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HchöntmrM TmMül Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster- scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. und Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich L Mk. 50 Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Freitag, den 28. April 97. 1882. Bekanntmachung, Fortbildungsschule betr. Diejenigen Schüler, welche im vorigen Schuljahr die III. Clafse bildeten, haben morgen Freitag, den 28. April, abends 6 Uhr, in der Schule zu er scheinen; diejenigen der vorjährigen II. Clafse nächsten Donnerstag, den 4. Mai, abends 6 Uhr. Da die Anmeldungen aller hierorts in Lehre stehenden, diese Ostern 1882 hier oder auswärts aus einer Volksschule entlassenen Knaben noch nicht erfolgt zu sein scheint, so wird nochmals hierdurch dazu aufgefordert mit dem Bemer ken, daß gegen die Säumigen Strafantrag gestellt werden muß. Der Unter richt der neu gebildeten III. Clafse findet Dienstag von abends 6 Uhr an statt. Auch die aus der Seminarschule abgegangenen Knaben von Eichlaide und Altstadt-Waldenburg haben die städtische Fortbildungsschule zu besuchen. Die in die hiesige Fachschule eingetretenen Lehrlinge haben sich bei unter zeichneter Stelle abzumelden. Waldenburg, den 27. April 1882. Die Direktion der Fortbildungsschule. Hanschmann. "Waldenburg, 27. April 1882. Parlamentarisch und ConstitutioneU- unter diesem Titel bringt die von den Privatdocenten vr. Hans Delbrück und Or. Stephan Hans Edler Herr zu Puttlitz herausgegebene „Politische Wochen schrift" (Verlag von Walther L Apolant in Berlin) einen Artikel des alten Politikers Or. Julian Schmidt, der so beachtenswerth, daß wir demselben folgende Stellen entnehmen. Nach einer Einleitung über den wahren Begriff eines constitutionellen Regiments führt Julian Schmidt aus: Von allen europäischen Staaten schien das Königreich Preußen am wenigsten für eine parlamentarische Verfassung geeignet. Es war durch seine ganze Lage auf eine übergroße Ent wickelung militärischer Machtmittel hingewiesen, die unmöglich den wechselnden Ansichten einer Landes vertretung unterstellt werden konnten; es hatte einen geschulten, in sich geschlossenen, in seiner Lage ge sicherten Beamlenstand. Die Bedenken einer parlamentarischen Verfassung haben sich keineswegs vermindert, seitdem sich Preußen zum deutschen Reich erweitert hat, denn nun ist zu den beiden bestehenden im Ganzen wenig entwickelten Parteien, eine dritte sehr mächtige hinzugetreten, die Partei der Partikularisten, die ihren Mittelpunkt im kleri kalen Centrum findet. Wenn nun eine parlamen tarische Negierung gedacht werden sollte, so könnte sie nur aus einer Combination zweier Parteien hervorgehen. Trotz dieser schwer wiegenden Beden ken stehen wir vielleicht dem allmächtigen Uebergang in eine parlamentarische Verfassung näher als wir glauben. In ruhigen Zeiten, in kleinen Verhält nissen läßt es sich wohl denken, daß eine Regierung nach der Mehrheit der Landesvertretung nicht fragt; wenn sie nichts durchsetzen kann so bleibt es eben beim Alten. In solchen Verhältnissen leben wir nicht. Das Reich ist auf die angespannteste Thätig- keit angewiesen; wenn es nicht vorwärts geht, dann geht es rückwärts. Vorwärts kann es aber nur gehen, wenn sich die Regierung auf eine constante Mehrheit der Landesvertretung stützt. Das war bis zum Jahre 1878 der Fall. Der leitende Staats mann, der so Ungeheures für Deutschland gethan, besaß nach der einen Seite hin, in der ganzen Reichspolitik, das unbedingte Vertrauen der Mehr heit; in anderen Fragen kam nach oft sehr erregten Debatten immer eine Verständigung zu Stande. Das Verhältniß hat sich seit 1878 geändert, un mittelbar nachdem der Versuch, durch Aufnahme eines national-liberalen Führers in die Regierung das Land mit der Mehrheit fester zu knüpfen, ge scheitert war. Es ist nicht meine Absicht, auf die Gründe dieses Zerwürfnisses einzugehen; ich möchte nur so scharf als möglich hervorheben, daß es eine schwere Cala- mität ist für Preußen und für das Reich. Man glaubt freilich und darf es nach constitutionellem Recht glauben, einer consistenten Mehrheit ent- bchren und für jeden einzelnen Fall eine Mehrheit uä Koo suchen zu können; man glaubt diesem Ziele durch ein Zerschlagen der Parteien näher zu kommen, das Volk sei besser und klüger als seine Vertreter. Einmal glaube ich nicht, daß das Publikum im Großen und Ganzen mehr von der Politik versteht, ; als diejenigen, die aus der Politik ihre Lebensauf- f gäbe machen, vor deren Weisheit ich freilich keine ! unbedingte Verehrung habe. Sodann kann man ; wohl verschiedene Parteien zerschlagen, aber eine ' ganz gewiß nicht, das Centrum. Denn dieses wird ' nicht blos durch die Gesinnung zusammen gehalten, : sondern durch eine Organisation, die sich fester er- ! wiesen hat als alle politische. Gegen dies Centrum bildete die national-liberale Partei ein heilsames Gegengewicht, das durch gar nichts ersetzt werden kann; und daß man sie an die Wand gedrückt hat, ist, ich wiederhole es, eine schwere Calamität. Nun regen sich freilich in einem Theile der ehemaligen national-liberalen Partei parlamentarische Wünsche. Man will mit Ausschluß derjenigen Conservativen, mit denen man bisher die Mehrheit bildete, eine „große liberale Partei" zusammen bringen, ihr die Mehrheit verschaffen und dann an der Spitze dieser Mehrheit zur Uebernahme der Geschäfte bereit sein. Die Möglichkeit einer liberalen Mehrheit ist nicht ausgeschlossen, die Strömung scheint der Opposition günstig. Aber eben darum würde in dieser „großen liberalen Partei" die scharf oppositionelle Richtung maßgebend sein, ge nau wie im Jahre 1861. An die konstitutionelle Ver fassung gewöhnt, wonach die Landesvertretung der Regierung gegenüber gestellt, hauptsächlich die Auf gabe der Controle hat, würde die Masse der Partei ihren eigenen Führern, sobald sie die Geschäfte übernehmen, mit Mißtrauen entgegentreten, und so eine parlamentarische Regierung unmöglich machen, gerade wie in der Zeit der „neuen Aera." Gott erhalte uns den Kanzler recht lange! wir brauchen ihn sehr. Aber wir dürfen uns der Betrachtung nicht entschagen, daß einmal ein Zeitpunkt eintritt, wo er nicht mehr da ist. Was soll dann geschehen? Ein gewaltiger Geist von seiner Art kommt nicht zum zweiten Mal; das Beamtenthum, aus dessen Reihen etwa eine rem geschäftliche Regierung hervorgehen könnte, ist nicht mehr das alte: Darüber täusche man sich gar nicht! Der Versuch liegt dann nahe, ja ich glaube, er ist unvermeidlich, daß man sich an Männer von parlamentarischem Ansehen wendet. Der Versuch könnte auch unter den günstigsten Umständen nur dann gelingen, wenn eine organisirte Partei mit fester Disciplin vorhanden ist; er würde unbedingt scheitern, wenn in dem Parlament abgesehen vom Centrum nur Gesinnungsgenossen von Eugen Richter und Kleist-Retzow sitzen. Dieser Eventualität vorzu- beugen, wenigstens nichts zu thun, was sie fördern könnte, scheint mir die Pflicht jedes Politikers zu sein, der über den Augenblick hinaus denkt. Eine regierungsfähige Partei macht sich nicht so ohne weiteres, wenn man siebraucht: sie muß durch aus dauernde Erziehung des Volkes allmählig ent wickelt werden." Obgleich wir die in dem Artikel enthaltenen An sichten nicht alle unterschreiben, so halten wir sie dennoch für alle Parteien — und namentlich auch für die conservativen — für so beherzigenswerth, daß wir sie mitzutheilen für nothwendig hielten. "Waldenburg, 27. April 1882. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser kehrt am Montag oder Dienstag nach Bersin zurück. Personen, die den Reichskanzler in den letzten Tagen in Friedrichsruh sprachen, versichern, daß er sich ungemein wohl und in bester Stimmung befinde. Er soll in Betreff des schließlichen Erfolges seiner großen Pläne sehr zuversichtlich sein, wenn er auch nicht zweifle, daß der Reichstag sich diesmal wieder gegen das Tabaksmonopol erklären werde. Letzterer wird deshalb ganz sicher nicht aufgelöst werden. Lehnt er die Vorlage ab, so wird er im Sommer geschlossen und im Herbste wieder einberufen werden, um über dieselbe, die inzwischen nochmals umge staltet werden wird, von Neuem zu berathen. So vernimmt man es an einer gewöhnlich zuverlässigen Quelle, aus dem Berliner Briefe der Wiener Mon- tags-Revue. Daß Fürst Bismarck wegen des Ta baksmonopols den Reichstag nicht auflösen wolle, wird von verschiedenen Seiten bestätigt. Soweit bekannt, hat im Bundesrath außer Sach sen mit vier Stimmen, Baden mit drei Stimmen und Bremen und Hamburg mit je einer Stimme, auch Baiern und Hessen gegen den Monopolent wurf gestimmt. Neun der kleineren Staaten ent schieden sich für das Monopol und bewirkten sonach die Majorität. Der Gesetzentwurf gelangt nunmehr an den Reichstag. Es werden dabei der Vorlage ausführliche Motive beigegeben werden, welche sich im Allgemeinen an die Form der „Erläuterungen" anschließen, wie solche unter Berücksichtigung von im Volkswirthschaftsrathe zu Tage getretenen An sichten und Urtheilen dem Bundesrathe unterbreitet waren. Dieselben werden jetzt im Reichsschatzamt einer abermaligen sehr eingehenden Neuredaction unterzogen. Wenn nunmehr eine eingehende Durch- berathung des Entwurfes seitens des Reichstages zu erwarten steht, so ist an eine Annahme des Mono pols durch das Parlament nicht zu denken, da sich beinahe alle Parteien dagegen ausgesprochen haben, die Ablehnung ist nach wie vorher sicher in Aussicht. Die Aeltesten der Kaufmannschaft resp. Handels kammern von Berlin, Magdeburg, Hannover, Braun- fchweig und Minden, die Magistrate von Hannover und Magdeburg und der Landrath a. D. v. Nathu- sius „als Vertreter der Landwirthschaft" haben eine Denkschrift veröffentlicht, mittelst welcher sie einen Antrag an die Staatsregierung motiviren, den Rhein-Weser-Elbe-Kanal in der Richtung auf die mittlere, nicht auf die untere Weser und Elbe zu erbauen, weil dadurch viel umfassendere Trans port-Interessen befriedigt würden. Die Verhandlungen der badischen Regierung mit dem päpstlichen Stuhle über die Besetzung des Erzbisthums Freiburg sollen zum Abschluß ge bracht sein. Die „Frankfurter Zeitung" hob neulich her vor, daß einem Blatte kein schlimmerer Vorwurf gemacht werden könne, als der der Käuflichkeit. Nun bringt das „Südd. Bank- und Handelsblatt" ' zwei Briefe zur Veröffentlichung, die allerdings für