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Erscheint jeden Wochentag früh S Uhr. Inserate wer den bis Nachmittags I Uhr für die nächst- erscheinende Nummer angenommen. Freiberger Anzeiger und Tageblatt. Preis vierteljährlich 1S Ngr. Inserate werden die gespaltene Zeile »da deren Raum mit 5 Zd gerechnet. 3. Tagesljeschlchte. Jöhstadt, 30. Dec. (Dr. I.) Leider kann ich Ihnen heute auch einen jener traurigen Fälle berichten, wo ein Kind das Opfer des Spielens mit Streichhölzchen geworden ist^ In dem eine Stunde von hier entfernten Bärenstein war am Sonn tag früh eine Hausfrau in die Kirche, ihr Mann in ein Nach barhaus gegangen, während ihre zwei Kinder allein in der Stube zurückblieben. Das jüngere davon, etwa drei Jahr alt, hatte ein Streichhölzchen angezündct und durch dasselbe unvor sichtigerweise seine Kleider in Brand gesteckt. Als darauf das ältere die Gefahr bemerkt, nimmt es schnell entschlossen das Kleine in die Arme, um es hinaus in den Schnee zu werfen und dadurch zu löschen; aber im Vorhause angelangt, muß es das brennende Kind niederfallen lassen, weil es selbst vom Feuer bereits ergriffen wird. Der gleich darauf zurückkehrende Vater fand sein Kind in einem Zustande, der keine Rettung mehr zuließ. Aus Berlin vom 29. Dec. wird der Allgemeinen Zeitung geschrieben: „Ich beeile mich, Ihnen die wichtige Nachricht mitzutheilen, daß die Verlängerung der Stellvertretung des Königs durch den Prinzen von Preußen, über deren Fort dauer bis vor Kurzem noch gestritten werden konnte, jetzt als eine vollendete Thatsache zu betrachten ist. Der König, dessen körperliches Befinden sehr erfreulich ist, während sein Gcsammt- zustand die Ucbernahme der Rcgierungsgeschäfte noch nicht zu läßt, hat am Weihnachtsabend dem Prinzen in der herzlichen Weise, welche zwischen den beiden fürstlichen Brüdern herrscht, darüber seine Eröffnungen gemacht, denen darauf andere Schritte von mehr officieller Natur gefolgt sein mögen. Die officielle betreffende Publikation durch den Preußischen StaatS-Anzeiger wird in kurzer Zeit zu erwarten sein, da es wünschenSwerth erscheinen wird, diese Angelegenheit noch vor Eröffnung des Landtags am 12. Jan. zu erledigen. Auf wie lange die Stell vertretung verlängert werden soll, ob auf neue drei?oder auf neun Monate oder auf unbestimmte Zeit, darüber wird wohl zur Zeit noch berathen werden. Unter diesen Umständen wird die Reise des Prinze» nach London wahrscheinlich unterbleiben, obwohl nur wenige Tage dazu genügen würden." Wie die „A. Z." schreibt, hält in Augsburg ein tragi- komischer Spektakel seit Wochen die ganze Stadt in Athcm. Ein Unhold räthselhafter Art schneidet "den Mädchen die Zöpfe ab. Anfangs bei Nacht und Nebel, ist er neuerdings frecher geworden, und beginnt am Hellen lichten Tag, in den bevölkert sten Stadttheilen, auf öffentlichen Plätzen sein schnödes Hand werk- Der Magistrat hat eine Belohnung ausgesetzt für Den, der den Thäter beibringen kann. Er hat diese Belohnung er höht, als die erste sich wirkungslos zeigte: die Antwort war, daß am Hellen Tage in der Nähe der Wohnung des Bürger meisters einem Mädchen die Zöpfe geraubt wurden. Verhaf tungen fanden schon in Menge statt, sie trafen aber nur Un schuldige; der Schuldige ist bis jctzt allen Nachstellungen ent gangen: die Einen bezeichnen ihn als blond, die Andern als schwarz, die Dritten als rothbärtig; entweder hat der Schrecken seine Wirkungen geübt, oder hat er wirklich die Mittel, in rascher Methamorphose Jedem anders zu erscheinen. Einigemal sollen Männer dazwischen gekommen sein, als er eben seinen Unfug verübte; aber eine vorgehaltene Pistole habe sie zum Schweigen und zum geduldigen Geschehenlassen bewogen. Die meisten Mädchen, namentlich die am Tage überfallenen, wurden durch ein vorgehaltenes betäubendes Fläschchen vom Hilferufen rc. ab gehalten. Immerhin ist es auffallend, daß, nachdem die ganze Stadt in Alarm gesetzt ist und Damen nicht mehr ohne Be gleitung auf die Straße zu gehen wagen, die ganze aufgebotene Polizeimacht und die Verstärkung durch Militärpatrouillen des Unfugs nicht Meister wurde und man fast alle Tage von neuen Anfällen hört. Eine ähnliche Büberei hat schon vor Jahren Augsburg lange in Bewegung erhalten und auch damals sollen 1858. die Vermuthungen, die sich endlich auf einen Menschen der bessern Klasse hefteten, nicht zur vollen Gewißheit ge führt haben. Wie die A. Z. schreibt, ist dem Prof. Syme in Gdinburg ein außerordentliches chirurgisches Wagstück, die Ablösung einer vom Krebs ergriffenen Zunge gelungen. Nachdem der Opera teur den Kranken mit Chloroform betäubt hatte, führte er durch die Integumente des Kinns einen vertikalen Schnitt, legte den Unterkiefer blos und durchsägte ihn an der Verbindungsstelle. Auf diese Weise gelangte er an die Zungenwurzel, die er vom Zungenbeine loslöste. Die Arterien wurden rasch unterbunden, so daß die Blutung nur einige Unzen betrug. Dann wurden die Unterkieferknochen wieder in ihre normale Stellung gebracht, es wurde eine Blutnaht angelegt, und der Kranke befand sich insoweit wohl, daß er aus dem Saale gehen konnte. In den ersten Tagen nach der Operation nahm er seine Nahrung ver mittelst eines Tabus zu sich. Jetzt schluckt er schon und macht sich, so gut es geht, ohne Zunge verständlich. Aus St. Petersburg wird dem „Nord" geschrieben, daß bis zum 1./13. December von den russischen Eisenbahnactien im Ganzen 97,627 Stück voll eingezahlt waren. Ferner ver breitet sich der Correspondent des „Nord" über die auf An regung des Großfürsten Konstantin vom Marineministerium ins Leben gerufene Pensionskasse, welche, gebildet theils aus Abzügen von Gratificationen und andern außerordentlichen Spenden an die Beamten, theilS aus Staatszuschüssen, einer seits dem Staate einen Theil der sehr angeschwollenen Pensions last abnehmcn und andererseits den Pensionsberechtigten doch einen größern Genuß, als die bisherige Einrichtung ge währen werde. Aus Bukarest, 21. Dec., wird dem „Wanderer" geschrie ben: „Der Präsident des hiesigen Tribunalgerichts ist heute Mittag in seiner Kanzlei erschossen worden. Ein Grieche ist der Verüber dieser schrecklichen That. Derselbe führt nun seit 22 Jahren einen Proceß und hat ein Gut, um denselben zu führen, zuerst verpfänden und dann verkaufen müssen. Heute erhielt er das Urtheil, das ihn an den Bettelstab bringt, erzog ein geladenes Pistol aus seiner Tasche und schoß dem Präsi denten eine Kugel durch die Brust mit den Worten: Nun ist endlich eine Gerechtigkeit hier geschehen. Der Getroffene ver schied in fünf Minuten und der Thäter ließ sich ganz ruhig ergreifen — nachdem «hm ein Versuch, sich selbst zu tödten, mißlungen war. Amerika. Ueber eine Differenz zwischen den Vereinigten Staaten und Rußland berichtet die Triester Zeitung: „Rußland habe nämlich ein Verbot des Walfischfangs in den Buchten nnd in der Nähe der russisch-asiatischen Inseln verordnet. Gerade dort aber wird hauptsächlich der amerikanische Walfisch fang betrieben. Es stecken in diesem Geschäft 30—40 Mill. Doll., 150 Schiffe werden darauf verwendet, über 6000 Matrosen finden Beschäftigung. Niemals hat die russische Regierung Miene gemacht, das Ochotskische Meer für eine „russische See" zu erklären, und die Amerikaner glaubten sich in ihrem Rechte. Sogar derjenige Walfischfang, der in den Händen der Regie rung von Haweil liegt, gehört eigentlich den Amerikanern, die weitere 15 Schiffe mit 500 Mann beschäftigen. Zunächst sind die Walfischfahrer entschlossen, sich selbst zu'helfen." — Der National-Zeitung schreibt man aus Neuyork vom 25. Dec.: „Von der gegen die Marmonen entsandten Expe dition laufen sehr trübe Berichte ein. Sie befand sich am 18. Oct. im Südpaß des Felsengebirges 11,000 Fuß über dem Meeresspiegel und hatte die beste Aussicht, während des Winters elendiglich ausgehungert zu werden. Utah ist jetzt im vollsten Sinne des Worts Feindesland und die Marmonen führen einen erbitterten Krieg gegen Alles, was amerikanisch heißt. Hätte Hr. Buchanan nicht die Expedition zwei oder drei Monate lang in Kansas zuriickgehalten und sie schließlich von 3000 auf j 1200 Mann redncirt, um die Freistaatmänner in KansaS maß- ! regeln zu können, so würde sie noch vor Eintritt des Winters Dienstag, den S Januar.