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Dresdner Journal : 28.08.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-08-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189908285
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18990828
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18990828
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-08
- Tag 1899-08-28
-
Monat
1899-08
-
Jahr
1899
- Titel
- Dresdner Journal : 28.08.1899
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vezusSPret«. Für Dresden vierteljährlich: 2 Mark S0 Ps., bei den Kaiser lich deutschen Postanstaltea vierteljährlich »Mark; außer halb deS Deutschen Reiches Post- und Stempeljuschlag. Einzelne Nummern: 10 Pf. Erscheinen: Täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage abends. Fernspr.-Anschluß: Nr. 1S-L. Dresdner AnkündigungSgebühre«: Für den Raum einer gespal tenen Zeile kleiner Schrift LV Ps. Unter „Eingesandt" die Zeile 60 Ps Bei Tabellen- und Zissernsatz entsprechender Ausschlag. Herausgeber: Königliche Expedition de» Dresdner Journals Dresden, Zwingerstr. SO. Frrnspr..«nschluß:Nr.tSSL. ^199 1899 Montag, den 28. August abends. Amtlicher Teil. Dresden, 24. August. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Kirchjchullehrer Ober lehrer Friedrich Eduard Forberg in Wahren das Verdienstkreuz zu verleihen. ständigen Lehrer- 1660 M (einschließlich WohnungSgeld), der im S, 6., 7. und 9. Dienstjahre je um 1VV M, im 11, 1», 16 , 19 , 22. und 26. Dienstjahre je um 160 M., im 28. Dienstjahre wieder um 100 M erhöht wird und mit dem SO. Dienstjahre den Höchstbetrag von »050 M erreicht. Be werber wollen ihre Gesuche mit Zeugnisten und Lebenslauf bis spätestens zum 10. September an den Gemeinderat in OelSnitz i. E einreichen. WekannLrnachung. Die Prüfungskommissionen für Ärzte, Zahnärzte und Apotheker sind für das Prüfungsjahr 1899/1900 im Einverständnisse mit dem Ministerium des Innern in nachstehender Weise zusammengesetzt worden: I. Für die ärztliche Vorprüfung: Vorsitzender: der Dekan der Medizinischen Fakultät Geh. Medizinalrat Professor vr. Hofmann. Mitglieder: die Professoren Geh. Hofrat vr. Pfeffer, vr. Chun, vr. Wiener, Geh. Hofrat vr. Wislicenus, vr. Beckmann, Geh. Medizinal rat vr. Hering, Geheimer Rat vr. HiS. 11. Für die ärztliche Prüfung: Vorsitzender: Geh. Medizinalrat Professor vr. Böhm. Stellvertretender Vorsitzender: Geh. Medizinalrat fW Professor vr. Flechsig. Mitglieder: die Professoren Geh. Rat vr. His, Geh. Medizinalrat vr. Hofmann, Geh. Medizinalrat vr. Birch-Hirschfeld, Geh. Medizinalrat vr. Zweifel, Geh Medizinalrat vr. Curschmann, Geh. Medizinalrat vr Sattler, Geh. Medizinal rat vr. Trendelenburg, Geh. Medizinalrat vr. Hering, Medizinalrat vr. Hennig, Medizinalrat vr. Soltmann, vr. Friedrich. III. Für die zahnärztliche Prüfung: wird der praktische Zahnarzt und Direktor deS Zahn ärztlichen Instituts Prof. vr. Hesse der ärzt lichen Prüfungskommission beigeordnet. IV. Für die Prüfung der Apotheker: Vorsitzender: Geh. Medizinalrat Professor vr. Böhm. Mitglieder: die Professoren Geh. Hofrat vr. Wis licenus, Geh. Hofrat vr. Pfeffer, vr. Beck mann, vr Wiener und der Apotheker vr. Lößner in Leipzig. Dresden, am 22. August 1899. Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts. von Seydewitz. Auerbach Ernennungen, Versetzungen rc. im öffentlichen Dienste. Im Geschäftsbereiche be» Ministeriums der Finanzen. Bei der Posiverwaltung sind ernannt worden: Bartoschat und Gras, zeither Postpraktikanten, als Postsekretäre im Bezirke der Kaiserlichen Obcr-Postdirektion zu Chemnitz. Im Geschäftsbereiche des Ministeriums des Kultus «nd öffentlichen Unterrichts. Erledigt, die 2. ständige Lehrersielle in Nieder-Striegi»; Kollator: die oberste Schul behörde; Einkommen — außer freier Wohnung mit Garten und 36 M. Honorar für Fortbildungsschule — 1200 M. und vom 1. Januar 1900 ab 200 M. vorausgewährte Alterszulage neben den bereits zu beanspruchenden; BewerbungSgesuche sind bi- 2». September bei dem König!. Bezirksschulinspektor in Döbeln, Schulrat MuShacke, einzureichen. — Zur Erledigung kommt: die 2 ständige Lehrerstelle in Höckendorf- Kollator: die oberste Schulbehörde. Einkommen: 1200 M. Gehalt, 200 M. persönliche Zulage, wovon zunächst 100 M. unwider ruflich gewährt werden, fowie freie Amtswohnung außerhalb des Schulhauses mit schön gelegenem Garten. Besuche sind mit allen erforderlichen Beilagen bis zum 11. September bei dem König!. BezirkSschulinspektor vr. Lange in Dippoldiswalde einzureichen. — Zu besetzen: eine ständige Lehrerstelle an der Schule in OelSnitz i. E. Nach der neuen, am 1.Januar 1900 in Kraft tretenden Gehaltsstaffel beträgt hier der Jahresgehalt eines Nichtamtlicher Teil. Zur Lage in Südafrika. In der Neuzeit hat man schon wiederholt die Wahrnehmung machen müs en, daß das Großkapital durch gewinnsüchtige Einmi chung in die Politik in hohem Maße eine Gefahr für den Weltfrieden wird. Diese Erscheinung tritt gegenwärtig auch wieder bei der südafrikanischen Frage hervor. Die südafrikanische Goldproduktion betrug (nach A. Wirth, Geschichte Südafrikas) im Zeiträume 1871 bis 1883 zusammen an 16000 kg, 1889 allein über 14000 und 1892 bereits über 43000 davon kommen ungefähr neun Zehntel allein aus den (1886 entdeckten) Minen des WitwatersrandS. Der Ab schluß von 1893 hat die runde Summe von 50000 Irz, die einen Wert von fast 100 Mill. M. darstellt, er reicht. Fortwährend steigend, belief sich Ende 1896 die Monatsausbeute auf 9000 kg - 18H Mill. M. Einige Geologen glauben, daß noch Jahrhunderte bis zur völligen Erschöpfung der Minen vergehen können. Ihr Gesamtwert wird auf 12 bis 32 Milliarden Mark geschätzt. Es ist daher begreiflich, daß bei den Engländern sich sehr bald der Wunsch regte, ein solches Land in ihren Besitz zu be kommen. Dieser Aufgabe widmete sich in erster Linie die von Cecil RhodeS gegründete British South African Chartered Company. In ihrem Verwaltungsrate finden wir die einflußreichsten und kapitalkräftigsten Persönlichkeiten, wie den Herzog von Adercorn und den Herzog von Fife sowie Lord Roth schild, Alfred Beit u. a. m. Zunächst suchte man mittels der englischen Kapitalkraft die gesamte Gold industrie zu beherrschen. Namentlich das Haus Roth schild in London beteiligte sich an den Minenunter nehmungen in großem Maßstabe und übernahm die erste zur Entwickelung des Eisenbahnnetzes der Re publik bestimmte Anleihe von 2H Mill Pfd. Sters. Zu gleicher Zeit förderte man die massenhafte Ein wanderung von Engländern in das Goldfeldergebiet, wo Johannesburg (heute 70 000 Einwohner) mit einer Schnelligkeit emporwuchs, die selbst bei amerika nischen Städten unerhört ist. Die schwierigste Aufgabe erwuchs der Regierung des aufstrebenden Staates aus dem massenhaften Ein wandern von goldhungrigen Ausländern, in der so genannten Uitländerfrage. Zu deren besserem Verständ nis wollen wir zunächst die Verfassung der Südafrika nischen Republik mitteilen. Die Regierung liegt in der Hand eines Präsi denten, dem zwei Kammern zur Seite stehen. Ter Präsident hat große Rechte, kann Krieg erklären und Frieden schließen, und seine Stimme ist von entscheidendem Einfluß bei allen Beratungen. Die oft verfassungswidrige Uebermacht des jetzigen Präsidenten beruht lediglich auf der persönlichen Bedeutung Krügers; die Befugnisse seiner Nachfolger werden jedenfalls noch genauer abgestuft werden. Die Kammern be stehen aus je vierundzwanzig Abgeordneten. Ter Volksraad tagt zu Pretoria von jedem ersten Montag im Mai ab. Die Abgeordneten werden auf vier Jahre gewählt, müssen dreißig Jahre alt sein und einen sechzehnjährigen Aufenthalt in der Republik nachweisen, dazu der protestantischen Kirche angehören und Grundbesitz im Lande haben; kein Beamter, noch Männer, die im Verhältnis von Vater und Sohn zu einander stehen, werden zugelassen. Seit 1890 besteht eine zweite Kammer; Mitglieder derselben müssen fünf Jahre im Lande gewesen sein, Wähler zwei: auch müssen sie sich naturalisiert haben. Die erste Kammer hat.ein Veto gegen die zweite. DaS Streben der Uitländer geht nun dahin, eine Aenderung des Wahlrechts zu ihren Gunsten, Ver tretung der Industrie im AolkSraad, Zulassung der englischen Sprache bei Gerichtsverhandlungen und im Schulunterricht, Erleichterung der Naturalisierung, sowie die Aufhebung des Paßzwanges und die Zölle auf Nahrungsmittel zu erreichen. Die Zweisprachig keit des Schulunterrichts ist bereits zum Gesetz gemacht und in den Bergwerksbezirken find sogar Schulen mit ausschließlich englischer Unterrichtssprache von dem Präsidenten Krüger zugelassen worden. Dieser Forder ungen der Uitländer, die zum größten Teile Engländer sind, hat sich nun England angenommen und hat aus dieser Frage Anlaß genommen, seine Suzeränität über Transvaal endgiltig zur Anerkennung zu bringen. Die Regierung der Südafrikanischen Republik hat auf den Chamberlainschen Vorschlag der Einsetzung einer gemeinsamen Kommission zur Prüfung der Wahlrechts frage mit dem Gegenvorschläge geantwortet, den Aus ländern bereits nach fünfjährigem Aufenthalte in Transvaal das volle Wahlrecht auch für die Prä sidentenwahl gewähren und dem Goldminenbezirke acht weitere Sitze in jedem VolkSraad einräumen zu wollen. Bei der Präsidentenwahl sollen Uitländer und Buren durchaus gleichgestellt werden. Als Gegen leistung beansprucht die Burenregierung die grund sätzliche Annahme eines künftigen Schiedsgerichts, das jedoch nicht aus Unterthanen fremder Mächte zu sammengesetzt werden solle. Ferner verlangte Trans vaal, daß die gegenwärtige britische Einmischung in seine inneren Angelegenheiten nicht einen Präzedenz fall bilde, sowie daß die Suzeränitätsfrage ruhen bleiben solle. Was die Regierung zu Pretoria hier anbietet, ist genau das, was Milner namens der briti schen Regierung in den Konferenzen mit Krüger zu Bloemfontein verlangt hat. Der Gegenvorschlag umschließt aber zugleich die Ablehnung der von Chamberlain vorgeschlagenen gemeinsamen Kommission, also der beabsichtigten Einmischung iu die inneren Angelegenheiten Transvaals. Tie britische Regierung ist demnach in einer Zwangslage. Entweder nimmt sie das Anerbieten Krügers an und verzichtet damit grundsätzlich auf jede weitere Einmischung in die Angelegenheiten Transvaals, oder sie lehnt diesen Vorschlag ab, in dem sie die angeblichen Suzeränitätsrechte Englands über Transvaal geltend macht und auf Einsetzung einer gemischten Kommission besteht. Die Antwort auf die Frage nach den Absichten Englands dürfte in der Veröffentlichung des TranSvaal- Blaubuchs zu finden sein, das die Korrespondenz ent hält, die zwischen Chamberlain und dem Staatssekretär der Südafrikanischen Republik in der Zeit vom 23. März 1898 und dem 13. Juli 1899 über die Suzeränitätsfrage ausgetauscht worden ist. Die Ver öffentlichung dieses Briefwechsels gerade jetzt bezeichnet die Wendung, die sich allmählig in der Vertretung des englischen Standpunktes kundgiebt. Denn während früher immer die Frage deS Bürgerrechts im Vorder gründe stand, die eigentliche Basis zur Berech tigung der Einmischung aber, die Frage der „puru- mounte)'" vorsichtigerweise unberührt blieb, befaßt sich das Blaubuch mit keinem Wort mit den Uitlandern, sondern lediglich mit der Suzeränität. Die Streitfrage, um die sich das Blaubuch dreht, ist bekanntlich: Kann das Verhältnis, in dem Groß ¬ britannien zur Südafrikanischen Republik steht, als das der Suzeränität bezeichnet werden oder nicht, angesichts der Thatsache, daß das Wort „Suzerän" in der Konvention von 1881 benützt, dagegen in der von 1884 ausgelassen wird. Der Standpunkt der beiden Parteien zu dieser Frage und ihre Argumente und Gegenargumente sind so be kannt, daß wir auf die Masse der Korrespondenz nicht näher einzugehen brauchen. Wir heben nur den springenden Punkt hervor. Die Buren behaupten, daß das Wort „Suzeränität" absichtlich fortgeblieben sei, und daß, wie Staatssekretär Reitz es in seiner Depesche vom 9. Mai definiert, „das heute bestehende Recht absoluter Selbstverwaltung der Südafrikanischen Republik weder aus der Konvention von 1881, noch aus der von 1884 abzuleiten sei, sondern einfach und allein aus dem inhärenten Rechte der Republik als eines souveränen internationalen Staates folge." Von diesem Ansprüche der Republik, ein „souveräner inter nationaler Staat" zu sein, sagt Sir Alfred Milner in seiner Begleitdepesche, „er stehe im Widerspruche zu der Haltung, die Großbritannien stets eingenommen habe, und sei eine Art Herausforderung von Ihrer Majestät Regierung." Und auf Reitz' wiederholte Be hauptung, Transvaal sei ein souveräner Staat, ant wortete Chamberlain in der letzten Depesche deS Blau buchs vom 13. Juli: „Ihrer Majestät Regierung hat nicht die Absicht, die Diskussion dieser Frage mit der Regierung der Republik fortzusetzen, deren Behauptung, daß die Südafrikanische Republik ein souveräner inter nationaler Staat sei, nach ihrer Ansicht weder recht lich noch historisch haltbar und ganz unzulässig ist." Diese Veröffentlichung hat auch ihre Wirkung nicht verfehlt. Ausnahmslos wird von der gesamten Presse der neue Standpunkt energisch betont, und das einmütige Urteil der englischen Presse geht dahin, daß England unter keinen Umständen Transvaal als souveränen internationalen Staat und als gleichberechtigt anerkennen könne. England müsse - auf alle Fälle die ausschlaggebende Autorität in Afrika bleiben and nötigenfalls diesen Anspruch mit Waffengewalt verfechten. Die „Morning Post" hält diesen Moment für bereits gekommen und schreibt: „Wenn die Transvaalregierung auf ihrem Stand punkt verharrt, so bleibt Ihrer Majestät Regierung nicht länger die Wahl der Mittel. Ein bloßer Pro test hebt einen Anspruch auf Souveränität nicht auf. Entweder muß die britische Regierung ihr erstes großes Ziel — die Behauptung ihrer Öbermacht in Südafrika — fallen lassen, oder sie muß diese Stellung mit Waffengewalt zur Anerkennung bringen. Die Depesche vom 9 Mai, in der das Transvaal als souveräner internationaler Staat bezeichnet wird, ist eine Herausforderung der britischen Regierung, und Chamberlains Antwort vom 13. Juli ist keine wirk same Antwort auf diese Herausforderung. Die einzig wirksame Antwort besteht in einer wirklichen Geltend machung der Souveränität der Königin in Pretoria. Tie Situation ist durch die Depeschen der TranSvaal- regierung auf ihren einfachsten Ausdruck zurückgesührt worden. Ist Großbritannien in Südafrika der Herr oder nicht? Will es Herr sein, so muß eS Ge walt gebrauchen, und zwar bald; denn die Buren des Transvaals haben ihre Freunde in der Kapkolonie, die nur warten, wie die Regierung die SouveräuitätS- erklärung des TranSvrals oufnimmt, um den Weg für eine Afrikander-Unabhängigkeitserklärung vorzu bereiten." Bei dieser Sachlage hat sich die Uitlander- Frage zu einer Prinzipienfrage ausgewachsen, wobei eS sich für England um nichts Geringeres als um die Vorherrschaft in Südafrika handelt. Daß Eng land hierbei nicht nachgeben wird und kann, liegt auf der Hand, und es erscheint deshalb ein Krieg unver- Aunst und Wissenschaft. Refidenztheater. Am 26 d. Mts : „Die Freuden der Häuslichkeit". Lustspiel in drei Akten von Maurice Hennequin. Deutsch von Benno Jacobson (Zum ersten Male.) Das neue Hennequinsche Lustspiel, das in der von Benno Jacobson besorgten Uebersetzung am Sonnabend zum ersten Male im Residenztheater in Scene ging, weckt schmerz liche Erinnerungen Nicht durch die geschilderten tragi komischen Episoden, sondern wenn mankritischdie kümmerlichen Reste in ihm besieht, die von dem ehemaligen glänzenden Schmuckwerke der französischen Lustspielbühne übrig ge blieben sind. HerauSqebrochen aus ihrer Fassung sind jene Perlen der Lustfpieldichtung, die man Geist und Witz nennt, und diese Fassung selbst, die Handlung, ist blind und trübe geworden wie Trugaold. E» ist ja nicht schwer, eine Erklärung für die Vergröberung des französischen Lustspiel« zum Schwanke zu finden; nach dem wahren Goetheschen Worte, daß ein Mensch, der recht zu wirken denkt, auf das beste Werkzeug halten müße, daß der D chter Hinsehen möge, für wen er schreibe, hat Hennequin sehr wohl erkannt, daß mit einem echten Lustspielstoffe in echtem Lustspielton eine Wirkung heutzutage nicht mehr zu erzielen sei, das Publikum unserer Tage liebt stärker gewürzte litterarische Kost Ein Ehebruchümotiv zu benutzen, wie es die Gepflogenheit im französischen Schwanke ist, wagte Hennequin wohl nicht, da er sein Stück Lustspiel nennen wollte; so half er sich klüglich damit, da« Leben eine« lockeren Zeisig« zu schildern, der nach 35 jähriger Uebung im Liebeln den Wunsch hat, eine Häuslichkeit zu besitzen, ohne die Feffeln der Ehe auf sich nehmen zu müßen. Er hat für seinen Neffen 200000 Frc». Schulden be zahlt, ihm außerdem 300000 Frc« und ein behaglich eingerichtetes Hau« geschenkt unv ein junges huvicyes Mädchen zum Weibe ausgesucht Seine Hoffnung ist die, bei dem jungen Paare ein beschauliches Erbonkel dasein führen zu können. Sie wird schmählich getäuscht, denn heftige eheliche Scenen sind beinahe von der ersten Stunde der Ehe an in dem Hause de« Neffen an der Tagesordnung. So bleibt dem Aermsten denn schließlich nichts anderes übrig, als da« zu thun, wa« er vermeiden wollte: zu heiraten! Au« dem Stoffe hätte sich, obwohl er in nichts eigenartig und originell ist, zur Not ein Lustspiel formen laßen, wenn der Verfasser ihn durch gehend« in der Art des ersten Akte« behandelt hätte. Hier wahrt er wenigsten« äußerlich die Form des Lust spiel«, während er im zweiten und noch mehr im dritten Akte skrupellos zum Schwankrezept greift, um mit Schlüpfrigkeiten und LaScivitäten die fade Kost mund gerecht zu machen Da es dem Stücke nicht an drolligen Episoden mangelt, so ist die Wirkung aus den Zuschauer eine größere, al« man annehmen sollte; wenigstens er zielte das Lustspiel am Sonnabend bei seiner Erstaufführ ung eine recht beifällige Aufnahme. Die Hauptrolle lag in den Händen de» Hrn Karl Witt und wurde von diesem geschickt und humorvoll durchgeführt Da« streitlustige junge Paar spielten Hr. Heinz Stillfried und Frl. Bertha Blanden mit großer Drolerie. Zwei köstliche Figuren schufen Hr Karl Beyer und Frau Julie Kronthal in dem alten Ehe paar La Thilaudiöre, den Eltern der jungen Frau In Madame La Thilaudi-re sehen wir das nie fehlende Jn- ventarstück de« französischen Schwanke«, die böse Schwieger, mutter, in einem Prachtexemplar nach Art der Madame Bonivard vor uns, während der Ehemann Thilaudiöre zu jenen ebenfalls mit Vorliebe verwendeten französischen Schwankfiguren gehört, die trotz weißen Haare« noch zu allen tollen Streichen aufgelegt sind; die übrigen, weniger hervor, tretenden Rollen de« Comte de Cöricourt, der Angele Pinteau und de« Diener« Theodule wurdcn von Hrn Hart ttrrese, Fn. «sujtl Brand und Hrn. Ricyard Hunger feinkomisch dargestellt. Die Regie handhabte in bekannt geschickter und, was die Ausstattung des Stücke« anbetrifft, geschmackvoller Weise Hr. Alexander Rotter. W. DgS. Goethe. Zum hundertundfünfzigsten Geburtstage des Dichter«. II. In der Sonne eines Frühlingstage« schwirrt alles au«, was Flügel hat, und selbst überwinterte Motten wagen noch einen Flug Die Feier des 150. Geburts tages Goethe« wirkt in ähnlicher Weise auf den Buch- und Kunsthandel und alles, was ihm verwandt ist. Ein unübersehbarer Schwarm von litterarische» und künstler ischen Darbietungen, bi« zur Ansichtspostkarte herab, kommt zum ersten Mal oder erneut ans Licht, und die Zahl der Darbietungen ist größer als die Aufnahme fähigkeit auch der Willigsten Da« ist keine Erscheinung, die sich auf da« Goethe-Jubiläum beschränkt oder mit ihm in irgend welchem inneren Zusammenhangs steht, sondern sie gehört zu den allgemeinen Uebeln der Zeit und eine« Wettbewerb«, der beinahe ebenso sinnlos ist, wie er schrankenlos erscheint Ist'» nicht Goethe, so ist e» Bis marck, und ist e« weder Goethe noch Bismarck, so sei e« in Gotte« Namen Ibsen oder Dreyfu«, über die nicht genug gedruckt und mit den tausend Hilfsmitteln der modernen Reklame dem Publikum ausgeredet werden kann. Bunt durcheinander folgen sich auch diesmal umfaßende Werke und flüchtige Blätter, neue Auslagen und besondere auf diesen Tag «ersparte Mitteilungen, die sorgfältig vorbereiteten Festschriften von Frankfurt und Weimar und Veröffentlichungen, die beßer gemeint, als gelungen sind. Die zahlreichen Bildnisse Goethe«, seiner Angehörigen, Freunde und nächststehenden Zeitgenoßen, in Kupferstich und Holzschnitt, in Photographie, Lithographie und jeder mooernen Technik der Vervielfaltrgung, die Jllustrationeu zu Goethe« Werken, die zum 150. Geburtstag Teilnahme fordern, würden eine besondere Ausstellung füllen. Als eine Festschrift im weitesten Sinn, die jedenfalls das Verdienst hat, die bunten Bilder des ganzen Dichterlebens rasch in der Erinnerung vorübergleiten zu laßen, muß namentlich die zweite Auflage der aus dem Könneckeschen „Bilderatlas zur Geschichte deutscher Nationallitteratur" besonder» ab gedruckten „Biographie in Bildnissen" gelten, die mit 165 Abbildungen und einem Portrait Goethe« nach dem Stielerschen Oelbild von 1828 in zwanglosester Weise an die wechselnden Geschicke und die unbeugsam konsequente Selbstentwickelung des Dichter« gemahnt Am 28 August 1886 zum ersten Mal für 38 deutsche Litterarhistoriker und Goethekenner gedruckt (drei Dresdner, vr. W. Frei herr v Biedermann, Prof vr. Schnorr von Carolsfeld, Prof. vr. Ad. Stern, waren unter diesen 38), tritt diese Goethe-Biographie in Bildnissen jetzt an die weiten Kreise der Verehrer Goethe» heran und zeichnet sich unter den mannigfachen Bilderbüchern zum 150. Geburtstag unseres Dichters sehr entschieden aus. Der zuverlässige Text teilt mit den Bildern den Vorzug, die Erinnerung auf zufrischen und eS dem einzelnen zu überlaßen, sich die knappen Merkworte nach Gefallen zu beleben, wofür ja hundert Quellen und Hilfsmittel zu Gebote stehen. Auch der Goethetag von 1899 wird nicht vorüber- gehen, ohne die alte Klage zu erneuern, daß wir noch keine vollendete, allen Ansprüchen genügende Biographie unseres größten Dichters besitzen. Freilich haben gerade die letzten fünf Jahre, nach manchem früheren Versuch, die preisgekrönte Arbeit von Richard M Meyer, die um faßenden Biographien von Karl Heinemann und Bielschowski gebracht. Aber die Klage will nicht ver stummen und sie würde e» auch nicht, selbst wenn das herankommende zwanzigste Jahrhundert uns gleich bei seinem Eintritt zehn neue Goethebiographien bescheren wollte und wenn eine von zehn Bänden darunter wäre. Des Rätsel»
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