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Dresdner Journal : 21.07.1869
- Erscheinungsdatum
- 1869-07-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-186907214
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18690721
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18690721
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1869
-
Monat
1869-07
- Tag 1869-07-21
-
Monat
1869-07
-
Jahr
1869
- Titel
- Dresdner Journal : 21.07.1869
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W 166. Mittwoch, den 21. Juli. 1868. Iv»nirrmeat«»rtts«: l» Norää. La-ä»: S'rUIr.-H-r 1 ,. l» ., >1oll»tticd:— „ Ib „ LiorelueKuiiuiier»: 1 S pülr. 8tewv«Ixedübr, »usserdLlb ä«» ^soräU. Luoäe» ?o«r uock 8tewp«lru»ckl»xliii>»il. rnsrraltnpretsr: kür äea 8»um «lo«r js«sp»Iteveo 2«ile: 1 Kxr. Witter „tUoxsmcoät" äi« 2eU«: S K^r. Lrschrtar»: Hßlicü, mit Ln»o»dm« ä«r 8ovo- noä kei«rt»U«, ^doock» kür äeo kolxeoäen DresdnerZourm!. Verantwortlicher Redacteur: I. G. Hartmalln. Ittsrralrnaiinohmt auswärro: t u. Nii-kii>sr>!T,^^, Lownüi-Iooiir üe» Dresäner tournul»; edeo«1»».: N »otr», kunr; »»mdir^-I-rU»- Vi«o-l.»ir»iL L»r«l-rrLll!ikurr t VOQI.LU, LviUll, 6 Nuroon, Nvour.p!i älosov; Lremeu: t!. 8c«i.orro; Lr«»I»«: l. ,z»»onot ovucv»», .IruTi, kixi, L t'!»)vKv; kruollurt » Ll : »'-c:ke lUwüü.; löl»: ^i>. I!Xo»'«t:it, k»ri,: i'lru, Nvi.i.>»:u LOo.» (8, »le I» Ijo>irss);'rr»8: k» Kum-lvu » Uuehü.; Vi«u: Xi.. Orrnr-iL. qerausgrvcr: Kvuizl. krpoäitiov 6«» Dreoüoor ckoora»!», vreoäeo, Lk»rivn»tr»«o« tlo. 7. Amtlicher Theil. Dresden, 20. Juli. Seine Königliche Hoheit der Prinz Gustav von Wasa ist gestern Nachmittag Ä3 Uhr von Wien eingetroffcn und auf der Villa Sei ner Königlichen Hoheit des Kronprinzen in Strehlen abgetreten. Seine Grobherzogliche Hoheit, der Prinz Lud wig von Hessen und bei Rhein, nebst Frau Ge mahlin, Alice, geborner Prinzessin von Großbritan nien und Irland, und Durchlauchtigsten Kindern, sind gestern Abend H7 Uhr nach Darmstadt abgereist. Dresden, 19. Juli. Seine Majestät der König haben der dem Geheimen Hofrath Professorvr. Tischen dorf zu Leipzig von des Kaisers von Rußland Maje stät verliehenen Erhebung in den russischen Erbadels stand die Anerkennung für hiesige Lande zu ertheilen geruht. Nichtamtlicher Theil. Uebersicht. Telegraphische Nachrichten. TageSgeschichte. Dresden: Hohe Gäste. Gesetzblatt. — Berlin: Hofnachrichten. Der Ministerwcchsel in Frankreich. Freimarken zur Frankirung telegra phischer Depeschen. Vermischtes. — Eisleben: Preßproceß. — Memel: Eisenbahnbefürchtungen. — Dessau: Landtagsschluß. — Prag: Meeting. Festfeier. — Brünn: Keine weitern Ruhestörungen. — Bern: Eisenbahnconferenz. — Florenz: Kirchengütervrrkauf. — Madrid: Don Carlos in Spanien. — St. Petersburg: Eisenbahnconcesston. — Athen: Aus der Kammer. — Hongkong: Proclamation gegen die Fremden. — New-Bork: Freibeuter gefangen. — Rio-de-Janeirv: Kriegs- nachrichtrn. Dresdner Nachrichten. Provinzialnachrichten. (Zwickau. Krimmitzschau ) Vermischtes. Feuilleton. Inserate. TageSkalender. Börsen- nachrichten. Telegraphische Nachrichten. Wien, Montag, l9. Juli. (Corr. Bür.) Im BudgetauSschuß der ReickSrathSdelegation gab der Finanzminister Brestel das Kinanzerposs, soweit eS schon jetzt möglich ist. Das Ergebniß von 1869 dürfte sich gegen den Vor anschlag um 6—7 Millionen günstiger gestalten. Das Ergcbniß von 1870 unter gleichen Umständen gleiches Deficit, dazu Mehrauslagen sür die Landwehr, Land wehransrüstung, Mchrsubventioncn für die Eisenbah nen, Mehrschuldcntilgung für das Anlehcn von 1839. Der gesammte Quotenmehrbetrag ergicbt zusammen 29 Millionen Dcfic't und durch Mchrcinnahme Zucker-, Branntweinsteuer 26 Millionen. Au decken durch Re- fundirung der Eisenbahnen, durch den am 1. Januar 1870 fälligen Kaufschillingsrest von Staatsgütern, durch den Erlös zum Verkaufe bestimmter Staatsgüter, Feuilleton. Der Dorfpfarrer. Eine Erzählung von Pauline Achanz. „Sara ist verwöhnt, Mama; wir müssen ihr Stüb chen so nett als möglich einrichtcn; wir müssen es schmücken und putzen! Sie soll sich wohl und glücklich bei uns fühlen; sie soll sich hier erholen und erfrischen! Du weißt ja, Mama, sie ist verwöhnt und der Onkel schreibt uns, daß st: kränkelnd sei. O wie freue ich mich auf Sara!" Indem sie so plauderte, räumte Gertrud die kleine Gaststube für Sara ein; trug ihre Lieblinge, ihre Blu men und Vögel herzu und stellte die Töpfe und Käfige vor den kleinen, blitzenden Fenstern auf. „Mama, wie freue ich mich auf Sara!" Die Cousinen hatten sich seit ihren Kinderjahren nicht gesehen. Gertrud war in stiller Dorfeinsamkeit erzogen, eines Pfarrers Kind und nun schon seit Jahren mit ihrer Mutter in deren kleinen Witwenhäuschen lebend. Die Welt, die jenseits ihrer Wiesen und Fel der lag, war ihr fremd und gleichgiltig; ein Sehnen danach war nie in ihr geweckt worden. Sie hatte bis her Freuden und Sorgen genug in ihrer eigenen klei nen Welt gefunden. Ihre Mutter, ihre Blumen im Garten und auf des Vaters Grab, die Kranken im Dorfe, der kleine Haushalt, der Hühnerhof füllten ihre Zeit aus. Die kleine Bibliothek, die sie vom Vater geerbt hatte, ihr alte» Clavier, ihre Wasserfarben, mit denen sie Blumen malte, wie man eS eben ohne künst lerische Anleitung vermag, erfreuten ihre Musejtundcn Setten spinnen sich Mädchenleben noch so idyllisch unbefangen ab, jetzt wo die Zettwogen auch in die stillsten Einsamkeiten zu dringen pflegen; wo Eisen- zusammcu 22 Millionen, wonach pro 1870 noch 4 Millionen durch Aufnahme schwebender Schuld zu decken bleiben. Die Nachtragscreditc sollen durch Hcr- einzichung des Stellvertreterfonds und des Glacis- grunderlöscs gedeckt werden. Der Ausschuß übergab die Civilpcnsionsvorschrift dcmSpccialrcfirenten Arncth zur Berichterstattung. Mittwoch findet eine Plenarsitzung zur Beschlußfassung über die principielle Frage der be antragten Gagenerhöhungcu statt. Die Militärcommission der ungarischen Dele gation genehmigte die Gaaenerböhungen bis zum Hauptmann erster Klasse i08v Fl. Der Abstrich weiterer Gagenerhöhungen bei Heuportionen, Ne bengebühren wurde bedeutend reducirt. Wien, Montag, 19. Juli, Abends. (W. T. B.) Der deutsche Eisenbahncongreß ist heute unter dem Vorsitze von Fournier (aus Berlin) eröffnet worden. Der Handelsminister v. Plener begrüßte die Ver sammlung. Derselbe gab der Freude Ausdruck, daß Wien zum Versammlungsort gewählt worden, und be tonte die Notwendigkeit der Vereinigung zu gemein schaftlicher Pflege des Verkehrswesens. Unter den neu aufgenommenen Eisenbahnen befindet sich die Berlin- Görlitzer nnd die große belgische Ccntralbahn. Bei der nächsten, im Jahre 1871 stattfindenden General versammlung wird die 25jährige Jubelfeier dcs Con- gresses abgchaltcn werden. Paris, Montag, 19. Juli, Abends. (W. T B.) Die Nachricht, in dem heute abgehaltcncn Mini- sterrathe sei beschlossen worden, die Einberufung der Kammer zu verschieben, bestätigt sich. Der „Presse" zufolge bat das Handelstribunal heute die Auflösung der SociE-immobilidre aus gesprochen und drer Liquidatoren ernannt. Tagtsgeschichte. Dresden, 20. Juli. Se. großhcrz. Hoheit Prinz Ludwig von Hessen und dessen Frau Gemahlin, Prinzessin Alice (geb. Prinzessin von Großbritan nien) königliche Hoheit, Höchstwelche am 17. d. M.» hier eingetroffcn waren und im „Hotel Bellevue" Quar tier genommen hatten, dinirten gestern Nachmittag bei Ihren königlichen Majestäten in Pillnitz und sind Abends nach Darmstadt abgcreist. Im Laufe des vor gestrigen und dcs gestrigen Tages haben Dieselben das Museum und andere hervorragende hiesige Kunst sammlungen besichtigt. Bei der gestrigen Abreise wur den die hohen Herrschaften von Ihren königlichen Hoheiten dem Kronprinzen und der Frau Kronprin zessin nach dem Leipziger Bahnhöfe geleitet. Dresden, 20. Juli. Vom Gesetz- und Vcr- ordnungsblatte sür das Königreich Sachsen ist das 11. Stück vom Jahre 1869 in der Ausgabe begriffen. Dasselbe enthält: Nr. 50) Verordnung vom 28. Juni 1869, die Anwendung dcs Metermaßes auf die Normalschranbcngcwinde an den Feuerspritzen be treffend; Nr. 51) Decrct wegen Bestätigung der Sta tuten des städtischen Krankcnhauscs zu Hohenstein, vom 28. Juni 1869; Nr. 52) Bekanntmachung vom 9. Juli 1869, die Vornahme von Landtagswahlcn für die Erste Kammer betreffend (abgcdruckt in Nr. 159 dcs „Dresdn. Journ."); Nr. 53) Verordnung vom 12. Juli 1869, die Ausführung des Art. 12 der Literarconvention zwischen dem Norddeutschen Bunde und Italien vom 12. Mai 1869 betreffend. * Berlin, 19. Juli. Nach den neuesten Nachrichten aus Ems dürfte Se. Majestät der König seinen Auf bahnen und Telegraph wie ein riesiges Geäder den fiebernden, unrnhvollen Herzschlag der Zeit bis in die verborgensten Winkel der Oberfläche dcs alten Erd körpers tragen. Eisenbahn und Telegraph drangen nun zwar noch nicht bis in Gcrtrud's Heimathsdörfchcn, aber ein Brief bote diente doch als deren letzter Ausläufer, der aus dem Weltlärm bis zu ihr drang, und er brachte mit dem Briefe von Sara's Vater, in welchem er um einen Sommeraufenthalt für seine Tochter, die leidend und kränklich sei, bei seiner Schwester bat, auch für Ger trud das erste Erwachen aus ihrem Traumleben. Bis jetzt war das Erwachen nur Freude. „O, wie freue ich mich auf Sara I" Aber sie erwachte doch und kam sich ans einmal einsam vor; cs fiel ihr ein, jetzt, da sie die Cousine, die schöne verwöhnte Sara, erwartete, daß sie doch eigentlich bisher Etwas vermißt habe, daß sic keine Freundin, keinen Umgang, kein Mädchcnge- plauder gekannt hatte. Tausenderlei Dinge, die sic bisher Niemandem sagen konnte, welche die ernste Mut ter thöricht und kindisch genannt haben würde, welche die Dorfmädchen nicht verstanden, welche für die Kran ken zu lustig, welche eben nur für das vertraute Ohr einer Freundin passend waren, gingen ihr durch den Sinn. Hinter diesen schneeigen Vorhängen, auf den wei chen, schwellenden Kissen, die so süß von Lavendel und Rosenblättern durchduftrt sind, wird heute Abend rin schöner Mädchenkopf ruhen, auf dem purpur- rothen Fußpolfter, welches Gertrud mit weißen Pcr- lmlilien so hübsch gestickt und welches bisher nur als zierliches Schaustück gegolten hat, werden Sa ra- Füße ruhen, und auf dem kleinen Sopha, von welchem aus man durchs Fenster einen lieblichen Blick auf den alten, epheuumsponnrnen Ktrchthurm enthalt daselbst etwa bis zum 8. August ausdehnen, dann, wie im Voraus bestimmt war, auf einige Tage nach Wiesbaden und Homburg gehen und von dort auS sich vor der Rückkehr nach Berlin noch zu den Manö ver» nach Darmstadt begeben. Die Abreise Ihrer Majestät der Königin nach Ems wird noch im La ife dieser Woche erfolgen. Die gestern mit ihrem Ge mahl hier kingctrosscne Prinzessin Friedrich der Nie derlande (Schwester unsers Königs) wird morgen von hier nach Rcicbcnhall, Prinz Albrecht Mittwoch nach Interlaken abreiscn. — In Bezug auf den Minister wcchsel in Frankreich bemerkt heute, anknüpfcnd an die telegraphische Meldung, daß die Pariser Blätter das neue Ministerium nur als ein Ucbcrgangeministc- rium betrachten, die „N. A. Z.": „WaS die Bedeutung dcs Ministerwcchsels für die auswärtige Politik anbelangt, so kann nicht daran gezweifelt werden, daß die Berufung dcs Fürsten Latour d'Auvcrgw zur Lei tung der auswärtigen Politik Frankreichs in dcm fried lichen Charakter der lctztcrn keinerlei Veränderung zur Folge haben werde." Die „N. Pr. Z." schreibt: „Das neue französische Ministerium wird als ein Ucbergangs- ministerium bezeichnet, aber Uebergang zu wem? das ist die Frage. Klar ist cs, daß der Ticrsparti sich nicht hat entschließen können, in eine Combiuaüon cin- zutretcn; denn die Mittelpartei ist dnrch keinen einzigen Namen im neuen. Ministerium vertreten, Alfred Leroux und Bourbeau gehören zur alten Majorität, und sonst ist kein neuer Name darin." — Das Bundeskanzler amt hat in diesen Tagen, wie wir hören, gegen die Entziehung der Commnnalsteuerprivi legten der zum Norddeutschen Bunde gehörenden Beamten selten des hiesigen Magistrats beim Minister dcs In nern Recurs eingelegt. In den Ausiührnngen, welche sowohl die Miethsteucr als auch die städtische Einkom mensteuer berühren, sind u. A. auch zwei in derselben Angelegenheit ergangene Bescheide der k. Negierung zu Oppeln und der Verwaltungsbehörde in Kassel hervorgchoben, nach welchen das Gesetz vom 11. Juli 1822 auf diese Beamten Anwendung zu finden hat. — Der seit der Beendigung der Arbeitseinstellung der Zimmergcsellen drohende Strike der Maurergesel len ist mit dem heutigen Tage (Montag) zur Thatsachc geworden. Die Maurergesellen hatten, crmuthigt dnrch das erfolgreiche Vorgehen der Zimmergcscllen, an ihre Meister das Verlangen gestellt, ihnen von jetzt ab 27'L Sgr. Tagelohn, vom 1. April n- I. ab aber ein sol ches von 1 Thlr. für 10stündige Arbeitszeit zu gewäh ren. Als die Meister dies ablehntcn, weil die Auf lösung der Corporation durch die neue Gewerbeordnung ihnen nur noch eine partielle Vereinbarung mit den Gesellen sür jeden einzelnen Fall gestatte, stellten Letz tere die Forderung auf sofortige Gewährung von 1 Thlr. Tagclohn auf. Die Verhandlungen darüber zwischen beiden Theilen haben, wie in einer am Sonn tag Vormittag abgehaltcncn Generalversammlung der Maurergesellen seitcn des Comitös mitgcthcilt wurde, zu dcm Resultate geführt, daß nur zwei Meister die Forderungen der Gesellen bewilligten, alle andern aber jede Vereinbarung von der Hand wiesen. Die Ver sammlung war, nach der „N.-Z.", von weit über 2000 Personen besucht. Große Erbitterung erregte die Mit- theilung, Meister Junghann habe seine Ablehnung in einem läugern Schreiben motivirt, in welchem cs u. A. heißt: Es sei eine große Ungerechtigkeit, alle Gesellen gleichmäßig zu bezahlen, denn zu den gewöhnlichen Maurerarbeiten gehöre nur rohe Kraft, über welche sich die Mehrzahl der Gesellen nicht erhebe, während nur wenige intelligentere Gesellen zu höhern Forderungen berechtigt seien; die Maurergesellen rccrutirten sich vor zugsweise aus kleinstädtischen Bummlern re. Man be schloß in Betrcfs der Lohnfragc sofort die Arbeit cin- zustcllen und sie nicht eher wieder aufzunehmen, bis sämmtliche Meister den neuen Lohntarif genehmigt hätten. Dieser Beschluß ist heute früh fast bei allen Bauten, selbst denjenigen Meistern gegenüber ausgc- führt worden, welche sich widerstandslos den Fordcrnn- gcn der Gesellen gefügt hatten. Heute früh fand eine und den grünen, hügeligen Hintergrund hat, da wer den zwei junge Mävchen fröhlich mit einander plaudern. So dachte und sann Gertrud, indem sie die kleine, grüngemalte Gaststube ordnete und schmückte. Eine liebliche Erregung fluthete durch ihre Adern und färbte ihre Wangen rosig. Wohl vielleicht einen Schein zu rosig! Am Abend dieses Tages war diese grüne Stube be wohnt und die zierliche, erwartungsvolle Ordnung, in welcher Gertrud sic verlassen, nachdem sie mit Allem fertig gewesen, hatte einer reizenden Unordnung Platz gemacht, die in duftiger Fülle zwei großen, geöffneten Koffern entstiegen war. Tie Erwartung, die Aufregung, das Wiedersehen waren vorüber. Die beiden Mädchen saßen nebeneinander auf dem kleinen Sopha; aber sie plauderten nicht. Die ganze Fluth von lustigen, wunderlichen, neckischen Gedanken, die Gertrud sich auszuplaudcrn vorgcncmmcn, hatte sich schüchtern, angesichts dieser marmornen, blnchen Schön heit, die jetzt als Cousine Cara neben ihr saß, verborgen. Sara's Füße traten achtlos auf die Lilien, die Ger- trud's Mutter bisher so sorglich geschont hatte. Was waren ihr die weißen, wunderlichen Perlen- blumen, was waren ihr alle die armen, hübschen Herr lichkeiten, die Gertrud für sie ausgebreitet, was war ihr das kleine Landhäuschen mit seinem Blumengarten, mit der alten Frau, welcher es gehörte, und dcm klei nen, rothwangigcn Mädchen, welches da neben ihr saß? Sie hatte die Nadeln aus ihrem Haar gezogen und es floß in goldiger Fülle an ihr hernieder und über ihr loses, weißes Gewand. Wie schön war dieses Haar! Gertrud ließ schüchtern ihre Hand über die sanften Wellen dieser glänzenden Haarfluth gleiten; nur ganz leise; und sie zog ihre zagenden Finger zurück, al- sie von weit über 3000 Personen besuchte Versammlung der Feiernden statt, in welcher jedoch wegen nicht recht- zeilig geschehener Aumcldung nicht geordnet verbandelt werden konnlc. — Wie die „N.-Z." meldet, hat der NeichStagSabzcordnete Oe. Schweitzer am Sonnabend die achttvöchcntliche Gesängnißhaft ang,treten, die er i och wegen der Broschüre „der Capitalgcwinn und der Arbeitslohn" zu verbüßen hat. — In der Buudes- civilproceßcommissivn finden, der „Spen.Ztg." zufolge, Berathimgen über die Grundsätze der künftigen Gerichtsorganisalion statt. Sobald dieselben beendigt sind, werden die Sitznngen auf einige Zeit unterbrochen werden. — Vom Bundeskanzleramt? ist folgende Bekannt machung, die Einführung von Freimarken zur Frankirung telegraphischer Depeschen betref fend, erlassen worden: Auf Grund des Bundesgesetzes vom I" Mai d. I. (Buu- desgesetzblatt Nr. 31) wird wegen Einsübrung vou Freimarken zur Frankirung telegraphischer Depeschen Folgendes zur allge meinen Kenntniß gebracht: 0 Vom I. August d. I ab kann die Frankirung aller telegraphischen Depeschen, welche bei einer Bundestelcgräphen- station ausgegeben werden, gleichviel ob dieselben nach Tele- graphenstalwnen des norddeutschen Telegraphengebietes oder nach Stationen deS Teleqraphenvereins (Oesterreich u. Ungarn, Bayern, Württemberg. Baden u. Niederlande) oder nach Sta tionen des 'Auslandes bestimmt sind, mittelst Freimarken be wirk' werden. Bei der Frankirung durch Marken sind außer den Gebühren sür die telegraphische Beförderung auch die son stigen, von dem Ausgeber zu entrichtenden fixirien Gebühren, z. B. sür Weiterbeförderung per Post, durch Freimarken zu berichtigen. Die Frankirung dnrch Freimarken ist da gegen vorläufig nicht zulässig bei allen Deveschen, welche bei Eisenbahntelegraphenstationen aufgege- bcu werden. 2) Die Telcgraphensreimarken enthalten auf blau und weiß guilloch rlem Grunde innerhalb eines mit einem Perlstabe ein- gefaßten Kreises die Umschrift: „Norddeut'che Bundestelegra phie". Die außerhalb des Pcrlstabes lieoenden vier Ecken sind mit einem durch einen Rina gesteckten Pfeil ausgesüllt. Un terhalb des so gebildeten Quadrats befindet sich auf einem schmalen blauen Streifen mit weißer Schrift die Bezeichnung „Groschen". Die Werthzahlen find innerhalb dcs obenqedach- ten Kreises mit schwarzer Farbe bergestellt. Solche Marken sind vorläufig zu den Werthbeträgen von Z4, 2^, 4, 5, 8, 10 und 80 Silbergroschcn angefertigt worden. Die Marken zu 2H, 4, ö, 8 u. IO Sgr. find gegen Erlegung des Werth- betragcs vom l. August d. I. ab bei zeder BundeStelegraphen- stativn zu erhalten. Die Marken zu 1'^ Sgr. sollen vorläufig nur bei den Bundestelegraphcnstattonen im Bezirke der Tele- graphendirection Berlin die Marken zu 30 Sgr. nur bei den größern Bundestelegraphenstattonen verkauft werden. 3) Tas Frankiren der telegraplnschen Depeschen mittelst Freimarken geschieht in der Art, daß auf der Depesche selbst oder aus dcm zum Niederschreiben der Depesche benutzten For mular und zioar in der obern Ecke rechts oder an der rechten Seite eine oder so viele Marken, als zur Deckung der tarifmä ßigcn Gebühren erforderlich sind, ausgeklebt werden. Es ist wünschenswerth, daß die Marken von den Ausgebern selbst auf den Depeschen befestigt werden. 4) Die Bundcsteleyraphenstationen sind verpflichtet, bei der Ausgabe von dnrch Freimarken srankirten Depeschen genau zu prüfen, ob die Frankatur richtig ist, d. h. ob der Werth der verwendeten Telegrapbensreimarken dem tarifmäßigen Gebüh- renbetrage entspricht. Ergiebt sich die Frankatur bei dieser Prüfung als ungenügend, so muß der seblende Betrag gleich bei Aufgabe der Depesche cingezogcn werden. Ist solches nicht ausführbar und oer Station die Person des Absenders der Depesche nicht so bekannt, daß die nachträgliche Einziehung des fehlenden Betrages gesichert erscheint, so bleibt die Depesche, event. bis nach erfolgter Nachzahlung deS fehlenden Gebühren- betrages, unbefördcrt. Ist von dem Ausgeber ein höherer Be trag in Freimarken verwendet worden, als die tarismäßigcn Gebühren erfordern, so wird demselben der Mehrbetrag gegen Quittung baar erstattet. b) Damit einmal verwendete Marken nicht wiederholt be nutzt werden können, werden dieselben mittelst eines Tinten strichs entwcrthet. Depeschen, auf denen sich bei der Auslie ferung Marken befinden, welche irgend ein Merkmal der Enl- werthung an sich tragen, werden nicht eher abtelegraphirt, als bis der Ausgeber über die Beschaffenheit der Marken gehört worden ist. v) Da durch die Einführung von Telegraphensreunarken den Aufgebern telegraphischer Depeschen daS Mittel geboten ist, die aufzugebenden Depeschen zu frankiren. so wird vom l. August d. I. ab das bisher gestattet gewesene Verfahren, wonach von dcnienigen Ausgebern, welche den Telegraphen häufiger benutz ten, Vvrauszahlnngcu zur Berichtigung der Gebühren sür Depeschenbefördcrung angenommen werden dursten, ausbören. Der Kanzler deS Norddeutschen Bundes. In Vertretung: Delbrück. darunter ein fast unmcrklichcs, abwehrendes Zucken fühlte. Gertrud war ganz Bewunderung und Staunen im Anblick Sara's. Diese siegreichen, kalten Schönheits- formcn überwältigten und betäubten sic fast. Sie war zu unbefangen kindlich, um an jene raschen Vergleiche zu denken, die ein schönes Mädchen neben einem an dern fast unwillkürlich anstcllt. Sie dachte bisher so gar wenig über ihr Acußcrcs nach, und cs kam ihr nicht in den Sinn, ihre losen, braunen Locken mit die sem wallenden Goldhaar, oder ihre treuherzigen, dun keln Augen mit den großen, blauen, leuchtenden Augen Saras zu vergleichen. „Bist Du unwohl?" frug sie endlich, nachdem ihr die lange Stille peinlich geworden war. „Du sichst so bleich aus!" „Ja", rief Sara, aus ihrem träumerischen Sinnen auffahrend, „ich bin müde und möchte schlafen gehens" Damit wurde die arme Kleine verabschiedet. Sie stand auf und drückte ihre rothen, unschuldigen Lippen ans Sara's kühle, bleiche Wange, und ihre Augen wa ren dabei von aufqucllcndcn Thränen umschleicrt. „Gute Nacht, Sara!" „Gute Nacht!" Sara athmcte auf, als die Thüre ins Schloß fiel. Sie ging in der kleinen Stube auf und ab, wand ihr Haar in einen dicken Knoten auf und öffnete die Fen ster, denn die Stube war erfüllt von Blumengerüchen. Gertrud hatte ja ihre hübschen Berte ihres besten Schmuckes beraubt, um ihres Gastes Zimmerchcn da mit aufzuputzen. Sara war nicht nur leidend, abgespannt und durch ein bewegtes, aufregendes Leben übersättigt, sie war auch zornig und ergrimmt. Nicht nur, damit sie sich erfrischen und stärken solle, hatte sich ihr Vater der in
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