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BautMlM Nachrichten. Verordnungsblatt der Kreishauptmannschaft Banken als Konsistorialbehörde der Oberlaufitz. Amtsölat 1 der Amtshauptmannschaften Bautzen und Löbau, des Landgerichts Bautzen und der Amtsgerichte Bautzen, Schirgiswalde, Herrnhut und Bernstadt, des Hauptzollamts Bautzen, ingleichen der Stadträte zu Bautzen und Bernstadt, sowie der Stadtgcmeinderäte zu Schirgiswalde und Weißenberg. Orga» der Handels- und Gewerbekammer z« Zittau. Grscheinungsweiser Täglich abends mit Ausnahme der Soun- und Bezugspreis: Monatlich I Mark. Anzeigenpreis: Die Ogefpaltene Petitzeile oder deren Raum 15 Pfennige, Feiertage. in geeigneten Fällen Ermäßigung. Schwieriger Satz entsprechend Gchriftleitung und Geschäftsstelle: Bautzen, Innere Lauenstraß« 1. lkiuzelprets: 10 Pfennige. teurer. Fernsprecher: Nr. 51. — Drahtnachricht: Amtsblatt, Bautzen. Reklamen: Die 3gespaltene Petitzeile 50 Pfennige. Nr. 165. Mittwoch, den 20. Juli 1910, abends. 126. Jahrgang. WSMDMSSSWSSSSSSSSMW Das Wichtigste vom Tage. * Der Kaiser ist gestern, Dienstag, vormittag, auf seiner Nordlandreise in Drontheim eingetroffen. * Eine allgemeine W o h n u n g s a u f n a h m e soll in Verbindung mit der Volkszählung am l. Dezember 1910 vorgenommen werden. * Als neuer Kommandeur des 12. (1. König!. Sachs.) Armeekorps wird General der Infanterie d'E l s a genannt. "JnderKarboniumfabrikinFriedrichs- Hafen entstand gestern, Dienstag, vorm., eine schwere Explosion. Die Fabrik ist vollständig zerstört. Ein Arbeiter wurde getötet, mehrere schwer verletzt. * Der Vormund der Frau v. Schönebeck- W eber hat dem E h e m a n n e W e b e r die Verwaltung und Ver fügung über das Vermögen seiner Frau entzogen. * Ein A u s st a n d v o n ü b e r 25 000 Bahnange- st e l l t e n infolge schlechter Behandlung ist in Nort- Kumberland ausgebrochen. * Im ganzen Innern des Mulujagebietes wird gegen die Franzosen der heilige Krieg erklärt werden. * Konstantinopeler Telegramme melden auf sehenerregende Einzelheiten über das entdeckte alt- türkische Eeheimkomitee. * Im kanadischen Trunk-Eisenbahnnetz sind 5000 Eisenbahner in den A u s st a n d getreten. "Wetter aussichtfUrDonn erst« g: Wolkig, ckllhl, zeitweise Niederschlag. ' Ausführlicher siehe an anderer Stelle. Bo» den Matrikularbeiträgeu. Als Matrikularbeiträge werden die Zuschüsse bezeich net, die die einzelnen Bundesstaaten zur Deckung der or dentlichen Reichsausgaben verfassungsmäßig dem Reiche zu leisten haben. Man sah bei Gründung des Deutschen Reiches, wie bei der des Norddeutschen Bundes voraus, daß die bestehenden Einnahmen zur Deckung der ordent lichen Ausgaben nicht ausreichen würden. Im Artikel 70 der Reichsverfassung wurde daher bestimmt, daß. insoweit die Einnahmen aus den gegebenen bezeichneten Einnahme quellen die gemeinschaftlichen Ausgaben nicht deckten, sie durch Beiträge der einzelnen Bundesstaaten nach Maßgabe ihrer Bevölkerung aufgebracht werden sollten, so lange Reichs st euern nicht ein geführt sind. Reichs steuern bestanden aber bereits, es konnten daher nach fast übereinstimmender Auffassung der Staatsrechtslehrer nur die Einführung neuer Reichssteuern gemeint sein, die die Aufhebung der Leistung der Matrikularbeiträge bedingen solle. Nun sind zwar seit Gründung des Reiches schon eine recht erhebliche Zahl neuer Reichssteuern eingeführt wor den, aber Matrikularbeiträge werden nach wie vor er hoben. Es hat dies seine besonderen Gründe. Der Haus haltungsplan des Reiches wird verfassungsgemäß für jedes Jahr aufgestellt. Der Reichstag hat das Recht, die Ausgaben und Einnahmen des Reiches alljährlich festzusetzen, zu bewilligen oder abzulehnen. Zuerst wird der Ausgabeetat beraten und genehmigt, dann erst der Einnahmeetat. Die durch Gesetz bereits feststehenden Ein nahmen können nicht alljährlich verändert werden, ohne eine Reichsfinanzkonfusion herbeizuführen. Neue notwendige Einnahmen können nur dann vom Reichstag abgelehnt werden, wenn ihm die Umlagen bei den Einzelstaaten zur Deckung des Defizits zur Verfügung stehen. Ohne diesen beweglichen Einnahmefaktor glaubt der Reichstag sein ihm zustehendes konstitutionelles Recht der E,nnahmebewilli- nicht ausüben zu können. Der Reichstag deckt daher oie von ihm bewilligten Ausgaben prinzipiell nicht voll aus den ihm zu Gebote stehenden Steuerquellen, er läßt ein Defizit offen zur Deckung durch Matrikularbeiträge. Der wesentliche Grund liegt aber wohl auf einem anderen Machtgebiet. Durch die Erhebung der Matrikularbeiträge vermag er die Finanzen, den Lebensnerv der Einzelstaaten zu beeinflussen, sie erweitert sein Machtgebiet über das Reich hinaus. Ob dies nützlich ist, darüber kann man ge teilter Meinung sein. In welcher Weise die einzelnen Bundesstaaten die Matrikularbeiträge aufbringen wollen, ist ihnen über- ilasien. Es wurde aber wiederholt im Reichstage angeregt, auch die Art der Aufbringung der Umlagen in den Einzel staaten reichsgesetzlich zu regeln. Die Vorbedingung hierzu würde die vielfach angestrebte „Veredelung" der Matriku-i larbeiträge sein, d. h. deren Verteilung auf die Einzel staaten nicht nach der Kopfzahl ihrer Bevölkerung, sondern Nach ihrem Vermögensstand, nach ihrer Steuerkrast. Das Resultat würde keine wesentliche Aenderung herbeiführen, da die Steuerkraft der Einzelstaaten vermutlich mit der Dichtheit ihrer Bevölkerung korrespondiert. Die Matriku larumlagen können störend auf die Finanzen der Einzel staaten einwirken durch ihre Höhe, wenn sie die Leistungs fähigkeit der einzelnen Bundesstaaten für das Reich über steigen, sowie durch ihre Ungleichheit, zumal das Reich eine einjährige Etatsaufstellung, die Bundesstaaten meist eine mehrjährige Etatsperiode haben. Hierüber war sich M i q u e l, der seinerzeit bedeutendste Finanzmann des Deutschen Reiches, von vornherein völlig klar. Er äußerte sich schon im Jahre 1807 bei Beratung des Verfassungs entwurfes des Norddeutschen Bundes in folgender Weise dazu' „ . . Eine Umlage dagegen wird neben ihrer Un gleichheit die Budgets sämtlicher Einzelslaaten in eine ganz heillose Anarchie und Verwirrung stürzen." Wie recht er hatte, bewies die zeitweilige Reichsver drossenheit und in jüngster Zeit die Notwendigkeit, die ge stundeten ungedeckten Matrikularbeiträge dreier aufeinan derfolgender Jahre unerhoben zu lassen und den Betrag durch eine Reichsanleihe zu decken. Auch Bismarck war es ein widerstrebendes Gefühl, daß das Reich nicht auf eigenen Füßen stehen solle. Im Reichs tag 1877 äußerte er: „Ich kann aus bestem Gewissen er klären, daß ich keinen Uebcrschuß erstrebe, sondern nur die Deckung dessen, was uns fehlt, die Verringerung der Mn- trikularbeitrüge, wenn es sein kann, gänzliche Abschaffung derselben" — und ebenso erklärte er bei Begründung der Steuerreform im Reichstage 1879: Gewiß ist, daß für das Reich unerwünscht ist, ein lästiger Kostgänger bei den Einzelstaaten zu sein, ein mahnender Gläubiger, während es der freigebige Vorsorger der Einzelstaaten sein könnte bei richtiger Benutzung der Quellen, zu welchen die Schlüssel durch die Verfassung in die Hände des Reiches gelegt, bisher aber nicht benutzt wor den sind." Diesem Gedankengang entsprach die Francken- st e i n s ch e Klausel, deren Annahme 1879 erfolgte. — Es waren neue Einnahmen geschaffen worden, die mög licherweise die Matrikularbeiträge erübrigen konnten. Das war natürlich in Rücksicht auf die Machtbefugnisse des Reichstages zu vermeiden und so wurden die Mehrerträg nisse zwar vom Reiche vereinnahmt, dann aber den Einzel staaten zur Deckung der Matrikularbeiträge überwiesen. In diesem Sinn erfolgt noch wiederholt die Uederweisung neuer Reichseinnahmen an die Einzelstaaten. In einer Reihe von Jahren überwogen sogar die Ueberweisungen die geforderten Matrikularbeiträge. Es folgten die ma geren Jahre. Die durch die Ueberweisungen ungedeckt ge bliebenen Umlagen wuchsen mächtig, sodaß man die Ueber- weisungen nach und nach fallen ließ, bis auf die der Erträg nisse der Branntweinsteuer. Sie beruht auf einem Vertrag mit Bayern und ist den Machtbefugnissen des Reichstags entrückt. Da die Beseitigung der Matrikularbeiträge in abseh barer Zeit ausgeschlossen erscheint, suchte man wiederholt ihre unliebsame Wirkung zu mildern, sowohl durch die feste Begrenzung ihrer Höhe, als auch durch Stundung. Im Reichstag 1900 wurde die Erhebung der Umlagen dahin geregelt, daß der Betrag, der die „ungedeckten" — durch Ueberweisung nicht gedeckten — Matrikularbeiträge um 40 pro Kopf überschreitet, erst im Juli des drittsolgen- den Jahres zu erheben ist. Die Begrenzung in der Höhe bewilligte der Reichstag des Jahres 1909 zum ersten Male, aber nur auf e i n Jahr. Die durch die Branntweinsteuer nicht gedeckten Umlagen wurden mit 80 H pro Kopf fest gelegt, sodaß 48 512 000 Zt mehr von den Einzelstaaten aufzubringen wären. Daß derartige Festsetzungen mög lichst für eine Legislaturperiode erfolgen, liegt im Interesse besonders der wenig bemittelten Steuerzahler. Im Pri vathaushalt haben sich die Ausgaben nach den Einnahmen zu richten und der Steuerzahler hat das Recht, zu ver langen, daß der Reichstag ihn mit schwankenden und un begrenzten Steuerausgaben verschont. Er kann dies umso mehr verlangen, als nach der Reichsverfassung die Matriku- larbciträge nach Erhebung von Neichssteuern in Wegfall zu kommen hatten. Politische Nachrichten. Deutsches Reich. Im Dresdner Ratskollegium stehen mit Ende d. I. wiederum mehrfache Veränderungen bevor, da die Wahlzeit mehrerer Ratsmitglieder abläuft, weshalb die selben aus dem Kollegium ausscheiden dürften. Mehrere der ausscheidenden Herren haben die Absicht, eine eventuell auf sie fallende Wahl nicht wieder anzunehmen, weshalb sich das Stadtverordnetenkollegium mit mehreren Neu wahl e n zu beschäftigen haben wird. Das Dresdner städtische Fürsorgcamt, welches infolge des Fürsorgegesetzes neu geschaffen werden mußte, verur sacht der Stadtgemeinde nicht unerhebliche Unkosten, und zwar ist der Zuschuß für das Jahr 1910 mit 270850 eingestellt worden. Im vorigen Jahre betrug dieser Zu schuß nur 40 904 Ul. Unter den Einnahmen befinden sich 22 WO .// als Anteil des Fürsorgeamtes an den Einnabmen des Armenamtes, 87 WO Mark Erstattungen vom Fiirsorgeverband in Fürsorgeerziehungs- sachen für 400 Zöglinge nach jährlich je 250 .//, einschließlich der zur Stadt-, Land- und Anstaltspflege gehörigen, und 12 000 erstattete Unterstützungen von Orts- und Landarmenverbänden, von Krankenkassen. Berufsgenossenschasten und Unterstützten selbst. Von den hauptsächlichsten Ausgaben werden genannt 40 951 .// Zahlung von Pflegegeldern an auswärtige Gemeinden, 4000 .// Verpflegungs- und sonstiger Aufwand, 84 531 .// Ver- pflegungs- und sonstiger Aufwand an Erziehungs-, Heil- und Pslegnnstalten für Kinder und Jugendliche, 2901 ./i Aufwand für Lehrlinge an Lehr- und Kostgeld und Arbeiterversicherungs beiträge, 105 578 ./k Umlagebeitrag zum Fürsorgeverband der Kreishauptmannschaft Dresden, 15 000 .// Berechnungsgeld für die zur Förderung der Kinderfiirsorgeanstalten zu ergreifenden Maßnahmen, 20 598 .// Zuschüsse an 9 Kinderbemahranstalten, 49 538 .// Besoldungen, Belohnungen und Entschädigungen, 17 lOO .// Vergütungen an Kanzleihilfspersonal und Schreib löhne usw. Die Gesamtausgabe ist mit 399 450 und die Gesamt einnahme mit 122 000 !t eingestellt, so daß sich, wie bereits oben bemerkt, der Zuschuß aus der Stadtkasse auf 270 850 .4t. stellt. Zur Reichstaqswahl Zschopau-Marienberg. Durch die Presse ging dieser Tage die Notiz, daß der Amts gerichtsrat Hantke in Lengefeld erklärt habe, bei R e i ch s t a g s st i ch w a h l würden die Liberalen des g e n a n n t e n A m t s g e r i ch t s b e z i r k e s schon im ersten Wahlgange für den Reformer Fritzsche st i m m e n. Diese Notiz ist, wie uns von maßgebender nationalliberaler Seite aus dem Wahlkreise versichert wird, nicht zutreffend. Hantke hat nur von „einigen hervorragenden N n t i o n a l l i b e r a l e n" ge sprochen. Wer diese sind, darüber hat er sich ausgeschwiegcn. Er soll übrigens öffentlich aufgefordert werden, Namen zu nennen. Wenn wirklich ein paar Liberale sich derart er klärt haben sollten, so ist das ihre Privatsache. Hervor ragende sind es auf keinen Fall gewesen. Sozialdemokraten als Arbeitgeber. Bekanntlich ist der e r st e Vorsitzende der Freiber g e r Ortskranken kasse, der sozialdemokratische Kolporteur B i e l i g k, dem Anträge der Arbeitgeber im Vorstände entsprechend „wegen Unfähigkeit" vom Amte suspendiert und die Sus pendierung von der Oberbehörde bestätigt worden. Das veranlaßte die sozialdemokratischen Mitglieder des Kassen vorstandes, eine öffentliche Versammlung einzuberufen, um dem Herrn Vieligk ein Vertrauensvortum nuszustellen. Der „Genosse" Bieligk erstattete höchstselbst Bericht über wine Tätigkeit und über den Fall des Kassierers 8 r ä ß e r. Letzterer hat sich, wie bekannt, erhängt und in einem hinterlassenen Briefe Bieligk für seinen Tod ver antwortlich gemacht. Dieser Bieligk wollte es dahin bringen, daß Gräßer, der ihm und den Genossen im Vor hände wegen seiner nationalen Gesinnung schon lange ver-i haßt war, nach 19jähriger Tätigkeit entlassen werden sollte. Und weshalb? Aus dem langen Bericht Bieligks ;ing hervor, daß dem verstorbenen Kassierer lediglich einige Vernachlässigungen in der Geschäftsführung, die eine Folge keiner Ueberbürdu)ig mit Arbeit waren, zum Vorwurf ge macht werden konnten, daß er aber sonst keinerlei Verun treuungen oder Handlungen begangen hat, aus denen er Vorteil und die Kasse Nachteil gehabt hätte. Und trotz dem ergingen sich verschiedene Diskussionsredner in Schmäh ungen gegen den Toten, und einer von ihnen brachte es fertig, zu sagen: „Mit solch einem Kerl hätte schon längst aufgeräumt werden müssen." Mit vollem Rechte fügt der „Freiberger Anzeiger" dem hinzu: „Niemals rechtfertigen diese Fälle die sofortige schimpf liche Entlassung eines alten Beamten, als ob es sich um einen Dieb oder Fälscher handelte. Herr Gräßer ist in den 19 Jahren, die er als Beamter der Kasse zubrachte, überhaupt nicht auf Ur laub gewesen, er hat die freien Scheuertage auf dem Bureau zur Erledigung dringender Arbeiten benutzt und er hat wiederholt mit seinem Chemnitzer Sohne halbe Sonntage zusammenge arbeitet, um Zurückgebliebenes nachholen zu können. Einen so angestrengten Beamten darf man nicht einfach, wenn er sich nichts anderes hat zuschulden kommen lassen, nach fast 20jähriger Dienstzeit aus die Straße werfen." In der Tat ein neues erbauliches Beispiel zu dem satt sam bekannten Kapitel: „Sozialdemokraten als Arbeit geber!" Herr Bieligk, der wegen Unfähigkeit vom Amte