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Freitag. Str. 48. 24. Juni 1870. Weißerih-Zeitung. H, Amts- und Anzeige-Platt der Königlichen Gerichts-Aemter und Stadträthe zu Dippoldiswalde und Fraucnstein. Erscheint Dienstagsund Freitags. Zu beziehen durch alle Postanstalten. Verantwortlicher Nrdarteur: Carl Zehne in Dippoldiswalde. Der Friedhof Der heilige Johannistag ging auf Und reiner Glockenton drang durch die Lüfte, Zum Friedhof nahm die Menge ihren Lauf, Mit Blumen auszuschmückcn Todtengrüste. Auch mir ward's eng im großen, weiten Haus, Auch mich trieb's nach der Gräber langen Reihen; Ich wanderte mit Trauernden binaus, Ich mußte meinen Todten Thranen weihen. Ein heil'ger Ernst, ein tiefer Seelenschmerz War Grundton in dem großen Trauerbilde, Es zuckte krampfhaft manches wunde Herz, Das Jammer um der Lieben Tod erfüllte. Zum Blumenbeet ward ödes Leichenfeld, Es klangen sanfte Trauermelodieen, Und sel'ge Bürger einer bessern Welt Sah man im Geiste still vorüberziebcn. Und unter zarter Frühlingsblüthen Duft Rann manche Thräne von den Wangen nieder, Netzt' gleich dem Morgenthau die Todtenqrnft, — Umsonst — die Todten kehren nimmer wieder! Was weint der Jüngling dort am frischen Grab', Das jüngst des strengen Todes Raub umfangen? Weil es die Mutter ihm nicht wieder gab, Die über Gram um ihn zur Ruh' gegangen. Was weint das Weib mit bleichem Angesicht, Das dort gebeugt am Grabeshügel weilet? Weil früh der Tod, der alle Herzen bricht, Den Vater seiner Kinder hat ereilet. Es zogen zarte Kind lein still einher Und herbe Thranen perlten über ihre Wangen, Denn ach, sie hatten keine Eltern mehr, Die waren in die Ewigkeit gegangen. Johannistage. Und mit des Schmerzes Stachel in der Brust Sah Eltern ich am kleinen Hügel stehen; Das Grab umschließt ihr Glück und ihre Lust, Sic müsse« kinderlos durch's Leben gehen! Hier sah ich eine scköne, blasse Braut Am Grab des Bräutigams die Hände ringen, Und schmerzerfüllt, mit Thränen frisch bethaut, Den Brautkranz ihm als Todtenopser bringen. Dort wankt ein Greis mit silberweißem Haar Zum Grabe seiner hingeschied'nen Lieben; Er hofft mit Sehnsucht auf die Todtenbahr, Weil keine Stütz' auf Erden ihm geblieben. Doch lag so manches Grab auch wüst und leer, Und Niemand kam, mit Kränzen eS zu schmücken; Den reichen Erben war der Gang zu schwer: Der Todle kann mit Gold nicht mehr beglücken! So sah ich, wie sich Reu' und tiefer Schmerz In schweren, heißen Thränen offenbarte, Und wie so manches sonst gebrochne Herz Die Liebe zu den Todten treu bewahrte. So sah ich, wie die Treu' und Dankbarkeit Den Todten ihre Liebesopfer brachte, Und wie beim Hinblick auf die Ewigkeit Das Wiederseh'n als Trost am Grab erwachte. Und dacht' ich: „Alle, die hier eingekehrt, Um ihre Todten schmerzlich zu begrüßen, Sie sind des Namens „Gute Menschen" werth. Bei Bösen können keine Thränen streßen." Schlaft wohl, Ihr Todten — kehrt der Tag zurück, Vielleicht ruh' ich in Eurer stillen Mitte; — Doch lacht mir noch des Lebens Sonnenblick, Zum Friedhof wieder lenk' ich meine Schritte. am Tagesge schichte. Dippoldiswalde. Seit letzten Sonntag haben hier die Theatervorstellungen der A. Becker'schen Gesellschaft begonnen. Nach Allem, was wir darüber von verschiedenen Seiten gehört und zum Theil selbst gesehen, ist den Leistungen derselben ein volles und ungetheiltes Lob zu spenden. In allen bisher gege benen Stücken hat ein flottes Zusammenspiel der Mit wirkenden, unter denen sich einige durch ganz vorzüg liche Darstellungen auSzeichneten, stattgefunden. Wir möchten die Leser unseres Blattes von hier wie aus wärts zu recht fleißigem und zahlreichem Besuch des Theaters auffordern, denn sie werden gewiß in ihren Erwartungen befriedigt und zu neuem Besuche ange regt werden. — Nur Etwas wollen wir vor Allem beantragen: recht pünktlichen Anfang der Vorstel lungen. Weiß man dies, so sind punkt 8 Uhr gerade so viel Leute im Theater, als nach */»9 Uhr. — Bei dem am 21. ds. Mts. hier abgehaltenen Ferkelmarkt waren 46 Stück zum Verkauf gestellt. Davon sind ca. 30 Stück das Paar von 9 Thlr. bis 12 Thlr., verkauft worden. Dresden. Wie man hört, ist der Bau des Neustädter Th eaterS nunmehr gesichert. Die Bau stätte am Bautzener Platz giebt die Stadt unentgeldlich her und eine Aktien-Gesellschaft, die bereits über 80,000 Thaler verfügt, wird den Bau übernehmen. Se. Maj. der König hat die Genehmigung dazu er- theilt, daß die Hoftheaterintendanz die Regie übernimmt. — Am 21. Juni unternahmen der König und die Königin von Pillnitz aus einen Ausflug nach Zittau und dem weltbekannten Oybin, woselbst sie die Mittags tafel hielten. — Zu Ende Juli werden die Majestäten eine mehrwöchentliche Reise nach Süd-Deutschland an treten und dabei die verwandten Höfe besuchen.