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Sächsische Elbzeitung Unterhaltungsbeilage", ^2g3 LebeN lM Bild 71. ^skrgang Bsd Schandau, Mittwock, den 14. September 1927 Hindenburg bei der Flotte Abrüstungsdebatte Mannemanöver H927. Parade vor dem Reichspräsidenten. Wie alljährlich finden in diesen Tagen die Herbst manöver unserer durch die Kriegsereignisse so wesent lich beschränkten Verteidigungskräfte znr See statt. Die Übungen stellen den Beschlich des Ansbilduugsjahres dar. Von Anfang an war geplant, die Flottcunbungen mit den Manövern der Truppen der II. Division auf Rügen zu verbinden, zumal zum erste» Male der Neichspräsi-^ dent seiu Erscheinen zugesagt hatte. Wegen der Abkom mandierung von Truppen znr Erntebcrgung in Pommer» sah ma» aber von diesen umfangreichen Plänen ab. Doch blieb man bei der Vorbereitung für eine Kloitenparade vor dem Reichspräsidenten. Sie wird dem Reichspräsidenten, ivic gesagt, zum erstenmal Gelegenheit geben, ein solches Schauspiel zu sehen. Bei früheren Besuchen in den Häfen von Wilhelms haven nnd Kiel waren nnr einzelne Kampffahrzeugc anwesend. Llebungen in der pommerschen Bucht. Die Schiffe der Nordsccstation liefen bereits vor einigen Tagen ans Wilhelmshaven aus, gingen durch den Kaiscr-Wilhclm-Kanal nach Kiel, von wo aus sic sich zu sammen mit den O st s e e s ch i s f c n in die Pommcrschc Bucht begaben. Dort wurden Verbandsübungen abge- haltcn. Der Verband besteht aus der Linienschiff division, deren erster Admiral der Flottenchef, Vize admiral M o m in sen, nnd deren zweiter Admiral der Konteradmiral Prentzel ist: Linienschiffe „Schleswig- Holstein", „Schlesien", „Elsas;", „Hessen", und aus den A n f k l ä r u n g s st r e i t k r ä f t c n. Diese werden von dem Kapitän znr See nnd Kommodore v. Löwenfcld bc- Tagung der Ausschüsse in Genf. Im ersten Ausschuss, der die Rechtsfragen behandelt, drehte es sich um die Frage, ob die Annahme eines Völkerbundabkommens unter Vorbehalt der Ratifi kation bei Nichthcrbeiführnng der Ratifikation rechtsver bindlichen Charakter annchmcn kann, und ferner um die Frage der fortschreitende» Kodifizierung des internatio nalen Rechts. Im zweiten Ausschuss, in dem zunächst die Angelegenheit der internationalen geistigen Zusammen arbeit nnd des Pariser Instituts zur Erörterung stan den, nähme eine Reihe von Rednern das Wort, dar- nnter auch als deutscher Vertreter der Abgeordnete Dr. Brcitschcid. Er sprach von den Beziehungen der einzelnen Machte zu dem Pariser Institut, für welchen Zweck in Berlin in Kürze ein deutsches Verbindungs bureau eröffnet werde, von der Förderung des Stu denten- und Professorenanstauschs durch Deutschland und Ner Reichspräsident auf Rügen. Festlicher E m p f a n g. Beim Betreten der Fusel Rüge» vegrüsstc Landrat Miclenz in Altefähr den Reichspräsidenten, dem in alle» Ortschaften, die er auf seiner Fahrt nach Putbns be rührte, von der Bevölkerung lebhafte Kundgebungen dar gebracht wurden. Drei Flieger begleiten den Reichs präsidenten bis znm Ziel. Vor Pntbus überbrachten drei jnnge Mönchguterinnen in ihren Nationaltrachten eine Huldigung der Nügenschen Frauen und Mädchen, über 100 Mitglieder Nügenschcr Neitcrvcreinc erwarteten das Anto des Reichspräsidenten nnd geleiteten cs durch den Ort. In, Ort selbst bildeten die Schulen, Sport vereine und Militärvereine Spalier. Vor dem Eingang znm Schloß erwartete die Fürstin von Putbus den Gast. Abends wurde im Schloß ein Festbankett abgehalten. FU,- eilige Leser. . Ncichsaußcmninistcr Dr. Stresemann wird zn Beginn näch ster Woche nach Berlin zuriickkchrcn. " Die australische Regierung Hal beschlossen, die Verfügung, nach der Deutschen die Einreise in das Mandatsgebiet von Ncu- (buiuea verboten ist. mit Wirlung von Ende September ab zu- riickzuzieheu. Deutsche, die früher iu Reu-Dmuea gelebt haben, bedürfen für die Einreise einer Genehmigung, wahrend Deutsche, die nicht schon in dem Mansaisgcbici gewohnt haben, ohne weiteres ciurcifcn und sich in Neu-Guinea dauernd au,halten können. * Der Bürgermeister von Newport, Waller, ist gestern mittag, .aus Italien kommend, in Paris «ingelroffen. * Mehrere italienische Kommunisten, die in Paris ihr Asyl gefunden hauen, haben gestern den Ausweisungsbefehl erhalten. Unter ihnen befinden sich zwei Direktoren bekannter italienischer Kommunistcnbläilcr, der Schriftsteller Cilla und sie ^früheren tomnnunstillhon ^l^eordnolon (Hund! und di Pitlorio. fran- Mischen Linkstrciscn haben diese Ausweisungen große Erregung hcrvorgcrufcn. whUgt und umfasse» vte drei Kreuzer „Nymphe", „Bcr- litt", „Amazone" und die Torpedoboote. Von den letztere» nehme» zwar die Boote der l., II. u»d III. Torpedoboots- halbflottillen a» der Flottenparadc nnd de» nachfolgenden Manövern teil, nicht aber die der IV. Torpedobootshalb- flottillc, die die in diesem Jahre nacheinander fertig gewordenen Torpedobootsneubauten ausnimmt, von denen bis jetzt vier in Dienst gestellt worden sind. Dafür wird jedoch eine Mincnhalbflottillc und vielleicht noch eine Tcnderhalbflottille an der Parade teilnehmcn. Mittwoch trifft v. Hindenburg iu Swiuemünde ein, wo er sich au Bord des Flottcnflaggschisscs „Schleswig-Holstein" einschifft. Für den Reichs präsidenten ist eine lange hölzerne Treppe errichtet wor den, die von der Schanze über den Hinteren Gcschützturm znm Aufbandcck führt, wo sich die für ihn hcrgcrichtetcn Räume befinden. kam dann au, aas Urheberrecht zu spreche». Bei der For derung nach Vereinheitlichung der Schutzfrist für die Werke Verstorbener trat er für die dreißigjährige Schutz frist eiu. Mahnworte Dr. v. Nheinbabens in Gens. Eens, 13. September. In der heutigen Sitzung der fünften Kommission, die sich mit Fragen des Minderheitenschutzes, der Flüchtlings- und der Opiumfrage besaßt, nahm heute der deutsche Delegierte Dr. v. Rheinbaben das Wort. Er führte ins besondere aus, daß es nicht genüge, wenn in den Kommissionen nur die Einmütigkeit über das Prinzip festgcstellt wird, ohne lich Rechenschaft abzulegen, wie es sich in der Praxis auswirkt. Wenn inan nach dem Inhalt der erstatteten Berichte urteilen würde, so könnte man annehmen, daß an den verhandelten Fragen eigent lich nichts mehr zu tun sei. Er forderte alsdann ein beschleunig teres Tempo für dk in Angriff genommenen Aufgaben und das Druck und Verlag: Sächsische Elbzeitung. Alma Hieke, Inh. Walter Hieke Verantwortlich: K. Rohrlapper Anzeigenpreis l>n RM.): Die 7gespaltene 38 mm breite Pctilzcilc 2V Pfa., für au,- wärtige Auftraggeber 25 Pfg., 85 mm breite Reklamezeil« 80 Pfg. Tabellarischer Satz nach besonderem Tarif. — Bei Wiederholungen wird entsprechender Rabatt gewährt. Anzeigenannahme für alle in- und ausländischen Zeitungen Der KeroS der Türkei. Von vr. Julius R u d. Kai m, z. Zt. Galala.- ^'Jahre vergingen, bevor Mustafa Kemal Pascha, Befreier, Reformator und Präsident der Türkei, die ehemalige Hauptstadt am Goldenen Horn besuchte: Kimstautiuopel, das Vcrräterucst, sei — sagten die eine» — den Besuch nicht wert; Konstantinopel, dieses Vcrschwörcrucst, sei — sagten die anderen — dem Präsidenten zu gefährlich, die Stimmuug der Bevölkerung zu unsicher. Und daun kam er doch, wurde mit höchsten Ehren empfangen und wohnt seitdem im herr lichen Palast Dolma Baglschc, dem weißen Fecnschloß am Bosporus. Neugierige belagern den Palast, Besucher gehen ein und ans, Empfänge finden statt, Verehrer sammeln sich, um dem Heros des Landes ihre Anhänglichkeit zu bezeugen. Doch ist mancher voll heimlicher Zweifel und Aeugstc. — Riesig ist das StaatSwerk dieses Mannes: Er war cs, der die schmähliche Unterschrift des Sultans unter dem Ver trag von Süvres (der alle produktiven Landesteile der Türkei austeiltc) als ungültig, den Sultan selbst als abgesetzt er klärte, ein Heer aus dein Nichts schuf, die Griechen, die ihn auf Englands Betreiben hin augriffeu, vernichtend schlug und den Vertrag von Lausanne schloß, der dem Lande seine Un abhängigkeit gewährleistete. Daun begann von Angora, der neuen Hauptstadt, aus das Reformwerk. Der Staat wurde modernisiert, alle Neuerungen fanden Unterstützung, Eisen bahnen wurden gebaut, Kleidervvrschrifteu zur Europäisie rung der Bevölkerung erlassen. Ein unerhörter Aufstieg unter Mithilfe des ganzen Volkes begann. Das Ausland faßte Vertrauen, Banken begannen zu arbeite», der Weltbeiverb der großen technischen Unterneh mungen setzte wieder ein. Ein starkes Nationalbewusstsein er wachte, dem der Ausländer Achtung entgegen brachte. Alles dies ist das Werk des Mannes, der heute als Triumphator, als umworbener Besuch im alte» Byzanz residiert. Aber war es die Art, in der er und seine Helfer dieses Nationalbewusstsein förderten, ivar cs etwas anderes; kurz, ein Umschwung setzte ein, den niemand erwartet hatte; das Schöne ward zum Häßlichen, das Nationalbewusstsein zum übertriebenen Nationalismus, der Stolz zur Einbildung, das Machtgefühl znm Faschismus. Die Nationalversammlung wurde zum Parlament einer einzelnen Partei, die Pressefrei heit aufgehoben, die Opposition nach lächerlichen, unwürdi gen Prozessen vor „Revolutionstribunalen" dem Galgen überantwortet. Kein Mensch wagt heute iu der Türkei seiuc Meinung frei zu sagen. Prozesse und Spitzeldienst sorgen dafür, daß der Bruder nicht mehr dem Bruder traut, der Offizier nicht dem Kameraden. Der traurige Uebernationalismus, der mit fanatischen Staatsanwälten, trübste» Engherzigkeiten, Aus weisungen und Galgen eiu herrliches Ziel zu erreichen hofft, lebt, agitiert und herrscht noch heute. Diese Methoden und ihre Folgen verkleinern das Werk des Heros, Peinigen das Natwnalgefühl des Volkes, züchten Schmeichler, lassen Nichts könner dank ihrer „Gesinnung" auf höchste Posten rücken. Der Führer und Präsident mag über die Folge» dieser Politik weniger unterrichtet sein, als man im allgemeinen annliumt; er steht nur den Aufschwung, den techuischeu Fort schritt und Aufbau. Aber wer das Land kennt, wer in den Hauptstädten und in der Provinz die Stimmung beobachtet der weiß, daß es immer nur wieder die Ehrfurcht vor dein Heros Kemal Pascha, dem „Gasi" (dem „Siegreichen") ist, d,e alle Unterdrückten vor offenen Ausbrüchen der Unzufrie denheit znrucksthreckt. Denn immer wieder muß betont wer den, daß im Gegensatz zum „Diktator" Mussolini bei Mustafa Kemal eine PerwnUche Tat grössten Ausmaßes die Grund- m Stellung gewesen ist. Solange aber die bisher .geschickte Politik Angoras dem Lande den Frieden sichert, so lange ferner der Gas, an der Spitze des Staates steht, werden auch die Kapitalien, die das Ausland im Vertrauen auf die innere Festigkeit der neuen Türkei im Lande angelegt hat, als sicher anznschcn sein. , , , Auch deutsches Kapital hat sich mehr und mehr wieder «in türkischen Unternehmungen beteiligt; erst jüngst sogar in einem Maße — und zwar mit indirekter Neichsunterstützung — das von vielen Seiten als zn weitgehend bezeichnet wor- den ist Mögen bei den Eisenbahnbautcu, um die es sich hier- bei handelte, Sicherungen vorliege», über die die Ocffcnt- lichkeit nicht hinreichend unterrichtet wurde, so darf mau doch im allgemeinen bei aller Anerkennung der neuen türkischen Wirtschaftsverhältnissc die Gcldscbwierigkciten nicht über sehen, die auch jetzt noch jedes Budget bedrohen. Vor allem aber ist cs das innerpolitischc System, das zu Bedenken An laß gibt. Denn was geschieht, wenn Unbesonnenheit und Fanatismus eines Tages auf die Spitze getrieben werde» und die notwendigen Folgen cintretcu? Schon heute ist kein Türke sicher, nicht in einen der vielen chauvinistischen Prozesse ver wickelt zu werden, die in jedem Monat in der lächerlichsten Form immer wieder stattsindcn, in denen die Richter Ver brechen sehen, wo nichts ist, iu Vergangenem wühlen, aus Kleinigkeiten gefahrvolle Folgerungen ziehen. Minister, Ge lehrte, Beamte, Gewerbetreibende werden vor das Gericht gezerrt und der Vcrrätcrei geziehen, auch wenn es sich (wie beim jüngst beendeten Prozeß gegen die „Anglophilen") um Männer handelt, die auch unter dcni neuen Regime ihre Vaterlandsliebe bewiesen habe». Dies ist die große Gefahr für das Land und für alle, die auf seines Volkes Arbeit bauen. Unter diesen Umständen hat der Besucher keine rechte Freude an den deutlichen Fortschritten, denen er auf Schritt Sächsische Schweiz Tageszeitung für die Landgemeinocn Allendorf, Kleingießhübel, Kleinhenners dorf, Krippen, Lichtenhain, Mittelndorf, Ostrau, Porschdorf, Postclwitz, Prossen, Rathmannsdorf, Reinbardtsdorf, Schmilka, Schöna, Waltersdorf, Wendischfähre, sowie für das Gesamtgebiet der Sächsischen Schweiz und Tritt begegnet. Man braucht nur mit der unter franzö sischer Direktion arbeitenden „Orientalischen Eisenbahn" i„ Stamvut anzukommen und mit der türkischen Anatolbahn ins Innere wciterzufahrcn, um cinzusehcn, daß der „Kranke Mann" entgegen seinem früheren Nns Gewaltiges leisten kann. Wie bei der Eisenbahn, so ist cs in hundert anderen Fällen auch. Aber immer wieder werden diese erfreulichen Beobachtungen peinlich unterbrochen durch die Erinnerung an die Galgen, die das Zentrum Angoras zieren, nnd durch die Scheu, es könnte» eines Tages Größenwahn und Ver folgungswahn fanatischer Schreier zerstören, was mühsam aufgebaut worden ist. Und es geht nicht nur dem Besucher, dem Fremden, dem Freunde jeder Kulturarbeit so; es geht dem eigenen Volke cbciiso. Will man irgendwo mit einem Türken über Politik sprechen nnd mehr hören als das Hosi anna der Ncgieruugüprcsse (eine andere gibt cs ja nicht mehr), so sieht sich der Gefragte erst ängstlich um, scheu, vorsichtig, cingeschüchtcrt, als sähe er die Galgen vor sich, an denen schon mancher bedeutende, nationalgcsinntc Türke sein Leben lassen musste. Jene Galgen, die so garnicht znm Eurvpäisie- rungswerk des großen Türkenführers Vassen wollen, die in ihrer Plumjicn Deutlichkeit die cutsctzliche Gewißheit reifen lassen, daß sie eben doch auf asiatischem Boden stehen. Dies ist die traurige Einschränkung, die ein großes Werk erhalten hat, und ist gleichzeitig Warnung vor Gefahren, denen das Land cntgcgengeht. Wer die Begeisterung sicht, mit der Konstantinopel den Bolksheros, der ihm so lange sern- gcblieben ist, ehrt, wird noch nicht die Hoffnung anfgcbcn wollen, daß er eines Tages nach der äußeren Freiheit, die das Lcurd ihm verdankt, auch die inucre wieder Herstellen wird. Unterlialtung und Wissen", « Ständige Wolttenbeusgen. der Welt der Frau", Illustrierte Sonntagsbeilage - 1 „ «u.'w-keuna Betrieb.ttörung ulw. berechtigt nicht zur Kürzung des Bezugspreises oder zum Anspruch auf Lieferung der Zeitung Infolge höherer Gewalt, «treu, »u.werlun», , — Nichterscheinen einzelner Nummern Nr. 21S Tageblatt für die „HSU dl« amtNHn Bsnkkonun: ^i« Hauotzolamt »ad Schandau ^"^ächstsche Genosienschaftsbank Zweignieder- preis lin RM ) halbmonatlich in. ^'^M/onsver eu« «rttbungen der