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Freitag. Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post anstalten. 92. 22. November 1861. Preis' ' pro Quartal' Amts- und Anzeige-Matt der Königlichen Gerichts-Ämter und Itadträthe M Dippoldiswalde, /ranenstein «vd Allenberg. Verantwortlicher Redakteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. -n I, Tagesgefchichte. Dresden. Dem Vernehmen nach soll vom Jahre 1863 an die sächsische Infanterie durchweg blaue Uniform, gleich der Cavallerie bekommen, wobei sich die Abzeich nung durch die Farben weiß, schwarz, roth und orange gelb unterscheidet. Die Ehargirten sollen ebenfalls eine Auszeichnung bekommen und die Czakos statt aus Filz, aus Tuch bestehen. Einige Probemannschaft in dieser Ausstattung ist, wie man hört, bereits Sr. Maj. dem König zur Begutachtung vorgestellt worden und soll die förmliche Umkleidung bis 1865 geschehen. — Se. Maj. der König ist am 19. Nov. nach Meiningen gereist, um bei der Taufe des dort geborenen Erbprinzen Pathenstelle zu versehen. — In diesen Tagen trifft der Großherzog von Toskana, Ferdinand II., wieder in Dresden ein; er wird das in der Ostraallee gelegene sog. Max'sche Palais als Winteraufenthalt beziehen. — Auf der sächsisch-schlesischen Bahn wurde am 17. Nov. Abends 7 Uhr in der Nähe der Poudretten- anstatt am Waldsaume das Dienstmädchen Juliane Henriette Günther aus Ernstthal von dem Zuge todt- ge fahr en. Die Günther hatte sich, infolge eines unglückliche» Liebesverhältnisses, selbst auf die Schie nen gelegt und sind ihr beide Beine zwischen Knie und Knöchel von den Rädern abgeschnitten worden, auch bat sie einen bedeutenden Stoß am Kopf erhalten. Die Leiche wurde in das Todtenhaus des Neustädter Kirchhofs gebracht. — Vom Direktorium und Ausschuß der Wald« schlößchenbrauerei ist am 16. Novbr. der für Manchen unerwartete und unangenehme Beschluß gefaßt worden, auf das Betrieböjahr 1860 bis 1861 2 Procent Superdividende über die unter dem Namen Zinsen bereits gewährte Dividende von 4 Thalern pr. Actie zu gewähren. Es ist dies pr. Actie 11 Thaler weniger, als vorige« Jahr, und 17 Thaler weniger, als vor 3 Jahren. Die Generalversammlung der Actionaire findet am 27. Decbr. auf dem Waldschlößchen statt. — Im 3. Vierteljahr 1861 wurden auf sämmt- lichen sächsischen Meubahnen befördert: 1,595,261 Per sonen und 19,212,940 Ctr. Güter; — im Jahre 1860 nur 1,506,814 Personen und 17,219,532 Etr. Güter, also in diesem Jahre 88,447 Personen oder 5,s Procent und 1,993,408 Ctr. Güter oder 11,6 Procent mehr. Leipzig. Die beiden Schulknaben, welche neu lich aus Leipzig verschwanden, um nach der Schweiz zu reisen,^sind am 15. Nov. wieder in Leipzig einge troffen. Sie waren mit ihren 15 Ngr., der beider seitigen Reisekasse, bis gegen Hof gekommen, besannen sich aber dort eines Bessern und kehrten um. Zittau. Ein beklagenSwerther Vorfall ereignete sich am 15. Novbr., den zur Warnung zu veröffent lichen, wir nicht unterlassen wollen. Am Donnerstag Abend bringt die Ehefrau eines in Leutersdorf ansässigen Bierknechts ihr 3jähriges Kind in die Schlaf kammer zu Bett. Entweder sofort oder erst nachdem' das Kind eingeschlasen gewesen ist, entfernt sich die Mutter, schließt die Kammerthür zu und bezieht sich zu Besuch in die Nachbarschaft. Bald erschallt der Feuerruf, eS brennt im Hause des Bierknechts, der Brand verbreitet sich rasch über das ganze Haus, Hilfe' für das arme schlafende K i n d ist nicht möglich, es ist mit verbrannt. Ueber die Entstehungsursache deS- BrandeS ist nichts bekannt, er scheint durch Verwahr losung enstanden zn sein. Berlin. Im Ministerium der auswärtigen An gelegenheiten wie im Marineministerium herrscht zur ' Zeit in Angelegenheiten der Flotte eine große Tä tigkeit, von der versichert wird, daß sie vorzugsweise der Herstellung der Nordseeflottille gilt. Die öftere Anwesenheit de« königlichen Gesandten bei den Hanse städten, BaronS von Richthosen, und dessen häufige, Verhandlungen mit dem Kronprinzen wie mit den Ministern v. Roon und Graf Bernstorff beziehen sich ausschließlich auf diesen Gegenstand. Uebrigens sind diese Verhandlungen bereits von Resultaten begleitet. Der Bau von Schiffen auf heimischen wie auf englischen Werften ist «»geordnet, und auch von dem eingeleiteten Ankauf von Schiffen wird gesprochen. Es ist erfreulich,, daß die preußische Regierung diese so wichtige Ange legenheit mit Energie in die Hand nimmt. Frankreich. Ein neuer Finanzminister ist in der Person Hrn. Fould's gewählt, der ein Programm er lassen hat, worin er sagt, daß er künftig, was seit langer Zeit nicht geschehen, das Budget innerhalb unveränderlicher Grenzen halten wolle. Er beweist die»! Nothwendigkeit der Unterdrückung der außerordentlichen Eredite, er prüft die Finanzlage, erinnert daran, daß ' man zum Kredit unter jeglicher Form die Zuflucht ge nommen und berechnet, daß das Deficit in den Staats kassen die ungeheure Höhe einer Milliarde erreicht habe! Der Kaiser hat in einem Schreiben an Fould dessen Programm gutgeheißen; Aufsehen macht das Schreiben aber deshalb, weil in demselben etwas herbe Ironie liegt auf gewisse Reden, welche der König von Preußen jüngst gehalten hat. Es heißt darin u. A.: „Treu meinem Ursprünge, betrachte ich keineswegs die Prä rogative (das Vorzugsrecht) der Krone als ein heiliges