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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 09.10.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-10-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192310092
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19231009
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19231009
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-10
- Tag 1923-10-09
-
Monat
1923-10
-
Jahr
1923
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MnrElnvmmsr IO KHiMonsn ^»rn-Ku«sad» schlteslUY Port», «rschrtnt Utglich morgen«, auber Montag«. HSV ««was, schriebt GMtll. au«. Schrtftleft,GeschäftSst. Druckerei: ^tp»tg. JodanntSaaffe 8 (Sernspr. Ori«gc<vr. Tammel-Nr.: 70811. Zrrngespr. 17MS-lssdS2>; ebenda u. in allen Ailtalen Anzeigen» und Abonnement-Annahmr: auch riimmt jedes Postamt Bestellungen an. > Auzeiaen-Tagesoreis: 8^'.^. 7^^ M wm-LeU« 55 Mt. lauswllrt« 10a Mk.). Rabatt nach Lari«. Privat« M^W WW W M W WWW W^M W W yamiltenanzetaen 25 Mk lyeleaeiUicilZanz. priv Natur u. Stellen. M WUWM U M. m M 'M >«»< »MM- -UM W W MW angeboie 25 Mk. Stellengesuche Mk Nnul. Anzeigen .Doppel- VMM mw-Zrtle» 100 Mk. lllr auSw. 210 Mk Reklame,eile 425 Mk.. NN au-w. 5«0 Mk. «ll«» «al»chtt»g«t,»»l I»««». «u«land Valuta- . ausschlag. Postscheckkonto Leipzig Nr. 3004 Erfüllung«»« Leipzig. Da» Seinzigar raa«vtat1 «ntdiUt di« amtlich«» «aka»»t«ach»»a«» da» Avtlaatprätidtn»» v«i»»i». 08 I«r 23V verantwortlich für den Tert: Lhesredakieur L.«oldkt«i». Leipzig. verantwortlich jür Inserate: Oswald »»Lar, Leipzig. Eigentum, Druck und Verlag: Leipziger veriagSdruckeret G.«. b. ch. Oieavlog, üen 9. vttoder 1923 Berliner Schriltleitung: Lochstrahe 21 (Fernsprecher 3600-3663) DresdnerSchrtttlrttung. ÄabclSberacrstr. 24 (yernsorecher 347M 11/. iLtiro. Hallesche Schrtstlrttung: Leipziger Strabe 21 (Fernsprecher 1277) " ulla, ckuüasj ibHambure »opvy ib Hamburg ibHamburg HÄ SalooUti) ch Hamburg Ivedittsnen rcmcn rmr h e» ib Hamburg Gesellschaft IM M, e ltLdter- und a. A.. ««»- stattslndcndeu rsammlnng »r die Genehmi- ttons - Erösf- Januar 1922. dieGenchnit» msbilanz per k di« Bcendt. on und Gc- gtzrechnung. rr die Ent- torS und des »eiche au der hmen wollen, rn Tage vor .re Aktien bei :m deutschen lst-dter- und . «., Berlin, riesen. M1.4. 4k llllN >»rr. le«r vr»,6alatr ib Hamburg » » »d, Saturn ,b Hamburg re. erteilen: ?Ä!r St ftllg!,. >rt!smb«'z. Oktober Oktober diovomder et» tabrsn >. 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Ihre Führer im Reichstage haben in richtiger Erkennt- nis ihrer Pflicht gegenüber dem Reiche die große Koalition mit der bürgerlichen Mitte wieder er- neuert und damit vom Standpunkt ihrer Partei aus ein Opfer gebracht, das ihnen nicht leicht geworden sein kann, nachdem Stresemann durch sein Schwanken das Vertrauen in seine politische Zuverlässigkeit schwer erschüttert hatte. Das Opfer war für die Sozialdemokraten um so größer, als sie sich mit dem Wiedereintritt in das Reichskabinett zum Abbau des Achtstunden tages verpflichteten. Wenn ma« bedenkt, wie peinlich die zweideutige Haltung Stresemanns während der Krise selbst in den Kreisen des republikanisch gesinnten Bürgertums berührt hat, und weiter, eine wie schmerzliche Ent täuschung die gesamte Arbeiterschaft, nicht nur die sozialistisch organisierte, durch die, wenn auch nur vorübergehende, Preisgabe des Achtstunden, tages erleidet, so ist es nicht zu verwundern, daß innerhalb der erst seit kurzer Zeit wieder ver einigten Sozialdemokratischen Partei die ehemals „unabhängigen" radikalen Elemente mißtrauisch und ungeduldig werden. Dieselben Stimmungen und Strömungen, die am Sonntag auf dem Berliner Bezirkstag der. Partei den Ausschlag gaben, mußten besonders auch dort zur Geltung kommen, wo die Sozialdemokratie infolge der sozialen Struktur der Bevölkerung nut den Kommunisten in schwerem Wettkampf um die Gunst der Industriearbeitermassen wirbt: in Sachsen und Thüringen. Wollten hier die sozialistischen Führer nicht die Fühlung mit ihren Wählern verlieren, so blieb ihnen in dieser Lage nichts anderes übrig, als den Kommunisten die Hand zu reichen, und diese glaubten die Gunst der Stunde ausnutzen zu müssen, indem sie durch Mäßigung ihrer Ansprüche den Sozialisten ent- gegenlamen. ' Borbereitet und gefördert wurde diese Ent. Wicklung noch dadurch, daß sich in Mitteldeutsch, land die Klwt zwischen den Sozialdemokraten und den bürgerlichen Republikanern immer mehr erweitert hatte. In Sachsen hat besonders die unerquickliche Polemik des Herrn Zeigner gegen den Reichswehrminister Geßler das Verhältnis zwischen den Sozialüemokraten und den Demo- kraten ungünstig beeinflußt. Auf der anderen Seite hat aber auch die Deutsche Demokratische Partei in Sachsen wie in Thüringen in den letzten Atonalen nicht immer glücklich operiert und den Trennungsstrich zwischen sich und den Deutschnationalen nicht deutlich genug gezogen. Infolgedessen fehlt gegenwärtig in Mitteldeutsch, land di« psychologische Voraussetzung für die Bildung der großen Koalition, die auch hier und gerade hier das Ziel des politischen Strebens sein muß, und es blieb auch aus diesem Grunde für die Sozialdemokratie kein anderes Mittel zur Stärkung der parlamentarischen Regierungs- grundlage, als die Koalition mit den Kommu. nisten. Was haben wir nun von dieser „roten Koali- tion" zu erwarten? Rach alter Erfahrung pflegen bei einem Bündnis zwischen einer ge- mäßigten und einer radikalen Partei in der ersten Zeit die Radikalen die größere Rührigkeit zu entwickeln. Es ist daher anzunehmen, daß die Kommunisten versuchen werden, die Sozial- demokraten weiter nach links hinüberzuziehen und sie zu gewagten Experimenten zu drängen. Die Erfahrung lehrt aber auch, daß der Eifer der Radikalen gewöhnlich sehr bald erlahmt, wenn sie an verantwortlicher Stelle stelzen und sich vor die Aufgabe gestellt sehen, ihre Theorien in die Praxis umzusetzen. Sie müssen sich dann über- zeugen, daß es sehr viel leichter ist, in Volks. Versammlungen volksbeglückende Forderungen aufzustellen, al« von der Spitze der Staatsver waltung aus Reformen wirklich durchzuführen. Bisher hat noch jede extreme Partei, die an» Ruder kam, ihre Anhänger enttäuschen müssen. Darum liegt auch kein Grund vor, die sächsisch - thüringische Mini st erbe- gegnung, die am Sonntag im Leipziger Volks- Hause stattfand, für ein bedrohliches Zeichen zu halten. Solche Besprechungen zwischen den Ministern deutscher Länder haben schon wieder- Reichstag und Regierungsprogramm Berlin, 8. Oktober. (Cig. Tel.) Im Reichstag findet heute die Aussprache über die Regie- rungserklärung vom Sonnabend statt. Die Sitzung hat schon um 12 Uhr begonnen. Ls besteht die Absicht, den Reichstag, vcenn möglich, heute zu vertagen, also heute nicht nur die politische De batte durchzuführen, und dabei die verschiedenen A n- träge, die sich auf die Ausnahmeoerord» nungen des Reiches und Bayerns be ziehen, zu erledigen, sondern auch das Ermächti gungsgesetz, das inzwischen vom Reichs rat mit der erforderlichen Zwcidrittel-Mehrheit angenom- men worden ist, zu verabschieden. Gegen dieses Pro- gramm wird allerdings vor dem Eintritt in die Tagesordnung in einer Geschäfteordnungsdebatte von den Kommuni st en Einspruch erhoben. Der Präsident kündigt an, daß er diesem Einspruch in der Weise Rechnung tragen werde, daß vor Er- ledigunq des Ermächtigungsgesetzes heute noch, even- tuell a5er morgen, eine zweite Sitzung abgehalten werden soll. Als erster Redner der politischen Debatte spricht Abg. Dr. Breitscheid (Soz.), der in einleitenden Lätzen auf die glücklich überwundene Krise eingeht. Er meint, Parlament und Volk seien noch nie in einer so unerwarteten Weise mit einer Krise überrascht worden wie während der jüngsten Tage. Die Krise sei nun zwar beigelegt, und dieselbe Regierung führe wieder die Regierungsgeschäfte, aber die Sozialdemo, kratie gehe jetzt mit anderen Empfindungen an die Arbeiten der Koalition heran als vor acht Tagen. Einen breiten Raum seiner Ausführungen widmet Dr. Breitscheid der auswärtigen Politik, ins besondere dem passiven Widerstand, der r s- gegeben worden sei, weil das Reich die finanzielle Belastung nicht mehr zu ertragen vermocht habe. Das Kabinett Luno habe eine Politik der Verschleierung und der Illusionen getrieben und habe den passiven Widerstand zum Selbstzweck gemacht. Das schlimmst« sei, daß die Nachfolgerin der Regierung Cuno ge- steinigt werden solle, weil sie ein unmögliches Unter- nehmen zu liquideren gezwungen gewesen sei. Da« Verhalten Deutschlands nach dem Einfall in das Ruhrgebiet — so erklärt der Redner — war ein Akt berechtigter Notwehr, aber man mußte sich nur über den Sinn des passiven Widerstandes klar sein: Er konnte dazu dienen, Verhandlungen herbeizu- führen, weil durch einen Widerstand ein starkes mora- lisches Gewicht für Deutschland in die Äagschale ge- warfen werden konnte. Cuno aber hat auf Gott und England gehofft. England hat in der Praxi» vollkommen versagt, und wenn es auch die Unrechtmäßigkeit de» Ruhreinbruches festgestcllt hat, so ist es doch eben bei dieser platonischen «ympathieerklärung geblie - den. Besser wäre es gewesen, wenn der Widerstand abgebrochen worden wäre, solgnge er in den Augen der Welt noch etwas bedeutete. Im März dieses Jahre» erklärte der damalige Außenminister Dr. Rosenberg selbst, daß der passive Widerstand auf der Höhe sei; er lasse sich nicht mehr verstärken. Die Nöte Frankreichs seien auf dem tiefsten Punkt an- gelangt. Die einfachste Logik gebot also damals, den passiven Widerstand abzuürechen, um zu Perhand- lungen zu gelangen. Aber Luno hat es nicht gewagt, unter dem Druck von Kreisen, die man fa nicht näher zu bezeichnen braucht, diese Konse quenzen zu ziehen. Die Regierung Cuno hat den passiven Widerstand ins Endlose verlängert, und da mit nicht nur den finanziellen Zusammenbruch herbei- geführt, sondern auch eine Demoralisation im Ruhrgebiet geschaffen. Die Staatsunterstützung, die schon als selbstverständlich angesehen wurde, ist in den besetzten Gebieten vielfach zu Spekulatio nen in Devisen und gegen die Mark ver- wandt wdrden. Was soll nun geschehen? Die Deutschnationolen und die Deutschvölkischen verlangen den „aktiven" Widerstand. Der aktive Widerstand, soweit er sich während der letzten Monate geäußert hat. war ein irregeleiteter Heroismus, dessen Folgen nur die Be- völkerung zu tragen hatte, die diese Sabotageakte nicht gewollt hat. Die Deutschnationalen verlangen Bruch mit Frankreich mit .allen seinen Konsequenzen. Was ist der Sinn dieser Forderung? Krieg? Man möge doch sagen, mit welchen Mitteln dieser Krieg geführt werden soll! PoincarL hat zu gesagt, daß er Verhandlungen mit Deutschland über die Reparationen aufnehmen werde nach der Ein- stellung des passiven Widerstandes; aber jetzt findet er Vorwände. Er will Zeit gewinnen, in der das Chaos in Deutschland immer mehr um sich greisen soll. Die Separationsbewegung ist mit französischem Gelde gemacht; die Bevölkerung lehnt diese Bewegung ab. Tas Rheinland ist dentsch «ad maß e» auch bleibe«. (Zustimmung im ganzen Hause.) Sehr ausführlich beschäftigt sich Dr. Breitscheid mit der bayrischen Frage. Dr. v. Kahr will holt stattgefunden, auch in Süddeutschland, ohne daß man sich deswegen zu beunruhigen brauchte. Wir wissen nicht, was am Sonntag im Volkshause besprochen und beschlossen wurde, hegen aber keinen Zweifel, daß es sich dabei nicht um Dinge gehandelt hat, die das Reich gefährden. Angesichts der Entwicklung in Bayern scheint es uns vielmehr durchaus im Interesse der Festigung der Republik zu liegen, daß sich zuverlässig repu- blikanische Landesregierungen miteinander über gemeinsame Angelegenheiten verständigen. Annahme -es Ermächtigungsgesetzes im Reichsrat Berlin, S. Oktober. (Gig. Tel.) Der ReichSrat stimmte irr seiner heu tigen Vollsitzung unter Leitung des Ministers des Innern, Tollmann, dem Er mächtigungsgesetz mit 46 gegen 17 Stimmen bei Stimmenthaltung Thürin gens zu; dagegen stimmten anher einigen prcutzischcn Provinzen Bayern und Mecklenbnrg-Ttrelitz. Der Gesetzentwurf ist also vom Reichsrat mit der er forderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen. Der Reichskanzler lies; durch den Innenminister Sollmann erklären, das) er sich in allen Fragen, die für die Länder von einschneidender Bedeutung seien, mit dem ReichSrat sortlaufend in Verbindung halten werde. Nach dem Ermächtigungsgesetz kann die Regierung die Maßnahmen treffen, die sie auf finanziellem, wirtschaftlichem und sozialem Gebiete sür erforderlich und dringend erachtet. Dabei kann von den Grundrechten der Reichsverfas sung a b g e w i ch en werden. Die Ermächtigung erstreckt sich nicht auf die Ar beitszeit und auf Einschränkung der Renten und Unterstützungen. Die auf Grund des Ermächtigungsgesetzes erlassenen Verordnungen sind dem Reichstag und dem Reichsrat unverzüglich zur Kenntnis zu bringen und sind auf verlangen de- ReichstagcS aufzuhebcn. Das Ermächtigungsgesetz tritt am Tage der Verkündung in Kraft und wird anher Kraft gesetzt bei einer Aenderung des Kabinetts oder der parlamentarischen Grundlage des Kabinetts, spätestens jedoch am 31. März 1924. Bayern zum Hort der Reaktion machen, von wo aus die Monarchie auch in Deutschland wiedcr- hergestellt werden soll. Die Verordnung der bayri- schen Regierung über den Ausnahmezustand ist ver fassungsrechtlich unzulässig. Die Hit- l« rsche Gefahr ist ja nicht erst von heute. Warum hat sich die bayrische Regierimg nicht schon früher an die Reichsregierunq gewandt? Der Ausnahmezustand wirkt in Bayern in Wirklichkeit gegen die Re- publik und für die Reaktion. Das ist ein skandalöser Zustand! Dr. v. Kahr löst den Selbstschutz der Arbeiter aus, holt di« Waffen aus dem Redaktionegebäude der „Münchner Post", wo sie mit Zustimmung des bayri- schen Innenministers lagen, aber er läßt der Real- tion die Waffen! Hat General v. Lossow alle Befehle de» Reichswehrministers befolgt? lieber diesen Punkt wünscht Dr. Breitscheid Aufklärung. Wenn wir beschließen, daß wir die bayerische Der- ordnung aufheben, so weiß jeder, daß diese Frage Bayern und Reich nicht juristischer Natur ist, son- dern daß sie eine Machtfrage ist. Als solche hat sie auch die Reichsregierung zu behandeln. Will Bayern sich vom Reiche los! äsen? Ich glaube nicht, daß v. Kahr diese Absicht hat. Juristisch will Bayern beim Reiche bleiben, politisch allerdings ist Bayern be- reit» vom Reiche getrennt. Bayern hängt in derZufuhr vom Reiche a b; di« Reichsregie rung muß aus dieser Tatsache die Nutzanwendung ziehen. Auch bei der jüngsten Krise im Reiche war Bayern nicht unbeteiligt. Wahrscheinlich war in den vergangenen Wochen mehr geplant, als bekannt ge worden ist. Man fordert die Diktatur. Wir haben keine Einwendung dagegen, der Regierung, die in dieser Zusammensetzung doch nur ein Aus schuß des Parlaments ist, außerordentliche Doll», machten zu geben; wesentlich bleibt für uns nur, daß das Parlament die Kontrolle des Reiches be' hält. Wenn das eine Diktatur ist, so ziehen wir sie jedenfalls in der Form vor, daß wir selbst an ihr teilnehmen. Heber dos Ermächtigungsgesetz bemerkt der Redner, daß seine Fraktion ihm zustimme. Es sei allerdings ein Paradoxon, daß man den Acht- j stundentag gerade zu einer Zeit beseitigen wolle, in j der die Arbeitslosigkeit außerordentlich steige. Genau genommen verberge sich hinter der Forderung der Beseitigung des Achtstundentages nur dos Ver langen nach Abbau der Löhne. In den Büros der Industrie und in den geschlossenen Räumen vor- nehmer Hotels ist die letzte Krise verursacht und die Verschwörung angezettelt worden, die über die Grenzen verschiedener Fraktionen hinausgreift. Die Deutschnationalcn sollten in das Kabinett aufgenom- men werden. Man wollte di« augenblickliche Schwäche der Arbeiterschaft infolge des Krieges und infolge der sozialen Kämpfe nach dem Kriege aus- nutzen, wollte die Wirtschaft und die Profitgier von allen Fesseln befreien, die politische Koalition mit Bayern, den Bruch mit Frankreich, der -um Verlust von Ruhr und Rhein geführt hätte, und schließlich, wenn es zum Zahlen der Reparationen käme, die Arbeiterschaft zahlen lassen. Die Sozialdemokratie stand vor einer schweren Entscheidung. . Sie wollte durch ihre Beteiligung an der Regie rung die Alleinherrschaft der Großindustrie und der Agrarier verhindern und dann eine Politik, die Ruhr und Rhein vom Reich getrennt und die Ge fahren eine« Krieges herbeibcschworen hätte. Di« Sozialdemokratie hat eine nüchterne Politik ohne Illusionen getrieben und hat dafür vor übergehend eine gewisse Unpopularität mit in den Kauf genommen. Aber sie Hot auch gewisse Forderungen: Die Währungsreform darf nur auf gesetzlichem Weg« durchgeführt werden, die Finanzpolitik nur auf Basis der Politik Dr. Hilferdings. Die Sozialdemokratie hat keine Illusionen in bezug aus die Festigkeit dieser Koali- tion, solange nicht di« bürgerlichen Parteien die sub versiven C'emente au» ihren Reihen stoßen. Der Reichskanzler möge sich vorsehen, daß ihm , nicht vom eigenen Lager, von seiner engsten Um- gebung seine Absichten durchkreuzt werden. Er muß eine horte Hund gaben. Abg. Dr. Bell (Zentr.): Wir haben die Einleitung der Regierungskrise sehr bedauert. Gerade meine Partei glaubt am ehesten dazu berufen zu sein, zu den zurzeit brennenden aktuellen Fragen mit kühler Sachlichkeit Stellung zu nehmen. Für be dauerliche Fehler in der Handhabung des parla- mentarifchen Systems darf man nicht dieses Sy- ste m selbst verantwortlich machen. Die Geschicht« lehrt ja auch, daß cs abwechselnd gute und schlechte Monarchien, gute und schlechte Republiken gegeben hat. Die Koalition richtet sich in dieser ernste» Stunde mit der Bitte um ehrliche Mitarbeit an alle Schichten und Kreise des deutschen Volkes ohne Unter schied der Partei. Die innere Einstellung soll von der Koalition nicht angetastet werden, aber die schar- frn Parteigegensätze dürfen jetzt nicht betont werben! Wir bedauern die Vorgänge, die zur Verhängung des Ausnahmezustandes geführt haben, aber seine Verhängung war notwendig. Aufgabe der Reichsleitung wie auch des Reichstages ist es, die verfassungsmäßigen Rechte des Reiches zu schützen. Wir begrüßen aber die Zurückhaltung, die sich der Reichskanzler Bayern gegenüber auferlegt Hot. Wir müssen auch in kultureller Hinsicht der be rechtigten Eigenart Bayerns und der übrigen süd deutschen Länder Rechnung tragen. Zu einer befrie digenden Lösung unserer innerpolitischen Fragen können wir aber nicht kommen, wenn wir nicht die außenpolitischen Fragen entsprechend zu meistern verstehen. Durch das Ermächtig ungs- gesetz darf sich das Parlament durchaus nicht etna ausschalten. Die Souveränität der Volksvertretung darf nicht in andere Hande übergehen. (Fortsetzung auf Seite 2.) Mark -- Rubel Der Berliner Devisenverkehr hat am Montag Vie deutsche Mark dem russi schen Papierrubel gleichgestellt. Amtlich notierte der Dollar -Mar 838 Mil lionen Mark, doch wurde er im Freiverkehr stets mit etwa 999 Millionen gehandelt. Am Freitag zahlte man an der Moskauer Börse 899 Millionen Rubel sür den Dollar damit ist die Wertgleichheit zwischen Mark und Rubel hergestellt. Die nächst- schlechte Valuta, die polnische Währung, folgt erst in weitem Abstande; zahlt ma« in Warschau doch nur etwa 509 909 Polenmark für einen Dollar. Die einst so belächelte österreichische Währung ist nun fast Edclvaluta, nachdem die Krone auf etwa 79 999 für den Dollar stabilisiert ist. Dollar in Derlln smtl.ALittelkurs: 838V0V0VVL. 1 Lolckmsrkr 1SS02S000 0-16 — 200022SI» v-t«k »»eilüsnlzaier Keitmaria * 8oncker1c«de1 L«l<Urur»e 6er Vordvrv« Vordür« ä.ZS N7S7 pari«» I» »66—, S. Vorkvw« Staerv. NerUn Oovcknn l»«U ! L.riUU !» MM»— > 8 o.oooomi? gzz.zz 4SS.1S 279Z.17
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