Volltext Seite (XML)
MWUFWnff WM, W«, Sickckh« »Ä die MwWidtL ArnLsbtcrLL für die Hal. Amtsbauvtmannschaft zu Meißen, das Kal- Amtsgericht und den Htadtrath zu Wilsdruff. Erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. — Abonnementpreis vierteljährlich l Mark. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Inserate werden R»nt«-S und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Nr. 41. Freitag, den Di Mai 18»». V---- - —- .US Inserate für nächste Nummer unseres Blattes erbitten wir uns bis spä- testens 1. Feiertag Abend. Die LXpedition des Amtsblattes. DageSgeschichte. Ein sozialdemokratisches Blatt über Arbeiterehe. — Während des Wahlkampfes ist dm Sozialdemokraten von den staatser haltenden Parteien wiederholt der Vorwurf gemacht worden, daß sie die Ehe als ein moralisches Institut aufheben, ein wirkliches Familienleben dadurch unmöglich und somit den Staat untergraben wollten, der in der Familie seinen natürlichen Stützpunkt und seinen festesten sittlichen Halt haben soll. Zum Beweise für diese Behauptung berief man sich zumeist auf Bebel's bekannte Schrift „Die Frau" und gelegentliche Aeußerungen sozialdemokratischer Führer tn Volksversammlungen, wie in der Presse. Jedes Mal, wenn dies geschah, stellten sich aber die Sozialdemokraten höchst entrüstet, und leugneten das ihnen Vorgeworfene entweder direkt ab, oder behaupteten doch, daß das nur die Privatansicht einiger Weniger sei, die von ihnen nicht getheilt werde, Bebel's Buch aber sollte gründlich mißverstanden worden sein. Inzwischen hat nun aber die in Dresden erscheinende sozialdemokratische „Sächsische Arbeiterzeitung" eine ganze Reihe von Aufsätzen gebracht, in d nen sie die „Arbeiter- oacr Proletarier- > ehe" in einer solchen Welse bespricht, daß dadurch das Schlimmste, was man bisher in dieser Beziehung der Sozialdemokratie vorgeworfen hat, noch weit überboten wird. Der Inhalt ist von der Art, daß wir es nicht wagen dürfen, ihn hier wiederzugeben. Die dort als die normale hingcst'llte Ehe ist der Tod jeder wahren Ehe, ihrer Heiligkeit, ihres Glücks und ihres Segens, des von Gott gewollten Zusammenlebens von Mann und Weib zu gegenseitiger Hülse, gegenseitiger Erziehung und Ver vollkommnung, wie zur Erhaltung der Welt, ist mit einem Worte gesagt ein durchaus unsittliches Bcrhältmß. Was h>er vorgetragen wird ist der Art, daß es geraden Wegs zur Untergrabung der bestehenden Staats-und Gesellschaftsordnung führen muß, wenn man es dennoch hat unbeanstandet in die Welt hinausgehen lassen, so ist das wohl nur geschehen tn der sicheren Erwartung, daß die allgemeine Verachtung das traurige Machwerk treffen wird und die Arbeiter selbst tn ihrer ungeheueren Mehrheit feierlich dagegen protestiren würden, daß man solches ihnen zumuthe, ja daß man sich erfreche zu behaupten, daß Arbeiter vielleicht schon jetzt in der dort geschilderten Weise Ehen schlöffen. Gott sei Dank giebt es gerade auch in Arbeiterkreisen denn doch noch eine andere Auffassung der Ehe und so oft auch Leichtsinn hier, wie leider auch in anderen Ständen, und Mangel an sittlichem Ernst, bez. das Fehlen einer wahrhaft christlichen Gesinnung Unheil anrichten mag, so verdorben, wie die „Sächsische Arbeiterzeitung" dies darstellt, ist unser Volk denn doch noch nicht. Soweit aber eine Schädigung vorliegt, haben Alle nur um so mehr die Pflicht, auf eine Befserung der Verhältnisse, größeren Ernst bei Abschluß der Ehen, größere Heilighaltung derselben hinzuwirken. Wer das nicht thut, oder wer gar, wie die „Sächsische Arbeiterzeitung" als berechtigt darstellt, was Sünde ist, der ist ein Verderber der Menschheit und verdient die allgemeine Ver achtung. Die „Sächsische Arbeiterzeitung" ist ein erklärtes Organ der Sozialdemokratie, man sagt ihr besondere Beziehungen zu dem Abgeordneten Singer nach. Daß die sozialdemokratischen Führer bisher zu den Aus lassungen dieses Blattes geschwiegen haben, keines der ihnen zur Verfügung stehenden Blätter sie zurückgcwiesen hat, bas belastet das Schuldkonto der Sozialdemokratie ganz ungeheuer. Sie darf sich nicht mehr beklagen, wenn man ihr direkt den Vorwurf macht, daß sie die Ehe auflösen und da durch den Staat, ja, die menschliche Gesellschaft selbst in ihren Grund festen erschüttern, einen Zustand der Barberei wieder einführen wolle, der dauemd nicht zu ertragen und das Menschenunwürdigste sein würde, was nur irgend gedacht werden kann. Wiederum ist ein Hauptführer der Sozialisten in Berlin der Veruntreuung überführt worden. Nachdem erst vor Kurzem der frühere sozialistische Führer und Stadtverordnetenvorsteher Goerckl wegen Wechfel- fälschung verurtheilt ist, hat jetzt, wie die „Freisinnige Zeitung" mittheilt, eine Versammlung der Berliner Zimmergesellen über den Führer während des großen Zimmerausstandes im Jahre 1889, JäckU, Gericht abgehalten und durch Resolution festgsteellt, daß derselbe 1. die Bücher während der Revision gefälscht hat, 2. die Summe von 3449 Mark, welche bis zum 1. Dezember eingegangen ist, nicht gebucht hat und anzunehmen ist, daß Herr Jäckel dies absichtlich, d. h. wissentlich gethan habe; deshalb entsetzt die Verfammlung ihn aller Aemter, welche er von den Berliner Zimmerern inne hat, und erklärt ihn für jetzt und für die Zukunft unwürdig, irgend ein Amt in der Arbeiterbewegung zu bekleiden. Ein Berliner Bericht der „Politischen Correspondenz" kommt auf die „Times"-Meldung, von der beabsichtigten Annäherung Rußlands an Deutschland, zurück und äußert sich über die in den maßgebenden Berliner Kreisen herrschende Anschauung. Deutschland halte unverbrüch lich an dem aus gemeinsamer Friedensliebe hcrvorgegangenen Dreibünde fest und könne mit anderen Staaten Verträge nicht anders schließen, als gemeinschaftlich mit den beiden Verbündeten. Wollte demnach Rußland sich Deutschland nähern, müßte ersteres sich klar sein, daß letzteres einen Pakt nur als Mitglied des Dreibundes zu schließen vermöchte. Dies würde aber nickt einer Aenderung der derzeitigen Gruppirung, sondern den Hinzutritt Rußlands zur Friedensliga b> deuten. Die Reichstagskomisston zur Vorberathung der Militä rvor- la g e hielt am Montag ihre erste Sitzung ab. In derselben gaben Kriegs- minister v. Verdy und Major Grd« aus verschiedene Anfragen aus der Kommission erläuternde Darstellungen über die außerordentlichen militärischen Anstrengungen Frankreichs und Rußlands in den letzten Jahren und hat hiernach namentlich erstere Macht mit ihrer militärischen Bereitschaft einen bedeutenden Vorsprung vor Deutschland gewonnen. Ueber unsere mili tärische Stellung zu Rußland machte Major Gebe eine Reihe vertraulicher Mittheilungen und wies dann auf die Erhöhung der Friedenspräsenzstärke der russischen Armee auf 923 380 Mann, auf die Ausdehnung der Wehr pflicht in Rußland auf 18 Jahre und endlich auf den Umstand hin, daß dem russischen Kriegsminister auf die Dauer von 3 Jahren über drei Milliarden Mark zur Verfügung gestellt worden seien. Weiter erklärte der Kriegsminister auf eine bezügliche Anfrage des Centrumsabgeordneten Dr. Orterer, daß das Bündniß Deutschlands mit Oesterreich und Italien unerscküttert fortbestehe. Die Budg^tkommisston des Reichstages hat den Nachtragsetat für Ostairika unverkürzt und unverändert angenommen. Die Freisinnigen und Sozialdemokraten stimmten jedoch gegen die zur Unterdrückung des Sklavenhandels und der deutschen Interessen in Ostafrika geforderten 4 500 000 Mark. In einer von über 7000 Bergarbeitern des gesummten Pilsner und Mieser Gebietes besuchten Versammlung wurde als Erwiderung auf die ablehnende Haltung der Werksleitungen nach stürmischer Debatte einstim mig beschlossen, in allen Bergwerken beider Gebiete die Arbeit einzustellen. Pilsen, 20. Mai. Dem „B. T." wird gemeldet: Ungefähr 2000 streikende Arbeiter zogen gestern in den Nuerschaner Kohlenschächten herum und erzwangen die Einstellung der Arbeit. Sie löschten die Kesselfeuer und schleppten die Heizer und Maschinenwärter mit sich fort. Abends traf dort Militär ein. In den Schächten der Mirorschaner und Littitzer Gewerkfcbaften wurde die Arbeit ebenfalls eingestellt. Bern. Die Verhandlungen über die Erneuerung des deutsch- schweizerischen NiederlassungsVertrages werden hier zwischen dem Gesandten v. Bülow und dem Bundesrathe Droz, Chef des aus wärtigen Departements, auf folgender Basts geführt: Z>e Deutschen, welche sich in der Schweiz niederlassen wollen, müssen mit einem Jmma- triculationsscheine versehen sein, welcher von der hiestgen deutschen Gesandt- fchast ausgestellt wird. Durch den Jmmatrikulationsschein wird die Hei- maths-Angehörigkeit und der Besitz eines unbescholtenen Leumundes doku- mentirt. Die Schweiz ist befugt, Deutsche aufzunehmen, die keinen Jm- mqtriculationschein besitzen (Asylrecht). Schweizer, die sich in Deutschland niederlassen wollen, müssen einen Heimathsschein und Leumundszeugniß vorweisen. Die Erneuerung dürfte rasch und ohne Abstand erfolgen. In Paris erscheint heute eine Broschüre des Deputaten Dreyfuß, welche den sofortigen Krieg gegen Deutschland fordert, weil letzteres noch nicht fertig sei. Dem „B. T." wird gemeldet: Der König von Belgien be schäftigt sich gegenwärtig in London sehr eifrig mit der Arbeiterfrage und den Mitteln zu ihrer Lostrennung von den Agitationen der Anarchisten in Europa. Er hat sich mit mehreren Staatsmännern über dieses Problem besprochen. Salisbury hatte mit dem Könige eine Unterredung über die Vortheile einer internationalen Convention zu einem gleichartigen Vor gehen gegen die anarchistischen Attentate in allen Ländern. Leopold II. machte die Bemerkung, daß die Handhabung des Asylrechts in England eine der größten Gefahren für die moderne Gesellschaft in sich schließe. Wenn es nicht so viele revolutionäre Flüchtlinge in London gäbe, würde die sozialistische Propaganda in Belgien, Deutschland und Frankreich un vergleichlich geringer sein und auch der Nihilismus in Rußland ohne Zweifel drei Viertel von seiner Heftigkeit verlieren. Dasselbe gelte für Italien und Spanien, wo die wildesten Agitationen durch die englischen Comitees geschürt und die Sozialisten von ausländischen Elementen geleitet würden. Salisbury zweifelte nicht im Mindesten an der unumstößlichen Wahrheit dieser Beobachtung, doch hält er die Zeit noch nicht für ge kommen, dem Parlament einen Gesetzentwurf zur Austreibung der fremden Anarchisten vorzulegen. Von einer furchtbaren Katastrophe wird aus der sibirischen Unver- sitätsstadt Tomsk berichtet. Der Tom ist ausgetreten und hat meilenweit enorme Verheerungen angerichtet. Eine große Anzahl Menschen ist er trunken, der Verkehr ist vollständig unterbrochen; außerdem legte eine Feuersbrunst den größten Theil von Tomsk in Asche. Rircheuuachrichten aus Wilsdruff. 1. Pfingstfeiertag: Vorm. 8 Uhr Gottesdienst. Predigt über Eph. 1, 9—14. Nachm. 1 Uhr Gottesdienst mit Predigt. 2. Pfingstfeiertag: Vorm. 8 Uhr Gottesdienst. Predigt über Eph. 1, 15—19. Kirchenmusiken: 1. Pfingsttag: Pfingstcantate für Sopran-Solo mit Begleitung der Orgel und Streichinstrumente von Gast. Svpransolo: Frau Kantor Hientzsch. 2. Pfingsttag: „Jauchzend erhebt sich die Schöpfung" Hymnus von W. Sachs cvmponiert für vierstimmigen Männcrchor mit Begleitung von Blas instrumenten von H. Mohr. Den Männerchor haben in freundlicher Weise die Gesangvereine „Liedertafel" und „Sängerkranz" übernommen. Begleitung: Stadtkapelle.