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Freitag Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Postanstal- ten. Preis pro Quart. tONgr. M 26 31 März 18S4 . , . ,-- - U'j' ! Merßerch-ZertungW ' - genommene Ein unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger und La»d«a»N. i t i»e . ' i .' -' ' -< - / ' -- - » Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. > , — Die Erklärung der preußischen Regierung vom 19. März. Mil gespannter Erwartung sahen nicht bloö die Preußen, sähe ganz Europa auf. die lange verheißene Erklärung der preußischen Regierung über deren Hal tung bei den bevorstehenden ernsten Ereignissen. Die Haltung Preußens wird nicht nur ein schweres Ge- wicht in dse Wagschale werfen, es wird von ihr auch abhängen, ob Deutschland von den Drangsalen deö Krieges verschont bleiben wird. Die Erklärung wurde von dem Ministerpräsident von Manteuffel gegeben; ihr Hauptinhalt ist der: Preußen will neutral bleiben und sich der Bekämpfung Rußlands nicht anschließen. . Wir wollen nun einige Hauptstellen der Regie rungserklärung in Betracht ziehen. Pie preußische ReMrung sagt in den ersten Sätzen ihrer Erklärung / sie habe sich den Wiener Protokollen der vier Mächte angeschloffen Und über die Rechtsfrage des orientalischen Streites ihre An sicht übereinstimmend Mit Oesterreich, England und Frankreich Niedergelegt. Das heißt, sie habe aner- kartNt, daß Rußland im Unrechte sei. Rußland weigert sich aber, von seinem Unrechte abzustehen und friedlich NachzugebeN; eS beharrt auf der Gtwaltthätigkeit, womit eS den Streit begonnen, und die Folge davon ist, daß England und Frank reich gemeinsam Rußland den Krieg erklären, wenn es nicht die T onaufürstenthümer räumt. Diese Kriegserklärung der Seemächte radelt die preußische Regierung nicht, sic entschuldigt sich nur, weshalb sie nicht selbst an der Kriegserklärung Theil genommen. Sie sagt: sie habe die Opfer erwogen, welche ein solcher Krieg fordern würde; sie habe die Interessen Preußens in Betracht gezogen- die bei ei nem »hätigen Kriege Preußens aus dem Spiele stehen und sie hat sich deshalb nicht zU Verpflichtun gen zu thätiger Betheiligung arr dem auS- gebrochenen Streite eingelassen. Die preuß. Regierung geht noch weiter; sie sagt: Preußen wird unter allen Umständen Mitwirken, um das europäische Gleichgewicht zu erhalten ; allein „bis her" habe sie nicht den Beruf gehabt, wie die andern Mächte, für die Türkei uNd gegen Rußland aufzu treten. Sie fühlt sich jetzt noch nicht veranlaßt, sich an diesem Kampfe zu betheiligen und deshalb wolle Preußen sich Und seinen deutschen Bundesgenossen die Segnungen des Friedens zu erhalten suchen. Aus drücklich sagt sie, sie werbe an den Wiener Protokol len festhalten. Diese Ansichten sind bis hierher klar und jeder Verständige wird sie billigen. BiS jetzt liegt keine Nochwendigkeit für Preußen vor, sich in einen Krieg gegen Rußland zu verwickeln. ES war vorläufig «chon genug, wenn Preußen den Krieg der Westmächte gegen Rußland für gerechtfertigt hält; wenn eS die westlichen Flotten als von befreundetem Mächten kommend ansieht, die in einem gerechten Kriege zur Aufrechthaltung beö europäischen Gleichgewichts bei griffen sind; es war hinreichend, wenn Preußen erst dann gegen Rußland die Waffen ergreift, wenn-die ses das preußische Gebiet verletzt. Denkt man aber, man werde nur die natürlichen Folgerungen von den angegebenen Fvrdersätzen ziehen, so irrt man sich. Preußen wird zum Schwert greifen, wenn einer der deutschen Bundesgenossen, mit welchen eine Ver ständigung erst eingeleitet werden sollt e- zu Hilfe ruft. Gegm wen zu Hilfe rüst t DaS ist nicht gesagt. ' ... Die Regierung hätte sonach sich schon vor tzHy- naten nach Bundesgenossen umsehen sollen für ihre jetzige Neutralität. Das ist aber nicht gMetzy»» ES wird ausdrücklich gHagt, daß die Regierung uuf eine Zustimmung der auswärtigen Mächte rechnen dürfe, aber sie ist dessen nicht gewiß. Die Regie rung hat eine zweite Stütze ihrer Neutralität: „ß? hat eine Verständigung mit Oesterreich und den deut schen Mächten eingeleitet;" sie ist aber noch nicht vorhanden. Zn Deutschland sind wir «her von Ätzers her gewohnt, daß die Einigung in schwierigen Fra ßen sehr schwer zu erlangen ist. Es liegt also noch kein Bündniß Preußens mit andern Mächten por; folglich steht Preußen mit seiner Neutralität stheiw Alle Anzeichen sprechen dafür, daß Oesterreich zu den Westmächtcn in ein Bündniß tritt. Preußen steht also ganz vereinsäptt da mit sei ner Neutralität. Und diese Neutralität geht Rußland zu gute, denn eS deckt dessen westlich? Grenzen gegen Vie Westmächte. ES witb nun sicher ein« Zeit kom men, wo diese sagen werden : Wir können dir, Preu- ßen, deine Neutralität nicht zugestehen; erkläre dich nun für oder gegen uns, und so kann Preußen und ganz Deutschland sehr leicht in einen Krieg Mit dem Westen verwickelt werden. Es kann über eben so möglich werben, daß Preußen, wenn die West mächte ernstlich drängen, endlich Mit Rußland in ejn Bündniß tritt und so eine Sache vkrthetdigt, welche sie selbst als eine ungerechte erkannt har. Gesetzt aber, Preußen könnte sein« Neutralität aufrecht erhalten, und Oesterreich ginge Mit dem Westen; so wäre Deutschland in zwei feindliche Hälften geschieden; beide deutsche Großmächte wüt-