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Dienstag, 8. August 1911, Ilitir -t000 ndlnti ldmtttii Nr. 182. Sechster Jahrgang. 5luer Tageblatt und Anzeiger Mr das Erzgebirge o..-nw°Mch« mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Auer Sonntagsblatt. „ °«d v«ka- «ar di. Ins«-.. V«-Nt°-Eich, — ü°^ vwcü- klr»«». Spnchstand« dn RidaNion mit Aurnahm« d« Sonntag, nachmittag» von 4—« Uhr. — L^egramm-Adreffe: Tageblatt Nurerzgvocg. Fernßirscher »2. j, Lrzgeb. Beide in Aue i. Erzgeb. Für unverlangt eingesandt« Manuskripte kann Gewähr nicht geleistet werden. Bezugspreis: Durch unsere Boten frei in» Haus monatlich LoOsg. Lei der Geschäftsstelle abgeboltmonatlich §0ssfg. und wöchentlich <0 Pfg. — Bei der Post bestellt und selbst abgeholt vierteljährlich j.ro Mk., monatlich Lo pfg. — Durch den Briefträger frei in, Haus vierteljährlich ,.,r Mk., monatlich r-t Pfg. — Einzelne Nummer ,0 pfg. — Deutsch« Postzeitungskatalog. — Erscheint täglich in den Mittagsstunden, mit Nosnahme von Sonn- und Feiertagen. Znsertionspreis: Die stebengespaltene Aorxuszeile oder deren Raum für Inserate au, Nur und den «Ortschaften de> Nmtshauptmannschast Schwarzenberg «o pfg., sonst «s pfg. Reklamepetitzeile 2» pfg. Bei größeren Abschlüssen ent sprechender Rabatt. Annahme von Anzeigen bis spätestens Uhr vormittag,. Für Aufnahme von größeren Anzeigen an bestimmten Stellen kann nur dann gebürgt werden, wenn sie am Tage vorher bei un, eingeyen. vlrsr N»me, mufißie reit» Da- Wichtigste vom Lage Präsident Falltäre« stiftete für die durch den Brand in Konstantinopel Geschädigten 20 000 Franken. Zwischen dein König Ntcita und dem Sultan hat anläß. Itch des Friedensschlüsse« mit den Malissoren ein reger und herzlicher Depeschenwechsel stattgcfunden. S Balfours Mißtrauensvotum ist heute Nacht in später Stunde vom englischen Unterhause m t t S65 gegen 246 Stimmen abgelehnt worden. Offiziell dementieren die Petereburger Blätter die Nachricht, der russische HandelSmintfter habe ein Getreideausfuhrverbot erlassen. S Der türkische Ministerrat beschloß, den Belage- rungszustand vou Skutari aufzuheben. 5E" Mutmaßliche Witterung am V. August: Südostwind, heiter, warm, trocken. -WL Ernste Stunde«. Ernste Stunden gingen der jüngsten offiziösen Regierung», erksärung über den augenblicklichen Stand der Marokko-Verhand. lungen woraus. Dio Chemnitzer Ullg, Ztg, erhält darüber fol gende interessante Mitteilungen, die von diplomatischer Seite stammen: Der politische Umschwung in der Marokkosrage hat hier und da die Ansicht laut werden lassen, daß di» noch vor wenigen Tagen umlaufenden Gerüchte von einer Mist« in den Verhandlungen übertrieben gewesen seien. Da» können jädoch nur die behaupten, die über den tatsächlichen Gang der Be» sprechungen nicht unterrichtet waren. Ein» Krisis, und zwar recht bedenklicher Art, hat bestanden, »ich zwar bi« zur Nacht zum 4. August. Si» war allerding» bereit» vorüber, al, ein Berliner Abendblatt der Überraschten O offen t- lichkeit sensationell« Mitteilungen über die Möglichkeit einer deutschen Ministerkrisis zur Kenntnis brachte, an die sicherlich keiner der Beteiligten auch nur im entferntesten gedacht hatte. Vielleicht ist es nützlich — sowohl um den plötzlichen Stimmung». Umschwung psychologisch zu erklären, wie um die praktisch« Bedeu tung der erzielten Annäherung in» rechte Licht zu setzen —, di« Vorgänge der letzten Tage chronologisch kurz zu rekapitulieren. Am 29. Juli fand vormittag» «ine Besprechung -wischen Staots'ekretär v. Kiderlen und dem französischen Botschafter Cambon statt, der dem deutschen Diplomaten die soeben einge troffenen neuesten Instruktionen seiner Regierung bekanntgab. Mittag» reisten Staatssekretär und Kanzler nach Swine- münd« zum Kaiser, wo noch am selben Tage und am darauf, folgenden Sonntag die völlig« Ueberetnsttmmung zwischen den Ansichten de» Monarchen und der beiden Leiter der deutschen Politik konstatiert wurde. Hier beginnt die Krisis, denn die Billigung des Mon archen bedeutete, daß di« deutsche Regierung auf ihrem Stand punkt beharrte und die bis dahin gemachten französischen Vor schläge als ungenügend zuriichwie». Montag, den 31. Juli, setzte Herr v. Kiderlen den französischen Botschafter von dem Ergebnis der Swinemünder Besprechungen in Kenntnis. Die Unterredung ergab eine so erhebliche Abweichung in den Gesichtspunkten der beiden Diplomaten, daß Leide das Bewußtsein hatten, eine Fortsetzung der Verhandlungen aus der bisherigen Basis sei zweckl 0 s und schädlich. An den nächsten beiden Tagen, am 1. und 2. August, trat eine Pause ein, die mangels jeder Fühlung zwischen hüben und drüben al« der Höhepunkt der Krisis angesprochen werden kann. Die Situation wurde noch dadurch bedenklicher, daß über den Sta^> der Dinge mancherlei durchstckerte und die Öffentlichkeit in Deutschland wie in Frank reich eine beständig zunehmend« Nervosität zur Schau trug, die dem weiteren Fortgang der Verhandlungen leicht hätte verhäng, nisvoll werden können. In diesem kritischen Augenblick entschloß sich Cambon, seine Regierung dringend um neu« Instruktionen und Vollmachten zu ersuchen. Di« Folge war ein Ministerrat in Pari, am S. August, in dem Herrn Cambon die gewünschte Voll macht, den deutschen Forderungen weiter ent- gegenzukommen, erteilt wurde. Da» französische Mini sterium de» Auswärtigen benachrichtigte von der eingetretenen Entspannung sofort die Pariser Press«, die noch in der Nacht zum Donnerstag ihre Berliner Korrespondenten entsprechend infor mierte. Noch am selben Tage verständigt» der französische Bot. schafter den deutschen Staatssekretär, und nun nahmen di» vev- Handlungen einen so schnellen und di« Öffentlichkeit überraschen, den Fortgang, daß bereit» am Mittag de» folgenden Tage» ein» prinzipielle Bast« gefunden war, Freitag mittag um zwei Uhr wurde die von den Herren Cambon und Kiderlen ga> meiusam redigierte Not« den offiziellen Nachrichtenbüros»» übe«, geben, worin die erfolgt« Annäherung der ungeduldigen Öffent lichkeit mitgeteilt wurde. Um 12 Uhr mittag« war im Auswär tigen Amt die Parole de» Staatssekretär» noch nicht bekannt gewesen. Die Bekanntgabe de» Stande» der Ding» entgegen der ur- spvünglichcn Absicht der verhandelnden Parteien erfolgte, da» mag besonders hervorgehoben werden, nur um die Oeffentlich- keit zu beruhigen. Cs ist deshalb verständig, wenn davor ge- p-vrnt wird, einstweilen bezüglich der Weiterführung der Ver- hendlungeu einen übertriebenen Optimismus -ur Schau zu tra- gen. Auf der anderen Seite aber ist es durchaus nicht wün schenswert, unserer Regierung ohn« Kunde von den in Frage kommenden Zugeständnissen durch Frankreich und vor allem ohne jedwede Kenntnis von den schier unüberwindlichen Schrote- rigk iten, die sich einer friedlichen Lösung der Frag« ohn« Tan gierung der nationalen Ehre Deutschlands entgegenstellten, Vor würfe zu machen, di« dem Prestige Deutschland» im Ausland« nur schaden können. De, Mert von FranzSsifch-Aegnatortalasrika. Bei den Verhandlungen über Kompensationen tritt offensichtlich La« englisch-französische Bestreben hervor, de» Deut, schen kein Küstengebiet abzutreten, auch kein Stück Kongo, da» etwa sein«» geographischen Lag» günstige Möglichkeiten für die Zukunft bieten Vinn». Darum verdienen die Mitteilungen eine besondere Beachtung, die ein Kolo-nialfachman» in de, Franks. Ztg. über den Wert von FranzSsisch-Aequatortalafrika veröffentlicht. Es heißt dort: Unser mürbe überall die Aufgabe der Pazifizierung warten, d. h. di« Unterwerfung zahlreicher widerborstiger Stämme, di« di« Fran zosen bisher notgedrungen sich selber haben überlassen müssen,. Frankreich hat eben den größten Teil seiner «Kolonie Aequato- rialafrika nochnicht in der Hand, obgleich e» Posten auf Posten errichtet. Da» gilt nicht -um wenigsten von der am Meers gelegenen ältesten Einzelkoloni« Gabon, wo die französi sche Autorität wenig über den KLst»nsa«m hinan». Der Beginn der Wouuezeit. Jagdplaudere« von ArH Skomvm»est Wied«r einmal ist der große Moment herangekommen, de« alle Feinschmecker mit Sehnsucht, all« Jäger diesmal mit beson der, froher Erwartung und di« Hühnerhunde — wie immer — mit gemischten Gefühlen entgegensehen. Diese vierbeinigen Jagdgefährten erfreuen sich nämlich, wie bekannt, «in«» sehr guten Gedächtnisses und wissen deshalb ganz genau, wa» e» be. deutet, wenn ihr Herr seine Schrotspritze putzt, Patronen macht und seine langen Stiefel mit Fett einsalbt. Aber zweifello» er. tnnern st« sich dabei auch daran, daß sie im vorigen Jahr, al» sie nach langer, unfreiwilliger Ruhepause -um erstenmal wieder aufs Feld kamen, von ihrer Passion hingerissen, mit jedem Hasen einen Wettlauf veranstalteten, worauf st» jedesmal sehr gründ, lich mit ungebrannter Aschs abgerieben wurden. Jude», diese Erinnerung an unangenehm« Moment, verblaßt glücklicherweise, je näher der Tag herankommt, und -uletzt überwiegt auch V« den Hunden di» Freck Et« werden ausgelassen lustig, um tanzen ihren Herrn mit allerlei Kapriolen und folgen ihm auf Schritt und Tritt, damit «r ja nicht fortgeht, ohne sie mitzuneh- men. ... Die Freud« der Feinschmecker ist -war egoistisch, aber mensch lich begreiflich. Denn di« Eröffnung der Kühnerjagd b«d«utrt den Beginn der Saison, in d«r in rasch«! Folg« di« köstlichst»» Wildbretarten auf der Tafel erscheinen. Rach dem Kuhn der Fasan, und schließlich der Has«, den vi«l, Menschen für da» Meisterstück der Schöpfung halten, sobald «r ihnen gebraten vor. gesetzt wird. Da» Rebhuhn, da» dies« Wonnezeit eröffnet, -ringt auch das frische Sauerkraut mit, da» mit jedem GeMgelwtld eine kulinarische Ehe «tngeht und von manchen al» di« besser« Hälfte elngesMtzt wird. Di« Jäger gehen -«--mal mit sehr großen Erwartungen auf» Feld. Da» Frühjahr ist in ganz Deuischland warm und trocken gewesen, deshalb füllt« sich da« Gehege so früh, und da, E«fp«rre fiel so Mia au«. daß von dem Nachwuchs wenig umg«komm«n ist. Sodann hat di« andauernd« Sommerhitze ihr Wachatum so sehr gefördert, deck -«rett» Snd, Juli die jungen Kühn«r fast erwachsin waren. Freilich hat di« Kid« auch die «rate beschleunigt und das Miaut de» Kartoffel» und Rüben vorzeitig verdorr»» lassen. Infolgedessen finden die Kühne» kein« Deckung auf dem Felde und halten nicht mehr, d. h, st« stehen vor d«m h-rannahenden Hund schon in weiter Sn^ernung aus »nd lasten den Jäger nicht aus Schußweite Herankommen. E» ist «in« unbestreitbare Tatsache, daß all« Wildarten au» der Erfahrung lernen: st« rverde,n durch die fortwährenden Der. folgungsn immer scheuer und vorsichtiger. Beim Rebhuhn ist »»der alte Hahn, der sei» Volk mit der Energie eine» unbe- schränkten Herrscher» leitet «nd behütet. Nacht» steht er neben seinem voll, da» sich in einen Kessel -usammengedrückt hat, und achtet auf jede» verdächtige Geräusch Und obwohl er manchmal einntckt, bleiben seine Sinne auch im Schlaf noch so wachsam» daß st« den leisen Tritt, da» Rascheln des Heranischleichenden Reineke vernehmen. Mit lautem Warnruf schwingt er sich dann empor und blindlings folgt ihm die aufgeschreckte Kette. Und so wie gegen Reineke, reichen die Erfahrungen einer einzigen Iagdsatson hin, um den Hahn gegen die Menschen, die ein Ge wehr tragen und einen -und vor.sich herlaufen lassen, mißtrauisch zu machen. Ist noch viel Deckung auf dem Feld vorhanden, dann vertraut auch ein ganz alter Kahn darauf, daß er mit seinem Volk lausend entkommen werd«. Bei ungenügender Deckung da gegen führt er e» fliegend davon, «aber so rechtzeitig, daß ein Schrotschuh ohne Erfolg bleiben muß. Darum auch die von Jahr zu Jach, sich steigernden Klagen der Jäger, daß die Kühner schon am ersten Tag« der Jagd schlecht halten. Um solche« zu ver- hindern, wendet man «inen Papterdrachen in Gestalt «ine» Raubvogel» an, den man an einem dünnen Faden in di« Lust steigen läßt und der di« Kühner etnschüchtern und davon abhal. ten soll, emporzustetgen. Jnde, mehren sich nun di« Evfahrun. gen, daß di« Kühner diese List de, Menschen durchschauen und nicht daran denkrn, vor dem Papterdrachen sich an die Grd« zu ducken. Sie wissen, daß dtefer Paptervogel nie auf sie herab- stößt, und e, ist eben all«, in allem wie mit den Vogelscheuchen, di« man in menschenähnlicher Gestalt au» alten Kleidern im Feld« aufrichtet, und di« «in, «ort Tag« al» Schreckgespenst ihr« Wirkung au»üb«n — bi» da» wild ihr« Ungefährlichkett erkennt u^> sich nicht mehr um sie kümmert. . . . Da« Rebhuhn gehört zu den wenigen wildarten, di« sich der vorgeschrittenen Bodenkultur angepaßt ha-en und flch stetig vermehre«. Jetzt «erde« alljährlich etwa vier Million«» Stück I erledigt. Es könnten aber noch sehr viel mehr sein, wenn da, I Rebhuhn in der Wahl seine» Nistorte» vorsichtiger wäre. Mei sten» wählt es ein Klsestück oder ein« trochene Wies«, wo da» junge Grün ihm schon hinreichend« Deckung gewährt. Leider «erden diese Feldstücke stet» so früh gemäht, daß di« darauf da- findlichen Gelege zerstört werden. Der Großbetrieb d«r Land wirtschaft kann darauf eben kein« Rücksicht nehmen. Er läßt mit Maschinen mähen, di« da» brütende Kuhn nicht nur vertrei ben, sondern ost genug aus dem Nest pöten. Im Kleinbetrieb kann der Mäher mit der Sense da» Gelege verschonen und ein Büschel ringsum -um Schutz stehen lasse«. Dafür werden aber auf dem Bauernland genug Nester von den Hütejungen beraubt und zerstört. Eine Abhilfe ist schwer zu schaffen, wenn da» Huhn nicht selbst durch Erfahrung gewitzigt «nd in der Wahl seine» Brutorte» vorsichtiger wirb. Ein wenig freilich können die Landwirte ebenfalls dazu tun, indem sie zahlreiche Stückchen Feld mir Topinambur bepflanzen, da« frühzeitig Deckung bietet und von den Hühnern gern angenommen wird. Da» geschieht jetzt schon überall da, wo der Fasan eingebürgert ist. Mit keinem anderen Tier ist es den Jägern so leicht und so gut gelungen, «in« neu« wertvolle Wildart einzuführen, wie mit dem Fasan. Er beansprucht dieselbe Nahrung wie da, Rebhuhn, macht also in der Landwirtschaft gar keinen Schaden — aber er verlangt gut« Deckung. Und wie di« Landpürte früher jede Heck, am Feldrain, .jädes vrombeergesträuch unnachstchtltch au,rotteten, sind.sie jetzt eifrig bemüht, Kecken antzulegen, die nicht nur dem niederen Wild, sondern auch den Singvögeln zugute kommen, di« nun wieder auf dem Felde Riststätten und Zuflucht,orts finden. Der Fasan gilt wohl mit Recht al, ein wenig kluge, Tier. Er führt sein Volk nicht wie der Rebhahn, sondern die halb, wüchstgen Jungen vereinzeln sich und fallen leicht einem Rau-- tt«r zur Beut«. Deshalb «ar die schonungilos« Vertilgung der Füchse, Marder, Iltisse und der Raubvögel «in« Vorbedingung für dl« Einführung de, Fasan». Auf großen Gütern pflegt man noch ein Gehege angulegen und ihn wie «in halbes -au,tter zu halten. Aber meisten» lcht er schon in völliger Freiheit, und Lei vernünftiger Schonung Levölkert er allmählich all« Getbiet», di« ihm zusagen. Für den Mi-« ist es stet» «in« freudia, UeLer- raschung, wen« solch «in prächtig gefärbter groß« Vogel mit schnarrendem Flügelschlag sich vor seinem Kund erhebt »nd schwer- fällig davochsteiA Dann ist d« Schuß kinderleicht, veim