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HllMibilM Tageblatt und Waldenburger Anzeiger —— Amtsblatt für den Stadtrath z« Waldenburg Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 50 Pf. Alle Postanstaltsn, die Expedition und dis Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Freitag, den 4. März 1881. Aekanntmachung. Es wird der hiesigen Kirchgemeinde auch hierdurch bekannt gemacht, daß während der Passionszeit an jedem Freitag Abend '/r? Uhr Passions- goltesdienst stattfindet. Mit demselben wird Freitag, den 11. März, und den 1. April die Feier des heiligen Abendmahles verbunden sein, wozu auch für die Männer dw vorderen Bänke im Schiffe der Kirche freigshalten bleiben. Die Frühcommunionen fallen bis zum Gründonnerstag aus. Waldenburg, den 3. März 1881. Der Kirchenvorstand daselbst: Oberpf. Schumann. *Waldenburg, 3. März 1881. Der Fall des Grafen Eulenburg. Es find unzweifelhaft ernsthafte Gründe, welche den Fürsten Bismarck in der Angelegenheit der Demission des Ministers Eulenburg beeinflußten und sagen wir es kurz weg, es hängt diese Krisis mit seiner gejammten inneren Pilitik zusammen. Graf Eulenburg, der seinen principiellen Anschauungen nach allerdings conservativ ist, hat doch unzweifel haft die Reformabsichlen des Reichskanzlers nicht mit der nölhigen Energie behandelt und sich zu sehr ge neigt gezeigt, den liberalen und manchesterlichen Richtungen nachzugeben. Fürst Bismarck hat in seiner letzten großen Rede im Reichstag erklärt, daß er sich niemals von Theorien oder von Parleirück- sichten bestimmen lasse, sondern einzig und allein die Staatsraison im Auge habe. Er hält es daher für angezeigt, je nachdem es das Staatsinteresse erfor dert, conservativ oder liberal oder dictato- risch zu regieren. Diese Erklärung muß als Schlüssel für die gegenwärtige Situation dienen. Das Abwenden von dem Manchesterthum, die Zoll reform und die Aufnahme socialer Reformen ist ein ungeeigneter Zeitpunkt, um der Selbstverwaltung noch weitere Concessionen zu machen. Diese hat sich mehr oder minder als das entschcidenste Bollwerk des Manchesterthums gezeigt, wie denn auch beispiel weise der Berliner Magistrat sowie die Magistrate vieler Städte sich zu den Vorkämpfern des Man chesterthums und den Bekämpfern des Zollschntzes gemacht haben. Es wäre daher unzweifelhaft eine große politische Thorheit, wenn der Reichskanzler die Macht und Unabhängigkeit der communalen Be hörden noch mehr stärken würde. Die Art und Weise, wie dieselbe mehr und mehr sich zu dem Mittelpunkt der Opposition gegen die Reform des Reichskanzlers ausbildet, nölhigt diesen, die Zügel energisch nnzuziehen und keine Concessionen mehr zu machen. Auf diesem Gebiete nun fand Fürst Bis marck nicht die genügende Unterstützung bei dem Grafen Eulenburg. Diesem war es vor Allem darum zu thun, die Verwaltungsreform zu Ende zu führen, während Fürst Bismarck gerade in derselben eine Gefahr für seine Reform erblickte. In der Politik giebt es keine Gemächlichkeit. Nicht die persönlichen Stimmungen dürfen dort entscheiden, sondern nur das Staatsinteresse. Mag ein Minister persönlich auch noch so liebenswürdig sein, noch so sehr Gentle man, alles das ist nicht maßgebend. Ueber allem steht das Wohl des Ganzen. Fürst Bismarck kann von der eingeschlagenen Politik nicht zurück, er muß sie zu Ende führen oder vollständig Fiasco machen. Würde er sich jetzt wieder der Manchesterparlei zuwenden, würde er die Hoffnung, welche er in den produc tiven Ständen und namentlich auch bei dem Arbeiter stande erweckt hat, täuschen, alsdann wäre es um seine Stellung geschehen. Wir können daher dieser energischen und rücksichts losen Politik nur zustimmen. Lulus rei xudlieae summa. I«x oder: Die Staatswohlfahrt ist das hauptsächlichste Gesetz. Dieses alte Wort hat der Reichskanzler als seine Devise proclamirt. Bei der nächsten Wahl wird es unzweifelhaft einen heftigen Kampf geben. Es wird um so besser sein, wenn das Ministerium des Innern in den Händen einer energischen Persönlichkeit ist, welche sich dessen be wußt ist, welche hohen Ziele auf dem Spiel stehen und was verloren gehen kann, wenn nicht Fürst Bismarck den Sieg an seine Fahnen fesselt. Es ist schon jetzt die Aufgabe aller derjenigen, welche mit dem Reichskanzler einig sind in der Aufrechter haltung der Zollreform und in der Ausführung der socialen Reformen, daß sie ihren Gegnern, der sich mit Eifer rührenden Manchesterpartei, mit aller Energie aufs Rücksichtsloseste entgegentreten. Daß Fürst Bismarck entschlossen ist, den ihm von der Fortschrittspartei hingeworfenen Fehdehandschuh auf- zunebmen und keinen Schritt zu thun, der ihn Sei diesem Kampfe schädigen kann, beweist, daß er den Grafen Eulenburg hat fallen lassen. *Waldenbnrg, 2. Mürz 1881 Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser und die Kaiserin begaben sich am ! 2. d. um 12'/a Uhr in das königl. Schloß, um das l sächsische Königspaar bei der Rückreise nach Dresden ; bis nach dem Bahnhof zu geleiten. Prinz Wilhelm erwiderte bei dem Empfange ! des Gesamml-Vorstandcs des Reichstags auf die An- i spräche desselben: Es gereicht meiner Gemahlin und f mir zur ganz besonderen Freude, dem herzlichen Danke für die unzähligen Beweise treuer Theil- t nähme, welche uns aus Anlaß unserer Vermählung aus allen Theilen unseres theuren Vaterlandes zu gegangen sind, heute öffentlichen Ausdruck geben zu können. Er schloß: Wir sind uns voll bewußt, daß alle diese Huldigungen nicht uns, sondern unserm Hause gelten, daß wir so viele Zeichen treuer Liebe erst durch ernste Pflichterfüllung zu verdienen haben. Die leuchtenden Tugenden unserer Vorfahren, das edle Vorbild, welches uns die Majestäten und das Kronprinzliche Paar, unsere innigstgeliebten Groß eltern und Eltern geben, sollen unser Leitstern sür das Leben sein. Dieses Erlöbniß bitten wir Sie, die berufenen Vertreter unseres weiteren und engeren Vaterlandes, von uns als schwachen Dank für so viele Zeichen treuer Liebe und Anhänglichkeit ent gegenzunehmen und dem gesammten Vaterlande Kunde zu geben, daß unser ganzes Leben der Erfüllung unserer Pflichten gewidmet sein soll. Die Trauringe, welche das Brautpaar bei der Vermählung in Berlin wechselte, sind aus schlesi schem Golde gefertigt, und zwar aus Gold, wel ches s. Zeit auf chemischem Wege aus den Abbrän den der Reichensteiner Arsenikkiese auf der von dem Commercienrath Güttler betriebenen Goldhütte dar gestellt wurde. Prinz Wilhelm von Preußen nahm aus den Händen des Fabrikbesitzers Hermann Gütt ler aus Reichenstein am 18. Februar im Sladt- schlosse zu Potsdam diese Trauringe entgegen. Die Trauringe des kronprinzlichen Paares waren eben falls aus solchem Golde gefertigt. Der Abg. v. Varnbüler wird, wie die „Nat.- Ztg." meldet, demnächst einen sehr zahlreich "unter stützten Antrag im Reichstage einbringen, inhaltlich dessen unter Aufgebung des Prinzips des Unter stützungswohnsitzes die Heimatsberechtigung wieder zur Grundlage der Beziehungen zur Ge meinde gemacht wird. Der Antrag will die Frei zügigkeit und Gewerbefreiheit unangetastet lassen, die Erwerbnng der Heimatsberechtigung an einen fünfjährigen Aufenthalt knüpfen. Die jetzigen Landarmenverbände sollen zur Uebernahme der Kosten für Irre, Unheilbare und ähnliche Fälle aufrecht erhalten werden. Die Reichsregierung scheint auch im Etatjahre 1881/82 keine Wiederaufnahme der deutschen Silberverküufe zu beabsichtigen, da im Etat des Reichsschatzamtes unter „Münzwesen" nur 100,000 Mk. zu Prägekosten und sonstigen Ausgaben für die Unterhaltung des Münzumlaufs, sowie zur Ent deckung von Münzvergehen ausgeworfen sind. Unter den obwaltenden Umständen ist dies durchaus natür lich. Einmal ist die Abstoßung des deutschen Silber restes durchaus unmöglich, dann aber sind die Inten tionen der Neichsregürung bekanntlich gegenwärtig durchaus nicht mehr auf eine Abstoßung, vielmehr umgekehrt auf eine definitive Beibehaltung des vor handenen Silbers gerichtet. Das Berliner Landgericht hob den gegen Graf Harry Arnim erlassenen Steckbrief wegen dessen Verhaftung behufs Abbüßung neunmonatlicher Ge- fängnißstrafe bis zum 21. August auf. Die Bevölkerungsziffer sür das deutsche Reich nach der letzten Zählung ist durch das kaiserliche statistische Amt auf Grund der Mittheilungen der statistischen Csntralstellen der Einzelstaaten nunmehr festgestellt. Darnach ergiebt sich Folgendes. Die Bevölkerung des Deutschen Reiches betrug: Ani 1. December 1880: 45,194,127 Einwohner, - 1. - 1875: 42,727,360 - 1. - 1871: 41,587,829 Dieselbe hat demnach in der vierjährigen Volkszäh lungsperiode 1871/75 um 1,668,568, d. i. jährlich um 417,142 Köpfe, in der fünfjährigen Periode 1875/80 um 2,466,767, d. i. jährlich um 493,555 Köpfe rugenommsn; oder, auf das 1000 der mittle ren Bevölkerung berechnet, in der erstgenannten Periode um 10,0"/«n, in der Zeit 1875 80 um 11,2"/vo. Unter der Redacticn von Or. E. Henrici wird vom 1. April ab eine Wochenschrift mit antisemi tischer Tendenz erscheinen. Oesterreich. Das Abgeordnetenhaus hat die Schulfrage nun dahin gelöst, daß die Verpflichtung vor Allem eine sechsjährige sein solle; die Entscheidung, ob in dem siebenten und achten Jahre die Schulpflicht be stehen soll, wird den Landtagen überlassen. Frankreich. Der Führer der irischen Landliga, Parnell, hat Victor Hugo um seine Verwendung zur Vertheidigung des unglücklichen irischen Volkes gebeten. Er schreibt nach Schilderung der Lage Irlands: „Wir be kämpfen das entsetzlichste System, welches solche Schrecken erzeugte. Um ein für alle Mal der schau derhaften Lage ein Ende zu machen, wenden wir uns au das Gewissen aller Ehrenmänner ohne Un terschied des Glaubens, der Partei oder der Nationa-