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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.09.1891
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1891-09-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18910925015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1891092501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1891092501
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1891
-
Monat
1891-09
- Tag 1891-09-25
-
Monat
1891-09
-
Jahr
1891
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JnsertionspreiS Morgen-Ausgabe: die Kgespaltene Petkö« »eile 20RecIsmen unter dem Redactions» strich (-gespalten) 50 ^, vor den Familien nachrichten (6geipaltcn) 40 Abend-Ausgabe: die 6g»jpaltene Petitzeile 40^, Reclainen unter dein Rcdactivnsstrich i4 gespalten) 1 Fainiliemiachrichtea und Anzeigen verlorener l8egenjlände lligespalten) 20 Größere Schristen laut unserem Preis- Verzeichnis). Tabellarischer und Zissernsatz »ach höherem Tarif. Artra-Veilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Poslbesörderuog 60c—, mit Postdesürderuog 70.-. Änuahmeschluß für Znserate: Abend-Ausgabe: Vormittag- ll> Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Soun- und Festtags früh 9 Uhr. Bet den Filialen und Annahmestellen je ein« halb« Stand« früher. Jnserntr sind stets an dt« Erprdttton zu richten. 288. jh'reiLa^ den 25. September 1891. 85. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung, die Au» und Abfahrt für die am 26. und 27. September er. statt» findenden Renne» betreffend. 1) An diesen Tagen ist Nachmittag- l—6 Uhr der Sclieibcn- weg vom Schleußigcr Wege ab bis zum Johannapark-Wrge für den öffentliche» Fahr- und Reitvcrkehr und vom Schlcuffigcr Wege bis zum Äcttcnsteg auch für den Fußverlehr griprrrt. 2) Tie Ansahrt zur Rennbahn hat ausschließlich von der Pestalozzislraße, die Zufahrt zu der letzteren entweder vom Schleuniger Weg oder der Grassi-, Schwägrichen- oder Carl Tanchnitz-«trabe zu erfolgen. Diejenigen Wagen, deren Insassen an der Tribüne aus- steigcn wollen, haben links von der an der Tribüne cr- richlelcn Einfriedigung vililrreiiiandcr und nicht neben einander anzufahre»; diejenige» Wagen, welche init Karlen versehen sind und direct nach dem Wagenplatz fahren wollen, haben rechts an der Einfriedigung vorüberzuiahrcn. 8) Bis zum Schluß der Renne» haben jämmtliche Wagen durch das Scheibcubolz abzusahrr». Nach Beendigung der Rennen kann die Abfahrt ent weder durch das Lcheibenholz oder die Pestalozzi-, Carl Tauchnitz-, Schwägrichen- oder Graisi-Slraße erfolgen. 1) Nach Schluß der Rennen haben die zur Rückfahrt bestimmten Wagen ausschließlich auf der Westfeile der Einfriedigung an- bez. vorüberzusahren. Daü Voriahrcn vor der Front der Tribüne ist verboten. 5) Nachmittags von 1—6 Uhr darf aus dem Schleußigcr Wege kein Wagen halten. 6) Für Fahrten nach der Rennbahn haben sich die Droschken kutscher das Fahrgeld im Voraus bezahlen zu lasten. Zuwiderhandlungen werden mit Geldstrafe dis zu 60 oder mit entsprechender Hast bestraft. Leipzig, am 2l. September 189l. Der Rath »mV Vas Polizeiamt der Stadt Leipzig, v. L. 3962. vr. Georgs. Bretschneider. Bekanntmachung. Die Spülung des Rohrnetzes der Wass,rleitu»g wird demnächst dergestalt stattsinden, Laß in de» Nächten zwiichen Donnerstag, dein 1. und Sonntag, dem 4. Octoler dss. Jahres die Spülung der Hauptrohre durch die Spülschicber nach Len Schleusten und vom Morgen des 5. Lctobcr dss. Jahres ab am Tage die Spülung der Zweigrohrc, und zwar mit Rücksicht aus die Messe zuerst in den Vorstadtbezirken, durch die Feuerwehr geschieht. Leipzig, de» 23. September I89l. Der Rath drr Stadt Leipzig. Io. 5028. vr. Georgs. Lohse. Bekanntmachung. Wegen Einbaues der Borfluthschleuhc wird die (slisabrth Allrc in ihrer Ausdehnung von der Nonncnsiroße in L.-Plagwitz bis zur Kreuzung mit dem «chleusstger Weg in L.-Kleinzscbocher von Montag, Sc» 28. September ds. Zs., ab bi« auf Weiteres für den durchgehenden Fährverkehr gesperrt. Leipzig, am 23. September 1891. Der Rath der Stadt Leipzig. IX. 10881. vr. Georgs. Leistner. Bekanntmachung. An den beiden ersten in die Zeit der diesjährigen MicharliS- «effe fallende« Sonntagen wird der Posldienst bei den Postanstalten im inner» Stadtgebiete von Leipzig wie folgt wahrgenommcn: l. Brief-, Cteld- und Packrtbrstelliiilg. Die Bestellung der Briese, (Ücidbricfe und Postaiitpcisniigrn findet in den zum BeslcUbezirk des Kaiserlichen Postamts l (am Augustllspiatz) gehörigen Stadttheilen am Sonntag, drn 27. Sep tember, während des ganzen Tages in demselben Umfange wie an den Werktagen statt, ilm Sonntag, den 4. Oktober, wird die Bestellung Vormittags wie an den Werktagen ansgesührt: Nach mittags dagegen eriotgt nur eine Bestellung, und zwar um 2' , Uhr in den von dem Mcßvertetzr hauptsächlich berührten Stadttheilen. Die PackrtbcftrUung wird an den bezeichneten beide» Sonn tagen wie an den Werktagen wahrgenommcn: Nachmittags findet innerhalb der sür den Mcßverkehr in Betracht kommenden Stndt- theil« »ine Bestellung der Packet« um 3', Uhr statt. II. Dien,»stunden für den Verkehr mit dem Publikum. Bei dem Kaiserliche» Postamt l (ani Augusiuspiay) werden die Schalterdienststunde» am Sonntag, den 27. September, wie an de» Werktagen von 7 Uhr Vormittags bis 8 Uhr Nachmittags, am Sonntag, den 4. October, von 8 Uhr Vormittags bis 7 Uhr Nach- mittags abgehalte». Bei den übrigen Postanstalten in Leipzig findet eine Ausdehnung des Bestellung»- und Schalterdienstes an de» wrhrgedachten beide» Sonntagen nicht statt. Leipzig, 18. September 1891. Der kaiserliche Lbcr-Poftdtreetor. Walter. Fondsbörse zu Leipzig. Tie Leu Besuchern der Fondsbörse zuslehcnd» Wahl von A Mitgliedern in den für 1891 zu bestellenden Schätzungs- Ausschuß wird hiermit auf Freitag, den 2. Oktober d. I-, unmittelbar nach Börsenschlust anberaumt. Näheres ergiebt der Börsen-Anschlag. Leipzig, den 24. September 1891. Die Abgrordneten der 1. Abtheilung des vürsenvorstaiidrS: Wilhelm Schmidt. Oskar Meher. Franz Schlick. Bleyl, Börseostcretair. Bekanntmachung. Die Ausgabe der Karten sür diejenigen Synagogenplätze, welch« die bisherigen Inhaber auch sür das kommende Jahr zu de- halten wünschen, findet ferner Freitag, drn 2ä. September. RachmtttagS 3—4 Uhr und Sonntag, de» 27. September, Vormittags 19—12 Uhr, in der Gemeindekanzlei (Tynagogengebäude, l Treppe) statt, und »war bleiben die Plätze den bisherigen Inhabern nur bis Sonntag, drn 27. September. Mittags 12 Uhr. reirrvirt. lieber bie bis zu bteirm Zettpunet nicht abgeholten Karten »trd anderweitig verfügt. Wir bitten, bei Abholung der Karten die bisherigen Karten und di« diesjährige» Gemeinde,leuerguittungen mitzubrtage». Leipzig, den 24. September 1891. Der vorftdnh »er Israelitischen Acltgson»ge«rtndr »» Leipzig. v. Bollmar nnd der ürieg. Der in München lebende Führer der Socialdemokraten v. Vollinar gehl seinen eigenen Weg, unbekümmert um die übrigen FraclionSgcnvsscn und um die Berliner Genossen, und er bat dadurch seinen persönlichen Einfluß auf die Partei erhöht, statt ihn zu vermindern. Er hat sich bekanntlich schon vor längerer Zeit dakin ausgesprochen, daß die Social- demolratcn keineswegs in einem Kriege grollend zur Seile 'leben und besonders, wenn es gegen Rußland gehen sollte, mit voller Hingebung ihre Schuldigkeit thun würden. Er hat deswegen zahlreiche Angriffe ersabren, aber man bat eS doch nicht gewagt, gegen ihn etwas Ernstliches zu unternehmen, ihn etwa anö der Partei ansznsckließen oder ib,! als einen Abtrünnigen zu brandmarken. Bor einigen Tagen hat er nun Stellung zu der gegenwärtigen Lage genommen nnd in einer Bersammlung erklärt: Die Socialdemokralie müsse in ihrem eigensten Interesse Alles ausbiercn, um die friedliche Gesinnung zu vermehren und die kriegerische hinlanzuhalten. Besser sei es, wirthschasliich zu verbluten, als auch noch einen Krieg mit seinen unbeschreiblichen Schäden und Schrecknissen u erleben. Ein großer, Deutschland in Frage stellender Krieg würde die nationalen Gefühle heben und dem socialen Gedanken zum außerordentlichen Nacklbcil gereichen. Wir haben bier also zwei Urlheile v. Bollmar's. Das eine gilt der vollendeten Thalsache, das andere betrifft die Haltung der socialdemokratischen Partei einer Lage gegenüber, welche durch Aufhetzung zum Kriege führen könnte. Die Socialisten haben sich stets als Friedensfreunde auS- gcgeben, in dieser Beziehung siimint also Vollmar mit seinen Parteigenossen vollständig überein, er beschränkt sich aber mit seinem Uriheil ans die Folgen des Krieges und bezeichnet den wirtbscbasllichen Untergang als das kleinere Uebel. DaS ist ein Stankpiinct, der alles Andere ist als socialisiisch, er ist rein menschlich und wird von jedem unbefangen urlbeilenden Menschenfreunde gelbcilt. Der Krieg ist unter allen Um ständen ein schweres Uebel, das durch keinen Sieg ausgeglichen werden kann, er ist allein zulässig, wenn er zur Rettung der nationalen Existenz unternommen wird, wie es bei den Kriege der Fall war, welche die deutsche und die italienische Einheit zur Folge gehabt haben. Eroberungskriege sind ein Frevel an der Menschheit, aber es schein! nicht, als ob diese Wahr heit schon überall zur Herrschaft gelangt wäre, denn die Ge fahr eines Fricdensbruchc» droht nur von denen, welche die Karle Europas verändern, nicht von denen, welche den be stehenden Zustand erhallen wollen. Herr v. Bollmar handelt insofern nickt consegncnt, als er das Nationalgcsiihl dem socialen Gedanken gegenüberstellt, und von der Hebung jenes einen Rachtheil sür diesen er wartet. Bor einigen Monaten erllärte eö Herr v. Bollmar sür unzweifelhaft, daß die Socialtemckralcn als deutsche Soldaten in einem Kriege ibre Schuldigkeit tbnn würden, besonders wen» eS gegen Rußland ginge. Das ist national gedacht »nd gesprochen, der SvcialiömuS ist aber seinem Wesen nach inlcrnalional. Wie löst sich dieser Widerspruch? Herr v. Bollmar versucht eS, Praxis und Theorie mit ein ander in Einklang zu bringen, geräth aber dabei aus Sckwicrigleilcn, über welche ibm vorläufig nur seine per sönlicken Eigenschaften binweggebolsen haben. Er genießt bei seiner Partei, besonders in Süddeulschland, so große« An- sebcn, daß man sich sagt: Laß ihn nur machen, er wird schon das Nichtige finden. Tic KriegSsrage hat auch den Cocialistcncongreß in Brüssel beschäftigt und Liebknecht ist mit NieuwenhuyS über die Frage hart aneinander gcratbcn, ob die Socialisten sich weigern sollen, Kriegsdienste zu thun und dem ovcrircnden Heere in den Rücken fallen. Liebknecht hat diese Taktik aus praktischen Gründen verworfen, sich aber mil Baillart dabin geeinigt, daß die Sccialdemokratc» allen Kricgsbeslrebungen und Bündnissen, welche diese begünstigen, cntgcgenwirken und den Sieg des Socialismus Lurch internationale Organisation beschleunigen müßte». Nach Liebknecht sind die herrschenden Elasscn die eigenllichen Störenfriede, mit dem Sieg über die Bourgeoisie sei auch der Sieg über den Kriegsgcdanken ent schieden. Hier treffen die Schlüsse Vollmar'S mit denen Liebknecht'« zusammen. Beide stimmen darin überein, daß die Hebung des NationalgefühlS dem Grundgedanken des SocialismuS znwiderläusl. Nur über die Art und Weise, wie dieser Grundgedanke verwirklicht werden soll, gehen die Ansichlcn der verschiedenen Richtungen des SocialismuS aus einander. Herr von Bollmar ist tolerant, er will auch die Berliner Opposition, die Werner, Wildberacr und Genossen zu Worte kommen lassen und ihnen Gelegenheit geben, auf dem Erfurter Eongreß sich mit den Gegnern zu messen. DaS sind offen bar taktische Rücksichten, eö handelt sich bei den verschiedenen Richtungen des SocialismuS nur um ein Mehr oder Minder, in den Zielen stimmen sie Alle überein, sie sind nur noch nicht darüber einig, wie LaS Ziel am Besten erreicht werden kann. Die Vollmar'sche Richtung bat die Selbstständigkeit und Besonderheit sür sich, sie erregt Aufsehen durch den Schein der nationalen Gesinnung, empfiehlt sich durch diesen, aber verzichtet dieselbe deshalb doch nicht aus das eigentliche Wesen deS SocialismuS. Wenn eS möglich wäre, die wahren Gedanken deS Herrn zu ergründen, mögen sie nun der FractionSpartei, der Richtung Bollmar ober der Werner und Wildbcrger angehören, so würde sich wahrscheinlich ergeben, daß die Streitigkeiten, welche sie zu scheiden scheinen, rein äußerlicher Natur sind, und daß sie über den Krieg denselben Gedanken hegen, wie ihn die Pariser Eommnne im Jahre I87l zu verwirklichen be strebt war. Man braucht nicht den Kriegsdienst zu ver weigern, auch nicht bei einer unglücklicbeu Wendung den eigenen Landsleuten in den Rücken zu fallen, man kann aber für die socialistische Sache nach Lage der durch den Krieg geschaffenen Verhältnisse Nutzen ziehen. DaS hat die Pariser Eommnne versucht und ist nur durch die Gewalt von der weiteren Bcrsolgung ihrer Pläne abgcbalten worden. Es geht den Socialisten mit ihren Theorien wie den Ultramontanen, sie können nur auf den all gemeinen Umsturz de« Bestehenden ibre Hoffnungen für bie Zukunft ricklen. Wenn auch gegenwärtig die katholische Kirche al« politische Macht triumpbirt, so kann doch der Tag nicht auSbleiben, welcher dieser Macht ein Ziel setzt. Der Socialrdmn« iß ein Er-mgaiß der Neuzett, »der di« Ast ist bereits an die Wurzeln seines Daseins gelegt. Nur unter AuSnahmc-Berhältnissen. wie sie Kriege und Revolutionen darslellen, kann diese Giftpflanze gedeihen, e« wird ihr nie mals gelingen, ibre Daseinsberechtigung zn erweisen. Herr v. Bollmar hat den Widerstreit der socialistiscken Bestrebungen mil den Grundbedingungen dauernder Ge staltung vollständig erkannt, er ist bemüht, den Schein aufrecht zu erhalten, als ob eine Versöhnung zwischen den bestehenden staatlichen Einrichtungen und der Svcialdeuwkratie möglich wäre. Er bat dazu den gefährlichen Weg über die nationalen Empfindungen des Volks gewählt, diese Empfindungen sind aber starker als der SocialismuS und sie werden ihre Kraft bewähren, wenn die Niederlage der Socialdcmokraten längst entschieden ist. AlS Symptom der Lage, in wclcber sich der SocialismuS befindet, ist die Boll- inar'scbe Richtung werthvoll, die Bestrebungen de« Herrn v. Bollmar zeigen, daß es in der bisherigen Weise nicht mehr sorlgcbl, daß eS nolbwendig ist, durch Zufluß frischen Blutes die stockenden Lebenskräfte de« SocialiömuS wieder in Ganz zu bringen. Die sociale Frage verliert in ihren Wirkungen auf unsere Zeit dadurck nichts von ihrer Be deutung, aber man erkennt auS solchen Zeichen, daß der alte Grundsatz »och seine Kraft bcwäbrt: bä4 moüus in rodus, 8uu1 oorti ckouiqns Üues. (Es besteht ein Maß, daß nicht überschritten werden darf, e« gicbt im menschlichen Leben Grenzen.) * Leipzig, 25. September. * Der Kaiser hatte den Minister der Landwirthschast von Heyden, den Oberpräsidenten Grafen Stolberg- W er nigerode und den Regierungspräsidenten Stein mann gestern in Theerbude zur Tafel geladen. * Die im RcickSjustizaml mit der Vorberatbnncz der zweiten Lesung des Bürger licken Gesetzbuches beschäftigte Subcominission bat dem Vernehmen nach den Allgemeinen Tbcil deS ObligalionenrechtS bis zum tz. 34l erledigt. Sie tritt nunmehr in die Borbcrathung des rückständig gebliebenen Abschnittes über Körperschaften (juristische Personen) ein, wobei eS sich auch um die politisch nicht unwichtige Frage der Regelung der privatrechllichcn Entstehung der Vereine bandeln dürfte. In den betheiligtr» Kreisen er wartet man, daß diese Vorbcrathungen etwa acht Tage in Anspruch nehmen werden. Sodann durfte die Borcommission ohne weiteres in die weitere Beralhung deS specielleu TheilS des Obligationenrechts cintreten. * Die .Rational-Zeitung" schreibt: .Gegen die jüngste Anregung einer verstärkten Aushebung sür das deutsche Heer und gleichzeitigen Einführung der zwei jährigen Dienstzeit in der Presse haben wir eingewendet, daß in dieser Frage durch Prcßerörterungcn nicht weiter zu kommen, höchsten« Verwirrung anzurichlcn sei; solche Er örterungen seien nutzlos, so lange nicht ein bezüglicher Vor schlag der Regierung, resp. der Heeresleitung gemacht werde, der die Berantwonlichkcit für eine derartige Aenderung über lassen werden müsse. Es hat sich denn auch in der Presse sehr wenig Neigung gezeigt, in eine Erörterung deS Themas einzutreten. Wie uns jetzt versichert wird, steht die Re gicrung seiner Anregung fern." * ES wurde jüngst von einem rheinischen Blatte gemeldet, daß im preußischen Ministerium für Handel und Gewerbe ein Gesetzentwurf ausgearbeitet werde, der dem Handwerke eine selbstständige autoritative Vertretung — in Hand werkerkammern — geben solle; über den Inhalt des Ent würfe- sei zwar noch nichts in die Oeffentlichkeit gedrungen, die Vorlage stebe aber vielleicht schon in der nächnen Land tagssession zu erwarlen. Wie nun die .Schlesische Zeitung' hört, ist in diesen Bemerkungen zu viel behauptet. In Gemäßheit der mancherlei Petitionen, Wünsche und Anträge anS bclhei- ligten Kreisen, wie sie auch aus der jüngsten Handwcrker- conserenz laut geworden waren, sind im Handelsministerium Erwägungen angestcllt und wohl auch schon Vorarbeiten in der Nichtnng genfticht worden, daß dem Handwerk eine wirksamere Vertretung gegeben und damit der Geist gemeinsamer Celbslbethätigung und corporativer Wahr nebmung der BcrusSinleressen im Handwerkerstände ge hoben werde. Aber bis zur Ausstellung von Gesetzeöpara graphcn ist die Angelegenheit noch nicht gediehen, wes halb eS auch verfrüht ist, mit einer Vorlage für die nächste Landtagsscssion zn rechnen. Schon jetzt ist den Handwerkern in den Innungen Gelegenheit gegeben, die frühere Indolenz in dem Kampfe deS Großbetriebe- gegen da« Kleingewerbe immer mehr abzustreifen; wa« hierin noch fehlt, wird keine neue Form der Interessenvertretung ganz ersetzen können Das werden sich die Handwerker immer gegenwärtig halten müssen, auch wenn die Negierung endgiltig dahin schlüssig wird, den Versuch mit der Errichtung von Handwerker kammern zu machen. * AuS Elsaß-Lothringen wird der .Kölnischen Zeitung" geschrieben: Die Nachricht, daß eine nahezu voll ständige Beseitigung der Paßmaßregeln beschlossen sei, wird von drr einheimischen Bevölkerung mit Gcnugthuung ausgenommen und auch die Eingewanderten sehen dieselben ohne Bedauern fallen. Wer den hiesigen Verhältnissen näher steht, wird ja zugeben müssen, daß aus Jahre hinaus eine besondere Frcmdencontrole nicht zu entbehren sein wird. Ebenso feststehend ist aber auch, daß der Paß- zwang in seiner jetzigen Form dem gewünschten Zwecke, nämlich eine Absperrung unbequemer Elemente zu er möglichen, nicht genügen konnte. Bekanntlich erstreckte sick die Paßcontrole nur auf die unmittelbar von Frankreich »ach Elsaß-Lothringen kommenden Reisenden, während diese« Land von der Schweiz, Luxemburg oder Altdeutschland her anstandslos betreten werden kcnnle. Es führte dies dazu, daß die Reisenden, welche über Mülhausen oder Metz herein wollten, einfach den kleinen Umweg über Basel bezw. Bettem- burg machten und so den Scherereien und Kosten der Paß- entnahme entgingen. « * « * Anläßlich deS Besuche« de« Kaiser- Franz Joses in Prag werden die Minister Gras Falke» ha in und Graf Schönoorn daselbst eintrffsen. Anläßlich der Ausstellung im Ctaat-Hengstendepot wird der Ackerbaumiuister Graf Hallen Hai» zum Empfang de« Kaiser« am SO. d. zugegen sein. Der Justizminister Graf Echvnborn, welcher seiner Zeit bei der osficicUen Eröffnung der Ausstellung nicht anwesend war, wird bei dem vfficicllen Empfang des Kaisers in der AuS- 'lellnng erscheine» und voraussichtlich drei Tage in Prag verweilen. * Die in Prag erscheinende czechische ,HlaS Naroda" weist auf daS glanzvolle Erzcbniß der letzten Manöver hin, obgleich die HonvcdS magyarisch, die kroatische Landwehr kroatisch commandirl werde. Dies drücke nunmehr den Ezechcn ausgiebige Waffen sür ihre Forderungen in die Hand. Könne die operirende Feldarmee gleichzeitig deutsch, magyarisch und kroatisch geführt werden, so gebe es keinen vernünftigen und gerechten Grund, de» übrigen Nationalitäten die sprach lichen Rechte vorzucnthalten. — UebrigeuS inuß bemerkt werden, daß die Junzczechcn, wahrscheinlich in Erwartung des KaiserbcsuckcS, etwas vernünftig werden, wenigstens hat der jungczcchische Abgeordnete Massarik sich vor seinen Wählern sür den Dreibund und zwar dafür anSgc- procken, daß ein Bündniß Oesterreichs mit Rußland gegen wärtig anSsichlöloS sei, womit der reale Politiker rechnen müsse. UcberdicS könnten die Jungczecken als Liberale ich für die russische Polizciwillkür nicht begeistern. — Lin anderer jungczcchischcr Führer, Dr. Herold, bat in Kuttenberg die Zrelc der Jungczechen-Politik in vlgende fünf Puncle zusammengefaßk: l) Ausrechlcrhallung des bisher durch nichts aufgehobenen böhmischen Staats- rechteS als endliche und einzige Lösung der nationalen und staatsrechtlichen Streitigkeiten. (Als Anerkennnng deS böhmischen StaatsrechtcS bczeichnele er die Selbstständigkeit der Länder der böhmischen Krone.) 2) Gleichberechtigung der czechische» Spracke mit der deutschen in den Ländern der böhmischen Krone. 3) Erweiterung der Autonomie als einzige Abwehr gegen absichtliche und nnabsichtlicke Gcrmanisation und Centralisalion. 4) Unterstützung der czechische» Cultur von Seiten de- Staates. 5) Nicht- unlerdrückuna des Freisinnes durch den BurcaukratiSmuS »nd durch Parleirücksichlen. Ucber den Ausgleich äußerte sich Vr. Herold wie folgt: Wer für diese Puncta- tionen seine Stimme erheben sollte, der kommt auf den Index der Proscribirten. Ferner erklärte er sich gegen eine passive Opposition, zu der nur äußerste Noth anratben könne, und schloß mit deu Worten: .In kurzer Zeit wird unser Volk Gelegenheit haben, zu zeigen, daß eS gegen die Regierung Sr. Majestät ist, dag eS aber bei seinem Könige steht, auf daß daS Band zwischen Volk und König nock enger geknüpft werde durch die Anerkennung des StaatsrcchtS und die Krönung." * Der Geschäftsträger der Pariser chinesischen Gesandtschaft Tscheng-Hajn begab sich gestern Vor mittag in da- Ministerium de- Auswärtigen, nm deni Minister Nibot ein Telegramm auS Peking mitzntheilcn. demzufolge die chinesische Regierung alle crsorderlickcn Maß regeln trifft zum Schutz der auswärtigen Staatsangehörigen. DaS chinesische Nordgeschwadcr habe Befehl erhallen, nach den unruhigen Gegenden abzugehen, die chinesische Regierung boffc, die französische Regierung werde die Wirkung dieser Maßregeln abwarten. * Das französische Ministerium Freycinct-ConstanS wird von den Ultraradicalen aus Anlaß der jüngsten Vorgänge, und zwar nicht am wenigsten wegen des LerballcnS gegenüber drn Klerikaleu angegriffen. Wie unbestimmt auch die Ansprachen de- KlernS an den Präsidenten der Republik, Earnot, au- Anlaß seiner jüngsten Reise gehalten waren, sollen dieselben doch im Hinblick auf den Anschluß des Cardinal» Lavigerie an die bestehenden Institutionen und gewisse Kundgebungen einiger katholischer Kircken- ftirsten den AuSgangSpunct drr gegen die Regierung zu eröffnenden parlamentarischen Campagne bilden. Das Ministerium und der Präsident der Republik machen eine Schwenkung nach recht», beißt eS in dieser Hin sicht, und ein Organ der Rechten bemerkt dazu, daß .alle Gänse des radikalen Capitols" im Hinblick auf diese Schwen kung Halt! rufen werden. Daß die Monarchisten den Aus fall der ultraradicalen Stimmen decken könnten, wird für ausgeschlossen erachtet. „ES ist gewiß", bemerkt der .Figaro", .daß das Ministerium ziemlich heftige Anstürme wird auS- haltcn muffen, um so mehr, als eS offenbar nicht auf die Rechte zählen darf, trotz den sehr ersichtlichen Absichten und Wünschen des HerrnCvnstanS undseincrEollegen,Maß zu Hallen. Die Wunden sind noch zu frisch und die Vorunheile zu stark." Dasselbe Blair erörtert bereits, in welcher Richtung die Umgestaltung der Re gierung erfolgen müßte, und gelangt zu dein Schluffe, daß eine Evolution nach links wenig wahrscheinlich wäre; denn es sei gewiß, daß die .russische Allianz", die in der öffentlichen Meinung Frankreichs zum Dogma geworden ist, sehr gefährdet wäre, fall» die Regierung mehr nach links absckwcnkte. Man darf darauf gespannt sein, waS die radicalen Organe gegen über dieser Beweisführung Vorbringen werden; immerhin ist es bezeichnend, wie der parlamentarische Feldzug gegen da« französische Ministerium trotz allen Erjolgeu desselben sich jetzt bereits vorbereitet. * Von mehreren Blättern wurde die Meldung gebracht, daß der russische Finanzminister Wyschncgradöki vom Zaren angeblich wegen Erkrankung einen längeren Urlaub erhalten und sich nach dem Innern Rußland- begeben habe, und man wollte hieraus sogar Schlüsse ziehen, daß Herr WyschnegradSki die Gunst des Zaren verloren habe. Tie Nachricht ist nur insosern richtig, als Herr WyschnegradSki wirklich eine Reise nack dem Innern unternommen bat, dock gilt dieselbe einer Petersburger Mittheilung der „Pol. Eorr." zufolge nur dem Besuche der von der Mißernte betroffenen Provinzen, um sichein Bild von dem herrschendenNothstandezuverschasfen.Dem selben Berichte zufolge soll die Regierung bejchlossen haben, um der Bevölkerung eine neue NahrungSquellc zu eröffnen, de» Bau mehrerer Eisenbahnen nock in diesem Sabre in Angriff zn nehmen. ES handelt sich hierbei um die Verlängerung der transkaspischen Eisenbahn von Samarkand bis Kasckkcnd nnd um neue Zweialiuien in der Richtung gegen Persien und Afghanistan. Außerdem soll eine sibirische Eisenbahn auf drn beiden Endpunkten, d. h. vom Ural und vom Amur her, gleichzeitig in Angriff genommen werden. * Der bnlgariscke .Swoboda" stellt nochmal« fest, daß drr Besuch de« Minister- Grekoff in Konstantinopel lediglich Privatangelegenheiten gegolten Hab«, und bezeichnet
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