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Ochsen, wtinen »t-retle (78 bis nl. 216 >, Zeucht j—!üö. t - 20«, - netto: 1-1S6 uauiine !l 130 en pro er und 5-3SZ, Sttwöl Marken) . 18,50. -88.00. lDresd :0V bis -81,00, loggeu Nr. 0 Nr. 3 Weizen. .60 b:« Heu sie., ten für RKi, Mr. 7S - L« Jahrgang >4- TonnerSrag den 6. April IVI t 4- . , »I» mit Ausnahme der Sonn- und Festtage, erscheint täglich »a«m. m vtertclstihrN« Unabhängiges Tageblatt füv Wahrheit, Recht und Freiheit Inserat« werden die «gespaltene Petitzeile oder deren Raum mir 15 z>. Reklamen mit 50 S die Zeile berechnet, dei Wiederholungen entsprechende» Rabatt. Buchdrucker«!, Redaktion und Geschäftsstelle: Dresden, Pillnitzrr Straste 1!t. — Fernsprecher t!tO<» Fiir RSlkgabe unverlangt. Schriftstücke keine iverbindltchkett Redakiivns.Sprechstunoc: l l bis 12 Ui,r. Sokoirolarlon, dlareipan, Svdokolackou, dl»r-ap»r>, ... vto. vte. L'7«,'L« ««r« « » in jockor I^rouilago , iieritttiorokt vtr» ^0,5^1.^, in n'I°" 1-roialae°n. io ttlioo Ltacittotlsn. Hat das Zentrum ein Programm? Hinblick auf die koniinenden Neichstagswahlen de- Nerlemndnngs- und Verdächtignngsarbeit. Die al - uL gegen das Zentinn. -verden wieder ansgegraben und, mit mehr oder weniger verlogenen Sprüchen garinert o ^demokratische,, Lesepubl.ku.u vorgesetzt. ^o w rd eben i" ^r gesamten „roten" Presie d,e grandiose Ent deckung gemocht, das Zentrum habe kein Programm. -Uso, so schließt sie weiter: das Zentrum will seine Wablerscha iiber seine wirklichen Absichten möglichst »n Dunkeln halte,., und das soll daun ein Hohn auf seine Anhänger sei" Zu derselben Zeit, wo der saubere sozialdemokratisch Artikelfabrikaut diese Sätze uiederschreibt ohrfeigt er sich selbst Denn einige Zeilen vorher druckt er wörtlich Grundsätze ab. die das Zentrum sich bei seiner Konstit, - rung zu Nichtliuieu nahm, und die es dann spater m seine!. Wohlaufrufen mit ausführlichen Erlänternngen und Er weiterungen versehen hat. Doch diese null die sozialdemo- lratische Presse als wirkliche programmatische Grundsätze nicht gelten lassen. Tu lieber Himmel! Als ob gerade die Sozialdemokratie und ihre Presse die moralische Onalisika- tion besäßen, darüber zu entscheiden was wirkliche Grund sätze sind und was nicht. .. ^ Sollen wir nun aber des näheren Nachweisen, daß das Zentrum wirklich ein Programm hat? Das Programm des Zentrums ist seine Geschichte und seine umfassende par lamentarische Tätigkeit in den letzten vierzig Jahren, deren zu gedenken ja gerade in den letzten „ragen wiederholt Ge legenheit ivar. In diesen sind seine Grundsätze verkörpert worden, und diese seine Grundsätze sollen auch iu Zukunft gelten. Dagegen hat es das Zentrum klug vermieden, sich auf einzelne Forderungen ein für allemal „festznlegen , wie dies die Sozialdemokratie in ihren Parteiprogrammen getan hat. Das Zentrum hat damit nur das getan, was auf den, Parteitage zu Stuttgart (1898) der sozialdemokra tische Führer v. Vollmar seinen „Genossen" empfahl, wo er ihnen den Rat gab: „Ich bin kein großer Freund von diesen Festlegereien: wir sind doch auch Politiker, und ein Politiker sollte sich ohne Not nicht festlegen, weil er die Verhältnisse nicht alle voraussehen kann. Deshalb ist es besser, einfach abzuwarten und zu sehen, was in Zukunft geschieht und danach Stellung zu nehme» .... Ohne Not sollen wir nichts beschließen." sProt. S. 199.) Die Folge ihrer Prinzipienfestigkeit ivar, daß die So zialdemokratie im Laufe der Zeit einen Progra m in - Punkt nach dem anderen zu Grabe tragen mußte. Und heute ist sie so weit, daß sie vor Wider- sprü ch e n in ihrem Progra in m nicht mehr a u s u n d ein weiß, und kundige Leute aus ihren Kreisen ver sichern, daß die eigenen Führer nicht mehr an das Programm der Partei glauben. Solche berufenen Elemente gehen dann nachher hin, das Zen trum der Programmlosigkeit und der Verhöhnung der eige nen Wählerschaft zu bezichtigen. Durch eine derartige Doppelmoral haben sie sich selbst so drastisch charakte risiert, daß jedes weitere Wort in der Tat zu viel Ehre» Weisung bedeutete! Nochmals: katholische Landesart. Der Herr Geheime Kirchenrat 1>. Meyer hat nach einer Zeitungsnachricht Worte gebraucht, die so recht Zeugnis ob legen von der intoleranten Gesinnung eines Protestanten. Ein protestantischer Geistlicher hat einmal eine Festpredigt mit dem Motto „Ein enges Gewissen und ein weites Herz" gehalten. Darin findet man goldene Worte, namentlich auch über den heiligen Franz von Assisi. Aber wie viele Protestanten gibt es nicht, die von sich sagen müßten: Ein >veites Gewissen und ein engeS Herz! Und Herr Geheimer Kirchenrat l>. Meyer kann bedauerlicherweise, nach seinen Worten zu urteilen, davon nicht ausgenommen werden. Was hat er denn eigentlich bezweckt, als er iiber „katholische Landesart" Herzog? Wollte er sie loben, wollte er den Zuhörern Achtung vor katholischem Leben einflößen? Oder wollte er durch Schilderung von gewissen Erscheinun gen in „katholischen" Ländern der katholischen Kirche einen Hieb versetzen? Unter „katholischer Landesart" verstand er: Heiligenbilder, Klosterbrüder, Bettelei, Unsauberkeit! Der Sinn seines Ausspruches ist: Wo es Heiligenbilder und Klosterbrüder gibt, dort ist Bettelei und Unsauberkeit zu Hause. Mit anderen Worten: Ein jedes Land ist unsauber, wenn und weil es katholisch ist. Warum spricht der Herr l>. Meyer nicht von Bayern, von Tirol, vom schönen Rhein lands', warum immer nur von Böhmen? Jeder kleine und kleinlich denkende Geist, möchte man sagen, wenn er die Katholiken ärgern will, sängt an, auf Böhmen zu schimpfen. Als ob Böhmen ein Glaubensartikel wäre! Nein. Eher lassen sich für gewisse Erscheinungen in Böhmen ganz an dere Gründe Vorbringen, nur nicht die katholische Religion. Der Herr Kirchenrat hat nur die konfessionelle Brille. Eine soziale Brille kennt er nicht. Es ist ihm in seiner Engher zigkeit das soziale Empfinden für die Not seiner Mitmen schen abhanden gekommen und er vermag aus den sozialen Verhältnissen heraus die Lebenserscheinungen nicht zu be urteilen. Wer aber da immer nur das konfessionelle Mo ment betont, der mag zwar ein vortrefflicher .Kirchenrat sein, sonst aber weiter nichts. Und gerade Böhmen gegen über darf man nicht die konfessionelle Brille aufsetzen. Wenn es doch geschieht, dann möchte den Herren, die solches tun, nicht der Vorwurf erspart bleiben, daß ihr konfessio neller Standpunkt ein recht engherziger ist. Sind nun Heiligenbilder und Klosterbrüder etwas an sich Verachtenswertes? Wie kann den Herrn Kirchenrat nur ein unschuldiges Heiligend!!d verletzen! Gott sei Dank, daß in unseren Tagen noch solche Merkmale an öffentlichen Wegen und Plätzen vorhanden sind. Gerade die Bilder der Heiligen vermögen uns auf das eine Ziel, auf Christus hinzuweisen. Sie haben um des Glaubens willen mit Be kennermut gekämpft und aelitten und sind uns ein leuch- tendes Vorbild geworden. 'Pohl hat uns Christus ein Vor bild gegeben, aber damit ist das Beispiel frommer Men schen für uns nicht unwirksam gemacht. Erst jetzt hat man wieder des Altreichskanzlers gedacht, sein Vorbild der Ju gend zur Nachahmung hingestellt. Ist es auf religiösem Gebiete anders? Nein! Jedes Heiligenbild ist uns ein Ansporn für echte Glanbensbetätignng, eine Aufmunte rung im Kampfe um das ewige Ziel. Wer dos nicht ein sieht, oder besser gesagt, wer das nicht einsehen will, dem ist nicht zu helfen, der ist weder Pädagog »och Psycholog! Klosterbrüder! Wenn sich gleichgesinnte Menschen zur Verfolgung eines edlen Zweckes zusammenfinden und nach einer bestimmten Ordnung ihr Leben führen, ist dies zu verachten? Nein! Es beweist große Menschenkenntnis, wenn die katholische Kirche die Orden in ihren besondere!« Schutz nimmt. Daß sich in diesen Orden auch Unwürdige befinden können, oder solche, die sich eben los wachen wollen, ist angesichts der menschlichen Leidenschaften nur natürlich, Aber an sich sind Orden und Klöster die notwendige Folg« einer bestimmten Weltanschauung. Der engere Zusammen schluß zu gemeinsamerem Wirken ist überdies in der mensch lichen Natur begründet und verdient Förderung, Es kann aber nichts Idealeres geben, als eine Vereinigung, die ganz besonders mit hohen Opfern Gott, der Kirche und den Men schen und zwar allen dient. Das religiöse Ordensleben ge hört nun allerdings nicht zum Wesen der katholischen Kirche, aber es sieht mit ihr im organischen Znsaniinenhange, es ist eine Entfaltung der katholischen Lebenskraft wo immer die Kirche die erforderliche äußere Freiheit findet, indem sie in hochherzigen Seelen den Entschluß zur Reise bringt, sich im Ordensstande in besonderer Weise der Gottesver- ehrnng und der Ausübung guter Werke zu widmen. Also Herr l>. Meyer sollte von den Klosterbrüdern in keinem verächtlichen Tone sprechen. Hat er irgendwo von Personen gehört, die ihrem Berufe keine Ehre machen, gut, er mag Mißstände als solche bezeichnen, aber dem Stande und der Kirche soll er sie nicht vorwerfen, nicht verallgemei nern. Wie, wenn wir die Verfehlung eines protestantischen Geistlichen, einer protestantischen Diakonissin mit Ver höhnungen des gesamten Standes beantworten und sagen wollten: Seht, so sind sie alle! Das wäre höchst ungerecht und lieblos! „Bettelei" bezeichnet I>. Meyer weiters als katholische Landesart. Kennt er nicht das ergreifende Bild im neuen Testamente: Es saß ein Blinder am Wege und bcttcltr?! Wo ist die Bettelei größer, in Sachsen oder in Böhmen? Genuß, es ist nötig, daß die Arbeitsverhältnisse so geregelt sind, daß jeder bei ehrlicher Arbeit sein aus reichende* Brot findet. Anderseits gibt es auch viele, die nicht arbeiten wollen, obgleich sie könnten. Aber solche gibt es nicht bloß in Böhmen, sondern auch massenhaft in Sachsen. Diese Art des Erwerbes findet nicht die Zustimmung des einsichtsvollen Katholiken. „Bettelei und Katholizis mus" gehören also nicht zusammen. Die Bitte des Not leidenden wird nie aus der Welt geschafft werden und flehende Hände wird der Christ mit einem Herzen voll Liebe nicht ohne weitere? von sich weisen. „Arme werdet ihr immer unter euch haben." das gilt für protestantische, wie für katholische Länder. Will der Herr Kirchenrat damit, daß er seinen Zu hörer» Gegenüberstellungen von katholischen Einrichtungen und unvollkommenen auch von uns gemißbilligten wirt schaftliche» Verhältnissen macht, die katholische Kirche herabsetzen und die katholische Religion in den Augen An dersgläubiger verächtlich machen, dann ist sein Ver fahre» ei» jesuitisches, aber in dem Sinne, w ie es P r o t e st guten den Katholiken gegen- über anzuwenden pflegen. Dann heiligt bei ihm der Zweck das Mittel! Das Geschwätz über Modernismus und Antimoderniskeneid. ii. Indes Herr Mulert fährt fort: „Selbst wenn das nicht der Fall Wäre, würde die Zustimmung zu den evan gelischen Bekeimtnisschrifteu nie dieselbe Bedeutung habe,', die der Autimoderiiisteneid tatsächlich hat: Nb- schwörung wissenschaftlicher Methoden der Gegenwart und Verzicht auf freie Erfor schung bestimmter Gebiet e." (!!) Diesen törichten Spruch bezeichnen wir mit Mausbach als „ungeheuer.- Oberflächlichkeit und Anmaßung" (vergl. „Der Eid wider den Modernismus und die theologische Wissenschaft" Köln 1911, Bachem, S. 39). Herr Mulert, der tut, als ob die Forschnngsmethoden der Gegenwart so ganz und gar ver- traut wären, hat hier unterlassen, nach der richtigen Me thode zu forschen. Der echte Forscher, der ein richtiges Urteil fällen will über einen Spezialfall in einer großen Gemeinschaft, sucht zunächst die in jener großen Gemein schaft geltenden allgemeinen Anschauungen festzustelleu und kennen zu lernen und tritt dann von hier au« an de,« Spezialfall heran, und nicht umgekehrt. Hätte also Herr . Mulert zunächst einmal sich orientiert über die Grundsätze ' der Kirche m der Beurteilung des Betriebes der einzelnen Wissenschaften, so würde er mit leichter Mühe erkannt haben, daß cs der Kirche gar nicht einfällt, Methoden der Forschung zu verwerfen oder den eiuzeluen Wissenschaften ihre Forschungsmethoden vorzuschreiben. Das hätte man finden können «n den Aussprüchen des vatikanischen Kon- zrlS. Hier heißt es über die weltlichen Wissenschaften- „Die Kirche erhebt keineswegs Einspruch dagegen, daß diese Wissenschaften, jede aus ihrem Gebiete, ihre eigenen Grundsätze und ihre eigene Methode befolgen; sie erkennt vielmehr diese berechtigte Freiheit an und warnt nur ein dringlich davor, daß sie durch Widerspruch gegen die gött liche Lehre Jrrtüiner in sich aufiiehmen oder durch Ueber- schreitung ihrer Grenzen störend in das Gebiet des Glau bens eindringeu." Alle Bischöfe waren denn auch darin einig: Die Wissenschaft „hat ihre eigenen Regeln und ihre eiacne Methode, nach der sie in ihrem Bereiche unbe hindert und frei forscht. Sie ist nicht verpflichtet, von außen, also auch nicht von Offenbarung und Kirche etwas aufzuiielunen, wozu sie nicht durch Befolgung ihrer eigenen Regeln gelangt wäre, noch gehalten, nach fremder Vor schrift ihre Forschungen vorzuiwhmeu" lvergl. Mansbach S. 27). An der Hand dieser allgemeinen Sätze gilt es den Spezialfall zu beurteilen und da ist es sofort klar, daß es nie der Sinn des Eides sein kann, wissenschaftliche For schungsmethoden zu verwerfen. Die Forschungsmethodeu werden überhaupt gar nicht berührt; wie ja die ganze Sache sich richtet gegen jene Darstellung und Auffassung, nach der das Christentum das Erzeugnis einer natürlichen Entwick lung und nicht der Offenbarung Christi sein soll. Oder meint vielleicht Mulert, daß man eine solche Meinung noch als zulässig betrachten könne? Wenn zuletzt Herr Mulert sich »och entrüstet darüber, daß in der Eidesformel verworfen werde die Meinung, daß die Tertkritik die einzige und höchste Instanz sei fü: die Heraushebung des eigentlichen Sinnes der Worte und Texte der Heiligen Schrift, so ist das recht seltsam bei einem Theologen. Denn ein solcher müßte wissen, daß von dem Wortlaute eines Textes, wie ihn die Textkritik darbietet, bis zu der Erkenntnis seines eigentlichen reli-iös-dogma- tischen Inhalts noch ein recht weiter Weg ist. Oder will Mulert im Ernste der Textkritik auch darüber die letzte Ent scheidung zuweisen? Wenn er das aber selbst nicht tut, warum tadelt er dann den Papst, wenn er gleichfalls dis Textkritik nicht als Schiedsrichter über den religiös dogma tischen Inhalt der Heiligen Schrift gelten lassen Null? Schließlich will Mulert sein Licht leuchten lassen über die Entscheidungen der römische» Bibelkomniission. in der er die höchste Instanz der katholischen Bibelsorsckmng er blickt. Und er sagt nun mit der ganzen Anmaßung des Nichtwissers: „Was hat diese Kommission nicht schon alles „entschieden"! Seltsamste Urteile über Frage» der bibli schen Literaturgeschichte sind von diesen römischen Theolo gen ansgegaiigen." (S. 23.) Offensichtlich hat Herr Mulert diese Entscheidungen in ihrem wirklichen Sinne gar nicht erfaßt. Er erinnert an die römische Entscheidung über das Comma Johannen», 1, Job. 5, 7, welche Stelle als „echt" erklärt worden ist. Ist es dem Herrn unbekannt, daß diese Erklär»',g lediglich die Authentizität der Stelle besagen wollte? Kenn: er die Arbeiten katholischer Theologe» dar über seit 1897-' War,.in fügt cr es den» nicht bei? Und was die anderen Entscheidungen jener Kommission anbe langt, so möge uns doch mal Herr Mulert sagen, was er eigentlich an Entscheidungen anszusetzen hat, die für jede Behauptung auch feste Beweise verlangt? Nun, golicka nrxumonln, „solide Beweisführung" fordert die Bibel- kommission für neue Ausstellungen hinsichtlich der Auf fassung der einen oder »„deren Stelle oder gleich ganzer Abschnitte und Bücher der Heiligen Schrift. Man sollte meinen, damit wäre die größte Selbstverständlichkeit des ,7 1