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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Siebentel)» und die Umgegenden. AmtsölaLt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. 35. Dienstag, den 18. Juli 1876 Tagesgeschichte. Wilsdruff, 17. Juli 1876. Daß das Verhältniß zwischen Arbeitgeber und Arbeiter in vielen Fällen immer noch als ein gutes bezeichnet werden kann, davon legte die Feier, welche am Sonnabend Nachmittag im Saale zum Lindeu- fchlößchen stattfand, wiederum beredtes Zeugniß ab. Es wurde hier dem keim Httrn Amtszimmermeister Partzsch 25 Jahre lang ununter brochen in Arbeit gestandenen Zimmerpolier Herrn Carl Gottlieb Bormann aus Kaufbach in Stellvertretung des Herrn Amtshaupt- mann Schmiedel in Meißen durch unsern Herrn Bürgermeister Ficker ein von der Königlichen Kreishauptmannfchaft zu Dresden ausge fertigtes Ehren-Diplom überreicht. In warmen Worten sprach Letzterer seine Freude darüber aus, welch musterhaftes Verhältniß gerade zwischen Herrn Amtszimmermeisler Partzsch und seinen Ar beitern stattfinde und wie nachahmungswerth dieses Verhältniß sei, und betonte dabei ganz besonders noch, daß ein jeder Staatsbürger, er möge sein Arbeitsgeber oder Arbeitsnehmer, Beamter rc., gleich geachtet, geehrt und geliebt wird, wenn er seine Pflichten als solcher getreulich erfüllt, das heißt, wenn er die Gesetze achtet, Ordnung liebt und thätig in seinem Berufe ist. Hiernächst gab der Herr Amtszimmermstr. Partzsch seiner Freude darüber Ausdruck, daß Vie Treue eines seiner Arbeiter heute durch so hohe Auszeichnung aner kannt und belohnt werde; ferner wurde der JMlar vom Herrn Architekt Partzsch fun., welcher als liebenswürdiger Mitleiter des Geschäfts bei allen Arbeitern beliebt ist, sowie von einer Deputation des Stadtgemeinderaths und einer dergleichen des Gcmeinderaths von Kaufbach und endlich noch von feinen ältesten Mitarbeitern, welche Zeugen des Actes waren, beglückwünscht, worauf der Gefeierte für die ihm zu Theil gewordene große Auszeichnung gerührt seinen Dank aussprach. Der Herr Zimmerpolier Berger ergriff hierauf das Wort, um dem hochgeachteten Herrn Bürgermeister Ficker, dem geliebten Meister und dessen Sohn im Namen des Jubilars und aller seiner Kameraden durch Hochs zu danken. Einen höchst ernst-würdigen Abschluß gewann die Feier durch ein von Herrn Bürgermeister Ficker ausgebrachtes Hoch auf den geliebten Landcsvater, Se. Majestät den König Albert, in welches alle Anwesenden begeistert einstimmten. In gehobenster Stimmung blieben Alle bei einem Glas Bier und Wein noch lindere Zeit beisammen. — Gestern feierte im Kreise seiner Kinder der Tischlermeister Risse hier mit seiner Gattin da§ 50jährige Ehejubiläum, bei welcher Gelegenheit ihm viele Beweise des Wohlwollens gegeben wurden, namentlich von Seiten der Schützengescllschaft wurde derselbe durch ein Geschenk, bestehend in Uhr mit Kette und baarem Geld, erfreut. — Seit gestern ist unsere Stadt in das große Telegraphennetz Deutschlands ausgenommen worden und hat dadurch wiederum einen großen Schritt vorwärts gcthan; einige Tharandter Geschäftsleute haben sich die Freude nicht nehmen lassen, an hiesige Geschäftsfreunde die ersten Telegramme abzusenden und Rückantwort erhalten. Noch viel freudiger würden wir diesen Fortschritt begrüßen, wenn unsere Aussichten auf einen Schienenweg nicht immer wieder auf Jahre hinausgeschoben wordcn wären, doch vielleicht geht es uns mit der Bahn wider unser Erwarten wie mit dem Telegraph, daß der Bau von Seiten der Hohen Staatsregieruug als uoth wendig erkannt und baldigst ausgeführt wird. Wie wir soeben hören, ist von Seiten des hiesigen Stadtge meinderaths nachstehendes Telegramm an den Generalpostmeister in Berlin abgegangen: „Herrn Generalpostmeister Stephan, Berlin, dem edlen deutschen Manne und unermüdlichen Förderer und Beschützer deutscher Interessen, sprechen für gnädige Errichtung einer Telegraphenstatiou den unterthänigsten Dank aus Die Stadtgemeinde Wilsdruffs Ficker, Brgmstr. — Am Sonnabend früh gegen 7 Uhr brach in der Scheune des Gutsbesitzers Voigt in Borsdorf Feuer aus uud legte dieselbe in Asche, das Feuer griff so rasch um sich, daß es dem Besitzer nicht möglich war, eine darin befindliche nicht versicherte Dreschmaschine zu retten; unserer Feuerwehr, welche, wie bekannt, stets in größter Schnelligkeit selbst nach entfernteren Orten eilt, ist es durch ihre tactvolle Leitung und schnelles Eingreifen wiederum gelungen, das Feuer »on den übrigen Gebäuden abzuhalten. Brandstiftung wird vermuthet. Dresden. In unserer Stadt finden im Lause dieses Sommers eine Anzahl Cougrcsse statt; zunächst im Landhausc die Sitzungen des internationalen Congresscs der Leiter nnd Lehrer von Blindenanstalten, welche drei Tage, und zwar vom 25. bis 27. Juli, dauern. Hierauf werden, nach den bisherigen Bestimmungen, am 29. Juli die Ver treter der deutschen Eisenbahnen sich in denselben Räumen versamrnel» und deballiren. Diesem Congrcsse werden sodann im Monat August an noch näher sestzusetzenden Tage» Versammlungen der Repräsentanten des deutsch-russischen Eisenbahnverbandes, sowie deutscher und aus ländischer Strafanstaltsbeamten folgen; Erstere hielten bekanntlich schon im vergangenen Jahre ihre Berathungcn im Landhause ab. Im September tritt ferner die evangelische Landesshnode zusammen, welche ihre Sitzungen im BerathungSsaale der ersten Kammer hält und bei der Fülle von diesmal zu erledigenden Gegenstände ihre Arbeiten unter sechs bis acht Wochen kaum wird vollenden können. Endlich soll Ende dieses Monats, am 30. Juli, noch ein Congrest deutscher Flcischermeister stallfinden. Zwischen Uebigau undKaditz, vis-L-vis der Dampsschisshalte- stclle zum Schnsterhaus, hat am l4. Juli die Roggenernte begonnen. Plauen. Sicherem Vernehmen nach hat die Ausstellung der Markneukirchner Fabrikanten in Philadelphia ein äußerst günstiges Resultat erzielt, indem bereits sechs der Herren Aussteller als init Preisen genannt werden. — Was wird Herr Reuleaux hierzu sagen? Das Friedenswvrt des Kaisers Franz Joseph auf dem Bahnhöfe zu Allbig: „Ich kehre freudig und zufrieden zurück und kann die Herren beruhigen" erhält aus dem Munde des Kaisers von Rußland seine Bestätigung, welcher nach der Abreise von Reichstädt gegen mehre Ossiciere seiner Begleitung äußerte: „In Reichstädt wurde die Freundschaft mit meinem' Verbündeten befestigt. Wir sind in Allem einverstanden. Wir werden keinen Krieg haben;" Mit dieser Wendung der Dinge sind am meisten die Serben unzufrieden; sie halten auf das unverzügliche Eingreifen russischer Hilse gerechnet und sehen sich jetzt nur auf ihre eigenen Kräfte und Hilfsmittel angewiesen. Schon hört man Klagen, daß sie von Rußland verlassen und verathcir wordcn seien. Aber auch für die türkischen Operationen sind die Reichstädter Vereinbarungen nicht ohne thatsächliche Folgen geblieben^ denn zur Aufrechterhaltung vollster Ncutraliiät soll, wie aus guter Quelle verlautet, von jetzt an der Hafen von Klek für die Ausschiffung türkischer Truppen nach der Herzegowina gesperrt werden. Fürst Bismarck muß entweder mit seiner Kissinger Kur oder mit dem Ergebniß des Reichstadler Abkommens zwischen Oesterreich uud Rußland sehr zufrieden sein oder mit beiden. Er zeigte sich ber seinem Besuche in Würzburg ungewöhnlich guter Laune. Schon beim Einfahren in die Stadt, als der Jubel erbrauste, schwenkte er' seinen berühmten Rundreisehnt um den Kopf herum, als habe er auch Lust, Hoch zu rufen. Als er Abends bei der Rückreise auf dem Bahn hof etwas warten mußte, unterhielt er sich heiter mit Alten und Jungen, und als eine Engländerin athcmlos an seinen Wagen ge laufen kam und grüßend rief: Ank in Kissingen geweseg! drückte er lächelnd ihre Hand. Dem Wagenschieber, der unter ihm den Wagen sortbovegte, tupfte er aus den Rücken und gab ihm ein aus der Westentasche geholtes Goldstück, das der Mann einsteckte^ ohne es anzusehen. Ein Berichterstatter aus Belgrad macht darauf aufmerksam^ daß die türkische Festung Risch wahrscheinlich in nächster Zeit der