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Vesper in der Sliphienlnröie. Dresden, Sonnabend, den 25. Nobbr. 1899, nachm. 2 Uhr. 1. Kantate für Chor, Solostimmen, Orchester und Orgel von Joh. Scb. Bach. a> (Chor): Wer weiß, wie nahe mir mein Ende? (Solo): Das weiß der liebe Gott allein, ob meine Wallfahrt auf der Erden kurz oder länger möge sein. (Chor): Hin geht die Zeit, her kommt der Tod! (Solo): Und endlich kommt es doch so weit, daß sie Zusammentreffen werden. (Chor): Ach, wie geschwinde und behende kann kommen meine Todesnot!)! (Solo): Wer weiß, ob heute nicht mein Mund die letzten Worte spricht? D'rum bet' ich alle Zeit: (Chor): Mein Gott, ich bitt' durch Christi Blut, mach's nur mit meinem Ende gut. d) Recitativ. Mein Leben hat kein ander Ziel, als daß ich möge selig sterben und meines Glaubens Antheil erben. D'rum leb' ich allezeit zum Grabe fertig und bereit; und was das Werk der Hände thut, ist gleichsam ob ich sicher wußte, daß ich noch heute sterben müßte; d'rum Ende gut, macht Alles gut. o) Arie. Willkommen will ich sagen, wenn der Tod an's Bette tritt. Fröhlich will ich folgen, wenn er ruft in die Gruft. Alle, alle meine Plagen, nehm' ich mit. Will kommen will ich sagen. cl) Recitativ. Ach, wer doch schon im Himmel war'! Ich habe Lust zu scheiden und mit dem Lamm, das aller Frommen Bräutigam, mich in der Seligkeit zu weiden. Flügel her! Ach, wer doch schon im Himmel wär'! o) Arie. Gute Nacht, du Weltgetümmel, jetzt mach' ich mit dir Beschluß; ich steh' schon mit einem Fuß bei dem lieben Gott im Himmel. k) Choral: Welt, ade! Ich bin dein müde; ich will nach dem Himmel zu, da wird sein der rechte Friede und die ew'ge stolze Ruh'. Welt, bei dir ist Krieg und Streit, nichts denn lauter Eitelkeit; in dem Himmel allezeit Friede, Freud' und Seligkeit. (Dic Soli haben gefälligst übernommen Fräulein Margarete Knothc, Frau Manja Frcjtag-Wiuklcr und Herr Arno Reichert.) 2. Gemeinde: Gesangbuch Nr. 680, I. Jerusalem, du hochgebaute Stadt, wollt' Gott, ich wär' in dir! Mein sehnend Herz so groß Verlangen hat und ist nicht mehr bei mir. Weit über Berg und Thale, weit über blaches Feld schwingt es sich über alle und eilt aus dieser Welt. Vorlesung. Z. Arie mit Chor und Orchesterbegleitung aus dem „Deutschen Htequiem" von I. Brahms. (Das Sopran-Solo bat F-räulcin M. Knothc übernommen.) Ihr habt nun Traurigkeit; aber ich will euch Wiedersehen, und euer Herz soll sich freuen, und eure Freude soll Niemand von euch nehmen. Sehet mich an: Ich habe eine kleine Zeit Mühe und Arbeit gehabt und habe großen Trost gefunden. Chor: Ich will euch trösten, wie Einen seine Mutter tröstet. 4. Wegräönißgesang für Chor und Blasinstrumente von I. Brahms. Nun laßt uns den Leib begraben, bei dem wir keinen Zweifel haben, er werd' am letzten Tag aussteh'n und unverrücklich herfürgeh'n. Erd' ist er und von der Erden, wird auch wieder zu Erd' werden, und von Erden wieder aussteh'n, wenn Gottes Posaun' wird angeh'n. Seine Seel' lebt ewig in Gott, der sie allhier aus seiner Gnad' von aller Sünd' und Missethat durch seinen Bund gefeget hat. Sein' Arbeit, Trübsal und Elend ist kommen zu ein'm guten End', er hat getragen Christi Joch, ist gestorben und lebet noch. Die Seel', die lebt vhn' alle Klag, der Leib schläft bis am letzten Tag, an welchem ihn Gott wird verklären und der Freuden wird ge währen. Hier ist er in Angst gewesen, dort aber wird er genesen, in ewiger Freude und Wonne leuchten, wie dic schöne Sonne. Nun lassen wir ihn hier schlafen, und geh'n allsammt unser Straßen, schicken uns auch mit allem Fleiß, denn der Tod kommt uns gleicher Weis'.