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SchMmryer Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Annahme von Inseraten für die nächster- Meinende Nummer bis mittags 12 Uhr. 2« Abonnementspreis beträgt vierteljähr- M 1 Mk. 25 Pf. Einzelne Nrn. b Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Eiliges. 20 Pf. Expedition: Waldenburg, Obergafse 2S1 L. NNd tvat-enburzer AnMger. Filialen: in Bltstadtwaldenburg bei Herrn Kaufmann Otto Förster; in Kaufungen bei Herrn Fr. Janaschek; in Langenchurs dorf bei Herrn H. Stiegler; in Penig bei Herrn Kaufmann Max Härtig, Leipzigerstr. 163; in Rochsburg bei Herrn Paul Z--!,»; in Wallenburg bei Herrn Ernst Rö,che; in Ziegelheim bei Herrn Eduard Kirsten. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, LiSllzeriKU, Ll-teuftern-Ealluberg und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Bräunsdorf, Callenberg, St. Tgidien, Shrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grmnbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen- lruba-Riederhain, Langenleu-a-Obsrhain, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. Toniierstag, den 28. März 73. 1895. Barometerstand Witterungsbericht, ausgenommen am 27. März, nachm. 4 Uhr. 751 mm. reducirt auf den Meeresspiegel. Thermometerstand -s- 9" 0. (Morgens 8 Uhr -s- 5,s".) Feuchtigkeitsgehalt der Luft nach Lambrechts Polymeter 54"/o. Thanpunkt -s- 0 Grad. Windrichtung: Südwest. Daher Witterungsaussichten für den 28. März: Meist halbheiter, Niederschläge nicht ausgeschlossen. Seminarschule. Die Anmeldungen der mit Ostern 1895 schulpflichtig werdenden Kinder aus den Gemeinden Altwaldenburg und Eichlaide werden Sonntag, den 31. März, vormittags zwischen 11 und 12 Uhr im ersten Klassenzimmer des Schulgebäudes angenommen. Schulpflichtig werden diejenigen Kinder, welche bis zu Ostern das 6. Lebens jahr vollenden. Auf Wunsch der betr. Eltern oder Erzieher können beim Vorhanden- § sein genügender körperlicher und geistiger Reife auch solche Kinder ausgenommen wer den, welche bis zum 30. Juni d. I. 6 Jahre alt werden. Später Geborene finden unter teiuen Umständen Aufnahme. Vorzulegen ist für alle Kinder der Impfschein, für die auswärts geborenen außerdem auch das Geburts- und Taufzeugnis. Waldenburg, den 25. März 1895. Die Seminardirektion. vr. Kirchner. "Waldenburg, 27. März 1895. Die Friedrichsruher Woche wird manche Ansprache des Fürsten Bismarck bringen, wenn es auch dem Achtzig jährigen bei der Massenhaftigkeit der Empfänge und Be suche nicht möglich sein wird, immer neue Tonarten an- zuschlagen. Bei dem Empfange der Parlamentarier aus dem Reichstage und den beiden Häusern des preußischen Abgeordnetenhauses hat Fürst Bismarck schon den Grund ton angeschlagen, der wohl in allen seinen künftigen Re den dieser Tage anklingen wird; er fordert auf, die Parteipolitik in den Hintergrund treten zu lasten und die großen patriotischen Gedanken, die nationalen Leitmo tive voranzustellen. Des Reichstagsbeschluffes vom 23. März hat Fürst Bismarck nur leicht gedacht, ihn flüchtig gestreift, und durch seine Ausführungen in keiner Weise dem Parlament Anlaß gegeben, nochmals auf diese Frage zurückzukommen. Sicherlich kann das aller Welt nur lieb sein, und dem Reichstage wird gleichfalls nichts daran liegen, eine Wiederholung der Debatte vom 23. Januar hcrbeizuführen. Fürst Bismarcks ganze staatsmännische Thätigkeit ist mit Parteikämpfen ^usgefüllt gewesen, er wirb sich wohl am besten der harten Sitzungen in den alten Parlamentshäusern in der Leipziger Straße in Ber lin erinnern, in welchen die heftigen Worte oft kreuz und quer flogen. Der Altreichskanzler hat in der parlamen tarischen Campagne sicher nicht im Hintertreffen gestan den, sondern Hieb mit Hieb, Schlag mit Schlag kräftig erwidert, und die Härte der politischen Gegnerschaft hat auch den Staatsmann, der so lange Zeit vereinsamt da stand, hart und ehern gemacht. Fürst Bismarck ist ein knorriger Charakter, in welchem reine Herzensgüte verborgen ist, der aber auch seinen po litischen Standpunkt mit aller Energie und bis zum Aeußersten vertreten hat. Das wissen seine Freunde, und das wissen seine Gegner, aber die Letzteren sind ihm gewiß die Antwort nicht schuldig geblieben. So hätte denn nach dem Aushören von Fürst Bismarcks Amtsthä- tigkert auch ein Vergessen eintreten können, welches die Auseinandersetzungen, die so unliebsamen, jetzt, zum 1. April, verhindert hätte. Fürst Bismarck hat sich beim Empfang seiner alten Parlamentarischen Freunde sehr friedsam gezeigt, ganz sicher hätte er nicht den Gegnern ihre Sünden vorgehalten, wenn auch in deren Namen zugleich Herr von Levetzow seinen Glückwunsch ausgespro chen hätte. Fürst Bismarck ist aus seinem Amte als Reichskanzler stark verbittert geschieden; das war menschlich, und wer will dagegen etwas sagen? Unter dem Fürsten Bismarck ist auch mancher Minister nicht eben gern aus dem Amte geschieden. Aber ein halbes Decennium Amtslosigkeit besänftigt denn doch die stürmischsten Gedanken, und so ist es auch dem Fürsten Bismarck beschieden gewesen, zu seinem Wohle, denn gewiß wäre es für ihn selbst uner freulich gewesen, nun fort und fort einsam und grollend zu verharren. Man kann auch wohl annehmen, daß mit dem 80. Geburtstag Fürst Bismarck einen Strich macht unter alle politische Gegnerschaft, wenn ihm auch selbst verständlich nicht das Sorgen und Sinnen um des Rei ches Wohl und Wehe, welches ihm zur zweiten Natur geworden ist, abhanden kommen wird. War Fürst Bis marck noch ein Parteimann, um diesen Ausdruck aus dem Parlamentsleben zu gebrauchen, so hört er doch nun auf, ein solcher zu sein. Mit achtzig Jahren hört man auf, sich für persönliche politische Fehden zu interessiren und an sie zu denken, man hat da mit ganz anderen Gedanken sich zu tragen. Das sollte doch für Jeden einleuchtend sein. Der Mann, der sich dem Grabe nähert, der hochbetagte Greis, wird unwillkürlich zu einem Gegenstand der Verehrung, auch wenn er Gedanken hegte, die nicht von Jedem getheilt wurden. Wir sehen da den Menschen durchgeistigt, ver klärt von des Greisenalters heiliger Würde. Da wollen wir nicht rechnen und rechten, da wollen wir achten und ehren. Der eiserne Kanzler ist Fürst Bismarck gern ge nannt; aber was aus seinen Worten herausklingt, das ist ein tiefes, inniges Gefühl, die reine Liebe zum deut schen Reiche, zum deutschen Vaterlande, die unverbrüch liche Treue gegen sein Volk. Die Grundstimmung für die Friedrichsruher Tage ist gegeben; der Widerhall wird ganz Deutschland weit, weit durchfluthen. Zur Ansprache des Fürsten Bismarck an die Parla mentarier machen die „Leipz. N. N." unter anderm fol gende Bemerkungen: „Der Reichstag hat einer Kund gebung für die Persönlichkeit des ersten Kanzlers wider strebt; es ist kein Zufall und keine müßige Wendung, daß Fürst Bismarck in seiner Antwort an die Parla mentarien sich gleich zu Anfang gegen jede andere Deu tung wehrte, als gelte die Kundgebung nur ihm, nicht Denen, die mit ihm schufen und wirkten an der großen Schöpfung. Und indem er von den Verstorbenen sprach, von seinem alten Herrn, dem Kaiser Wilhelm, von seinem Kriegsheer und allen seinen Getreuen, vor Allem aber auch von den deutschen Fürsten, charakterisirte er mit einem Strich die Haltung des Reichstages und indem er ihr das persönliche Moment nahm, stellte er sie in ihrer ganzen Nacktheit und Blöße hin als eine gegen unsere nationalen Errungenschaften gerichtete Demonstration. Und dann führte er die Begründung, die Freisinn und Klerikale ihrer Haltung gab, mit wenigen Worten uä ubsuräum: Wenn irgendwo Grund vorhanden ist, alter Wunden zu gedenken, dann ist es in den Königsschlössern zu Dresden und München, in Bayern und Sachsen; die Wunden, die einst geschlagen wurden, als die Schwer ter der einzelnen Stämme sich kreuzten, waren anderer Art als jene, die auf dem parlamentarischen Kampfplatz der Eine oder Andere davontrug. „Man hat sich ge schlagen, daß die Hunde das Blut leckten, und man reicht sich die Hand und geht zusammen gegen den Landesseind." So drückt sich Fürst Bismarck in seiner markigen Sprache aus und wer wollte es leugnen, daß in dieser Sprache urdeutscher Geist lebendig ist. Heimtückisch Nachtragen, und im gefahrlosen Moment dem Gegner eine Wunde schlagen, das ist welsche, ultramontane Art: auch den Gegner achten und ehren, und wenn die Schlacht vor über ist, einen ehrlichen Frieden schließen, das ist deutsche Art." Der Kaiser in Friedrichsruh. Unser Kaiser hat sich am Dienstag früh von Berlin aus zur Beglückwünschung des Fürsten Bismarck nach Friedrichsruh begeben. Der Monarch traf um 12 Uhr mittags am Bahnübergang bei der Aumühle, westlich von Friedrichsruh, ein, stieg hier zu Pferde und begab sich nach dem Kreuzungspunkt der Chaussee Aumühle-Schwarzen» beck und Friedrichsruh - Perleberg, woselbst unter Befehl des Commandeurs des Kürassierregiments von Seydlitz (Magd.) Nr. 7 eine Schwadron dieses Regiments, dessen Chef der Altreichskanzler ist, mit dem Trompeter corps und der Standarte, eine Compagnie des 2. Hanse atischen Infanterie-Regiments Nr. 76 mit der Regiments musik, den Spielleuten und der Fahne des betreffenden Bataillons, eine Escadron des Hannoverischen Husaren- Regiments Nr. 15 mit dem Trompetercorps und der Standarte und eine Batterie zu 6 Geschützen des Hol steinischen Feld-Artillerie-Regiments Nr. 24 bereit standen. Nach der Entbietung des Morgengrußes setzte sich der Kaiser an die Spitze dieser Truppen, führte dieselben nach einem ungefähr 200 m vom Friedrichsruher Schloß entfernten, an den fürstlichen Park anstoßenden freien Platz und befahl dort die Paradeaufstellung in einem nach Norden hin geöffneten Viereck, dessen östliche Seite durch die Kürassiere, während die südliche durch die In fanterie, die westliche durch die Husaren und Artillerie gebildet wurde. ' Nach beendigter Aufstellung traf der inzwischen durch einen kaiserlichen Flügeladjutanten benachrichtigte Fürst Bismarck in der Uniform seines Kürassierregiments in offenem Wagen auf dem Paradeplatz ein und wurde von den Truppen unter präsentirtem Gewehr und mit klingendem Spiel empfangen. Der Fürst, der vom Kaiser überaus herzlich begrüßt wurde, war begleitet von seinen Söhnen Herbert und Wilhelm, seiner Tochter, Gräfin Rantzau, und deren Gemahl und von Prof. Schweninger. Sobald der Kaiser dem Fürsten, der Band und Stern des Schwarz.n Adlerordens trug, die Hand geschüttelt hatte, kam auch der mit seinem Vater zusammen eingetroffene Kronprinz Wilhelm in der Uniform des 1. Garderegi ments z. F. zur Begrüßung heran. Der Fürst stieg nun aus, ließ den Kronprinzen in den Wagen steigen und nahm dann wieder links neben diesem Platz. Als dann überreichte der Kaiser dem Fürsten unter präsentirtem Gewehr einen kostbaren goldenen Ehrenpallasch mit etwa folgender Ansprache: „Dem Fürsten werde anläßlich seiner Thaten hiermit eine Gabe überreicht. Se. Majestät habe keine bessere finden können als ein Schwert, als die Waffe der Ger manen, als ein Symbol, als ein nie versagendes Mittel. Eingravirt seien die vereinigten Wappen von Elsaß-Lo- thringen; daran wolle der Fürst den Dank erblicken für die in der Geschichte verzeichneten Thaten, welche vor 25 Jahren ihren Abschluß gefunden. Der Kaiser schloß: „Wir