Volltext Seite (XML)
Freitag. Erscheint Dienstag« und Freitag«. Zu beziehe» durch allePostanstal» ten. Pret« pro Quart.IVNgr. . «r. «». ' l.jAngnp 1851. Inserate «erde» Wit Weißerih-Iertung. W angenommen Ein unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger und Sandmann. Redactton, Druck und Verlag von Carl Jehne in Dippoldiswalde. Deutschlands Lage. Wenn ein guter Hausvater am Schluffe des Jahres einen Ueberblick hält über daS verflossene Jahr, und Jedermann diess in Ordnung findet, so wird eö dem Hausvater Niemand verargen, wenn er m trüber Zeit nicht erst bis zum Jahresschlüsse wartet, sondern schon während des laufenden Jahres dann und wann einen Blick auf seine Zustände wirft. Eben so aber Wie dem Hausvater in Bezug aus seine Fammen- angelegenheiten, eben so geht es dem Staatsbürger in Beziehung aus die politischen Angelegenheiten sei« neö Landes. - / Auf dem Höhenpunkte des Jahres angelangt, wird es daher Jedem erwünscht sein, rechts und links, vor- und rückwärts, hauptsächlich jedoch auf den ge genwärtigen Stand der Dinge zu schauen. Wenn wir diese politische Umschau aber mitten im Jahre halten und nicht erst bis zu dessen Schluffe warten, so geben wir dadurch stillschweigend zu, daß wir in trüber Zeit leben. Trübe Zeit, wird man fra gen, trübe Zeit, wenn Ruhe herrscht nach überstan denen Revolutionen? Trübe Zeit, wenn das rothe Gespenst eines deutschen Bruderkrieges glücklich ver scheucht ist? Und dennoch, eS ist trübe Zeit! Denn seht euch um in den deutschen Gauen, seht ihr ein fröhliches, heiteres, der Zukunft froh in's Auge schauen des Volk? Nein, niedergeschlagen, bang dem Kom- menden entgegenblickend, findet ihr das Volk, und doch ist daS vielköpfige Ungeheuer der Anarchie nicht unter ihm. Findet ihr ein sich sreundlich umschlingendes Brudervolk? Nein, der Haß hat die Stelle der Liebe an vielen Orten eingenommen, und doch haben wir keinen Bruderkrieg gehabt. DaS kommt aber daher, daß dem Volke das mangelt, was nur ein Volk groß und mächtig nach Innen und Außen machen kann: die Einheit. Europa bietet uns eine Musterkarte aller Staa ten und StqatSformen dar, und unser Deutschland, das wunde Herz dieses Erdtheils, zeigt deren getreues Spiegelbild. Ein großes Hemmniß der gleichmäßigen Fortentwickelung des deutschen Volkes. Deutschland ist eingeschloffen von zwei mächtigen Nachbarstaaten: Frankreich im. Westen, Rußland im Osten, die beide, das entgegengesetzte politische Prinzip verfolgend, von der größten Einwirkung auf Deutschlands Wohl und Wehe sind. Keine andere Macht übt einen so un mittelbaren Einfluß auf Deutschland aus, als diese beiden; denn selbst das mächtige England hat, weil eS abgetrennt vom Eontinente nur für sich eristirt, wie alle übrigen Staaten Eüropa'S, nur einen mittel baren, sekundären Einfluß auf die innere Gestaltung Deutschlands. Rußland nun, der Vorkämpfer des Absolutismus, kann nicht gleichgültig zusehen, wenn das Nachbar volk den Prinzipien des Westens huldigt, denn eS müßte ja eine Ansteckung der leichterregbaren Grenz länder befürchten, und bei weiterem Umsichgreifen daS AuSeinanderfallen des großen, nur durch Absolutismus zu beherrschenden Reiches. Sein Bestreben muß also dahin gehen, mehr daS absolute Prinzip, wenn auch in milderer Form, in Deutschland zur Geltung zu bringen. Daß eS allen seinen Einfluß darauf ver wendet, läßt sich nicht läugnen, eben so wenig wie die Erfolge, die seine diplomatischen Missionen großen- rheils haben. Wir sagen diplomatische Missionen, denn die Rolle eines Popanz auf andere Art kann Rußland nur bei Denen vertreten, die den wahren Zustand der russischen Monarchie nicht kennen, der russischen Monarchie, die mit großen Zahlen spielt, aber eben auch nur spielt.*) Rußlands Augenmerk ist daS Fortbestehen der Duodez-Fürstenthümer neben den größeren deutschen Staaten. »Doch sehen wir uns nach dem andern Nachbar um. Frankreich, der politische Antipode Rußlands, in Partheien zerspaltet und diese wiederum in Frak tionen zerklüftet, bietet daS Bild einer babylonischen Verwirrung, die aber wie durch Zauberhand gelöst sein würde, sollte sich ein äußerer Feind diesem Lande gegenüberstellen. ES übt scheinbar keinen großen Ein fluß auf unser Vaterland, als daß höchstens rin Paar diplomatische Noten herüber- und hinüberaewechselt werden. Wer den Einfluß Frankreichs aber so gering anschlagen wollte, würde sich sehr täuschen. Die Adern, die Frankreich in der jüngsten Vergangenheit und Jetzt zeit zu Tage gefördert, haben im deutschen Volke zum. Theil tiefe Wurzel geschlagen, und diese Ideen zählen eine große Anzahl offener und geheimer Anhänger. Während also Rußland mehr auf die Regierungen und den Adel zu wirken sucht, wirkt Frankreich mehr auf das eigentliche Volk, auf die Mittelklasse, ja selbst die unteren Schichten. Alles ist dem Volke gleich gültiger, als die Vorgänge in Frankreich. Es piScu- -) Dteß kann Jeder deutlich ersehe», z. B. bei »er Anf- stellung der russischen Armee in Ungar», wo man, ,u> eia« ansehnliche Truvveumacht zu bekommen, ganze Provinzen «ns gut Glück blo«ft«llen mußte, eben so w>e an dem steten Triip- penmangrl, den die ungeheuer» Verluste erzeugen, dle die Tscher- keffea und ihre Verbündeten der russischen Armee tm ^aukasn« beibringen, über die freilich Petersburger Nachrichten schwei gen, nicht zu gedenken der bedeutenden Trnppenmacht, die Ruß land bedarf, «m die fich immer ernenernden Äufstand-vcrsgchr »ledrrznhalte» und die gegen die Arglernng gerichteten A»m> flotte nifderzudrückea -