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Hohenstein-Ernstthaler Zeitung, Nachrichten und Neueste Nachrichten ^e«eeal«nzeigee für Hohenstein-Ernstthal mit Hüttrngrund, Oberlungwitz, Gersdorf, Dieses Blatt enthüll die amtlichen Bekanntmachungen des Amtsgerichts, Ftnaa^m« GermSdorf, Bernsdorf, RüSdorf, Langenberg, Meinsdorf, Falken, LangenchurSdorf^ des StadtratS »u Hohenstetn-Ernstthal, sowie der Behörde» der umlieg-»»« OrUch«k— «Achenbach, Callenberg, Grumbach, Lirschhetm, Kuhschnappel, St. Egidien, Wüstenbrand, Druck und Verlag von Dr. Alban Frisch. Grüna, Mittelbach, Ursprung, Kirchberg, Erlbach, Pleißa und Nußdorf. Verantwortlich für di- Schriftleitung Dr. Erich Frisch, für die Anzetg« Oa» 0»^ 1ll. 275 Zi?nzjW, 27. WkMNkl jW 73 Mkg. 1iO !Ä M»kN Nöffl * D'.e gcstcrn gehegte Erwartung, daß ein st abi- nett Albert rasch Zustandekommen würde, eine Erwar tung, die sich besonders auf den Umstand stützte, daß bei dieser Kombination der Reichstag im wesentlichen ausgc- schaltct sein würde, hat sich bisher noch nicht erfüllt. Da; Kabinett war auch in den gestrigen Mittagsstunden noch nicht fertig. Dagegen machten sich im Parlament be reits erhebliche Widerstünde gegen diese Kombination geltend. Besonders in den Kreisen der Deuts ch natio nalen und derDcutschen Volkspartei lehnt ma i ein derartiges Kabinett ab und weist vor allem daraus hin, daß inne derartige Negierung nicht dem Sinne der De- miffion .de; vorherigen Kabinetts entsprechen würde, da man damit nicht an die Stelle der bisherigen Negierung eine bessere bczw. stärkere Negierung seßt. Vor allem er regt es aus der rechten Seite des Parlaments Mißbehagen, daß man den Eindruck gewinnt, als ob sich der in Aus sicht genommene neue Kanzler im wesentlichen nach links orientiere. Es wird gerüchtweise davon gesprochen, er beabsichtige, den militärischen Ausnahmezustand in einen zivi len umzuwandcln. Ferner verlautet, daß der bisherige Ncichs- wchrminctcr Dr. Geßler dein neuen Kabinett n i ch t angehören werde. Auch Hoffnungen auf eine Besserung der Beziehungen zu Bauern hält man in rechtsstehenden Krei sen für trügerisch. Man glaubt auf der rechten Seite über haupt, daß die Kombination Albert, die im wesentlichen eincm persönlichen Wunsch des Ncichspräsidcntcn eutsvrcchcn bürste, und unter Umgehung notwendiger vorheriger Schritte bei den Deutschnalionalen ins Leben gerufen werden soll, wenig Aussicht aus Erfolg habe. Die Dinge waren auch gcstcrn noch vollständig im Fchluß, die Lage scheint ebcnss verworren wie im Anfang. In den rechtsstehenden Kreisen des Ncichstagcs hält man nach wie vor notwendig, daß die Lösung einzig in Form de; Bürgerblocks gesucht werden kann oder daß ein außerparlamentarisch rechtsstehender Kanzlerkandidat die Lösung der Ncgicrungslrise übernimmt. Die Stellungnahme der Deutschnatlonalen. Die Pressestelle der Deutschnalionalen Vollspartci teilt mit: Die Mitteilung einiger rechtsstehender Zeitungen, daß Reichspräsident Ebert an den Abgeordneten Hergt mit dem Auftrage zur Ncgierungsbildung herangetreten sei, ist nicht zutreffend; der Reichspräsident hat viclmehr, entgegen dem parlamentarischen Brauch, sich an -die Deutschnationalen als eine der Oppositionsparteien, die das Kabinett Stresemann stürzten, nicht mit eincm solchen Austrage gewandt. Der van ibm beauftragte Dr. Albert hat, wie bei den anderen Parteien, so auch bei den Deutschnationalcn keine Zustim- mung gesunden. Es ist unerfindlich, worauf sich sein Kabi nett stützen soll, zumal nach einer Meldung des „Berliner Tageblattes" er den Ausnahmezustand abbauen will. Das Ziel der Deutschnationalcn Vollspartci bleibt nach wie vor „die Bildung einer ausgesprochen nationa len Negierung", die dem heute durch das deutsche Volk gehenden nationalen Zuge entspricht. Zurzeit finden inoffizielle Besprechungen zwischen den Deutschnationalcn, der Deutschen Volkspartei, dem Zentrum und der Daprißben Vollspartci statt, in diesem Sinne eine Negierung'zu bil den, die das Vertrauen der Mehrheit des Hauses lindct und der sich auch der Reichspräsident nicht versagen kann. Eine Kanzlerschaft Marr? Der Berliner „Börsenkurier" will wi'sen, daß für den Fall des Zuitandekommens eines Kabinetts Albert da; Zentrum die Initiative zur Kabinettsb i l du ng übernehmen werde. Es werde dabei an eine stanzlcrkandi- dotur Man gedacht, der angeblich zur Kabinettsbildung nur bereit sei, wenn er die Zusicherung Stresemanns er halte, das Außenministerium in dieser Negierung zu über -" nehmen. Wir können diese Meldung nur mit eincm großen Fragezeichen versehen, zumal sich die genannte Zeitung in letzter Zeit mehrfach als unzuverlässig erwiesen hat. Ein drittes Kabinett Stresemann? Die „Baseler Nationalzcstung" meldet aus Berlin: Hier rechnet man mit der W i e d e r k c h r Strese manns. Die Tatsache, daß Herr Stresemann keinerlei Vor bereitungen Zum Auszug aus dem Kanzlcrpalais treffe, lasse annehmcn, daß auch Herr Stresemann an sein Verblei- ben im Amte glaube. Das neue Kabinett Strese mann würde jedenfalls unter Ausschluß der Sozialdemokra ten zustande kommen. SllS HMM MM? Vor der Bildung einer Selbstverwaltung im besetzten Gebiete. Auf eincm außerordentlichen Vcrtrctcrtog der Deutschen Demokratischen Partei in Elberfeld sprach dcr Neichstagsab- gcordncte Erkelenz über die bevorstehende Entschei dung über die beseiz 1 en Gcbiete. Nachdem Tirard eincm Herrn aus Köln die Frage vorgelegt habe, ob man nicht über die Bildung eines Nheinstaates im Nahmen des Deutschen Neichcs verhandeln könne, hätten Vorhand - langen stattgefundcn, zunächst am vorigen Freitag, über die im einzelnen noch .nichts bekannt geworden sei. Er glaube aber in großen Zügen sorgendes darlegcn zu können, was von Tirard angenommen worden sei: Es solle über die Frage beraten werden, die besetzten Gebiete wie imNah- mcn eines Verwaltungskorpers zusammenzufassen, dcr auch über die Provinz- und Staatsgrenzen, über Westfalen und Hessen hinübcrgceift. Ein solches Gebilde muß Finanz-. Hoheit, also eigene Steuern haben. Um dieses Gebilde und um die Verwaltung zu ordnen, muß dir Verwaltung wieder mit den ersten Kräften besetzt werden, die in der Hauptsache ausgewiesen wurden. Die Aufgabe eines Direktoriums wird deshalb sein, auf die Rückkehr der Ausgewiesenen hinznarbeiten. Im übrigen hätte dieses Direktorium das Necht und die Pflicht, alte Maßnahmen zu treffen, die ein souveräner Staat in sci- ncm Gebiet treffen kann. Trotz eines gewissen Widerstan des, dcr vielleicht in Westfalen am größten ist, muß man zusammen vorgehen. Das Entscheidende ist, daß wir vor dec Schaffung eines Selbstverwaltungskörpers im besetzten Gebietlichen. Wenn auch nicht an ein Ausscheiden aus Preu ßen oder dem Reich gedacht wird, sondern eine reine Zusammenfassung aus Zweckmäßigkeitsgründen beabsichtigt ist, enthält doch diese Situation politisch eine ganz außer ordentliche Bedeutung. Trotz des Zwcckvcrbandcs ist die politische Gefahr immer noch sehr groß und wird um so größer, je selbständiger die se; zu schassende Gebilde wird. Wir haben, so erklärte Erke lenz, meines Erachtens uns immer mit Recht gesträubt gegen die Möglichkeit dcr Abtrennung von Preußen, so lange die Besetzung besteht. Es wird den Franzosen nicht schwer fallen, in diesem Gebilde ihren Einfluß geltend zu machen. Abcr die Dinge sind so, daß wir zwischen die se: Möglichkeit zu wählen haben, uni die Bevölkerung vor dcni allcrschlimmstcn zu bewahren. Ich werde deshalb Vor schlägen, daß wir uns dahingehend erklären, daß wir unter dem Zwang dcr Umstände und vor dcr Gefahr des Ver hungerns und der Verelendung uns mit diesem »Schritt ein verstanden erklären in dem Bewußtsein, daß die deutsche Bevölkerung am Rhein deutsch ist und deutsch bleiben wird, auch wenn die Form des Staates wechselt. O Wenn die Not und die Ohnmacht des deutschen Vol kes die Bildung dieses Zwcckoerbandes wirklich notwendig machen sollte, so würde das für Frankreich einen Schritt vorwärts aui dem Wege zur Lostrcnnung der Rheinland« vom Reich bedeuten. Mit zäher Energie arbeitet Poincaree aus die Verwirklichung dieses Zieles hin, mit derselben Ener gie muß das deutsche Volk betonen, daß die Länder am Rhein deÜtsch sind und deutsch bleiben, auch wenn wirt- schastlicbe Not und politische Macht eine Aenderung der Staatsform jener Gebiete erzwingen. Der Bevölkerung der Nyeinlande erwächst dann in erhöhtem Maße die Aufgabe, das Deutschtum zu verteidigen. Aber wenn das deutsche Volk die Länder am Rhein nicht selbst aufgibt, dann wird es den Franzosen auch mit den größten Machtmitteln nicht ge lingen, diese Gebiete dauernd vom Deutschen Reich loszu - trennen. Rückreise der deutschen Vertreter bei der Reparationskommisslon. Aus Pari; wird gemeldet, daß die deutschen Vertreter, die zu den Ncparationsv e r h a n d- lungcn in Paris eingetrofsen waren, bis aus den Präsi denten dcr Kriegslaslcnkommission, Staatssekretär Fischer wieder zmückzcreift sind. Die Rcparationslommission hat ihre Sitzung auf den Dienstag angesetzt und wird nunmehr, da dar sogenannte Verhör der Deutschen beendet ist, ihre eigene Untersuchung der deutschem Zah lungsfähigkeit eröffnen. Ob zu diesem Zweck ein Cachvcrständigenausschuß berufen wird, steht noch gar nicht fest. Dcr heutige Tag wird darüber die Entscheidung brin ge». Inzwischen stellen sich aber in der Reparationslom- misfion neue schwere Konflikte ein. Dcr „Matin" meldet, daß Poincaree Barthou seine Weisungen für die Ver handlung der Nuhrverlräge innerhalb der Reparationskom mission gab. Dcr Konslikt, den man Voraussicht, bezieht sich auf die Verrechnung der Nuhrg e winn e. Rach Frankreichs Absicht sollen auf Rcparationskonto nur Naturallieferunaen gebucht werden, während alle Gewinne aus Beschlagnahmungen der Ruhrbeständc sowie aus der Koblcnsicucr aus das sogenannte Pfändcrkonto, das heißt für Frankreich und Belgien allein gatgeschricben werden sol len. Die Neparationskommission hätte demnach über diesen Teil dcr Nuhrgewinne überhaupt nicht zu bestimmen. Kahr gegen die übertriebenen Goldmark» preise Gcneralstaaiskommissar von Kahr erläßt eine Bekannt- machungj in der darauf hingcwiesen wird, daß die Grund- odcr Goldpreise für Waren und Leistungen f a st allgemein zu hoch sind und daß bei wertbeständiger Zahlung Sichcrheitszuschläge einen Wucher be deuten. Verbrecherischer Eigennutz entwerte die neuen wert beständigen Zahlungsmittel und stoße sie aus die abschüssig« Bahn dcr Papiermark. „Ich will, daß dieses Verbrechen am Vol: a u s s s ch ä r f ft c bekämpft wird." Dabei wird die tatkräftigste Unterstützung durch die ehrbare Wirtschaft erwartet. Tue betreffenden Stellen und Behörden werden an gewiesen, Schuldige ohne Nachsicht dcr Bestrafung zu - zusühccn. In schweren Fällen soll Schutzhast verhängt wer den. Als Strafen werden die Zurücknahme der Handel-cr- laubnis und die Untersagung des Handels aufgesührt. Be merkt wird noch, daß die großen Wirtschaft-Verbünde häufig durch ihre Zahlungsbedingungen die Schuld tragen. General v Seeckt gegen Mißgriffe von Reichswehrrommandos. General v. Seeckt hat den folgenden Befehl er» kaffen: „Es sind in letzter Zeit eine Reihe von Fällen gcmel- bet worden, bei denen Festnahmen durch die Truppe nur auf Grund einseitiger und ungeprüfter A n- gaben erfolgt sind. Die Folge davon waren häufig Mißgriffe. Ich muß von der Truppe fordern, daß sie bei alle» Festnahmen, wenn es auch in den meisten Fälle» nicht vorher erfolgen kann, so doch unmittelbar im Anschluß daran durch Befragen der örtlichen Behörden und Polizei die Nichtigkeit der Angaben, die zur Fcstnahm« geführt haben, nachprüst und daß damit ohne zwin genden Grund Festgenommene sofort wieder aus freien Fuß gesetzt werden können." Ein ähnlicher Befehl ist auch, wie durch den Regie - rungskommissar beim Wehrkreiskommando 4 be- kai.nt wurde, von dieser sächsischen Reichswehrstelle erlasse» werden. Die kommunistische Partei bleibt bestehen. Im Anschluß an das Verbot der Kommunistischen Partei und der Kommunistischen Jugend hat die Zentral« beschlossen, daß die Kommunistische Partei b e - stehen bleibt. Sie setzt die Arbeit dcr Organisierung der revolutionären Arbeiterschaft nach wie vor fort. In Er füllung dieser Aufgabe und zum Schutze ihrer Mitglieder hat die Partei aber beschlossen, daß alle bisherigen Funk tionäre ihrer Poften enthoben sind. An Stelle der Zentral« tritt ein Direktorium (Parteierckutive), das die Leitung dcr Partei übernimmt. Dcr Sitz dieses Direktoriums wird ins Ausland verlegt. Die Mitgliedsbücher und Beitrags marken sowie alle Parteiauswcise werden für ungültig er klärt und die Kontrolle der Mitgliedschaft auf illegalem Weg« durchgeführt. Die Bedingungen für Neuaufnahme in di« Partei werden verschärft.