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4 Nr. 79 Dienstag, den 10. Juli 1883 48. Jahrgang .-WM Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Auch die hiesigen städtischen Kollegien haben an Se. Maj. den König eine Glück wunsch-Adresse wegen der glücklichen Bewahrung vor dem ihn in Mylau drohenden Unglück abgesendet. — 9. Juli. Heute früh 7 Uhr waren die ersten vier Klassen unserer Stadtschule in der Turnhalle zu einer gemeinsamen Morgenandacht vereinigt, um dem Der Stadtkasse erwuchs daraus eine Ausgabe von 13 M. 50 Pf. — Heute Abend zogen mehrere Ge witter gnädig über unsere Stadt und erquickten durch milden Regen die schmachtende Pflanzenwelt. Im be nachbarten Hermsdorf haben dieselben jedoch mehrfachen Schaden verursacht. Gegen »/«6 Uhr schlug der Blitz in das Wohnhaus des Gutsbesitzers Liebscher daselbst, wodurch nicht nur dasselbe in Asche gelegt wurde, sondern es kamen auch 3 Kühe und 1 Kalb in den Flammen um. Die hiesige und Reichenauer Feuerwehr waren auf der Brandstätte zur Hilfeleistung erschienen, desgleichen die Spritzen von Schönfeld und Seyde. — Ein zweites Unglück ereignete sich in Hermsdorf bei demselben Gewitter, indem durch einen sogenannten kalten Schlag der Gutsbesitzer Bräuer und dessen zwei Töchter, sowie eine Kuh betäubt wurden. — Beim MühlenbesitzerKaden, ebenfalls in Hermsdorf wohnhaft, tödtete ein weiterer Blitzstrahl zwei Kühe, ohne jedoch Brand zu verursachen. — Während des Gewitters am 6. Juli Abends in der 6.- Stunde schlug der Blitz in Nassau in das dem Waldarbeiter Rudolph daselbst gehörige Wohn haus, ohne zu zünden, verursachte aber mehrere Schäden am Schieferdach, sowie an den Wänden der Etage und des Parterre. Sechs in der Parterre stube anwesend gewesene Personen find unverletzt geblieben. — Bei dem am Sonntag Morgen gegen 3 Uhr in Holzhau aufgetretenen Gewitter schlug der Blitz, ohne jedoch zu zünden, in den niederen Giebel des Wohnhauses des Hausbesitzers Ernst Robert Liebscher daselbst und verursachte am fraglichen Wohngebäude mehrfache Schäden. Dresden. Die offiziöse „Leipz. Ztg." stellt den Unglücksfall in Mylau in folgender Weise dar: „In folge des aus noch unaufgeklärten Ursachen erfolgenden unbeabsichtigten Niedergehens des Fahrstuhles löste sich, wie es scheint, in der Höhe einer der schweren hölzernen — nicht eisernen — Hemmklötze, stürzte in dem Augenblicke, wo Se. Majestät den Fahrstuhl ver ließ, herab und zerschmetterte Herr» Kreishauptmann Hübel, der sich mit einigen andern Personen noch auf dem Stuhle befand, den Kops. Der Tod trat augen blicklich ein; ohne einen Laut auszustoßen, brach der Kreishauptmann entseelt zusammen. Dem neben ihm stehenden Fabrikdirektor Clad wurde von dem an ihm niederstreifenden Klotze der Arm zerbrochen. Alle an deren Personen blieben unversehrt. Se. Majestät der König, obschon auf das Heftigste erschüttert und vom tiefsten Schmerze erfüllt, wußte doch in der wohlthu- endsten, herzgewinnendsten Weise den bedauernswerthen, der allgemeinsten Theilnahme sichern Besitzer des zur Unglücksstätte gewordenen Etablissements, Herrn Arthur Georgi, und die übrigen entsetzten Zeugen der Ka tastrophe zu trösten und aufzurichten." Es ist zur Zeit noch unaufgeklärt, wie der Fahr stuhl trotz richtiger Steuerung statt aufwärts abwärts gegangen ist. Eine fingerstarke Schraube ist frisch ge brochen vorgefunden worden, und es dürfte gewiß sein, daß diese beim Auftreffen des Fahrstuhles gebrochen ist. Durch diese Schraube wurde einer zum Eingreifen in den Zahn der Auslegestange bestimmten, klinken artigen Vorrichtung der Halt gegeben. Infolge dessen hat die Klinke auf die Auslegestange nicht oder nicht genügend geivirkt, und ist der Mechanismus nicht zum Stillstand gekommen, obgleich der Fahrstuhl bereits zu ebener Erde angekommen war. Die weiter wirkende Treibkraft der Maschine hat die Gewichte am oberen Ende des Fahrstuhles aus ihren durch alle Etagen gehenden hölzernen Hülsen oder Fahrbahnen heraus- und gegen die Decke des Fahrstuhls gedrängt. Dort hat das eine Gewicht sich zwischen dem Gebälk« glück licherweise festgeklemmt und wurde dadurch am Herab fallen verhindert, sonst wäre das Unglück noch ent setzlicher geworden. An dem andern Gewichte aber ist Höchsten zu danken für den gnädigen Schutz, den er unserm geliebten Könige in der augenscheinlichen Le bensgefahr, die jüngst über seinem erhabenen Haupte geschwebt hatte, hatte angedeihen lassen. Sämmtliche Lehrer nahmen an der einfachen würdigen Feier theil, auch Herr Stadtrath Bucher, als Vorsitzender des Schul- auSschuffes, hatte sich eingefunden. Nach dem ein stimmigen Gesang eines passenden Morgenliedes (Mein erst Gefühl sei Preis und Dank, Vers 1—5) und daran schließendem Gebet hielt Herr Schuldirektor Engelmann eine kurze Ansprache, in welcher er den Kindern die Veranlassung zu dieser außergewöhnlichen Feier ein dringlich auseinandersetzte, ihnen die vielfachen Ver dienste Sr. Majestät um das Wohlergehen unseres theuern Heimathlandes vor Augen stellte und sie zum innigsten Danke gegen Gott, der seine Hand schützend über dem bedrohten Leben des Landesoberhauptes ge halten, auffordcrte. Gleichzeitig gab. der erschütternde jähe Todesfall eines der vorzüglichsten Staatsbeamten Gelegenheit, zu zeigen, wie hinfällig das Menschenleben sei, und wie man sich jederzeit bereit halten solle, vor den ewigen Richter treten zu können. Mit einem herzlichen Dankgebete und einem Gesänge (Lied 634, Vers 8, 10, 12) schloß die Feier, die nicht verfehlt haben dürste, auf die jugendlichen Gemüther den be absichtigten Eindruck zu machen. — Der Bau der Theilstrecke Schmiedeberg- Kipsdorf der Hainsberg-Kipsdorfer Staatseisenbahn ist in den letzten Wochen rüstig vorwärts geschritten; der Unterbau ist mit wenige» geringen Ausnahmen auf der ganzen Strecke vollendet und fast auf der Hälfte derselben liegen bereits die Schienen. Da auch auf dem neuen Bahnhof Kipsdorf rüstig an den Sta tionsgebäuden gearbeitet wird, darf man der Eröffnung der Theilstrecke in den nächsten Wochen wohl mit Be stimmtheit entgegensehen. — Durch den in der letzten Nummer unseres Blattes erwähnten Blitzschlag beim Gutsbesitzer Karl Gottlob Grumbt. in Obercarsdorf ist dessen Wohnhaus bis auf die UmfassunMmauern niederge brannt. Calamitose hat nicht versWck; das Vieh ist vollständig gerettet worden, dagegen sind bedeutende Vorräthe von Getreide rc. (ca. 70 Scheffel Hafer, gegen 20 Ztr. Korn, einige Ztr. Weizen, Wicken rc.), sowie verschiedene Wirthschaftsgeräthe, eine Dezimalwaage, eine Heckselmaschine und diverse Meubles rc. mitver brannt. — Die Frau des Besitzers ist vom einschlagen den Blitzstrahl getroffen und an der einen Seite und im Gesicht nicht unerheblich verbrannt worden. — Den verehrten Hausfrauen dürfte folgender Wink willkommen sein. Unsauberes G emüs e läßt sich auf sehr einfache Weise von den darin verborgenen Würmern reinigen, wenn man es in ein Gefäß mit Salzwasser wirft und einige Minuten darin liegen läßt. Würmer, Schnecken und andere Insekten verlassen dadurch ihre Schlupfwinkel, suchen sich zu retten und kommen dabei um. K Frauenstein. (Kgl. Amtsgericht.) Ver handlungstermine am 13. Juli 1883. Norm. 9 Uhr: Zivilprozeßsache des Mühlenbesitzers Carl Heinr. Müller in Reichenau gegen den Lohgerbereibesitzer Friedrich Wilh.Meinert in Frauenstein. — Zwangsvollstreckungs sache des Restaurateurs Hermann Schladitz in Dresden gegen den Butterhändler Ernst Moritz Häußler in Nassau. — Sühnetermin auf Antrag Augusten Caro linen verehel. Berndt geb. Ihle in Kämmerswalde gegen den Mühlenbesitzer Ernst Schröter in Nassau. Frauenstcin. 6. Juli. Im Juni dieses Jahres wurden 34247 M. 37 Pf. in 231 Posten in die hie sige Sparkasse ein- und 31597 M. 22 Pf. in 158 Posten zurückgezahlt. Die Gesammteinnahme betrug 65 839 M. 82 Pf. in 366 Kassenposten, die Gesammt- ausgabe in 208 Posten 42 905 M. 19 Pf. — Das Stadtgeschenk erhielten im vergangenen Juni 135 durch hiesige Stadt wandernde Handwerksburschen. Rationale Feste. Wie beklagenswerth in früheren Zeiten auch das deutsche Vaterland dastand, und in politischer Beziehung die gemeinsame Nationalität in einem wahren Jammer bilde zeigte, so war doch schon lange vor der Neu gründung des deutschen Reiches ein frischer und kräf tiger nationaler Zug im Herzen der Deutschen rege geworden, der in Schützen-, Turner- und Sängerfesten zum Ausdruck kam und die verschiedenen Stammes- genosien zu Festlichkeiten vereinigte, welche den natio nalen Geist wachhielten und in weiten Volkskreisen für das große Einigungswerk vorbereiteten. Hoch erfreulich ist es aber auch, konstatiren zu können, daß auch nach der Erreichung der ersehnten politischen Ei nigkeit die nationalen Festtage in Deutschland nicht verschwunden, sondern vielmehr zahlreicher und mannig faltiger geworden sind, denn in allen deutschen Gauen leben nicht nnr die Schützen-, Turner- und Sänger vereine mit ihren größeren Festlichkeiten weiter, sondern das deutsche Volk feiert seit dem Jahre 1871 auch feinen Nationaltag, den 2. September, wo die Macht des fränkischen Widersachers gründlich gebrochen worden war und der Einigung der deutschen Bruderstämme keine fremde Anmaßung mehr im Wege stand. Eine weitere volksthümliche Ausdehnung haben die nationalen Feste Deutschlands aber dadurch er fahren, daß ehemalige deutsche Soldaten, sowie auch viele Reservisten und Landwehrmänner, fast an allen Orten Kriegervereine gebildet haben, die neben ka meradschaftlichem und geselligem Verkehr ihre soldatischen Erinnerungen pflegen, und außerdem durch Unter stützungs- und Krankenkassen Werke der Nächstenliebe fördern. Die alle Stände umfassende allgemeine Wehr pflicht und das in allen deutschen Kriegern stark aus geprägte Gefühl der Zusammengehörigkeit haben dem Entstehen der Kriegervereine einen mächtigen Impuls gegeben und man darf wohl sagen, daß die deutschen Kriegervereine gegenwärtig eine Mitgliederzahl von mehr als einer halben Million Krieger haben, welche sich wahrscheinlich im Laufe der Jahre noch verdoppeln und verdreifachen wird, so daß die Kriegervereine sehr bald zu den stärksten und zahlreichsten nationalen Korporationen zählen und durch ihre größeren Feierlich keiten die nationalen Feste Deutschlands ungemein er heben und vermehren werden. Einen glänzenden Be weis liefert hierfür schon das erste allgemeine deutsche Kriegerfest, welches am 1., 2. und 3. Juli in wahr haft großartiger und auch nach jeder Beziehung pa triotischer Weise in der altberühmten Freistadt Hamburg stattfand. Die Wahl Hamburgs zum Festort für das erste allgemeine deutsche Kriegerfest war eine außer ordentlich glückliche, denn die alte Hansestadt mit ihrem Seehafen und Welthandel und ihrer herrlichen Um gebung übt schon auf jeden deutschen Mann einen eigenartigen Reiz aus und der patriotische Sinn und die hochherzige Gastfreundschaft der Hamburger haben sich zumal Deutschlands Kriegern gegenüber im hellsten Lichte gezeigt. Der herzliche Empfang der Krieger vereine, der erhebende Weiheakt vor dem herrlichen Hamburger Kriegerdenkmale und der wunderbar schöne, hauptsächlich durch die Vorführung des historischen Hamburgs glänzende Festzug, haben im Vereine mit den übrigen Festlichkeiten das erste allgemeine deutsche Kriegerfest in Hamburg zu einer großartigen nationalen Feier gestaltet, und kann man den ferneren allgemeinen Kriegerfesten nur den gleichen Erfolg wünschen. Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehnc in Dippoldiswalde. -- ° mal: Bienstag, Bonners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, «inmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan tialten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage deS Blattes eine sehr wirk- same Berbrettnnä finde«, werden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und eomplicirt« Inserat« mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, im revaktionellen Theile, die Spaltenzeile SV Pfg. Mchnih-MiW Amtsblatt für die Königliche Umtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein