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Wchtnll-Mmig Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend Dienstag, den 8. November 1910. 76. Jahrgang Nr. 130. Amtsblatt für die Königliche UmtshnuptmannlchLst, das Königliche Amtsgericht nnd den Stadtrat zu Dippoldiswalde. Mit achtseitigem „Illustrierten Anterhaltungsblatt". Mit land- und hanswirtschastlicher Monats-Beilage. Für die Aufnahme eines Inserats an bestimmter Stelle und an bestimmten Tagen wird keine Garantie übernommen. Vrrsnlworllicher Redakteur: Paul Jehne. — Druck und Verlag von Carl Jehne in Dippoldiswalde. D*. ' .MeGerktz-Zeltune^ »scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners zag und Sonnabend und wird anden vorhergehen« denMendenausgegeben. Preis vierteljährlich 1M. 25 Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg-, cmmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern ,0 Pfg. - Alle Postan- Mtcn, Postboten, sowie znsereSlnsträgernehmcn Bestellungen an. Inserat« werden mit ir Pfg., solche aus unsere» Amtshauptmannschast mit 12 Pfg. die Spaltzeile oder deren Naum berech net. Bekanntmachungen auf der ersten Seite (nur von Behörden) die zwei gespaltene Zeile 35 bez. ZO Pfg. - Tabellarische und komplizierte Inserat« niit entsprechendem Auf schlag. - Eingesandt, im redaktionellen Teile, di« Spaltenzelle 30 Pfg. Wegen Ausbruchs der Maul- und Klauenseuche in Fürstenau ist von den k.fk. Bezirlshauptmannschaften Aussig, Teplitz und Dur die Einfuhr lebender und toter Wieder käuer und Schweine, von Milch in ungekochtem Zustande, von tierischen Rohstoffen in frischem Zustande, welche von Klauemieren stammen, sowie von Dünger aus dem Be reiche der Amtshauptmannschast Dippoldiswalde in die Bezirke Aussig, Teplitz und Dur untersagt, auch der Verkehr mit Rindergespannen längs der Grenze der Amtshaupt. Mannschaft Dippoldiswalde verboten worden. Dippoldiswalde, den 6. November 1910. Königliche Amtshauptmannschast. Die diesjährige Diözesanversammlung der EphoriS Dippoldiswalde soll, so Gott will, voonsrstsg, äon 10. Rovsmdsr 1810, von vormittag 10 '/4 Mr an, im Saale des Gasthofs „zum Stern" hier abgehalten werden. Zu ihr werden die Herren Patrone, alle Kirchenvorständ?, die Herren Kantoren, Organisten und Kirchschullehrcr der Ephorie Dippoldiswalde, sowie alle Freunde und Glieder der evangelisch-lutherischen Kirche, auch die Frauen, ergebenit eingeladen. Tagesordnung: l. Ansprache des Ephorus. 2. Vortrag: „Unsere Bibel." Referent: Herr Pfarrer Nadler-Possendorf. 3. Besprechung. 4. Eeschäftliches. Etwaige Anträge haben bis zum 9. No vember hier schriftlich einzugehen. Die Versammlung wird mit Gesang und Gebet eröffnet und geschlossen. Dippoldiswalde, am 7. November 1910. Wes Supes-inKenrlsnIun- Hempel. Holzversteigerung Altenberger Staatsforstrevier. Hotel „Altes Amtshaus" in Altenberg. 15. November 1910, vorm. l/210 Ahr: 58 w. Stämme, 4489 w. Klötze, 3230 w. gek. u. 45 w. Derbstangen i. g. L-, 17485 w. Reisstangen. Nachm. 2 Ahr: 8 rm w. Brennscheite, 16 rm w. Brennknüppel, 12 rm w. Zacken, 462 rm w. Äste. Kahlschlag: Abt. 97. Durchforstungs-und Einzel- Hölzer: Abt. 2. 27. 33. 43. 45. 46. 48. 58. 60. 62. 64. 65. 68. 69. 71—74. 76. 77. 79. 103. 112. Königl. Forstrevierverwaltung Altenberg zu Hirschsprung. Königs. Forstrentamt Frauenstein. Alls ruhmreichen Tagen. Erinnerungsblätter aus dem deutsch-französischen Kriege 1870/71. 8. November. Die Festung Beidun kapituliert, nachdem sie drei Be schießungen ausgehalten hatte, von denen die letzte 52 Stunden dauerte. In Verdun hatte kommandiert General Marmier; die Belagerungstruppen befehligte zuerst General leutnant v. Bothmer, später General v. Gayl. — Verdun hatte 14 000 Einwohner, und es fanden sich dort 140 Geschütze sowie 23000 Gewehre und bedeutende Bestände an Kriegsmaterial vor. In Gefangenschaft gerieten durch die Kapitulation 2 Generale, IIStabsossiziere, 150 Offiziere und etwa 4000 Mann. — Der Fall der Festung Verdun war insofern von hervorragender Wichtigkeit, weil mit ihr der letzte Punkt zwischen der Mossilime und Paris in deutschen Besitz überging; es wurde durch diese Kapitula tion ferner möglich, auch das in Verdun wie in Metz noch vorgefundene schwere Geschütz ungesäumt nach Paris und dort zur Verwendung zu bringen. Die Probleme der Reichsfinanzpolitik. Für die Besserung der Finanzen des Deutichen Reiches ist durch die letzte Finanzreform schon Wesentliches erreicht worden, aber die Gesundung der finanziellen Verhältnisse in Deutschland ist noch keine vollständige, und die Negie rung wie der Reichstag stehen vor neuen finanziellen Problemen. Finanzprogramme haben bei der Lösung derselben nur einen theoretischen Wert, denn solche Pro gramme können doch nur Pläne über Steuerreformen und finanzielle Ersparnisse aufstellen, die dann aber in der Praris oft ganz anders ausfallen als wie sie gedacht und erhofft worden sind. So wird gewöhnlich kein einziges neues Steuergesctz nach seiner ersten Vorlage angenommen, sondern meistens erst geändert, aber selbst das glücklich zu stande gebrachte neue Steuergesctz mutz sich auch erst in der Praxis bewähren, d. h. es mutz die erhofften finan ziellen Erträge bringen, was bekanntlich auch oft nicht der Fall ist, wie die Erfahrungen mit mehreren neuen Steuern schon bewiesen haben. Die finanziellen Probleme müssen daher vorwiegend aus der Praxis gelöst werden und danach ergeben sich für die Gesundung der deutschen Reichsfinanzen hauptsächlich drei Aufgaben, erstens strengste Sparsamkeit in den Ausgaben des Reichsetats eintreten zu lassen und mit festem Willen überall dort zu sparen, wo ohne Gefahr für große Schädigungen, gespart werden kann, zweitens den Anforderungen auf die Erhaltung der starken deutschen Wehrkraft zu Wasser und zu Lande mutz aber doch unter allen Umständen genügt werden, denn in dieser Hinsicht wäre eine übertriebene Sparsamkeit unter Umständen der größte und der verhängnisvollste Fehler, drittens müssen aber auch für den Reichshaushalt noch neue Einnahmen geschaffen werden, damit er nicht nur in Ausgabe und Einnahme bilanziert, sondern auch an eine allmähliche Tilgung der sehr hohen Reichsschuld ge dacht werden kann. Man hat ja gehofft und gewünscht, daß die Erträge der neubewilligten Zölle und Steuern sich im lausenden Jahre wesentlich erhöhen würden. Aber die Ergebnisse der Zölle und Steuern hängen bekanntlich sehr viel von den wirtschaftlichen Verhältnissen im In- und Auslande ab, und da die ersehnte Hochkonjunktur im wirtschastlichen Leben noch nicht eingetreten ist, so wird das Anwachsen der Einnahmen aus den neuen Zöllen und Steuern auch nicht dahin führen, die Rcichsfinanzen vollsländig zur Gesundung zu bringen. Man kann daher schon jetzt sagen, daß ohne Einführung neuer Steuern die Reichsfinanzreform keine vollständige sein wird. Dem Reichstage liegt ja noch die Erledigung der Vorlage über das Zuwachssteuergesetz vor, und es ist zu hoffen, daß diese neue Steuer zur weiteren Besserung der Finanzen beiträgt. Es ist jevoch nicht zu erwarten, daß diese neue Steuer genügen wird, um die Finanzen des Reiches und die günstige Position zu bringen, die jeder Patriot wünschen muß Es ist daher durchaus notwendig, daß neue Einnahmequellen geschaffen werden, um aus dm finanziellen Kalamitäten endlich herauezukommen. Es ist ja leider auch noch immer eine Anleihe notwendig, um die dringenden Ausgaben des Reichshaushaltes zu decken. Die neue Anleihe wird zwar niedriger sein als die letzte, aber daß eine neue Anleihe jür das Deutsche Reich not wendig ist, das beweisr doch nur gar zu deutlich, daß die Finanzreform noch lange keine befriedigenden Erfolge auf- zuweken hat. Die Arbeiterfrage in England. Die sozialistische Hetze, welche in Deutschland so viel unberechtigte Unzufriedenheit in den Kreisen der Arbeiter geschaffen hat, besteht in England lange nicht in dem Maße wie in Deutschland, denn der Engländer ist viel zu klug und praktisch, als daß er im sozialistischen Rezepte ein Allheilmittel gegen alle wirtschaftliche und soziale Not erblicken würde. Aber trotzdem ist in England wegen der Eigenartigkeit der Entwickelung der industriellen und wirt schaftlichen Verhältnisse doch auch eine große Arbeiterfrage entstanden. Dieselbe äußert sich im allgemeinen dadurch, daß die Unzufriedenheit unter den englischen Arbeiter klassen immer mehr um sich greift und gelegentlich für diese Krisis im Verhältnis zwischen den Arbeitgebern und Arbeitern in England sogar zu Arociterunruhen und höchst gefährlichen Streiks und Aussperrungen neigt. Auch die jüngsten Arbeiterunruhen in Südwales, wo es zu blutigen Ausbreitungen gekommen ist, beweisen den Ernst der Lage in der Arbeiterfrage in England. Zum besseren Verständnis für diese soziale und wirtschastliche Krisis im englischen Industriestaats mutz nun aber erwähnt werden, datz es den Anschein hat, als wenn auch in England die Sozialdemokratie die ganze Arbeiterbewegung an sich reißen würde. Bisher haben nämlich die Führer der eng lischen Gewerkschaften, dort Trabes Unions genannt, in fast allen Streitigkeiten zwischen den Arbeitgebern und Arbeitern eine sehr geschickte Rolle im Bezug auf die Ver mittelung und Verständigung gespielt, und die Mehrzahl der englischen Arbeiter hat auch den Führern der Gewerk schaften meistens Folge geleistet, wenn diese Gewerkschafts führer Vermittelungsoorschläge mit den Arbeitgebern ver einbart und dann an die Arbeiter weitergegeben halten. Die Arbeitermassen in England wenden sich aber jetzt mehr und mehr von den Führern der Gewerkschaften ab nnd bilden neue radikale und sozialistische Oppositionsver- bände. Es ist nun sehr charakteristisch für die Arbeiter- frage in England, datz der englische Minister des Aus wärtigen, Sir Eduard Grey, in einer längeren Rede aus- gesührt hat, datz in den tatsächlichen Verhältnissen der englischen Industrie und der Arbeitsbedingungen keine Gründe für die wachsende Unzufriedenheit zu finden seien, denn die Löhne und die wirtschastliche Lage der englischen Arbeiter sei nicht schlechter geworden. Der Minister Grey ist aber den Ursachm der Unzusriedenheit mehr auf den Grund gegangen und er erblickt in der verbesserten Lebens haltung der Arbeiterklassen und in ihren Ansprüchen auf größere wirtschastliche Gleichheit, sowie auch in der Er weiterung der bürgerlichen Rechte der Arbeiter die wahren Gründe für die wachsende Unzufriedenheit in den englischen Arbeiterkreisen. Der Minister Grey charakterisiert damit eine Erscheinung, die man in vielen Ländern mit hochentwickelter Industrie, also vor allen Dingen auch in Deutschland beobachten kann. Es ist nicht die Arbeitslosigkeit oder dec Lohn, welche die Arbeitcrunzusriedenheit erzeugen, sondern die wachsenden und meistens unersüllbaren Ansprüche der Arbeiter auf höhere Löhne erzeugen die soziale Krisis. Man erkennt daraus, datz auch in der grotzen Arbeiterfrage in England die sozialdemagogische Hetze eine immer größere Rolle spielt und noch einmal zu sehr großen sozialen Unruhen führen kann, denn die sozialdemagogisch verhetzten Arbeiter- majsen folgen keiner vernünftigen Führung mehr. Dies wird bewiesen, datz sie sich von der besonnenen Leitung der Gewerkschaften abgewendet haben. Der Minister Grey wünscht daher dringend, im Interesse des Wohles der englischen Arbeiter und auch im Interesse der allgemeinen Wohlfahrt, datz die Arbeiter in England die bisher be stehenden Gewerkschaftrorganisationen, die nicht die sozia listische Tendenz verfolgten, nicht schwächen, sondern viel mehr stärken sollten, damit die Arbeiter berufene und zu verlässige Führer in ihren Streitigkeiten mit den Arbeit gebern hätten. Da nun aber bekanntlich die sozialistischen Hctzcreicn meistens eine viel größere Wirkung auf unzu friedene Albeitcrmasscn ausüben als vernünftige Erwä gungen, so mutz sehr bezweifelt werden, datz die Aus- sührungen des Ministers Grey dazu führen werden, um die englischen Arbeiter von den sozialistischen Ideen ab zuhalten und sie wieder mehr den sachlich arbeitenden Gewerkschaften zuzuführen. Vor allen Dingen mutz kon statiert werden, datz die Rede des Ministers Grey auf die jetzt bestehende Krisis in den englischen Arbeiterkreisen auch gar keinen Einfluß ausgeübt hat, denn die Unruhen unter den Bergleuten der Kohlenwerke in Südwales ge winnen nach den neuesten Mitteilungen immer mehr an Ausdehnung und es kann dazu kommen, datz 200 000 Bergarbeiter in den Streik eintreten. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. In der Hausflur eines hiesigen Gasthauses ist in der Nacht vom 5 zum 6. November der Handarbeiter N. Beer von dem Schlosser Edler aus Schöne berg, welcher feit kurzer Zeit hier in der Kalliope ge arbeitet hat, nach einer in der Gaststube vorgekommrne» Szene, mit einem Messer gestochen worden. Die Ver letzungen waren so schwer, datz sofort ärztliche Hilfe ge holt werden mußte. Der Täter ist noch in derselben Nacht verhaftet und am nächsten Tage dem König!. Amtsgericht zugesühit worden. — Die gewerbliche Sonntagsschule erhielt auch für das laufende Jahr eine Staatsunterstützung von 200 M. — Im Zeichen des Gänsebratens steht jetzt ein guter Teil des zivilisierten Europa. Der fette Martins- vogel hängt nackt und bloß und erloschenen Auges am