Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.10.1883
- Erscheinungsdatum
- 1883-10-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188310284
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18831028
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18831028
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1883
-
Monat
1883-10
- Tag 1883-10-28
-
Monat
1883-10
-
Jahr
1883
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.10.1883
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
/. - Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. ReVution und LrprdMuu JohanueSgaffe SS. Sprechkundru der Lrdactiou. Bormittag» 10—13 Uhr. Nachmittag» 5—S Uhr. kt» dt« »» Rr»«cu»n »>cht »«rtindUch, »n,«h«e Ser für St» «üchftfelueuS« N»»«er »eftttmute» Inj,rate an «»cheata,ea »t» 8 Utzr Nachmittags, a» «inm. ««» Krsttagni fr»h»t»'/,S Utzr. 3« den Filialen flir 3«s.-Lnnahme: vtts Unlvtrsltätlstraße 31, LeuiH Ldsche, Kathartnenstraße IS, p. nur tzt« Utzr Auslage L8,LVV Äbonnrnlcntsvrris viertel,. 4'/, Mk. incl. Bringerlohn 5 Mk., durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer 20 Ps. Belegexemplar 10 Ps. Gebühren iur Extrabeilagen ohne Postbesürdcrung 39 Ntk. mit Poslbesürderung 48 Mk. Inserate 6gespaltene Petitzeile 20 Pf. Größere Schriften laut unserem Preis verzeichnis:. Tabellarischer u. Ziffernsatz »ach höherin Tarif. Lttlamen unter dem Rrdartionslirich die Spaltzeile 50 Pf. Inserate sind stets an die Erbedition zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praeuunieraixio oder durch Post- uachnagme. 3V1. Sonntag dm 28. Oktober 1883. 77. Jahrgang. Amtlicher Thetl. Vrkmntmachung. Wegen Reinigung der Localitüten der sogenannten RathS- stube bleibt dieselbe Montag, de« 28. diese- Monat-, geschloffen. Leipzig, am 24. Oktober 188S. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. vr. Wangemann. Bekanntmachung, die Wahl der Beisitzer für da- GewerbeschtedS- Gertcht detr. Behuf» der laut Orlsstalut« für da» GewerbeschiedSgericht zu Leipzig in Verbindung mit dem von der Königl. KreiS- hauptmannschast durch Beschluß vom 20. Deccmber 1880 be stätigten Nachträge hierzu auf die Zeitdauer von 3 Jahren vorzunehmenven Wahl von SO Beisitzern für diese- Schieds gericht, welche zur Hälfte Arbeitgeber und zur anderen Hälfte Arbeitnehmer sein müssen und von denen die erstercn ausschließlich von Arbeitgebern, die letzteren ausschließlich von Arbeitnehmern zu wählen sind, werden hierdurch alle Stimm berechtigten, und zwar ohne Unterschied deS Geschlechts ». in der Abtheilung der Arbeitgeber alle diejenigen Kausleute, Fabrikanten und selbstständigen Gcwerb- treibcnden, welche volljährig sind und in Leipzig nach tz. 14 der Gewerbeordnung ihr Gewerbe angemcivet haben, d. in der Abtheilung der Arbeitnehmer alle diejenigen von ihnen, welche volljährig und in einem hiesigen Gewerbeetabliffement zur Zeit der Wahl beschäf tigt sind. geladen, zur Ausübung ihres Wahlrechts und bei Verlust desselben für diese Wahl Montag, den 12. November 1883, in der Zeit von 12 Ul,r Mittags bis 8 Uhr Abends im Wahllocal, Obstmarkt Nr. 3, Part., Zimmer Nr. 59. in Person sich einzusinden und ihre» aus 30 wählbare Personen der betreffenden Abtheilunq lautenden Stimmzettel abzugebe» Die urr brr Wahl siu, Bethciligeuden haben sich vor dem Wahlausschüsse, insoweit diesem nicht die Wahlberechtigung bekannt ist, auf Erfordern über ihre Wahlberechtigung an«- zuweisen, und zwar die Arbeitgeber durch Zeugnisse des RatheS als der Gcwerbepolizeibchvrde, die Arbettnehmer durch Zeugnisse ihrer Arbeitgeber, resp. de« Polizeiamls, durch welche bestätigt wird, daß der Arbeitnehmer wirklich hier in Arbeit steht. Formulare für diese letzteren Zeugnisse werden ebenso, wie die erstere» Zeugnisse selbst im Stadthaus, Obst markt Nr. 3, park., Zimmer Nr. 62, schon von jetzt an un entgeltlich verabfolgt. Wählbar sind unter den oben snb a und d ausgesührten Stimmberechtigten nur Männer, welche sich im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befinden, daS 25. Lebensjahr erfüllt haben und in Leipzig wohnhaft sind. Leipzig, den 19. October 1883. Stadtrath Dtetel, Vorsitzender des GewerbeschiedSgerichtS und Wahlvorsteher. Bekanntmachung. Der Zutritt zur Valerie der Aula am 31. diese» Monat» ist nur gegen Vorzeigung einer Einlaßkarte gestattet. Ta dieser nur für Damen bestimmte Raum ein überaus beschränkter ist, so können zunächst nur die Damen der Doccnle» und zwar je mit einer Karte nach der Reihe der Anmeldung Berücksichtigung finden. Leipzig, den 26. Oktober 1883. Der Rector der Universität. Pros. HiS. Bom Sonntag, 28. October 12 Uhr Mittags ab sind im Post- gebäudc am AugustuSplatze die Dienststellen für den Verkehr mit dem Publicum veriheilt wie folgt: 1> Eingang vom AugustuSplatze (große Halle): Ausgabestelle für Zeitungen, Ausgabestelle für Geld- und Werthsendungen sowie für postlagernde Gegenstände, Annahmestelle für Geldbriese, Nachnahmebriefe und für Werthpackete geringeren UmsangS, Annahmestelle für Postanweisungen, Auszahlungsstelle für Postanweisungen, Annahmestelle für Einschreibbriefe, Verkauf von Werlhzeichen. 2» Eingang vom »rtmmatsche« Eteinme,: rechts vom Thorweg: Annahmestelle für Packele mit angegebenem Werth und für einzelne Packele ohne Wcrthaugabe, links vom Thorweg: Annahmestelle für Telegramme, im Hofe link«: Zimmer des Postdireclors. 8) Eingang von der Postftratze recht« i« Ttzorweg: Ausgabestelle für gewöhnliche und eingeschriebene Briese an Abholer. 4) Im Hintergebäude: Packetannabme. Die Ausgabestellen sind am 28. October au»nohm«weise nicht von 11—13, sondern von 12—1 Uhr Mittag- geöffnet. Leipzig, 34. October 1863. Kaiserliche« Postamt 1. Bodel. Bon dem Unterzeichneten Königlichen Amtsgericht sollen die der hier bevormundeten Fräulein Aranziska Bertha Schmidt aus Großzschocher gehörigen, daselbst gelegenen Grundstücke, als: n. Nr. 102 de» Vrand-Calaster», Nr. IM, 206, 337, 412 des neuen Flurbuch- und Fol. 98 des Grund- und Hypothekenbuchs für Groß- zschocher, und d. Nr. 103 des Brand-Latasters, Nr. 131», 13t b. 210, 217, 304, 393», 393 d deS neuen Flurbuchs und Fol. 99 de« Grund- und Hypolbekenbuchs für denselben Ort aus Antrag der Betbeiligten freiwilliger Weise »nler den sowohl an hiesiger Amt«, stelle als auch im „Gasthos zum Trompeter" in Großzschocher zum Aushange gebrachten Bedingungen versteigert werden. Hierzu ist Montag, der IS. November 188», Vormittag» 11 Utzr als Birtangstennin anberaumt worden und werden die Reflektanten ersucht, am gedachten Tage im „Gafttzof zu« Trompeter" in Grotzzschocher sich einzusinden und ihre Gebote abzugeben. Leipzig, den 11. Ocrober 1883. Avntglichr« Amtsgericht, Abthetlnng V, Sektion 1. MannSfeld. Gtz. Versteigerung. Dien-tag, den 30. diese» MonatS, Nachmittag« 2 Uhr sollen i» Gafttzof r« Klinga bei Naunhof drei Pferde (1 Fuchs, 1 Brauner und 1 Rappe), sämmtlich Stuten, und 8 Stack Gänse gegen so fortige Baarzahlung meistbietend öffentlich versteigert werden. Grimma, den 26. October 1833. Der Gerichtsvollzieher de« Königl. Amtsgericht«. Wols. Nichtamtlicher Thetl. Das Ministerium Ferry vor den französischen Kammern. Der Sturm gegen da« Ministerium Ferry hat, wie wir richtig voraussagten, am Donnerstag begonnen und ickit Stellung der CabinetSsrage durch den Ministerpräsidenten geendet, welche am Sonnabend oder Montag durch ein Votum in diesem oder jenem Sinne entschieden werden wird. Ferry tritt, wie er das von jeher zu thun gewohnt ist, mit großer Sicherheit aus und läßt durch seine Organe ver breiten, daß dem Ministerium eine starke Majorität sicher fei. Er weiß den ihm zu Gebote stehende» Apparat geschickt zu handhaben und beherrscht dadurch bis zu einem gewissen Grabe da«, was man in Fraiikreich die öffentliche Meinung nennt. Wäre er in dieser Kunst weniger erfahren, so würde er längst nicht mehr Minister sein, denn für jeden Andern würde die Hälfte von dem, waS Ferry gethan hat, zu seinem Sturz genügt haben. Durch die gut erheuchelte Sicherheit deS Mannes lassen sich aber Biele täuschen und diese Täuschung dient ihm zugleich als OperationobasiS. Der Krug geht aber auch in Frankreich nur so lange zum Wasser bis er bricht und dieser Moment scheint jetzt für daS Ministerium gekommen zu sein. WaS sich die Journalisten im Palais Bourbon erzählen, darauf kommt es nicht an, sonder» wir haben eS nur mit de» That- sacheu zu thnn und diese reden eine wesentlich andere Sprache als di; sogenannte» „parlamentarischen Kreise", von welchen die Organe des Ministeriums und vor Allem die „Agence Havas" seit einigen Wochen zu berichten wiffen Da lag eS nun Beispiel im Interesse Fcrry'S, daß die Nakicalen ih.- Interpellationen aus deu günstigsten Zeilpunct vertagten, und slugS berichteten alle republikanischen Blätter, daß die rihi-- kalen Anfragen verschoben seien. Das erregte die Vorstellung, al« ob die unbequemen Frager ihres Erfolges nickt sicher wären und dadurch wurde wirklich eine augenblickliche Wir kung erzielt. Noch unter dem Einfluß dieser Mittheilung, die sich nachträglich als falsch erwiesen bat wurde »ach allen Windrichtungen telegrapbirl: „man zweifelt nicht an einer starken Majorität für da« Ministerium". Wer ist ma»? Doch nur der Verfasser deS Telegramms! Die Thalsache», deren Bcurtheiluug uns obliegt, ergeben sich auS dem Verlauf der DonnerslagSsitzung der französischen Dcputirtenkammer, also der zweiten nach dem Wieter- zusammeutritt. Und in dieser Sitzung hat der radwale Teputirle Grauet erklärt, daß die Negierung die Kammern zu spät einberusen habe, die durch die Ereignisse in Tonkin erzeugten Schwierigkeiten der Lage hätten eine frühere Ein- bcrusulig „öthig gemacht. Tie Radikale» begrüßten diese Erklärung mit Beifall, die übrige» republikanischen Gruppen erhoben Widerspruch — so lautet der telegraphische Bericht, aus welchem noch keineswegs ersichtlich ist, daß die Minister die Majorität auch nur der Republikaner sür sich baben, ab gesehen von den Radikalen. Im weitere» Verlauf der Sitzung machte Ferry die wahrscheinlich für die größere Hälfte der Kammer überraschende Millheilung. daß er nickt die Absicht habe, jetzt neue Credile sür Tonkin zu verlangen und daß er noch nicht einmal wisse, wann die« geschehen werte, und stellte unmittelbar daraus die Vertrauens frage, welche nach dem vorliegenden Bericht mit Beifall aus genommen wurde. Welche» Eindruck das Verhalten Ferry'S aus die Mitglieder der republikanischen Vereinigung gemacht hat. verschweigt der telegraphische Bericht, dagegen thcilt er am Schluß mit, daß drei boiiapartistische Avgeordnete den Antrag eingebracht haben, das Ministerium in Änklagczustand zu versetzen. Damit ist die Situation vollständig gekennzeichnet. Das Ministerium Ferry hat nicht nur die Stirn gehabt, die Tonkin-Angelegenbeit seit drei Monaten aus eigene Faust weiter zu führen, ohne überhaupt zur Kriegführung in Ostasien einen Auftrag gebabt zu haben, sondern will jetzt sortfahrcn, die öffentlichen Gelder sür diese» Zweck zu verwenden, chne a»ch nur Rechenschaft über diese BcrmciidilNg abzulegen. Die Ab sichten Ferry'S sind durchsichtig genug, er will weitere kriegerische Erfolge abwarten und die Kosten der Expedition aus de» Zoll- und Steuerergebniffen in Anam Lecken. Daß er Len Krieg durch den Krieg selbst bezahlen will nach dem Vorbild Wallenstein's, daS hat er schon durch die an die chinesische Regierung gestellte Forderung bewiesen, die Kosten der Tonkin-Expedition auf Höhe von 5 Millionen rancS zu über»ebi»eii, desselben Betrages, welchen die ammern bisher bewilligt haben. Die Chinesen haben diese Forderung aber als lächerlich zurückgcwicsen und bereiten sich alle« Ernstes auf den Krieg mit Frankreich vor. Der Bicekönig von Canton hat bereit- 10,000 Mann in der Nähe dieser Stadl zusammen gezogen und verbietet Ausländern, in da« Innere zu reisen. Die Chinesen halten den RuSbrucb des Krieges für unvermeidlich nnd daS Volk von Wnnan glaubt, daß die Armee im Begriff stehe, alle Ausländer auS- zurotten. DaS ist die Situation, in welcher Ferry damit durchkommen zu könuen glaubt, wen» er Frankreich aus eigne Hand in einen großen Krieg verwickelt und daS Geld dazu hernimmt, wo er eS finket. Und dann wird mit der größten Unbefangenheit die Fabel verbreitet, daß eS dem Ministerium an einer großen Majorität n.cht fehlen könne, ja daß der Sieg über seine Gegner unzweifelhaft sei. Die Bonapartisten baben die richtige Antwort daraus ertheilt und die Versetzung der Minister in Änklagczustand verlangt. Damit ist aber noch nicht Alle- geschehen, um die Kata strophe mit Sicherheit herbeizusühren, der radikale Gcstineau wird die Gefahr sür das Ministerium Ferry dadurch aus die Spitze treiben, daß er den Antrag aus Ausweisung der Prinzen von Orleans stellt. Dadurch ist diejenige Constcllation geschaffen, welche sich seit langer Zeit vorbereitet bat und aus welche wir die Aufmerksamkeit unserer Leser schon feit Woche» gelenkt baben. Jetzt müsicn alle Diejenigen, welche aus Seilen der Orleanisten sieben, Farbe bekennen und selbst wenn sie da« Ministerium Ferry auS ZwcckmäßigkeitSrückstchlen nrch eine Zeit lang halten wollten, so können sie ihm jetzt nickt mehr ihr Vertrauen aussprechen. In dem Augenblick, wo der Antrag Gatineau zur Discussion gelangt, ist auch die Frage Thivaudin und die Frage Ton Alsonso reif und da muß eS sich entscheiden, ob die Republik »eck Lebenskraft besitzt oder nicht. Mit der bloße» Kühnheit, Krieg zu führen in Ostasien und Weslasrika, Staatsgelder aus eigene Verantwortung auSzugeben, reicht dann daS Mini sterium Ferry nicht mehr aus, eS muß einen Entschluß fassen und die Kammer auflösen. oder eS wird unter den hoch- ehenden Wogen der entfesselten politischen Leidenschaften egraben. Eine energische Kraftentsaltung ist schon deshalb nicht möglich, weil Ferry weder die ganze Armee sür sich hat, noch de» Präsidenten Grevy. Thibauvin und sein ganzer Anhang einschließlich Grevy'S werden zugleich mit den An hängern der Monarchie gegen Ferry Front machen und dann ist da- Chaos da. WaS dann geschehen wird, ob der Versuch gemacht wird, ein neues republikanisches EinlagSministeriui» zu bilden oder ob eS den Radikalen gelingt, sick zu Herren der Lage zu macken, ob ein Ministerium Clemenccau- Thibaubin-Locroy die Zügel der Regierung ergreifen wird, entzieht sich der Beurlbeilung, nur so viel ist sicher, daß Ferry diesen Sturm nicht überdauern kann. Im Hintergrund steht die orleanistische Restauration. Ob der Gras von Paris die über seine Pläne umlaufenden Gerüchte durch seine Handlungen bewabrkeitcn wird, kann man nickt behaupten, aber die Möglichkeit dazu kann auch nicht in Abrede gestellt werden. Leipzig, 28. October 1888. * Zur Parteitage wird unS auS Berlin geschrieben: „Im Wahlkreise Flatow-Deutsch-Crone ist der LcmdeSbireclor I)r. Wehr, der Canvidat der Frei konserva tiven, in daS preußische Abgeordnetenhaus gewählt worden, er hat gleich im erste» Wahlgange inehr als die Hälfte aller abgegeben Stimmen erhallen. Diese Thatsachc ist unS willkommen, einmal weil dieses Ergebnis; besonders dadurch herbcigcsührt worden ist, daß alle liberalen Wabl- männer diesmal wie bei allen Wahlen in de» Provinzen Posen und Westpreußen die deutsche Gesinnung höher stellten al« die Abweichung deS politischen StandpunctS, sodann aber weil vr. Wehr ein so gemüßigt conservativer Mann »st, bc.ü sein Eintritt in da« Abgeordnetenhaus jedenfalls genehmer sein muß ul« wenn ein Rückschrittler, ein Fortschrittler oder ein Pole gewählt worden wäre. Bei dieser Wahl haben ebenso wie in Greifswald die Stimmen der Nationalliberalen den Ausschlag gegeben, und daß unsere Millheilung in Bezug auf den Wahlkreis Greifs- wald-Grimmcn richtig gewesen ist, wird jetzt von allen Seiten bestätigt. ES war ziemlich unvorsichtig von Herrn Eugen Nickter, das Gegenllieil zu behaupten. Immerhin haben wir gern davon Act genomme», daß auch Agitatoren wie Er be reits zu ahnen beginnen, ivie auch im politischen Leben eine unehrenhafte Taktik sich bitter rückt. Das Frohlocke» über den Tod der nationalliberalen Partei war vcrsrüht. Die Radicalen baben daS „Leben" mit Sckreieu und Lärmmackcn identificirt; wir geben gern zu, daß sie uns darin immer überlegen gewesen sind und auch in Zukunft überlegen sein werden, wenn sie aber geglaubt haben, daraus, daß wir sie nicht scharf genug zu bekämpfen schienen, darum, weil wir ihnen nicht genug Schaden zu- sügten, unser» Niedergang seiger» zu können, nun so sollen sie auch in dieser Hinsicht eines Bessere» belehrt werben. Ter eine Herr Croncmcycr wird den Fortschrittlern noch theuer genug zu stehen kommen, wir haben erst de» Anfang gemacht in Greifswald, aber wir werden sorlsahren, den Demokraten de» Nachweis zu erbringen, daß wir nickt so „unselbstständig und verwaschen" sind^ wie die Herren Eugen Richter und Traeger vorgeben, daß wir durchdrungen sind von der Noihwenbigkeit des Daseins der gemäßigt liberale» Partei, und daß, wen» wir unsere Äegner als solche erst völlig erkannt habe», wir sie auch mit aller Kraft zu be- kämpsen wiffen. UcbrigcnS finden die Anhänger Ricktter's vielleicht einen Trost darin, daß die Klerikale» und die Reaktionäre cs ebenso schmerzlich empfinden wie die Fortschrittler, daß die Nationalliberalcn sich von diesen völlig loSgesagt haben. Denn wie sehr unangenehm den Männern der „Kreuzzeitung" und deS „Reichsboten" alles Gemäßigte ist, wie diese nichts sehnlicher hcrbeiwünschen alS den Kamps der ..beide» großen Parteien", der absoluten Reaclion und der absoluten Demo kratie, daS haben sie ja erst in den lctzlc» Tagen wiederholt betont. Und ebenso empfindet daS CenlrumSblatt die Gefahr sür die ultramontane Agitation, wenn die gemäßigten Mittel- parleien, welche den Kern deS Volke«, die ruhige Bürger schaft repräsentiren, wieder an Einfluß zunehmen. Das deutsche Volk will ruhige, stetige, orga nische Entwickelung, es ist müde des Partei- gezänk«, der hohlen Phrasen, der übertreibenden Versprechungen, es bat ganz und gar keinen Anlaß, Politikern zu größerem Einfluß zu verhelfe», welche bisher sich nur groß im Nbsprcchcn und Kritisircn gezeigt haben; die deutsche Nation will aber auch nicht aus einen über wundenen Standpunkt zurückkehrcn, sie will den gerechten Forderungen der Zeit Rechnung getragen wiffen, sie will darum ebensowenig der Fahne eine« Eugen Richter, als den Lockrufen der Stöcker und von Haminersiein folgen, welche schließlich sogar die Früchte der Reformation in Frage stelle» würden. Auch wiffen all-diejenigen, welche daS geschichtliche Werden von Staaten und Nationen beobachtet haben, daß ein radi kales Regiment niemals von Dauer sein kann, daß die Hebel griffe der Demokratie immer eine Neaction zur Folge haben müssen, ebenso wie auf die Herrschaft der Rückschrittler sehr bald die Umkehr zu den entgegengesetzten Grundsätzen folgt. Wir leben Gott sei Dank m einer Monarchie, und diese soll uns vor diesen verderblichen und gefährlichen Schwan, kungcn, vor dem Wechsel der Extreme bewabren. Das kann die Monarchie nur, wenn sic die Wurzeln tief im besten Boden deS Volkes gefestigt bat, daS heißt in den besitzende» und producircnden Elasten, in den Schickten, welche im Han del. in der Industrie, in der Wissenschaft und dem intelli genten Landwirth zu finden sind, in den Schickten, welche ein gleiches Interesse haben an der Erhaltung deS Bestehen den, wie daran, daß alle unsere Einrichtungen in Staat, Kirckc und Gesellschaft, welche deS Ausbaues sähig und be dürftig sink, auch wirklich entwickelt werde», da eS Stillstand, lo wenie^ wie im Leben deS Einzelnen, auch im Leben des großen <staat-wesenS nicht geben darf. Es ist der Mittelstand, der gebildete Mittel stand, auf dem die gesicherte, ruhige, vor Schwankungen bewahrte Erislenz der Monarchie beruht. DaS deutsche Volk ist iu seinem innersten Kern monarchisch, und wie daS deutsche Volk zu seinen Fürste», so stehen diese allezeit zu ihrem Volke. Alle sind und bleiben wir treu Kaiser und Reich, und weil wir die Monarchie für absolut »othivendig, für untrennbar von der Criste::; des Reiches halten, darum werden wir auch besonders dir Haupt stütze der deutschen Monarchie, den deuksche» Mittelstand, zu kräftigen baben, darum wird diese Säule deS Reiches, so sei r auch der NadicaliSmuS von rechts und linls daran schaben mag, doch immer fest und sicher stehen. Tie nationalliberale Partei ist stolz daraus, sich auS den besten Elementen der ruhigen Bürger zu-ammeii- zusetzcn und empfindet Genugthuung darüber, in den Frei es »servalive» Kampsgenoffen zu finden, mit denen sie in vieler Hinsicht itbercinsiimmt. vor Allem auch darin, daß sic nickt kämpsen um deS KampscS, sondern um deS Friedens willen, daß ihnen wie »nS Alles an der Blülhc deö Reiches, wenig an dem Rulime deS Parleinamciis und der Principicn- rciterei gelegen ist. Möge» sich Andere um Len Namen streiten, unS steht nur die Sacke hock: das Blühen und Ge deihen der deutschen Nation, des deutschen Reichs." * Auf daS Glückwunschschreiben deS Berliner Magistrats anläßlich der Geburtstagsfeier Sr. t. k. Ho heit des Kronprinzen ist folgende Antwort an denselben ergangen: „Die Mir von dem Magistrat zu Meinem Geburtstage dargebrachlen Glückwünsche haben Mich um so rifrichtiger erfreut, als Ick in denselben eine» erneuten AuStruck der treuen Theilnahme erblicke, von welcher Mir und Meiner Gemahlin zu allen Zeiten und namcnttich in diesem Jahre auS Anlaß der Feier Unserer silbernen Hochzeit ' -a„s zahlreiche und wohllhucnde Beweise seitens kerung Berlins wie aus allen Tlieilen Deittsc gegangen »nd. Die Kundgebung solcher Gcsipnnng »stichlet nicht nur Mick und die Mcinigcn zu warmem Dank, sondern legt gleichzeitig ein beredtes Zeugnis; ab für das zwischen Fürstenhaus und Volk bestehende innig« Lcr- hältniß. Wie aus ihm als einem festen Grunde Deutsch lands äußere Machlstellnng ruht, so bietet eS auch die sichere Barsch all sür die stetige und gesnude Entwickelung seiner inneren Zustände. Zu welch' gcwa'.ligen Au- strengunge.i und großartigen Erfolgen b> Emigkeil in der Liebe zu Fürst nnö Vaterland das deutsche Volk ,n befähigen vermcchle, davon wird das nationale Deiikmol an den Usern deS Rheins, welches jüngst die ergreifende Wcihe erhielt, zu künftigen Geschlechtern Kunde gebe», wird sie mahnen, allzeit ausznharreil in der Treue zu Kaiser und Reich. Mö^e de», deutschen Volke auch die dem Gedächlniß Luther'S gewidmete Feier eine ernste, nie über hörte Mahnung sein, die unschätzbaren geistigen Güter, welche die Reformation uns errungen, zu behaupten und zu pflegen. Mit dem Ausdrucke des zuversichtlichen Vertrauens, daß in der Bclhäligima eckt patriotischen, echt deulschcn Sinnes di ' Hauplstatl steld voran- srchen werde, verbinde Ick gern die Versicherung Meiner warmen Theilnahme an der erfreulich fortschreitenden Ent wickelung Berlins wie dem Wel'lc seiner Bewohner. Wiesbaden, den 22. Lctobcr 1883. gcz. Friedrich Wilhelm, Kronvrinz. * Zu den ungeheuerlichsten Verirrungen unserer an solchen so reichen Zeit gehört die Behauptung, der wir jetzt häufig in radical-liberalc» Blättern begegnen, der vürgerliche Liberalismus und die Socialdemokratie seien nur durch wirthschastlickc Meiiiungsverschiedenlieiten gel.cnnt, bättcn ober aus politischem Gebiet dasselbe Ziel und Streben. Man kan» eine derartige Behauptung nur aus wahllatlischcn Gesichtspu»cte». aus dem Wunsche, s ocial de m v tr a ti sch c Stimmen für fortschrittliche Zwecke zu gewinnen, sich erklären. Aber auch so bleibt sic in Hohem Grade unver ständig oder frivol, und das Streben, ein paar Abgeordliclen- mandatc oder gar nur ein paar Sitze in der Berliner Stadtverordnetenversammlung zu gewinnen, steht in keinem Verhältnis; zu der »»geheueren Begriffsverwirrung, die durch solches Gerede angericklel wird und zu der nnl'eilvollen Wirkung, daß dadurch die Socialdcmokraue in der Zuversicht verstärkt wird, ihre Sacke werke zuletzt deck, siegen. Die politische Ucbcreinstimmung zwischen Liberalen und Secial- demokratcn besteht darin, das; sie in der Opposition gegen rückschrittliche Vorschläge milunler Zusammengehen; die trennenden „wirtbschastlichen Me>nungsvcrschickeiih..ttn" sin? aber so sundameiilaler und aliumsasienber Natur, das; gegen sie alle sogenannte» re in politischen Fragen rir einem : c: Nichts znsainnienschriimpsen. Sollten je die wftloiche , lau und socialen Grundsätze der Socialdcmelralie. zur V.-irliich keit werken, so wäre damit uolbwcndiz cuic so vol:äa.tt, Umwälzung aller unserer staatlichen Enrick lungcn nuk 2' . hallniffe verbunden, daß auch nicht ein Stein dec- ganzen BaucS unseres politischen n»v gesellschaftliche» Lcbeno auf dem anderen bliebe. Eine Staats- und Gesc lisch asls- ordnung, wie sie die Svcialdcmokratic anstrebk und einsührcn würde, wenn sic die Kraft hätte, ist in allen i hren Tbeilen völlig unvereinbar mit den von sämmtlicken übrigen Parteien ver fochtene» politischen Grundsätzen. Eo gab eine Z it, wo da« Bewußtsein dieser Tbalsacke stärker nnd allgemeiner war, wo sich die verschiedensten bürgerlich en Parteien der Gemeinsamkeit ihres BedcnS gegenüber cmer Partei der siinda- mentalen Umwälzung aller »iiscrer stciallicheu, socialen, wirlh- schastlichcn Verhältnisse lebendiger erinnerten. Wa? immer die bürgerliche» Parteien trennt von der äußersten Reactiou bis znm fortgeschrittenste» NadicaliSmuS. sie stehen sich in Wabrbeit gegenseitig unendlich viel »aber als jede einzelne von ihnen zur Sccialkemokratie steht. Ob man unsere poli tischen Zustände etwas mcbr nach der freiheitlichen oder nach der rückschrittlichen Richtung auSbildcn will, das ist doch schließlich eine Frage, die federleicht wiegt gegenüber dem ungebeurcn Prebl-m, die ganzen Bedingungen und Einrich tungen unseres staatlichen und gesellschaftlichen Zlisammcn- lcbenS von Grün» aus nmzustürzen und eine völlig neue Wellortnung an bw Stelle zu setzen. Die Socialdemekratic selbst urtbeilt ganz klar und conscqncnt, wenn sie alle übriacn Parteien sür eine „große rcactionairc Masse" erklärt, bei der e« sich kaum lohnt, einen Unterschied zu macken. DaS Be wußtsein deS ungeheuren trennenden GegensakeS kommt hier ausS Entschiedenste zum Ausdruck; im bürgerlichen Lager aber
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite