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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.12.1891
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1891-12-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18911211020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1891121102
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1891121102
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1891
-
Monat
1891-12
- Tag 1891-12-11
-
Monat
1891-12
-
Jahr
1891
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rk» I» der Hauptervedittou den i« k bewirt uud den Bororten errichteten An«- flabefieveu abgeholt: vierteljährlichst 4LV, bei tweimoltner täglicher Zustellung ins Hau« » S.üO. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich tz.—. Direkte tägliche Ereuzbandjeiidung iu4 Ausland: monatlich 9.—. Di» Morgrn-An«qabe erscheint täglich '/,7 Uhr, die Aveod-Au-gube Wochentag- b Uhr. Ardallion und LrpeLitiou: I«dunoc»gaffc 8. A, ltxpedtttoo ist ununterbrochen ga- Ltznet von früh S bi« Abend« ? Uhr. Filiale«: vtt» kkle»»'« Serrti«. («kfre» Hat«), UoiverjitSt-slrabe 1« vuui« Lischt. 14, part. un» KöoigSplatz 7. Doch uck Verlag von tk. Polz tu Leipzig. Abend-Ausgabe. fjpMcr Tagtblalt Anzeiger. Organ fiir Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Jui ertionAZireiD Muruou^LttSauL«: dt» 6gespalten» Gchtb» »eil« 20-ü, Reklamen unter dem Redacttaa«- strich (4gespalten» bO-^, vor den Fantttie»- uachrichtei: (ögespalten) 40-L. Abend-Au-gabe: die Sgefpollen, PetiHrile 40 ^ Reclamen unter dem Redoktians^ich läqeipoltenl l Familiennachrichtrn und Anzeige» verlorener Gegenstände (bgripaltrnf 20 Größere Schrillen laut unserem Preid- verzcichniß. Tabkllariicher uud Zifiernfatz nach höherem Tarif. chrlr«-Beilagen (gesalzt), aur mir der Morgen-AuSgab,, ohne PostbesSrderuag >l , mit Vosldesördernug ^ 70.—. ^nnahmeschluß für Insrrair: Lbrnd-Au-gabe: Vormittag« 10 Uhr. Morge n-Ausgade: Nachmittag« 4 Uhr. Sonn- und Festtags früh 9 Uhr. Bei den Filialen und Annabniestellru ja ein» halbe Stunde früher. Inserate sind stet» an di« GrstestMaa zu richten. Freitag den 11. December 1891. 85. Jahrgang Die Sllidtvkror-netenwahleu. * Es wird vielleicht manchem unserer Leser so verkommen, als ob wir uns in etwas zu reichlichem Maße mit den bevor- siebenden Stadtvcrordnetenwahlen beschäftigten und die Lärm- trommel in zu starker Weise ertönen ließen, indessen die gauz außerordentliche» Umstände, unter denen dieses Mal die Wahlen stallfinden, sind nach unserer Auffassung ein dringen der Grund, daß wir fiir unseren Theil die öffentliche ^lufmerlsanikeit aus die Wichtigkeit der Entscheidung, welche Leipzigs Bürgerschaft am nächsten Dienstag zu treffen hat, fortdauernd hinlenken muffen. Aus der uinjäiiglichen NachtrazSlisle neuer Burger, die in der Aorzenuilmmer abgedruckt ist, wird man einru Einblick ge wonnen haben, welcher Art in der Hauptsache diese Ver- wcbruog von wahlberechtigten Bürgern ist. Die Social- bemokraiie verfügt, darüber ist jeder Zweifel ausgeschlossen, dieses Mal infolge der Einverleibung der vielen Bororte über weit zahlreichere Slrcitkrästc als früher, und es gilt, diesem rvlhcn Heerbann gegenüber auch die Reihen der ordnuiigslicbcntcn Bürger in ausreichender Weise mobil zu machen und sic an der Wahlschlachl Theil uehluen zu lassen. WaS würde es in gauz Deutschland für ein Halloh geben, wenn am Wahltag in die Welt hinaus verkiintct werbe» müßte: I» der zuteil reichStrrnen Sladl Leipzig baden zum erste» Mal die csocialdemvkraten gesiegt! Wir wollen wcnigstcnö Alles, was in unseren Kräften steht, lhu», um zu verhindern, daß unsere Stadt eine solche Blamage erleidet, und werden deshalb bis zum Dienstag nicht müde werden, alle unsere Bürger daran zu erinnern, WaS ihre Pflicht und Schuldigkeit isl. Uns kann daun kein Vorwurf treffe», wen» es bedauerlicherweise nicht gelungen sein sollte, den Bann der Trägheit und Gleichgiltigkeit innerhalb der OrdnungSparleien zu brechen. Man wird fragen, warum wir bis jetzt außer den Social- bcmokralen und Len OrdnungSparleien nicht auch die dritte aus den Kampfplatz getretene Partei in den Kreis unserer Erörterungen gezogen haben? Run, wir glauben, dazu ist noch genügend Zeit vorhanden, und wir wollen beule auch dieser drillen Partei gerecht werden. Wie im vorigen Jahr, so ist auch dieses Rial ein „Wahl-Eomitö unabhängiger Bürger" mit einer besondere,, Eanbldatcirliste erschienen, die sich als eine „politisch vollständig parteilose" dar- stelll. Mil Worten pflegt bekanntlich bei Wahlen ein arger Mißbrauch getrieben zu werten und wenn man den Dingen ordentlich auf den Grund geht, dann erblickt man in der Regel nur zu deutlich don unter dein Deckmantel solcher Schlagwörter sich verbergenden Pferdefuß. Wer sind die Urheber des „WahlcomitSs unabhängiger Bürger"? Es sind das die Männer, welche i» Leipzig eine besondere Spiel art der extremen Linke», die sogenannte demokratische Partei bilde», die in vieler Beziehung der Socialteniokralic zum Ölwechseln ähnlich ist. Als da- locale Haupt dieser Partei laun Herr Rechtsanwalt Mcloö gelten, der den» auch selbst nii in der von ihm vertretenen Eandidatcnlisle sich befindet. Soweit wir Herrn Melos und seine wenigen Getreuen bis jetzt in ihrem öffentliche» Auftreten kennen gelernt haben, haben sie sich über Berbissenhcit und Nörgeln nicht emporschwingen lönnen, sic behaupten, Alles besser machen zu lönucii, aber den Beweis dafür sind sie bis jetzt schuldig geblieben. Das .Allgemeine Wahlcomitö unabhängiger Bürger" sagt in seinem Ausruf, es wolle „eine gesund« Finanzverwaltung schaffen und dem bisherigen Wirtbschaftcn aus dem Bolle» ein Ziel setzen". Wen» cs aus die Worte allein ankäme, so könnte man vielleicht den, zuslimmen, aber nur Schade, daß die Thalen ganz und gar nicht dem Köder, der den Wählern hinzcwvrfcn wird, entsprechen. Bei den vorjährigen Stadtvcrordnctrnwahlcn ist es leider durch eine besondere Berkeltung von Umständen, aus die wir heute nicht zurückkommen wolle», gelungen, einige Bürger, die dem gedachten Wablcomitv der. dem mit demselben identischen „Städtischen Bereit," nahe stehen, in das Collegium biiiemzubrinzen. Was haben diese Herren darin geleistet? Absolut nicht«, als die Hervorrufung von ganz un- siuchlbaren Debatten und Nörgeleien, so daß selbst da» bekannte Blatt, von dem sie bis dabin patronisirl wurden, darüber in Verzweiflung czcratbcn ist. Die Krone selchen Thun« und Treibens setzte einer dieser Herren in der lcx:cn Sladtrcrorciiktensiyung aus, allerdings nur. um sich c nc beschämende Niederlage znzuziehen. Wenn nun auch die verdiente Bloßstellung zunächst die Betreffenden selbst trifft, lo hat den Schaden davon doch auch die Allgemeinheit. Wer nicht will, daß die Würde unseres Stadtvcrordncien- EoUkgiums noch länger durch eine derartige Auffassung der Rechte und Pflichte» eines GemcindcvcrtreterS leidet, der wird gut thuii, entschieden nicht mit der Liste „unabhängiger Bürger"' zu wählen. Aach unserem Dafürhalten hat diese Liste zwar nickt die ^rinzsle Aussicht aus selbstständigen Erfolg, indessen sic ist uni deswillen zu bekämpfe», weil sie doch einige Stimme»- .rrsxliiternng hcrbeisuhrcn und lediglich den Socialdciiivkrale» m Gute komme» wird. Ursprünglich batte das Wahlcomilö unabhängiger Bürger gemeinschaftliche Sache mit den Sociatisien mache» und mit diesen eine gemcinsamc Liste ansstellen wollen, die letzteren haben aber taS An- nnnen mit grimmem Hohn zurückgcwicsen. Maßgebend dürste hierbei für die socialbeinokratischc Parteileitung die Erwägung gewesen sein, daß ikncn LaS ganre Auftreten der .Unabhängigen" doch schließlich zum Vortheil gereichen »»iß. Und so ist cS auch — wer am Dicnölag eine» Stimmzettel der Partei Melo« und Genossen in die Urne legt, »nirrstützt lediglich die Sociatdemokratic In dem »ncrbitllichen Kampfe zwischen den verbündeten Ortnungs- rartt'en und der roibc» Umsturzpartei ist jede« Zwischending von Uebcl, in dem Zusammenprall dieser große» Gegensätze kann ein Zwerggebilde, wie e« unsere „Unabhängigen" dar stellen, nur eine traurige Rolle spielen Und so können wir die Bürger Leipzigs nur immer und immer wieder ausforderu, am Dienstag Mann für Mann an den Wahlurnen zu erscheinen, durch die Einlegung des Stimmzettel« de« Allgemeinen Wahlcomitv« der S rdnungSparteirn den Sieg der guten Sache herbei- .lisübrrn und r» bekunden, daß unser« Sladl Leipzig auch ferner eine Hochburg ordnungsliebende»!, rrichS- und köoigs- lrruc» BLrgersino« ftm zoll. Leipzig, 11. Derember. * Eine amtliche Wiedergabe der Ansprache de« Kaisers vom 23. November d. I. iu Potsdam bei Ge legenheit der Recrulcnvereidiguna ist nicht erfolgt. Die Presse ist deshalb aus private Mitlheuuugen angewiesen. In dem „Bresl. Local-Anz." liegt jetzt eine neue LeSarl vor, die sich angeblich aus den Privatbricf eines Augenzeugen bezieht. Danach hat der Kaiser ungefähr folgende Ansprache gehalten: „Recruten meiner Garderegimeater, ihr seid hier aus allen Theilen meines Reicheszujamiiiengezogen, um eurer Miltlairpfllcht zu genügen, und habt eben an heiliger Stätte eurem Kaiser Treue geschworen bis zum letzte» Athemzuge. Ihr seid noch zu lung, um dies alles zu verstehen, ihr werdet aber nach and nach damit be kannt gemacht werden. Stellt euch dies alles nicht zu schwer vor und vertraut aus Sott, betet auch manchmal »in Vaterunser, das hat schon manchem Krieger wieder frischen Muth gegeben. Kinder meiner Garde, mit dem heutigen Tage seid ihr meiner Armee einverleibt worden, steht jetzt unter meinem Beschle und habt das Vorrecht, meinen Rock trage» zu dürfen; tragt ihn in Ehren, denket an unsere ruhmreiche, vaterländische Geschichte, denket daran, daß die deutsche Arme« gerüstet sein muß gegen den inneren Feind sowohl als gegen den äußeren. Mehr denn je hebt der Unglaube und Miß- muth sein Haupt im Balerlande empor und es kann Vorkommen, daß ihr eure eigenen Verwandten und Brüder nieder- chießen oder -stechen müßt. Dann besiegelt die Treue mit iusopferung eures Herzblutes. Und nun gehet nach Hause und er- üllet eure Pflichten. Der Briefschrcibcr fügt noch hinzu: „Mir werden diese Worte unvergeßlich sein und ich war lies ergriffen davon." * Bon glaubwürdiger Seite wird versichert, daß der Kaiser in den nächste» Tagen den Pros. Or. Delbrück, welcher die bekannten Ansichten über daS Wort deS Kaisers Luprema Id regis volimtas verfochten hat, empfangen werde. * In parteipolitischer Hinsicht ist eine bemerkenSwcrthe Erscheinung in der durch die Handelsverträge ge- chafscncn Lage die Haltung des CcntrumS. Das Eentrum ist mit cincin fast noch größeren Eifer als die Dcutschfrcisinnigen in die neue Wendung unserer Handelspolitik cingetreten; die Partei betreibt mit ganz besonderer Energie die Beschleunigung der Erledigung: offenbar will sic die Stimme» ibrcrWähtcr, die gegen dieHerabsctzung der Getreide- undWcin- »öllc schwere Bedenken habe» dürsten, möglichst wenig zum Ausdruck komme» lassen. Wenn man sich erinnert, wie ein- müthig und geschloffen die Ecntrumspartci bisher für die Ausrichtung und Befestigung d«S Schutzzollsystems in Deutsch land eingeireten ist. wie sie in erster Linie die Urheberin und Stütze dieses System« gewesen, so wird man einige Vcr- wundcrung über den Eifer, mit dem die Partei jetzt für die Berlräge cintritt, nicht unterdrücken können. Freilich gebt sie in geradem Gegensatz zu Deutschsreisinnigen und Social- dcmokratcn, welche in den Bcrträgen einen bescheidenen Anfang zur Rückkehr in die freihändlcrischc Babn, eine dürftige Abschlagszahlung erblicken, von der Anschauung aus, daß bei diesen Zugeständnissen nun auch dauern! Halt gemacht werden solli Immerhin giebl diese Belehrung einer Partei, deren schutzzöllnerischcr Ucbereifer früber kaum zu bändigen war und die offenbar über ihre jetzige Haltung »och heftige Auseinandersetzungen mit ihren Wählern in den getreide und weinbauendcn Gegenden haben wird, mancherlei zu denken. Es lastet ein gewisses dumpfe« Gefühl aus der öffentlichen Meinung, daS sich dabin auSdrücken läßt: Jedes Ding bat seine» Preis, zumal bei einer Partei, die in der Schule Windthorst'S, des größten politischen Handel-kundigen, so viel gelernt hat. Mau muß cS ja bald erleben, ob dieses Mißtrauen gerechtfertigt ist. * Die erste Lesung der Handelsverträge wird voraus sichtlich »och heule und morgen dauern. Es sind noch eine große Reihe von Rednern zum Worte gemeldet; u. A. von nativnattidcralcr Seite die Abgg. Boetlcker und Occhelbäuser, von klerikaler die Abgg. v. Huene und Lrterer. Die Mehr heit der conservativcu Partei und ein kleiner Bruchtheil deö Eentrum« (v. Schalscha und Genossen) beabsichtigen, wie man hört, gegen die Berlräge zu stimmen. * Die „Kreuzzeitung", welche in der Handelsvertrags- frage die Trauben sauer sinket, sehnt sich nach Hilfe. Diese erblickt sic nur in der Person BiSmarck'S, und da dieser nicht nach Berlin kommt, »ersteigt sie sich zu dem Stoßseufzer, daß sic bedauere, vor Allem im Interesse de« Fürsten Bismarck, wenn er nicht nach Berlin käme, und fährt dann sort: „Nach dem er einmal ein ReichStaaSinandat übernommen hatte, daS ihm doch auch Pflichten auferlegt, die zu erfüllen, wenn je so in diesem Momente nicht blo« seine Wähler, sondern breite Kreise deS deutschen BolkcS von ihm zu erwarten vollauf berechtigt sind, würde es einen weithin reichenden Ein druck machen, wenn er in einer so bedeutsamen Lage die Er füllung dieser Pflichten allein vom ärztliche» und nicht von politischen GesichlSpuncten abhängig machen wollte. Und da« um so mehr, als schon jetzt von gewisser Seite, die dcni Fürsten Bismarck, so lange er Reichskanzler war, ganz sich zur Bcrfügung stellte, im Reichstag die Behauptung ver- breitet wird, der Fürst habe früher ähnlichen Ideen, wie sie dic Handelsverträge vertreten, so sympathisch gcgcnübcr- gestanten, daß er, wenn er heute noch im Amte wäre, selbst die Beiträge vorgclcgt haben würde." * Fürst Bismarck machte gestern dem Grafen Walder- sec einen Besuch, aß später bei Baron v. Schröder in Hamburg zu Mittag und kehrte um !t Uhr nach FrictrichS- ruh zurück. Der Kürst befindet sich in bester Gesundheit und sieht vortrefflich aus. * Der Schlei,singer Kreistag ist der erste im preußischen Staate, in dem ein Socialdcmokrat Sitz und Stimme haben wird. Wie die „Kölm Ztg." meldet, hat der Bezirk Gotttautcr-Heibersbach den Führer der Socialdeinokratcn in den Kreistag gewählt. * Die schweizerische Regierung hatte bei der deutschen Negierung Erkundigungen eingczogen, wie sich Deutschland gegenüber einem Vorgehen der Schweiz in Betreff der An bahnung einer einheitlichen Rechtschreibung in allen Staaten deutscher Zunge stellen würde. Bei der Son- dirung durch den schweizerischen (Gesandten am Berliner Hose ergab sich indeß, daß ossicielle Schritt«, welche die «chweiz etwa untrrnehmen sollte, bet der ReichSregierunz erfolglos sein würden » Wie man ans Hasbaxg schreibt, wird dort unter dem Titel „HamburgerTageblatt" binnen Kurzem eine neue Zeitung national-liberaler Richtung erscheinen. * AuS Altenburg wird uns vom 10. December ge schrieben: Dem Beispiele der Nachbarstaaten folgend, soll gemäß höchsten Erlasses und nach Beschluß deS Landtages den Beamten uns Bediensteten de« Staates, deren Gehalt 2400 nicht übersteigt, eine außerordentliche Beihilfe in Form einer Theuerungszulage. die ungefähr 5 Procent der Besoldung auSinacht, gewährt werden, da durch die PrviSverhältnisse in den letzten Jahren eine erheblich« Steige rung der Kosten der LebcnSunterhaltung herbeigeführt worben ist. * In der badischen Kammer bat der Abg. Muser den Antrag eingebracht, die Kammer möge die Regierung ersuchen, im Bundesralh für Ocssenllichkcit und Mündlichkeit des Militair-SrafversahrcnS cinzutretcn. Der Antrag wurde einstimmig angenommen. StaatSminister Turban erkannte den hoben Werth des öffentliche» und mündlichen BerfabrenS an. Er könne nur wünsche», sagte er, daß diesem Grundsatz auch in der Mititairstrafproccßordnung tbnnlickfft entsprochen werde. Doch dürste der niilitairischc GcsichtS- punct, vor Allem der der Disciplin, nicht unbcrücksicbtigt bleiben. Eine entscheidende Antwort könne er um deswillen schon nicht erthcilen, da dem BundeSraih ver Entwurf noch unbekannt sei. Ferner seien auch die Gründe der Militair- vcrwaltuiig zu hören. Doch erkläre er, daß die Anerkennung des Princips des Muscr'schen Antrags in der Militair- gcrichtsbarkcit ihm sympathisch sei» würde. * In Württemberg steht man jetzt dringender denn je der Frage der Reform der Zweiten Kammer gegenüber. Die Loosung heißt: Bcrwandlung der Zweiten Kammer in eine reine Volkskammer unter Fortbcsteben der Ersten Kammer als Privilegirtcn-Kainmcr und Verstärkung derselben durch einen Theil der ans der Zweite» auSscheidenden Ver treter der Ritterschaft und der beiten Kirchen Daß nun mehr die beiden Hanptpartcicn des Landes durch den Mund ihrer Führer sich aus diesen Slandpunct geeinigt haben, erfüllt unS mit hoher Befriedigung. Die Skeptik, die »ach den bisherigen Erfahrungen mit den Versuchen einer Bcr- sassungörcvision in Württemberg alle Berechtigung hatte, darf sich jetzt in eine bescheidene Hoffnungsfreudigkeit verwandeln. Es ist zwar durchaus noch keine Gewähr gegeben, das? die würtlembergische Regierung die Idee alsbald in die Praris umsetzeii und dem Landtag bei seincm Wicderzusaiiiinentritt eine entsprechende Vorlage machen werde. Aber der Hauptgrund, den man in den letzten Jahren der Inangrissnabnic dieser Reform entgegen setzte: daß sich in, Landtag für irgend welchen Vorschlag ja doch keine Majorität finden werde, scheint jetzt beseitigt, »»d damit ist viel gewonnen. Daß es gerade Herr v. Goz war, der in der Versammlung der deutschen Partei unter den ver schiedenen Möglichkeiten, die er erörterte, für diese freisinnige Lösung offen und klar sich entschied, ist besonders benierkcns- wcrth, da er nach seinem bisherigen Auftreten als der Vertreter der am meisten rechtsstehenden Kreise seiner Partei anzusehen war Und wenn andererseits Rainen« der Volkspartci einer der Brüder Hausiinann, die aus dem äußersten Flügel der Linken stehen, die Erklärung abgiebt, daß man von dieser Seile auf die principielle Forderung der Eiiikcitükammer verzichten wolle, falls die Regierung auf die Verwandlung der Zweiten Kammer in eine Volkskammer eingehe, so darf man auch hier annchnien, daß der Redner seine ganze Partei hinter sich haben werde. Ohne akademische Erörterungen über andere mögliche Wege wird es freilich nicht abgchcn. Herr Ilr. von Schäfflc kündigt im „Schwäbischen Merkur" eine Artikelserie a», in welcher er sür eine» Ersatz der Privilcgirtcii der Zweiten Kammer durch Vertreter von .Berufsgenosscnschaften" eintreten will. DaS wäre nun freilich ein Versuch, durch welchen Württemberg die Augen der ganzen Wett auf sich lenken müßte; denn daß die natürliche Entwickelung der Dinge nach dieser Richtung hindrängt, darüber sind ja die Socialpolitiker mehr oder weniger einig. Es fragt sich nur, ob die Idee der BerusSgcnosscnschasten schon zu der jenigen Reife gediehen ist, das? man eine parlamentarische Körperschaft auf sie czrünbcn kann Wenn wir in dem An- kündigungSartikel de« Herrn v. Schäfflc lese», das? er zunächst unter solchen „Berufsgenosscnschasten" die evangelische LandeS- synvde, das evangelijche Eousistoriui», das katholische Doni- capilel, die Lehrkörper der Universität und der anderen Hoch schule», den VoltSschutlehrerstand, die landwirthschaftliche Eentralstellr, die Handelskammern, die Krankencassen :c. ver stehen will, so will cS unS bcdünkcn, als ob da etwas hetero gene Elemente zusaminengeulischt wäre», von denen man zu dem nicht weiß, wie lange ihre jetzigen Dascinösormcn sich erhalten werden. * Die freisinnige Partei Bayern« soll eine Agita tion zur Aufhebung deS Invalidität-- und AltcrsvcrsichcrungS- gcsctzes eröffnen. * » * * Die ungarischen Abgeordneten nahmen den Gesetz entwurf, betreffend die Arrangnung einer ungarische» natio nalen Ausstellung für an. Die Abhaltung einer Weltausstellung lehnten dieselben ab. Der Handelsiiiinistcr Baroß legte den Handelsvertrag mir der Schweiz vor. * Im öfterre ichisch e» Abgeordnetenhause wurde^ester» der Etat des Ackerbauniinistcrilii»« angenommen. Bei Schluß der Sitzung griff der Antisemit Lueger den Wiener Bürgermeister wegen der auf dein Viehinarkle herrschenden Zustände an. Er bezcichnctc den letzteren «IS eine Ranb- anstalt deS GcmeindcrathcS, und behauptete, dieser habe bei Gründung der Fleischcassc durch die Depositenbank an Er pressungen thtilgenoimne» In Folge dieser Beschuldigung entstand ein furchtbarer Lärm. Sommaruga wies die An griffe zurück unv machte die Regierung sür die Mißstänbc verantwortlich. Lueger erwiderte m scharfen Ausdrücken. * Aus eine Anfrage bezüglich der Beziehungen Italien« zu den Bereinigten Staate» von Nordamerika erklärte der Ministerpräsident di Rudini in der italienische» Kammer, die Botschaft de« Präsidenten Harrison habe die friedlichen Gesinnungen der Regierung der Bereinigten Staaten zum Ausdruck gebracht, er hege bas Bcrtrauen, daß die mit der UnionSregicruiig noch schwebende Frage deuulächst ihre Er ledigung finden würde. * Die Verhandlung der französischen Kammer über die Kirchen frage macht in Pari« tiefen Eindruck. Die freisinnigen Blätter loben die Entschiedenheit, mit der Frcyciaet die Rechte deS Staates gegenüber der katholischen Geistlich keit wahren zu wollen erklärte. Die Ultramontanen werfen ihm vor, daß er sich gegen die Bischöfe mulhig zeige, um die Gunst der Nadicatcn zu erlange»; sie nennen jeden Versuch eines friedlichen Zusammenlebens der Kirche mit der Republik eine beiderseitige Betrügerei und finden es besonder« anstößig, daß die gestrigen Angriffe ans die katholische Sdircke von zwei Protestanten, dem cbcmatigcii Pastor Didc unk Frcycinet, ausgingcn. Alle Blätter stellen fest, daß Goblet allein aufrichtig gewesen sei, -^'S er die Ansbebung des EoncordatS die einzig folgerichtige Lösung der Schwierig keiten nannte, und daß die Trennung von Staat und Kirche gestern einen Riesenschritt gcthan habe. Die Kammer- »ichrheit wird voraussichtlich die Rane'sche Tagesordnung auiichme», welche im Senat die große Mehrheit erlangte; ie lautet: „In Anbetracht, daß die jüngste» Kiindgebungen eines TkcitS der Geistlichkeit den gesellschaftlichen Frieden gefährden könnten, und einen heftige» Angriff aus die Rechte deS Staates darstellen, rechnet die Kai»i»e>, den Erklärungen der Regierung vertrauend, daraus, daß diese die Rechte, die >e bcsitzk oder nöthigciisallS vom Parlament verlangen wird, aiiwcndcil werde, »in icdcrinanli zur Achtung der Republik »»d zur llnterwürsiglcit unter ihre Gesetze zu zwingen." Die Radieaten der Kamiiier möchte» indeß aus Goblek'S Tages ordnung zählen, welche lautet: „lieber zeugl, daß die »»tcr ireibcillichc» und billigen Bedingungen zu vollziebrnde Trennung von Staat und Kirche die einzig mögliche Lösung der religiösen Frage ist und daß sic durch die Vcrbindungs sreibcit vorbereitet werde» muß, geht die Kainincr zur Tagesordnung über." * DaS neue rumänische Eabinet hat sich gestern der Kammer vorgcstcllt. Ter Ministerpräsident Eatargi» verlas eine Erklärung, in welcher cS beißt, da» Ministeriui» werte das in de» letzten Jahren begonnene Reformwerk svrlsetzen. Der gemäßigte Eonservatismus und die liberalen Gesinnungen der Mitglieder deö neuen EadinclS dürsten allen modernen An forderungen Genüge tluin. Die Anschauungen deS Ministeriums seien dieselben, wie diejenigen der Majorität deö Parlaments. Die Thätigkeit deö Ministeriums werbe um so gedeihlicher sein, je größer die Einheit in den Anschauungen und über die einzuschlagende Richtung sei. Die Erklärung appcllirt schließ lich an die Eintracht und den Patriotismus tcr Volks vertreter. — Die Kanuncr vertagte sich sodann bis zum 2l. December. * Der Ton, den die Botschaft de« Präsidenten Harrison anschlägt, atknict einen Geist, der mit dem Worte L>elbstvcrlraue» noch kaum hiiirkichenv scharf präcisirt er scheint. Es gilt die« »amentlich von de» Sätze», welche sich aus daS Verhältnis? der Vereinigten Staaken zi»n Auslaute beziehe». Dabei sind die Aussichten der repudUIaiuichc» Partei aus eine» Sieg bei der nächstjährigen Präsidentenwahl teincswcgs so glänzende, das? sic die Rcpublila»ier mit Zuvcrsicht erfüllen könnten — im Gcgenll'eil. Andererseits wiederum bieten die Demokraten, wetche nicht eine» Augenblick daran zweifeln, daß der nächste Inhaber des Weißen Hauses i» Wajb»igton ans ihren Reiben hcrvorgchcn werde, da« cigciilhümliche Schauspiel einer principielle» Spaltung gerade in der wichtigsten schwebenden Tagcösragc, nämlich der zoll- und handelspolitischen Entwicklung de« Lande«. Der Mac »Sinley-Taris, da« eigenste Werk der Rcpnblikancr, findet nämlich unter Len Demokraten des Nordostens, ipcciell des Staates Newyort, kaum iniiider eifrige Anhänger, als seitens der überzeugtesten Republikaner, und wenn man ans dem Ergebnis? der kürzlich stattgebablcn Wahl des Vorsitzenden der Rcpräsentanten-Kammcr schließen darf, so wäre die Mehrzahl der dcniokratischcn Volks vertreter durchaus ebenso schlitz-, ja probibitivzölliierisch ge sinnt, als die Urheber des vicliinislrilleiien Mae Kinlcn-Tariss, und mit der lobenden Eensur, welche Präsident Harrison den bisherigen Wirkungen dieses Tarifs in seiner Botschaft auSstclll, völlig emverstande». Der PräsidentschastSwaklscld- zng des nächste» IabrcS würde hiernach lediglich als ein Kampf um die Macht, nicht nm ein Princip anzusehen sein. * In der gestrigen SenatSsitziing zu Washington brachte der Senator Stewvrd einen Gesetzentwurf cm,»ach welchem die chinesische Einwanderung »ach den Union« staaten und der Ausenlkatl in tcmsclt'cn verboten werden soll. Der Antrag trifft nicht nur die Ehinesc», welche, ohne früher in den Vereinigten Staaten gewesen zu sein, dort cin- wandcr», sondern auch solche, welche früher in den UnionS- staatcn geweilt »nd dasselbe verlasse» habe», sowie alle Ehinesen, welche nur durchreisen. * Wie dem Londoner „Renlcr'schcn Bureau" aus Rio de Janeiro von gestern gemeldet wird, habe die Regierung dem Gouverneur de« Staates Rio de Janeiro, Portetla, aufgcsordert, seine Entlassung eiiizurcichc», Portella weigerte sich aber, dies zu tbun. Man hält cs für wahrscheinlich, Laß das Kricgsrcchl proclamirl und ein milltairischer Gouverneur ernannt werde. Marine. 'Das Marine-Verordnungsblatt veröffentlicht eine Eabiiietsorürc vom 2. November, wonach für die Jnipection deS LorpedoivejenS die Stellung eines im Range der Marine-Bau- intlsler siebenden, höhere» lechuischen Vaiibeamte» zu schaffen ist, welcher dentAmlslitet Lorprdobaiimeisier zu führen hat. Ferner sollen die Mannichaslen der Torvedvablhcitunge», an Stelle der dishengei, Bewaffnung, mil Revolver» »nd Gniennessern nach neuem Modell ausgerüstet werde», tiin weilerer Erlaß vom 30. November verfügt neue Bekicidungsbefiiminungen für die Beamten der Marine ' Wilhelmshaven, 10.December. Das«reuzergefchwader hat Ordre erhalle», von Südamerika nach Kapstadt in »ec zu gehe». Ter brllijche Marine-AtUich», tiapita», Ma», ist zur Besichtigung der Werslanlagen hier eiugelrosseu. Lolonialpolitisches. * Ter bekannt« Asrikareijende Otto <k. Ehlers Kat »ine Be- geanuug mil Ltaiiiey i» Eotowba gehabt, wo letzlerer aus der Reise nach Australien durchtam. Er jchildcr' demelden als einen
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