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Erscheint wöchentlich drei Mal und zivar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). Abonnementspreis beträgt vierteljährlich l Mark SO Pf. prssniiiueranäo. ÄMM für Inserate werden bis spätesten» Mittags des vorhergehenden Tages des Erscheinens erbeten und die Corpusspaltenzeile mit Pf-, unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend. Organ für den Stadtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. SS. Dienstag, den 4. Mai 1880. 5. Jahrg. Bekanntmachung. Die am 30. April d. I. fällig gewesene Einkommensteuer pr. 1. Termin ist spätestens bis zum SO. Mai ». o. bei Vermeidung executivischer Beitreibung an hiesige Stadtsteuereinnahme pünktlich zu entrichten. Zwönitz, am 1. Alai 1880. Der Bürgermeister. Schönherr. Bekanntmachung. Ter hiesigen Schulgemeinde ist bekannt zu machen, daß das neu angefertigte Schulgeldcataster in dem Nathscassenzimmer bis zum IS. Mai «. e. zur Einsicht ausliegt, etwaige Neclamationen aber bis dahin an den Vorsitzenden des Schulvorstands abzugeben sind. Zwönitz, den 29. April 1880. Der Schulvorstand allda: Neidhardt, Pf. Tagesgeschichte. Deutschland. Fürst Bismarck erklärte seinen parlamentari schen Freunden: er werde, falls es seine Gesundheit gestatte, anläß lich der Berathung des österreichischen Handelsvertrages im Reichs tage erscheinen, um Angesichts der Vorkommnisse in England sich amtlich über die politische Lage zu äußern. — Wie man hört, erfährt die Wehrsteuer-Vorlage im Bun- desrath eine große Opposition, namentlich seitens der bayerischen Regierung, die auch sehr wesentliche Aenderungen der Vorlage be antragen wird. Es verlautet, daß dieserhalb der bayerische Minister v. Lutz seine Anwesenheit hier um einige Tage verlängert hat. In Braunschweig wurde ein in der früheren Bracke'schen Druckerei hergestelltes Flugblatt über das Leben des verstorbenen Bracke vertheilt. Die Polizeidirection, welcher der Vorgang alsbald bekannt wurde, schritt sofort gegen die weitere Verbreitung des Blattes ein; die noch vorgefundenen Exemplare, sowie die dazu gehörige Form wurden mit Beschlag belegt. Frankreich. Die französische Republik nähert sich unaufhalt sam jener kritischen Situation, in welcher sie ihre Existenz zugleich gegen zwei Feinde, den Nadicalismus und die monarchisch-clericale Neactio», wird vertheidigen müssen. Die Radikalen gewinnen von Tag zu Tag an Macht und Einfluß. Ju Besancon wurde, wie schon gemeldet, an Stelle Albert Grovy's der Radikale Beauquier init 3989 Stimmen gegen den Candidaten der republikanischen Linken, Ordi- naire, gewählt, der mit 3560 Stimmen in der Minorität blieb. England. Das Parlament wurde am Donnerstag Nachmittag 2 Uhr ohne Thronrede eröffnet. Jin Unterhause forderte Selborne zur Wahl des Sprechers auf. Das Haus wählte einstimmig Brand und vertagte sich darauf. Rußland. Es scheint Ernst zu werden mit dem drohenden Kriege zwischen Rußland und China. Den russischen Blättern ist verboten worden, von jetzt ab Artikel über die militärische Situation an der Grenze zu veröffentlichen und die „Nowoje Wremja" meldet aus Wladiwostok im Amurlande vom 28. April, daß aus Shanghai eingelaufenen Nachrichten zufolge in China große Kriegvorbereitungen im Gange seien. In Wladiwostok seien chinesische Räuber erschienen und Mordanfälle vorgekommen. Petersburg, 1. Mai. Aus dem Putilow'schen Bezirke wird ge meldet, daß, als die Polizei gestern einen gewissen S. arretiren wollte, derselbe von seinem eigenen Vater durch einen Revolverschuß getödtet wurde. Der Vater wollte sich dann auch erschießen, hat sich jedoch nur verwundet. Petersburg, 2. Mai. Wie mehrere Blätter melden, verläßt der Unterrichtsminister Tolstoy seinen Posten und wird als Curator der Dorpater Universität, Jsaburof zum Unterrichtsminister ernannt. — Am 30. April ist dem „Börsen-Cour." zufolge plötzlich in Petersburg an alle augenblicklich dort anwesenden Ausländer jüdi scher Confession von Seiten der Polizei der Befehl ergangen, binnen 6 Stunden, eventuell mit den nächsten nach ihrer Heimath abgeh enden Zügen Petersburg zu verlassen. Gründe für diese Maßregel sind nicht angegeben. Der Befehl hat u. A. zwei sehr angesehene Kaufleute aus Königsberg und je einen aus Hamburg und Frankfurt a. M. betroffen. Ein anderer Kaufmann aus Königsberg, ein Herr I., remonstrirte gegen die Ausweisung, weil er bereits seit 12 Jahren zum Christenthum übergetreten sei; da er die betreffenden Belege beibrachte, wurde die Maßregel gegen ihn zurückgenommen. — In den Bezirken von Bobrowsk und Bawlowsk des Gouver nements Waronesch haben sämmtliche Juden den Befehl erhalten, bis ersten Juni auszuwandern. Hoffentlich kommen sie nach Deutsch land. Türkei. Die Räubereien in und um Konstantinopel machen täglich mehr von sich reden. Ein schier unglaublicher Raubanfall, in welchem ein Deutscher als Opfer die Hauptrolle spielt, wird von der Londoner „Allg. Korr." unter dem 16. v. Mts. berichtet. Der Aus gang dieser Affaire erscheint besonders merkwürdig. Drei bis an die Zähne bewaffnete Diebe waren während der Nacht in das Haus eines Preußen gedrungen und hatten denselben unter Drohung so fortiger Ermordung im Falle eines Widerstandes dazu bewogen, sich ruhig binden zu lassen. Der Gefangene überließ den Dieben in erster Linie seine goldene Uhr und vier türkische Pfund. Die mit solch ge ringer Beute nicht zufriedenen Diebe drohten den Gefesselten aber mals mit dem Tode, falls er ihnen nicht die Schlüssel zu seinem Gelde überliefere. Es blieb demselben keine andere Wahl, als die Schlüssel zu seiuer Geschäftskasse auszuliefern, die sich im dritten Stocke befand. Befriedigt eilten die drei Diebe nach dein oberen Stockwerk, um die Kasse zu öffnen. Die Frau des Preußen, welche die ganze Scene vom Nebenzimmer aus mit angeschaut hatte, öff nete jetzt behutsam die Thttre und schnitt die Bande ihres Gemahls entzwei; nachdem die Beiden sich mit Revolvern bewaffnet, schlichen sie den Dieben geräuschlos nach, überraschten sie bei der Theilung des Geldes und schossen, kurz besonnen, zwei derselben nieder, worauf der Dritte seine Waffen niederlegte und kläglich um sein Leben bat. Der Preuße kehrte nunmehr den Stiel um, band den Dieb fest, ließ denselben unter Ueberwachung seiner mit einem Revolver bewaffneten Gemahlin zurück, eilte zur nächsten Zaptiehwache von Megeare und verlangte den befehlshabenden Offizier zu sprechen. Man theilt ihm mit, daß derselbe gerade abwesend sei; man sucht die beiden Unter offiziere, allein keiner derselben ist aufzufinden. Unser Preuße re- quirirt vier Zaptiehs und führt dieselben nach seiner Wohnung, um ihnen die Diebe auszuliefern. Im dritten Stockwerk angekommen, befinden sich die erstaunten Zaptiehs ihrem an Händen und Füßen gebundenen Offizier und zwei erschossenen Unteroffizieren gegenüber. Großes Taubleau, dem die Gattin des Preußen resulut ein Ende macht, indem sie ihren Mann auffordert, mit ihren erprobten Re volvern die Zaptiehs zu vertreiben. Gesagt, gethan. Jetzt eilt der