweijährigen Dienstzeit und di« hierdurch be dingten Neueinrichtungen. Deutsche- Reich. »». Berlin, 6. December. Die ReichStagSfractionen sind zum Theil mit der Bcralhung der Militairvorlage schon »u Ende gelangt. Am frühesten fertig war die deutsch freisinnige Fraction; jetzt — so heißt eS — hat auch da« Cent rum seine Vorbesprechungen abgeschlossen. Ueber da- Ergebniß der Berathungrn der Nationalliberalen und der Conservativen verlautet noch nichts. Aus nationalliberaler Seite wird man wohl die Rückkehr de- Führer» abwarten. der anläßlich eines zum 7. und 8. angcsagtcn kaiserlichen Besuches in der Stadt Hannover dortselbst festgehaltcn ist. Die Conservativen hingegen werden erst abwarten WaS ihnen der Parteitag am 8. December bescheret, ehe sie sich über ihre Stellung zur Militairvorlage schlüssig machen. Unter diesen Umstänven ist cs heute überaus schwierig, zu sagen, wie es um die Aussichten der allernächsten Wochen bestellt ist; nur da« Eine ist sicher: die Schicksale der Militairvorlage sind zugleich entscheidend für die innere politische Entwickelung überhaupt. Doch läßt sich immerhin, in rein hypothetischer Form natürlich, nach drei verschiedenen Richtungen hin die mögliche Entwickelung der Dinge eine Strecke Wege« verfolgen. Nach berühmten Mustern bitten auch wir, ein Zukunftsbild „sich zu vergegenwärtigen" — zwar nicht die Situation unserer Armee vor den SperrsortS-Linicn gegenüber der Vogesenkette, wohl aber die Situation des Kanzler«, sofern eS ihm nicht gelungen ist. die Kette von Bedenken zu durchbrechen, die seiner Militair vorlage gegenüberstehen. Das ist die erste Eventualität Nehmen wir sie also einmal ins Auge. Wie würde dann die „Lage" sich gestaltet haben? Al« selbstverständlich kann vorausgesetzt werden, daß eine große Mehrheit sich dann geeinigt hätte, die zweijährige Dienstzeit anzunehmen, jedoch nur alS gesetziiche Gewährleistung, und sich auch geeinigt hätte, dasürzur Ausrechtcrhaltung der gegenwärtigen FriedenSpräsc^ eineMehrauShcbungvon25—30000Recrutrn,also rund 200000 Rccruten jährlich, zu bewilligen. Der Kanzler würde un möglich in der Lage sein, eine derartige Verstümmelung seiner Vorlage oder richtiger die gänzliche Ablehnung seines Reorganisationsplanes duldsam binzunchmen. Er müßt seinem alten Grundsätze, das Gute zu nehmen, wo er e- sindet, untreu werden und daS „Gute" suchen, wo eS sich allenfalls und äußersten Falle« noch finden läßt, wenn eS ihm diese ReichSIagSmehrheit verweigert. Er müßte im Bunde- rath die ReickStagSauslösung beantragen, dann hätten noch mal- die verbündeten Regierungen da- Wort, die aber ihrer seit« durch die Zustimmung zu der gegenwärtigen „Präsidial vorlage" durchaus nicht in demselben Maße rngagirt sind wie der Kanzler persönlich; sie könnten vielmehr aus gan^ ähnlichen Rücksichten auf ein innerlich kräftige» und befriedete- NeichSwesen die Auslösung unter den obwaltenden Umständen ablehnen, wie sie au- Rücksichten auf «in äußerlich starke« Reich die Präsidialvorlage im BundeSrath pasfiren ließen. Was dann? Der veranlwyrtliche Rathgeber der Präsidial- ewalt, Graf von Caprivi, mühte seinen Rückzug antreten. )ie Ideen des März könnten wiedsr einmal Verhängnitzvoll werden. Ein Nachfolger de« Grafen von Caprivi 3nde rem iutegiam vor, er könnte die Sache ruhen affen oder in anderen, ersprießlicheren Wegen wieder ausgreisen. Eine andere Eventualität ist denkbar, daß nämlich eine Mehrheit sich, wie das die Kieler Freisinnigen n einer Resolution nahe gelegt haben, aus eine Halbirung des Organisationsplanes vereinigen. „Möglichst innerhalb der gegenwärtigen Frirdenspräsenz" wollen die Kieler Frei- innigen die gesetzliche zweijährige Dienstzeit unter arund- ätzlichem, praktischem Bekenntniß zur vollen Durch- ührung der allgemeinen Wehrpflicht verwirklicht sehen. Gänzlich innerhalb der gegenwärtigen Frieden-Präsenz läßt sich das nicht machen. Mag man die Ber- tärkung ablehnen und die 18 000 Ersatzreservisten mit towöchiger UcbungSzrit beibehalten, auch di« zweite Compagnie der vierten Bataillone ablehnen, desgleichen die Forderungen ür die Caballerir, — insoweit Wird da- „möglichst" der Kieler Freisinnigen ohne Zweifel von einer Mehrheit im Reichstag unterstützt werden. Dann bleibt immerhin der organisatorische Gedanke der vierten Bataillone, reducirt auf de» Bestand von einigen Mannschaften, höchstens für eine Compagnie, und die Officiere und Unterosficiere ves „Rahmen- ülataillonS", aufrecht erhalten. Dann ist cS eben auch unbedenk licher, die organische Neuerung mit mehr oder tilffider großen Dicken im Lehr- und Ausbildung-personal ansgngrn zu lasten. Nehmen wir also, tinnial an, darüber käme eS zu einer Vereinbarung und auch über die Verstärkung der Artillerie und der technischen Specialtruppen. Die Friedenspräsenz käme damit aus 510 000—520 000, dir Au-hebuna-ziffer aus 205 000—210 000 Mann, die Forderung de« Caprivt'schen Planes wäre also ziemlich genau halbirt und dir verbündeten Regierungen ständen nun vor der Entscheidung, die- »u nehmen oder nicht- zu erhalten. Ob sie wohl ebenso große Zuversicht, wie Graf von Caprivi hätten, daß die Wähler für eine darüber hinauSgehende Bewilligung geradezu enthusiastisch sich erklären würden? Wenn nun die verbündeten Regierungen von diesem Optimismus frei sein und „da- Gute' nehmen sollten, wo und wir «S sich ge boten hat? — Hier überlassen wir eS dem Ahnungsvermögen jede- Einzelnen, sich da« Weitere auszumalen und au-zu» denken; wir wollen nicht« prophezeien, nur die Möglichkeiten der Entwickelung streifen. Die dritte Möglichkeit wäre die, oaß die Vorlage in so erheblich herabgrminderter Form nur den Beisall einer Minderheit fände — trotz der Anregung der Kieler Freisinnige». Dann freilich wäre die Auslösung nicht zu umgehen und eine Wahlbewegung in Aussicht, wie Deutschland noch keine gesehen. V. Berlin. 6. December. (Telegramm.) Der Bunde«- rath stimmie in der heutigen Plenarsitzung den Gesetz entwürfen, die Abänderung der Besteuerung de- Bieres und Branntwein-, sowie die Abänderung de- Gesetze« Uber die Erhebung der NeichSstempelabgaben be treffend, zu. — Die Gesetzentwürfe sind dem Reichstag« bereits zugegaugen. — Nach Mittheilungen der „StaatS-Bürger- Zeitung" entfielen bei der Stichwahl im Reichstag-Wahlkreise ArnSwalde-Friedeberg auf Ahlwardt 10 300, auf Drawe 3075 Stimmen. — In einem Rückblicke auf die Etatsdebatte im Reichstage führte die „Münchener Allgem. Ztg." auS, daß diese Debatte sich nicht auf der Höhe der Situation bewegt und Manches nur ganz siüchlig gestreift habe, WaS die große Mehrheit derNalion im Tiefsten bewegt. Man beginne, heißt e« in dem Artikel, sich an den Gedanken zu gewöhnen, daß Deutsch land bei einem Kampfe um seine Existenz die Last wesentiich allein zu tragen haben werde, und daß wir für da« Bestehen einer solchen Krisis, sowie für die vor und nach der mili tairischen Action der Diplomatie zufallrnde Arbeit nicht die geeignete, klug vorschauende und vorbauende Leitung besitzen. Dann heißt es weiter: „Diese Besorgniß befestigte sich namentlich seit der Publikation der Caprtvi'schen Crlaije in Bezug auf den Fürsten Bismarck. Nach diesem Beispiel gemessen, ist der Standard unserer heutigen diplomatischen LeistungSsühigkett allerdings nicht sehr hoch anzuschlagrii, und wen» von Verehrern de- Grasen Caprivi behauptet wird, dah er an diesen Erlassen sowohl als auch an der unerhörten Veröffentlichung derselben eigentlich unschuldig sei und zu beiden Schritten sich sehr gegen seine Ueberzeugung entschlossen habe, so liegt doch diefllniwort nahe, daß da« Steuerruder d«S deutschen Reiches sich nur in den Händen eine« Mannes befinden darf, dem eS nicht an der Entschlußkraft fehlt, da eia entichiedene» Nein zu sprechen, wo seine Ueberzeugung es ihm gebietet. Die dem Fürsten Bismarck im Laufe dieses Jahre» in den verschiedensten Theiien Deutschlands be- retteten großartigen Huldigungen stehen in einem so schneidenden Contrast zu jene« Erlassen und ihrer bedauerlichen Publikation, daß auch diese Thatsache, wie manche andere, beweist, wie wenig die Negierung bemüht ist, sich in Einklang mit dem Herzschlag des deutschen Volkslebens zu setzen, «nd wie auffallend gering da« Ver- sländniß unserer leitenden Kreise für die Empfindungen ist, die daS Äemüth unseres Volkes bewegen. Hatten schon dt« Erlasse und ihre Mittheilung an fremden Höfen Aufsehen und Kopsschütteln hervorgerufen, so ist dies bezüglich der Publieation der- selben nicht nur im Ausland«, sondern auch im Inland« in sehr hohem Maße der Fall gewesen, «nd die Regierung hat damit nur das Gegentheil der beabsichtigten Wirkung erzielt. Die osficiöse österreichische, unaarische und englische Pudltctslik, deren Leitung ein naheitegende« Interesse an der Fondaiier unserer jetzigen Politik hat, kann nimmermehr als Maßstab für deren Beuriheilung auch im Auslände dienen. Von dem Allem ist in der EtatSdebatt« des deutschen Reichstags auffallender Weise kein« Rede gewesen. Die Andeutung in der Rede de« Abg. Buhl, „daß früher große Militairanforderuntzen bewilligt worden seien, weil man vertrauen in die Leitung unserer Poiitit batte", ist doch nur ein schwache« Ecko der Stimmung weiter Kreise unseres Volke« und eine gering« Befriedigung der Erwartungen, weich« diese aus die Erörterung der inneren Lag« im Reichstage geletzt hatten." — Uebrr die Ergebnisse der Recruten-Prüfungen im deutschen Reich enthält da« soeben ausaegebene vierte Heft der Vierteljahr-Hefte zur Statistik de- deutschen Reiche« Nachweise für da« Ersatzjahr >891,92. Danach batten von den 184 382 Rccruten, welche in die Armee und Marine eingestellt wurden, 179 886 Schulbildung in deutscher Sprache, 3872 Schulbildung nur in fremder Sprache und 824 waren ohne Schulbildung, d. b. solche, welche in keiner Sprache genügend lesen oder ihren Bor- und Familira-Namen nicht lesrrlich schreiben
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