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MMMTagM« Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und Da» .Wilsdruffer Tageblatt* erscheint an allen Werktagen nachmittags 4 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— BW. Leer Haus, bei Postbestellung 1,80 RW. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern lO Rpfg. Alle Postanstalten und Post boten, unsere Austräger u. ... Geschäftsstelle, nehmen zu jederzeit Bestellungen ent- WDMkNvlall sUt WllDdrU" U. UM^egeNd gegen. Im Falle höherer 4Kewalt,Krieg od.sonstiger ' . Betriebsstörungen besteht Uern Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. 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Zu dem Besuch englischer Frontkämpfer in Deutschland. Schon öfter haben in letzter Zeit die Frontkämpfer- Vereinigungen europäischer Staaten die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf sich gelenkt, wenn sie politische Meinungen vertraten, die über den Rahmen der amtlichen Diplomatie hinausgingen. Wiederholt ist in der öffent lichen Meinung des In- und Auslandes der Standpunkt vertreten worden, daß eine wahre Friedenspolitik in den Händen von Männern, die das Kriegshandwerk kennen und den Gegner im Kampf achten gelernt haben, besser aufgehoben ist als in Kanzleien und Ministerien, die den Frontkrieg oft nur vom Hörensagen kennen. Das deutsche Volk weist ebenso wie die französische und englische Nation jede kriegerische Auseinandersetzung weit von sich, denn sie alle kennen den Krieg zu gut. Staatsmänner, die die Stahlgewitter des Weltkrieges über sich haben ergehen lassen müssen, werden die heilige Verpflichtung in sich verspüren, ihre ganze Kraft für die Erhaltung des Friedens und eines geordneten Völker verkehrs einzusetzen. Insofern begrüßt das deutsche Volk die Absicht der .British Legion", eine Abordnung mit dem Ziel, «igere Beziehungen zu den Frontkämpfern des ehe maligen Gegners herzustellen, nach Deutschland zu ent senden. Der englische Thronfolger, der Prinz von -Wales, hat diesen Entschluß gutgeheißen und seiner Meinung dahin Ausdruck gegeben, „daß es keine Körper schaft oder Organisation gibt, die geeigneter wäre, den Deutschen die Hand der Freundschaft entgegenzustrecken, als die ehemaligen Frontkämpfer". In der englischen Presse hat diese Äußerung erfreulicherweise Beifall aus gelöst. Nur in den französischen Blättern finden wir leider wieder einen gewissen Argwohn. Warum dieses ewige Mißtrauen und diese dauernde Keanzösische Besorgtheit, daß zwei europäische große Na tionen sich einmal näher kommen könnten? Ist damit irgendein Angriff oder eine Mißachtung Frankreichs er folgt? Hat nicht vielmehr der Führer Adolf Hitler den Pariser Staatsmännern immer wieder die Hand ent gegengestreckt und sie zu einer gemeinsamen Arbeit auf gefordert? Hat er nicht die Versicherung abgegeben, daß es zwischen Deutschland und Frankreich keine territorialen Fragen mehr gibt? Hat er nicht die Liquidierung der Saarfrage als einen Augenblick bezeichnet, der in der deutsch-französischen Geschichte zu einem Wendepunkt wer den könnte? Sind nicht französische Frontkämpfer nach Deutschland gekommen und haben den Führer gesprochen und Meinungen ausgetauscht? Sind nicht auch deutsche Frontkämpfer zu ihren ehemals feindlichen Gegnern nach Paris gefahren und haben dort in kameradschaftlichster Weise über das Schicksal ihrer Völker ihre Gedanken aus getauscht? Was sollen wir noch tun, um die öffentliche Meinung Frankreichs davon zu überzeugen, daß wir ein friedliebendes Volk sind, das geschlossen hinter seinem Führer steht, der es in eine bessere Zukunft europäischer Geschichte hineinführen will. Wenn schließlich so maßgebende Persönlichkeiten der deutschen Staatsführung wie Rudolf Heß, General Göring und Botschafter von Ribbentrop den Frontkämpfergeist würdigen und durch ihn eine erfolg reiche Völkerverständigung erwarten, dann sollte man in aller Welt über die Frontkümpferfrage nicht zur Tages ordnung übergehen und feststellen, daß die Frontkämpfer ja keine Diplomaten seien und keine politischen Faktoren darstellten, die in der Kabinettspolitik von irgendwie maßgebender Bedeutung seien. Die diplomatische Schule ist zweifellos unersetzbar und unumgänglich. Wichtiger aber ist der politische Glaube, für den sich der Staatsmann großen Formats opferbereit und selbstlos einsetzt. Der Führer des neuen Deutschlands, dem die Welt heute seine großen staats männischen Fähigkeiten nicht mehr abspricht, hat nicht die diplomatische Schule durchlaufen, sondern hat der Welt eine Idee geschenkt, mit deren Erfüllung und Verwirk lichung er ein neues Zeitalter friedlicher Zusammenarbeit freier Völker heraufsühren will. 65 Millionen Deutsche marschieren heute bereits mit ihm im Gleichschritt, mit ihnen auch die amtliche deutsche Diplomatie. Die Frontkämpfer hüben und drüben haben das neue Geschehen in Deutschland verstanden und sich dazu bereit gefunden, ihren ehemaligen Gegnern die Hand zu reichen und die Völker zusammenzuführen. Möge ihnen die Er füllung ihres und ihrer Völker sehnlichsten Wunsches be- schieden sein. Möge aber vor allem der Front kämpfergeist auch die Staatsmänner all mählich beseelen. Zwei Drittel aller Waldbränse werden durch Zündhölzer und Zigaretten verursacht! Seid vorsichtig ---schützet den Wald! WWMWoO Ki MteMg. Bisher zwanzig Tote geborgen. Am Donnerstag, gegen 3 Uhr nachmittags, ereignete sich in Reinsdorf bei Wittenberg bei der Firma West fälisch-Anhaltinische Sprengstoffabrik sWasag) ein Explo sionsunglück, bei dem ein Teil des Betriebes stark beschä digt wurde. Die Ursache ist bisher nicht festzusiellen. Nach der ersten Explosion entstand ein Brand, in dessen Verlauf sich weitere Explosionen ereigneten. Die letzte Explosion erfolgte um 6 UHr. Die Brandstelle war erst gegen 2g Uhr zugänglich. Bisher wurden zwanzig Tote geborgen. Es muß leider aller Wahrscheinlichkeit nach mit einer Anzahl von etwa fünfzig Toten gerechnet werden. Die Zahl der Schwerverletzten wird bisher mit 73, die Zahl der Leichtverletzten mit 300 angegeben. 22 Tote geborgen. Wittenberg, 14. Suni. Nach den letzten Feststellun gen wurden bisher 22 Tote geborgen. Weitere dreißig Arbeiter werden noch vermißt. Es besteht leider wenig Hoffnung, daß diese Vermißten noch lebend geborgen werden können. Außer dem wurden bisher 75 Schwerverletzte und MO Leichtverletzte gezählt. Bei den Leichtverletzten handelt es sich aber vielfach um ganz leichte Verwundungen, so daß viele schon morgen oder übermorgen wieder ihrer Beschäftigung nachgehen können. A« der Stätte des Unqlöcks. Reinsdorf bei Mittenberg, 14. 6. Zu dem' llnglück in der WeWlisch-Anhaltinischen Sprengstoffabrik bei Wittenberg meldet uns unser Sonderberichterstatter' folgende Einzelheiten: Gleich die erste Detonation kurz vor 3 Uhr, der ein mäch tiger Dvnnerschlag folgte, hatte in dem 8 Kilometer entfernten Wittenberg eine außerordentliche Wirkung. In der näheren Umgebung des Werkes und sogar in den nach Reinsdorf zu liegenden Straßen gingen die Schaufensterscheiben einiger gro ßer Geschäfte in Trümmer, aus den höheren Stockwerken -fie len verschiedentlich Scherben auf die Straßen und verletzten einige Pasianten. Auffallend hierbei war, daß neuere und starke Häuser säst unbeschädigt blieben und Zerstörungen nur an älteren, nicht gerade stabilen Bauwerken, die in dem Vor ort nach Reinsdorf zu liegen, zu verzeichnen sind. Die erste Explosion hatte mehrere Brände zur Folge, die in verschiedenen Zeitabschnitten weitere Detonationen hervvr- riescn. Schon nach 20 Minuten kamen die ersten Berletzten- Transporte aus dem Werk. Es schien sich vorwiegend um Ver letzungen durch Steine und Konstruktionsteile zu handeln. Sämtliche privaten Kraftwagen der Stadt wurden aufgeboten, alle Aerzte, auch aus der weiteren Umgebung, alarmiert. Als das Paul-Gerhard-Stift in Mittenberg überfüllt war, wur den bereitwilligsterweise die Verletzten in Privatwvhnungen ausgenommen. Alle Transportfähigen wurden in die Nach barstädte, zum Teil bis nach Halle gebracht. Der größte Wert wurde daraus gelegt, die Familien der Verletzten so schnell wie möglich zu benachrichtigen. Das war deshalb sehr schwierig, weil der größte Teil der Gefolgschaft in der weiteren Um gebung von Wittenberg, selbst in den Nachbarkreisen, wohnt. Etwa nach einer Stunde kamen noch ganz verstört die er sten Reinsdorfer Arbeiter nach Wittenberg. Wie immer in solchen Fällen tauchte eine Fülle von falschen Gerüchten auf, doch vermochten die Sicherheitsorgane, die Polizei, die SA. und die Technische Nothilfe die Bevölkerung zu beruhigen und davon zu überzeugen, daß für sie keine Gefahr mehr bestand. Die Geschäfte in Wittenberg schlossen im Laufe des Nach mittags. Eine erste Besichtigung der Unglücksstätte, die in weitem Umkreis aus Gründen der Vorsicht abgesperrt blieb, ergab, daß die verbreiteten Gerüchte weit übertrieben waren. Es ist auch nicht etwa das ganze Werk, sondern nur ein einzelner Teilbetrieb von dem Unglück betroffen worden. In den ande ren Fabrikteilen und Anlagen ist glücklicherweise nur Gebäude schaden zu verzeichnen. Der Gesamtbetrieb des Werles erleidet im wesentlichen keine Unterbrechung, es bedarf in der Haupt sache lediglich einiger Restaurierungsarbeiten an dem äußeren Bild der Gebäude. Die Unfallstelle selbst ist noch in den spä ten Nachtstunden in dichten Rauch gehüllt, aus dem ab und zu noch Feuerschein hervvrdringt. Nach der ersten Explosion trat sofort die Werkfeuerwehr in Tätigkeit und nahm sich der Verwundeten an. In kürzester Zeit trafen auch die Wehren aus Wittenberg und der Um gegend ein, ferner Sanitätsmannschaften, Aerzte sowie SA. und SS-Mannschaften, die zum größten Teil gar nicht mehr einzugreifen brauchten und sofort in weitem Umkreis Absper rungen vornahmen sowie die Bevölkerung der näheren Um gebung, die Verständlicherweise zunächst stark besorgt war, be ruhigten. Inzwischen zog die Schutzpolizei Postenketten und sperrte die Straßen um das Werk herum ab, damit niemand in die Gefahrenzone kam und der Fährverkehr für die Mann« schäften und Rettungswagen reibungslos verlaufen konnte. Meder Ruhe in Wittenberg. Wittenberg, 14. Juni. In den späten Abendstunden ist in Wittenberg wieder vcllständige Ruhe eingekehrt. Die Er regung, die sich unmittelbar nach der ersten Explosion der Be völkerung bemächtigt hatte, wurde sehr bald durch das sofor tige Eingreifen der Polizei beschwichtigt, und die Bevölke rungskreise aus Wittenberg und der näheren Umgebung be ruhigten sich allmählich wieder. Da sehr viele Arbeiter aus den betreffenden Betrieben und den angrenzenden Arbeitsstätten nach der ersten Explo sion ihre Arbeitsplätze verlaßen hatten und sich nicht sofort wieder einfandcn, war es zunächst verhältnismäßig schwer, einen Ueberblick über die Zahl der Opfer zu gewinnen. Don den etwa MO Leichtverletzten konnte der größte Teil nach An legung von Notverbänden wieder in die Wohnungen entlaste« werden. Die ärztliche Betreuung der Verletzten ging verhält nismäßig glatt von statten, da sehr bald nicht nur sämtliche Aerzte aus Wittenberg aufgebotcn waren, sondern auch aus der näheren und weiteren Umgebung, so auch aus Berlin und .Leipzig. In den umliegenden Ortschaften und in Wittenberg selbst haben die Explosionen im wesentlichen nur Sachschaden angorichtet. Personen sind hier nicht zu Schaden gekommen. * Anteilnahme des Reichsministers Dr. Goebbels. Reichsminister Dr. Goebbels hat an dey Betriebsleiter: der Westfälisch-Anhaltinischen Sprengstoffabrik in Reins dorf bei Wittenberg nachstehendes Beileidstelegramm ge richtet: Zu dem furchtbaren Explosionsunglück in Reinsdorf, bei dem so viele brave Arbeiter ihr Leben lassen mutzten, spreche ich Ihnen meine wärmste und aufrichtigste Teil nahme aus. Die Opfer dieser Katastrophe sind als Sol daten der Arbeit aus dem Felde der nationale Ehre ge fallen. Das deutsche Volk wird ihr Andenken hoch und heilig halten. Den Hinterbliebenen bitte ich mein tiefstes Mitgefühl, den Verletzten meine besten Wünsche zur bal digen Wiederherstellung übermitteln zu wollen." Dr. Ley spendet SO ovo Mark. Reichsorganisationsleiter Dr. Ley übermittelte fol gendes Beileidstelegramm: „Mit tiefer Erschütterung höre ich von dem großen Unglück, dem so viele brave deutsche Arbeiter zum Opfer gefallen sind; sie sind für Deutschland gestorben, das ganze deutsche Volk trauert um sie. Was die Deutsche Arbeits front zur Abwendung der durch das Unglück entstandenen schlimmsten Lot tun kann, soll geschehen. Ich habe zunächst die Ueberweisung von 50 000 Mark verfügt. Bitte, über mitteln Sie den Angehörigen der Opfer mein aufrichtigstes Beileid und den Ucberlcbendcn der Katastrophe meine be sten Wünsche." Oie Arbeitsfront flaggt halbmast. Dr Ley erläßt folgende Verfügung: „Mit tiefer Trauer steht das ganze schaffende Deutsch land an den Bahren der Opfer des Reinsdorfer Explo sionsunglücks. Die Deutsche Arbeitsfront wird ihre Ver bundenheit durch die Tat beweisen. Als äußeres Zeichen unserer innigen Kameradschaft mit dieser so schwer heim gesuchten Gefolgschaft ordne ich an: Sämtliche Dienststellen der Deutschen Arbeitsfront setzen sofort die Arbeitsfront fahne bis einschließlich dem Beisetzungstag der Opfer halb mast. Zum Dicnstanzug wird auf fünf Tage Trauerflor angelegt." Oer Reichsärzieführer zur Zmpffrage. Das deutsche Ärzteblatt veröffentlicht folgende An« ordnung des Reichsärzteführers: Die Impffrage ist gesetzlich geregelt und die Reichsregie- rung hat es bisher abgelehnt, Änderungen an den gesetz lichen Vorschriften vorzunehmen. Damit hat die Reichs regierung entschieden, daß es bei der bisherigen Regelung verbleibt. Es rst daher unzulässig, ,an den von der Reichsregicrung zu verantwortenden Maßnahmen Kritik zu üben oder eine Agitation gegen die Vorschriften der Jmpfgesetzgebung zu entfalten. Des halb ordne ich an, daß sämtliche Erörterungen der Jmpf- frage in ärztlichen und ähnlichen Fachzeitschriften zu unterbleiben haben.